Protokoll der Sitzung vom 16.11.2011

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich begrüße Sie zur 3. Sitzung des Landtages und stelle fest, dass der Landtag ordnungsgemäß einberufen wurde und beschlussfähig ist. Die Sitzung ist eröffnet. Die vorläufige Tagesordnung der 3. und 4. Sitzung liegt Ihnen vor.

Im Benehmen mit den Fraktionen habe ich gemäß Paragraf 73 Absatz 1 unserer Geschäftsordnung die Tagesordnung um die von den Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gemäß Paragraf 43 Ziffer 2 unserer Geschäftsordnung beantragte Aussprache zum Thema „NSU als rechts- extremes Terrornetzwerk – eine Gefahr für MecklenburgVorpommern“ ergänzt. Dieser Tagesordnungspunkt soll in der morgigen Sitzung nach Tagesordnungspunkt 16 aufgerufen werden.

Darüber hinaus haben sich die Fraktionen im Ältestenrat dazu verständigt, die Tagesordnungspunkte 8 und 13 sowie 20 und 21 jeweils in verbundnaher Aussprache zu behandeln.

Wird der so geänderten vorläufigen Tagesordnung widersprochen? – Das sehe und höre ich nicht. Damit gilt die Tagesordnung der 3. und 4. Sitzung gemäß Paragraf 73 Absatz 3 unserer Geschäftsordnung als festgestellt.

Die Fraktion der NPD hat einen Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 6/124 zum Thema „Missbrauch von terroristischen Straftaten in der politischen Auseinandersetzung beenden – Geheimdienstliche Verstrickungen in die Straftaten der Zwickauer Kriminellengruppe konsequent aufklären“ vorgelegt, der in die Tagesordnung aufgenommen werden soll. Wir werden diese Vorlage, um die die Tagesordnung erweitert werden soll, nach angemessener Zeit für eine Verständigung innerhalb und zwischen den Fraktionen nach dem Tagesordnungspunkt 2 aufrufen. Ich werde das Wort zur Begründung dieses Dringlichkeitsantrages erteilen sowie die Abstimmung über dessen Aufsetzung durchführen. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 1: Aktuelle Stunde. Die Fraktion der SPD hat gemäß unserer Geschäftsordnung eine Aktuelle Stunde zu dem Thema „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit – in Ost und West“ beantragt.

Aktuelle Stunde Gleicher Lohn für gleiche Arbeit – in Ost und West

Das Wort hat der Abgeordnete Herr Jochen Schulte für die Fraktion der SPD.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Der eine oder andere von Ihnen mag vielleicht denken, jetzt fängt die SPD genauso wieder an, wie sie in der letzten Wahlperiode aufgehört hat.

(Regine Lück, DIE LINKE: Das stimmt ja nicht ganz.)

Arbeitnehmerrechte, Einkommen, Sicherung von Beschäftigung, Mindestlohn – das sind die Themen, die für

die SPD in der letzten Wahlperiode wichtig waren, und, meine Damen und Herren, ich kann Ihnen versprechen, nicht nur am heutigen Tag, nicht nur in dieser Aktuellen Stunde werden es die wesentlichen Themen sein, mit denen sich die SPD auch in dieser Wahlperiode in diesem Landtag beschäftigen wird.

„Gleicher Lohn für gleiche Arbeit – in Ost und West“ – das sind im Endeffekt zwei Dinge innerhalb eines Satzes, die bundesweite Aufmerksamkeit verdienen und die auch für unser Land wichtig sind.

„Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ – angesichts der realen Situation nicht nur in diesem Land hätte man diese Aktuelle Stunde auch mit der gleichen Berechtigung unter die Überschrift stellen können: „Wenn zwei das Gleiche tun, kriegen sie noch lange nicht dasselbe.“ Das ist die Situation, die bundesweit gilt. Sie gilt nicht nur für die Einkommensunterschiede zwischen Männern und Frauen. Darauf macht die Bundesfamilienministerin aufmerksam, dass aktuell acht Prozent Einkommensunterschied zwischen Männern und Frauen bei gleicher Tätigkeit und gleicher Qualifikation sind.

Das gilt vor allem, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, natürlich auch für die Einkommensunter- schiede zwischen Ost und West. 20 Jahre nach der Vereinigung, 20 Jahre nach einem einheitlichen

deutschen Staat muss man konstatieren, dass immer noch ein Riss durch Deutschland geht, dass die Einheit in einem wesentlichen Punkt noch nicht festgestellt, noch nicht weiterentwickelt worden ist. Auch heute, 20 Jahre nach der Einheit, haben wir Lohnunterschiede zwischen Ost und West, Lohnunterschiede, die nicht darin be- gründet sind, dass der eine oder andere schlechter oder besser arbeitet oder dass die Lebenshaltungs- kosten an der einen Stelle höher oder niedriger sind, sondern die einfach festgeschrieben worden sind anhand der Grenze, die es einmal in diesem Land gab.

