Protokoll der Sitzung vom 05.12.2012

dass die Koalitionsfraktionen der Landesregierung empfehlen, die Wiedereinführung des IT-Controllings zu prüfen.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Geht das im ganzen Bericht so, ja?)

Also einmal positiv ausgedrückt, funktioniert das Zusammenspiel zwischen Opposition und Koalition eigentlich hervorragend. Realistisch betrachtet könnten wir uns allerdings eine nicht ganz unbedeutende Anzahl von Seiten der Beschlussempfehlung sparen, wenn nicht immer erst geschrieben werden müsste, was eine Oppositionsfraktion beantragte, warum sie es beantragte, dass der Antrag mit der Mehrheit der Koalition abgelehnt wurde, dass die Koalition selbst den gleichen Antrag stellte und dass sie diesen im wundersamen Sinneswandel dann annimmt.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Ja, wenn wir sonst nichts zu tun haben...)

Das finden wir so häufig in der vorliegenden Beschlussempfehlung, das ist schon fast witzig, dass ich mich sorge, was wohl ein unbescholtener Bürger denken mag, wenn er diese Drucksache liest.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Nicht ganz sauber, wird er sich denken.)

Ich habe da ein bisschen Angst, dass dieser Bürger an der Zurechnungsfähigkeit des Ausschusses zweifeln könnte.

(Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Genau.)

Und glauben Sie mir, meine Damen und Herren, dieser bürgerliche Zweifel entstünde ganz bestimmt nicht am konsistenten Abstimmungsverhalten der Opposition.

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Für die Zukunft wünsche ich mir – man darf ja auch noch mal träumen –, dass wir auf solche Mätzchen im gegenseitigen Respekt voreinander, in gebotener Gelassenheit und in vorhandener charakterlicher Größe verzichten können.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Kurz vor Weihnachten.)

So weit, so gut.

Die Beratung der beiden Teile des Jahresberichtes des Landesrechnungshofes führte den Finanzausschuss durch viele politische Bereiche und berührte viele politische Fragen. Ich erlaube mir also, die heutige Aussprache etwas mehr politisch zu nutzen. In anderen Bundesländern gilt die Entlastung der Landesregierung auch als die kleine Haushaltsdebatte. Deswegen komme ich auf einen Aspekt zu sprechen, der mir sehr am Herzen liegt.

Der Landesrechnungshof stellte im Landesfinanzbericht auf den Seiten 21 und folgende fest, dass die wirtschaftliche Konvergenz im Land trotz der umfangreichen Mittelbereitstellung im Rahmen von Solidarpakt, BundLänder-Programmen und EU-Programmen äußerst langsam erfolgt und zuletzt spürbar rückläufig war. Der Landesrechnungshof schreibt, Zitatanfang: „Dies deutet darauf hin, dass die den neuen Ländern … zur Verfügung gestellten Fördermittel nicht hinreichend wachstumsfördernd eingesetzt bzw. wachstumshemmende Rahmenbedingungen nicht hinreichend verändert wurden und werden. Daher wird auf der politischen Agenda … der Fokus vor allem darauf zu richten sein, dass die

neuen Länder bis 2020 den wirtschaftlichen Konvergenzprozess erfolgreich gestalten müssen.“ Zitatende des Landesrechnungshofes.

Hier bestehen bei mir erhebliche Zweifel, ob dies mit der bisherigen Schwerpunktsetzung bei den genannten Sonderzuweisungen gelingen kann. Ich hatte es bereits im letzten Finanzausschuss erläutert: In den Jahren 2007 bis 2011 gab das Land für den Straßenbau rund 140 Pro- zent mehr aus als ein vergleichbares Bundesland in Westdeutschland mit 41 Prozent. Im gleichen Zeitraum wurden für Schulen und Hochschulen nur 55 Prozent mehr ausgereicht. Im Aufbau- und Konvergenzprozess wurde also ein deutlicher Schwerpunkt im Straßenbau gelegt und im Vergleich dazu der Bereich Forschung und Entwicklung sehr viel weniger gefördert.

