Protokoll der Sitzung vom 05.12.2012

Ich glaube, die Tatsache, dass der Parlamentarische Untersuchungsausschuss auf Bundesebene grundsätzlich in öffentlicher Sitzung tagt und Dinge behandelt, die vorher als geheimhaltungsbedürftig interpretiert worden sind, ist auch ein Zeichen dafür, dass wir zumindest den Spielraum haben, deutlich mehr Transparenz zu schaffen.

Ich erinnere mich gut an die Sitzung, in der unser Gesetzentwurf eingebracht wurde. Und ein zentrales Argument, welches seinerzeit prioritär vom Kollegen Dachner, SPD-Fraktion, vorgetragen wurde, war: Na ja, es bestehe ja heute schon die Möglichkeit, auch das parlamentarische Kontrollgremium öffentlich tagen zu lassen. Dann müsse man das halt zu den Tagesordnungspunkten beantragen, zu denen man das wolle. So ungefähr, glaube ich, ist das korrekt wiedergegeben worden,

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Und da wurde es auch gemacht.)

was uns hier entgegengehalten wurde als zentrales Argument.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Und dann war er nicht mal da.)

In der Tat lag dann in der darauffolgenden Sitzung ein entsprechender Antrag vor. Ich will eingestehen, ich hatte die Idee selbst.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Ja, deswegen war er eben etwas schneller.)

Und der Kollege Dachner war einfach schneller, aber mit Erstgeburtsrecht habe ich überhaupt kein Problem. Ich habe mich sehr gefreut über diesen Antrag. Wie wir alle, die diesem Gremium angehören, dann erleben durften, das dürfen wir erzählen: Weil es noch nicht hinter verschlossenen Türen war, bewegten wir uns durch einen Pulk von Journalisten, die auch sehr daran interessiert waren zu erfahren, welche Teile denn jetzt öffentlich behandelt werden oder nicht.

(Vincent Kokert, CDU: Das war Ihnen natürlich zutiefst unangenehm.)

Und das, lieber Kollege Kokert, war mir überaus angenehm, weil ich wollte ja gerade die Öffentlichkeit.

(Heiterkeit bei Vincent Kokert, CDU, und Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

Das haben Sie gut erkannt.

(Vincent Kokert, CDU: Ja, ja, ja. An der Wand hat er sich langgeschlichen.)

Nein, ich habe sogar mit denen gesprochen,

(Vincent Kokert, CDU: Aha! Ja, ja.)

um die Frage mal klar zu beantworten, was sie da gemacht haben.

(Heiterkeit bei Dr. Norbert Nieszery, SPD – Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Und in der Tat, zu meinem großen Bedauern wurde dann mit einer Mehrheit abgelehnt, dass es in irgendeiner Form eine Öffentlichkeit gibt.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Nee, weil es keine Tagesordnung gab, die geeignet war.)

Es wäre eine gute Gelegenheit gewesen, an dieser Stelle zum Beispiel den Bericht,

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

den Jahresbericht des Landesverfassungsschutzes zu beraten, der ja immerhin in seinem Grundsatz öffentlich ist.

Und ich will an diesem Beispiel einmal deutlich machen, wie sinnvoll die Gesetzesinitiative ist. Was ist jetzt passiert seitdem? Die Parlamentarische Kontrollkommission hat sich mit diesem Bericht bisher nicht befasst. Wir haben diesen Bericht daraufhin in den Innenausschuss geholt, die nicht öffentliche Sitzung, und zwar aus gutem Grund, aus gutem sachlichem Grund dort in dieses Gremium hineingeholt,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Das war ganz lustig.)

weil die Dinge, die dort im Landesverfassungsschutzbericht aufgelistet sind, die Institutionen, die dort benannt worden sind – ich glaube, darüber müssen wir uns nicht unterhalten –, mit Sanktionen zu rechnen haben, wenn sie in einem öffentlichen Bericht als verfassungsfeindlich deklariert werden.

Und die Rechtslage, das ist uns, glaube ich, allen, die sich mit diesem Thema intensiv beschäftigen, schon ein bisschen diffizil, weil sie auf der einen Seite, Urteil des Bundesverfassungsgerichtes, ganz deutlich macht, es darf dort nur benannt werden, wem Verfassungsfeindlichkeit nachgewiesen werden kann und wenn nicht nur lediglich Verdachtsmomente bestehen. Und genau deshalb ist es gerechtfertigt, dass die Aussagen des Landesverfassungsschutzes in diesem Bericht kritisch hinterfragt und auch kontrolliert werden.

Und welches Ergebnis hatten wir? Genau als es bei dieser Frage zum Schwur kam, kam der Hinweis der Landesregierung im Innenausschuss: Liebe Parlamentarier, tut uns leid, hier müssen wir auf Quellenangaben, hier müssen wir auf Angaben, die Verschlusssache sind, zurückgreifen. Das können wir im Innenausschuss nicht

beraten, das muss in der Parlamentarischen Kontrollkommission beraten werden,

(Heinz Müller, SPD: Und da nicht öffentlich.)

was jetzt dazu führen wird, dass wir diesen Antrag, Befassung des Landesverfassungsschutzberichtes, wieder in den nicht öffentlichen Teil der Parlamentarischen Kontrollkommission hineinbringen.