Wenn man jetzt hört, ich habe das heute Morgen zufälligerweise im Radio gehört, dass die Kollegen von der CDU gesagt haben, dass sie gemeinsam mit uns hier in dieser Koalitionsvereinbarung einen Anstoß für eine bundesweite Debatte zum Thema Mindestlohn gegeben haben, dann begrüßen wir

das. Wir sehen durchaus den Schritt, den unser Partner für diese Wahlperiode mit dieser Koalitions- vereinbarung vor dem Hintergrund der Diskussion der letzten Wahlperiode getan hat, aber, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, mit dem gleichen Maße erwarten wir,

(Vincent Kokert, CDU: Bis jetzt war die Rede gut, bis jetzt war sie gut. – Zuruf von Torsten Renz, CDU)

mit dem gleichen Maß, Herr Kokert, erwarten wir natürlich, dass Sie den Schritt, den wir gemeinsam weiter mit Ihnen gehen wollen, auch gemeinsam gehen.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Geht das schon wieder los, wie wir aufgehört haben?! Das ist ja schrecklich.)

Wenn der Kollege Glawe zu seinem Zeitpunkt noch als Fraktionsvorsitzender Ihrer Fraktion jetzt als Wirtschaftsminister

(Torsten Renz, CDU: Nach vorne schauen, Herr Schulte, immer nach vorne schauen und nicht zurückschauen. – Peter Ritter, DIE LINKE: Das ist eine Spaßkoalition.)

laut deutlich gemacht hat, dass es nicht mit dem normalen Menschenverstand nachzuvollziehen ist, dass Leute in diesem Bundesland weniger verdienen als in einem westlichen Bundesland, er hat das an dem Bereich der Pflegekräfte deutlich gemacht, wenn die Ministerpräsidentin des Landes Thüringen, die auch eine CDUParteifreundin von Ihnen ist, sagt, die Leute sehen nicht mehr ein, dass unterschiedliche Tarife in Ost und West gezahlt werden können, dann, denke ich, ist das auch Konsens in diesem Land, in diesem Landtag,

(Zurufe von Dr. Norbert Nieszery, SPD, und Vincent Kokert, CDU)

sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen. Das gilt für alle und das ist unser Anliegen, dann muss das auch von diesem Haus deutlich gemacht werden. Da muss eine klare Positionierung in diesem Haus passieren und dann erwarten wir natürlich auch von allen Beteiligten, dass den Worten entsprechende Taten folgen.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Sehr richtig.)

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ich kenne den Einwand, der immer kommt, für die Tariflöhne sind die Tarifvertragsparteien zuständig. Das ist natürlich richtig und man soll dann auch mit Genugtuung konstatieren, dass es Tarifvertragsparteien gibt, wie zum Beispiel im Dachdeckergewerbe, die sagen, wir sind dabei, die Lohnunterschiede zwischen Ost und West auszugleichen, tatsächlich einheitliche Löhne in Ost und West zu zahlen.

Aber, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, auch wir als Politiker haben eine Verantwortung und da komme ich noch einmal auf das Thema Mindestlohn zurück. Wir als Politiker geben mit dem Thema Mindestlohn natürlich vor, in welche Zielrichtung wir gehen wollen. Und wenn wir weiterhin eine Debatte in diesem Land – und damit meine ich jetzt nicht nur Mecklenburg-Vorpommern, sondern damit meine ich die Bundesrepublik insgesamt – führen, wo wir sagen, wir wollen regionale Unterschiede haben, und damit nicht die Unterschiede zwischen dem Bayerischen Wald und der Landeshauptstadt Bayerns München meinen, auch dort gibt es regionale Unterschiede, sondern die Unterschiede zwischen Thüringen und Baden-Württemberg oder zwischen Sachsen und Niedersachsen oder Mecklenburg-Vorpommern und

Schleswig-Holstein, dann ist das der falsche Ansatz.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Und das, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, muss auch in diesem Hause klargestellt werden. Daher erlaube ich mir, sinngemäß den Landesvorsitzenden der CDU zu zitieren, der gesagt hat: Es soll keine Unterschiede mehr zwischen Ost- und Westlöhnen geben. Dann, denke ich mal, müssen wir auch gemeinsam diesen Weg gehen.

(Torsten Renz, CDU: Sehr richtig.)

Ich bin gespannt, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ob wir wieder fünf Jahre brauchen, bis wir zu einem

gemeinsamen Vergabegesetz wie beim letzten Mal kommen

(Peter Ritter, DIE LINKE: Ich gehe davon aus, ich gehe davon aus, Herr Schulte, ganz fest. – Helmut Holter, DIE LINKE: Schauen wir mal!)

oder ob wir es tatsächlich dieses Mal früher schaffen, sehr geehrter Kollege Ringguth.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Das Ding ist doch schon tot, bevor es geboren wird.)

Der vorherige Wirtschaftsminister hat am Ende der Wahlperiode gesagt, er hätte auch dazugelernt. Ich hoffe, das von mir auch sagen zu können.

(Vincent Kokert, CDU: Da sind die Karten neu gemischt.)

Ich bin mir sicher, dass wir nicht wieder fünf Jahre brauchen, damit dieser Erkenntnisgewinn dann hier in diesem Haus auch Wurzeln schlägt. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Vielen Dank, Herr Schulte.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Peter Ritter für die Fraktion DIE LINKE.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Herr Holter!)

Oh, Entschuldigung, falsche Karte. Ich bitte um Nachsicht. Das Wort hat jetzt der Fraktionsvorsitzende der Fraktion DIE LINKE Herr Holter.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Ach ja, einen Versuch war es wert.)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

Na, Herr Schulte, voller Kracher.

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion der CDU – Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Sie haben vollkommen recht, Sie setzen dort fort, wo Sie, wo wir in der vergangenen Legislaturperiode aufgehört haben oder, besser gesagt, eigentlich nur unterbrochen haben: bei den Widersprüchen zwischen CDU und SPD.