Meine Damen und Herren, ich sage Ihnen, dass wir – und das wird Sie nicht erstaunen, weil es von mir kommt – mit dem Bau weiterer neuer Straßen im wahrsten Sinne des Wortes nicht mehr weiterkommen. Der Straßenbau hat kaum noch nachweisbare Effekte auf die wirtschaftliche Entwicklung in den angrenzenden Regionen. Von sogenannten Hebeleffekten, also Effekten, bei denen sich der Euro vervielfacht, den wir in den Straßenbau stecken, von solchen Hebeleffekten brauchen wir gar nicht mehr zu sprechen.

(Beifall vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir brauchen in Zukunft einen noch stärkeren Schwerpunkt in Bildung, Forschung und Entwicklung. Dies hat unter anderem auch die Roland-Berger-Studie „Zukunft Ost“ im Auftrag des Thüringer Wirtschaftsministeriums aus diesem Jahr belegt. Als Vorbild empfiehlt diese Studie Bayern – na ja, wer hätte das gedacht –, wo Wirtschaft und Forschung im Rahmen der Initiative „Offensive Zukunft Bayern“ verzahnt wurden. Dabei wurden binnen fünf Jahren 2,9 Milliarden Euro in eine Agentur für Wissenstransfer, neue Gründerzentren oder eine Gesellschaft zur Exportförderung investiert.

In Ansätzen, das will ich hier ganz klar sagen, erkennen wir die Bemühungen der Landesregierung durchaus an, aber in der Summe bleibt es in diesen wichtigen Bereichen zu wenig und mutlos. Gerade vor dem Hintergrund, dass heute erst gemeldet wurde – ich weiß nicht, ob Sie das verfolgt haben –, dass wir dieses Jahr zehn Prozent weniger Erstsemester im Land haben als im Vorjahr, bundesweit die Studienanfängerzahl aber gleichzeitig um fünf Prozent gestiegen ist, gerade vor diesem Hintergrund sehe ich die Landesregierung in der Verpflichtung, dass wir hier vorankommen. Zurzeit gibt MecklenburgVorpommern, Sie wissen das wahrscheinlich, nur zwei Prozent des Bruttoinlandproduktes für Forschung und Entwicklung aus. Wir sollten diesen Anteil auf mindestens drei Prozent anheben, ansonsten hat unsere Wirtschaft keine Chance, auf dem Weltmarkt durch Innovationen wettbewerbsfähig zu bleiben.

In der Wirtschaft stammen im Übrigen, das wissen Sie wahrscheinlich auch, 85 Prozent der Ausgaben für Forschung und Entwicklung aus Großunternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern. Sie wissen es, diese fehlen uns im Osten ganz besonders. Deshalb ist bei uns ein viel stärkeres staatliches Engagement gefragt, um kleine und mittlere Unternehmen zu unterstützen. Lassen Sie uns also in den kommenden Monaten daher gemeinsam

nach besseren Wegen suchen, wie wir die restlichen Mittel aus dem Solidarpakt II hier in unserem Land besser einsetzen können.

Meine Damen und Herren, ich komme jetzt auf den Änderungsantrag zu sprechen.

Der eine Teil berührt genau die gerade angesprochene Problematik, dass auf die Nachhaltigkeit der Investitionen zu achten ist. Der Landesrechnungshof wies zudem darauf hin, dass die kommunalaufsichtliche Prüfung – und hier haben wir es, Herr Gundlack – zur Finanzierung von Investitionsmaßnahmen keine hinreichende Vollkostenabschätzung vornimmt. Das heißt, ob die Investitionen die Leistungsfähigkeit der Kommune, zum Beispiel bei den Instandhaltungs- und Unterhaltskosten, in Zukunft übersteigen, wird eben nicht geprüft – das ist unsere Aufgabe als Land –, dies wäre allerdings unter dem Blickwinkel einer nachhaltigen Finanzpolitik wünschenswert. Unnötige Prestigeprojekte und Fehlanreize sind aus unserer Sicht zu vermeiden.

Der zweite Teil des Änderungsantrages fordert die Landesregierung nochmals auf, Empfehlungen zu den rechtlichen Voraussetzungen einer kommunalen Kultur- und Tourismusabgabe zu erarbeiten und den Kommunen des Landes zur Verfügung zu stellen.

(Vizepräsidentin Regine Lück übernimmt den Vorsitz.)

Das hatten wir bereits im Frühjahr im Finanzausschuss zum Kommunalfinanzbericht beantragt. Zwischenzeitlich ist eine richterliche Klärung der damals offenen Fragen erfolgt. Insbesondere wurde festgestellt, dass die Kulturabgabe eine örtliche Aufwandsteuer darstellt, dass keine Gleichartigkeit mit der Umsatzsteuer gegeben ist und dass Gemeinden Steuern auf private Übernachtungen erheben dürfen. Insofern wäre eine Überprüfung beziehungsweise Konkretisierung der damals ausgeführten Positionen der Landesregierung angebracht – es gibt ja bereits ein Schriftstück. Zahlreiche Städte in Deutschland passen ihre Satzungen entsprechend an.

Meine Damen und Herren, ich beende hier meine Rede, möchte aber noch aus formalen Gründen eine getrennte Abstimmung der vorliegenden Beschlussempfehlung beantragen, und zwar nach den drei arabischen Hauptziffern. Die Empfehlungen unter Ziffer 1 werden wir GRÜNEN mittragen, bei der Entlastung der Landesregierung unter Ziffer 2 werden wir uns enthalten und der Entlastung des Landesrechnungshofes unter Ziffer 3 werden wir zustimmen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat nun der Abgeordnete Herr Liskow von der CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Herr Saalfeld, ich weiß nicht, wer Ihnen das berichtet hat. Ich glaube, so lange, wie ich im Landtag bin, wurde der Bericht des Landesrechnungshofes immer sehr intensiv zumindest im Finanzausschuss bearbeitet und auch entsprechende Kleinarbeit geleistet. In den Fachausschüssen war es nicht immer so, da könnten Sie recht

haben, aber das wird in den Fachausschüssen in der letzten Zeit auch bedeutend besser.

Mein Kollege Gundlack und Sie sind ja schon viel auf die Prüfergebnisse eingegangen, deshalb möchte ich nicht mehr ganz so intensiv darauf eingehen, möchte aber mit einem Zitat des ehemaligen Stuttgarter Oberbürgermeisters Manfred Rommel beginnen, der mal gesagt hat: „Nur Finanzminister verdienen in der Politik einen Heiligenschein, denn sie verkünden eine einfache Wahrheit. Diese lautet: Es ist kein Geld da.“ Zitatende. Den Heiligenschein möchte ich heute nicht verleihen,

(Ministerin Heike Polzin: Ich will keinen.)

allerdings geht jetzt mit dem Abschied von Herrn Dr. Me- diger eine Ära zu Ende und ich möchte es an dieser Stelle nicht versäumen, ihm im Namen der CDU-Fraktion noch einmal für die geleistete Arbeit zu danken.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU sowie Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE)

Wir gehen davon aus, dass sein Nachfolger an das Erreichte nahtlos anknüpfen wird, und hoffen, dass sich die seit 2006 immer gleichlautende Botschaft, das letzte Jahr lief gut, das nächste Jahr wird schwierig, möglichst lange fortsetzen wird. Das hört mancher Fachpolitiker nicht so gerne, aber ich glaube, es ist richtig. Und richtig ist auch, erstens, es ist immer noch besser, etwas Schlimmes zu befürchten und dann angenehm überrascht zu werden, als auf etwas Gutes zu hoffen und dann enttäuscht zu werden,

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das geht uns öfter so.)

oder zweitens, Übermut hat schon manchmal einem das Genick gebrochen, Vorsicht dagegen wohl noch niemandem, und drittens, die solide Finanzpolitik der Landesregierung führt seit 2006 dazu, dass dieses Land keine neuen Schulden aufnehmen muss. Mecklenburg-Vor- pommern erreicht zwar in vielen Bereichen des Bundesrankings keine vorderen Plätze, aber dass wir das Land der soliden Haushalte sind, das weiß man inzwischen in ganz Deutschland, das ist das Verdienst der Regierung und das ist das Verdienst des Landtages und darauf können wir auch stolz sein.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es war mir wichtig, dies voranzustellen, bevor ich jetzt zur Entlastung der Landesregierung und zum Bericht des Landesrechnungshofes spreche.

Die Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern und die Landeshaushaltsordnung verpflichten die Landesregierung, durch die Finanzministerin dem Landtag über alle Einnahmen und Ausgaben sowie über die Inanspruchnahme von Verpflichtungsermächtigungen jährlich Rechnung zu legen. Der Landesrechnungshof überprüft die Rechnung sowie die Ordnungsmäßigkeit und die Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung und berichtet darüber dem Landtag. Der Landesrechnungshof unterstützt damit die parlamentarische Haushaltskontrolle, indem er mit seinem Prüfbericht dem Parlament Informationen an die Hand gibt, die das Parlament zur Entlastung der Landesregierung benötigt. Die Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern und die Landeshaus

haltsordnung verpflichten dazu, dass der Landtag aufgrund der Haushaltsrechnung und des Berichtes des Landesrechnungshofes über die Prüfungsergebnisse zur Haushaltsrechnung und Vermögensübersicht, über den Landesfinanzbericht und über die Entlastung der Landesregierung beschließt.

Der Finanzausschuss hat sich sehr eingehend mit dem Landesfinanzbericht und mit dem Kommunalfinanzbericht des Landesrechnungshofes befasst. Vieles von dem, was der Landesrechnungshof bemängelte, wurde seitens der Landesregierung bereits abgestellt. Einige Punkte hat der Finanzausschuss aufgegriffen. Diese Punkte liegen Ihnen zur Beschlussfassung vor.

So soll zum Beispiel die Landesregierung ersucht werden, dem Landtag erstmals zum 31. Juli 2013 und dann jährlich einen Bericht über den Fortgang der Umsetzung der Landkreisneuordnung vorzulegen. Das haben wir ja heute schon mehrfach gehört. Darin sind insbesondere Handlungs- und Optimierungsbedarfe zu identifizieren. Diese Aufgaben, die der Landesrechnungshof wahrnimmt, sind in der Verfassung unseres Landes geregelt. So heißt es im Artikel 68, ich zitiere: „Der Landesrechnungshof überwacht die gesamte Haushalts- und Wirtschaftsführung des Landes. Er untersucht hierbei die Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit der öffentlichen Verwaltung.“ Und: „Seine Mitglieder besitzen richterliche Unabhängigkeit.“

In der Praxis bedeutet das, dass kaum ein Sachverhalt denkbar ist, dessen sich der Rechnungshof nicht annehmen darf. So steht es in der Verfassung. Damit hat der Rechnungshof sehr weitreichende Kompetenzen. Dies muss allen Beteiligten, und die Betonung liegt in diesem Fall wirklich auf dem Wort „allen“, klar sein.

Ich wünsche dem Rechnungshof genug Fingerspitzengefühl und genug Weitsicht, dass niemals bei irgendwem der Eindruck entstehen mag, der Rechnungshof äußere sich zu Dingen, die wirklich nur ganz am Rande seinen Auftrag streifen, denn auch wenn die Kompetenzen des Rechnungshofes sehr weit gefasst sind, so sollte der Rechnungshof niemals der Versuchung unterliegen, selbst Politik machen zu wollen. Zugleich wünsche ich mir, dass die Landesregierung unbeirrt weitermacht auf dem Weg, unsere Heimat Mecklenburg-Vorpommern zu entschulden, um ihr so eine Zukunft aus eigener Kraft zu ermöglichen.

(David Petereit, NPD: Da ist der Wunsch der Vater des Gedankens.)

Wir alle wissen, dass der Solidarpakt im Jahre 2019 endet und dass auch spätestens dann der Länderfinanzausgleich neu verhandelt sein wird. Wir alle wissen, dass das Land inzwischen eine sehr üppige Haushaltsrücklage hat, die Ausgleichsrücklage, und wir alle wissen, dass das Haushaltsjahr 2011 bisher sehr erfreulich verlief. Der Überschuss beträgt circa 100 Millionen Euro. Im Haushalt ist veranschlagt, dass das Land Mecklenburg-Vor- pommern täglich rund 1 Million Euro Zinsen für aufgenommene Kredite bezahlt. Das Ziel muss sein, dass diese Schuldenlast sinkt. Niedrige Schulden verursachen geringe Zinszahlungen, geringe Zinszahlungen verursachen Spielräume im Haushalt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Finanz- ausschuss empfiehlt dem Landtag entsprechend dem