Wir wären gut beraten gewesen, sehr geehrte Damen und Herren, genau diesen Bericht – und das ist ein Beispiel für andere, die ich auch sehe – auf der einen Seite öffentlich zu beraten, und zwar bis an die Grenze dessen, was wir öffentlich beraten können, und ihn damit auch den Medien zugänglich zu machen und dann in dem Bereich im direkten Anschluss nicht öffentlich zu beraten, der nicht der Öffentlichkeit bedarf, weil beispielsweise Geheimschutzinteressen berührt sind. Dieses würden wir erreichen, würden Sie diesem Gesetzesentwurf folgen, sehr geehrte Damen und Herren.

Vor dem Hintergrund bitte ich Sie, Ihre Haltung hier noch einmal zu überdenken, Transparenz zu schaffen in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes, weil dies im Ergebnis auch wieder zu mehr Vertrauen in die Verfassungsschutzbehörden führt. – Herzlichen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Suhr.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Müller für die Fraktion der SPD.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben es schon gehört, wir befinden uns in der Zweiten Lesung eines Gesetzentwurfes, den wir im August bereits beraten haben. Und in der Sitzung vom 29. August hat mein verehrter Kollege Dachner, der heute leider erkrankt ist, wie ich finde, die wesentlichen Argumente dafür genannt, dass wir diesen Gesetzentwurf ablehnen und nicht in die Ausschüsse überweisen. Da die Argumente bereits genannt sind, kann ich mich kurzfassen.

Sie werden gestatten, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass ich zunächst ganz kurz auf Herrn Suhr, auf Ihre Argumentation eingehe, denn Sie haben ja hier den Versuch unternommen, uns nahezubringen, dass seit jener ersten Behandlung im August Tatbestände eingetreten seien, die nun zu einer neuen Beurteilung dieses Gesetzentwurfes für uns führen müssten.

(Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Gute Beispiele! Gute Beispiele, Herr Müller.)

Und da muss ich Ihnen sagen, also das kann ich nun beim besten Willen nicht erblicken.

(Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Wollen.)

Dass Sie in der Parlamentarischen Kontrollkommission eine Abstimmung leider nicht mit einer Mehrheit für Ihren Vorstoß beziehungsweise den Vorstoß des Kollegen Dachner beenden konnten, das führt ja nicht dazu, dass

wir nun die Gesetzeslage verändern müssen, damit wir da zukünftig zu anderen Ergebnissen kommen.

(Zuruf von Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Und was Sie uns dargestellt haben am Beispiel des Berichtes über den Verfassungsschutz, da kann ich beim besten Willen nicht erkennen, dass wir deswegen jetzt die Parlamentarische Kontrollkommission öffentlich machen müssten. Es wäre bestenfalls eine Argumentation, aber das wäre dann ein anderer Gesetzentwurf und eine andere Diskussion, die Sitzungen des Innenausschusses öffentlich zu machen, denn dort haben wir diese Teile ja diskutiert. Aber dann, als es um Geheimschutzdinge ging, haben wir im Innenausschuss gesagt: Stopp! Und wir würden dann, und das sehen Sie ja, denke ich, selbst auch so, auch in der Parlamentarischen Kontrollkommission dies in nicht öffentlicher Sitzung machen. Das heißt, Ihr Gesetzentwurf würde an dem, was wir dort gemacht haben, eigentlich gar nichts ändern. Deswegen ist es für mich in keiner Weise argumentativ zwingend, dass wir uns dieses Beispiel zu Herzen nehmen, jetzt das Gesetz zu ändern.

Meine Damen und Herren, die Tatbestände liegen auf der Hand, sie sind hinlänglich bekannt. Die Parlamentarische Kontrollkommission ist in allererster Linie dazu da, die Arbeit des Verfassungsschutzes zu kontrollieren. Der Innenminister hat hier eine Bringschuld. Und ich denke, er erfüllt diese Bringschuld, die Parlamentarische Kontrollkommission über die wesentlichen Dinge, Lagebilder et cetera zu unterrichten.

Darüber hinaus haben die Mitglieder der Kontrollkommission, und dazu gehören Abgeordnete der Opposition, umfassende Möglichkeiten, sich zu informieren, sich ein Bild zu machen, Akten anzufordern, Daten anzufordern, Berichte anzufordern und so weiter, um hier wirkungsvoll Kontrolle ausüben zu können.

Darüber hinaus, das weiß vielleicht nicht jeder, kann die PKK auch den Landesbeauftragten für den Datenschutz bitten, in bestimmten Fragen tätig zu werden und zu schauen, ob hier alles rechtmäßig gelaufen ist. Auch dieses, denke ich, ist eine wichtige Möglichkeit der Kontrolle.

Das, was in der PKK kontrolliert wird, und das unterscheidet dieses Kontrollgremium in der Tat fundamental vom Innenausschuss, ist aber im Wesentlichen eine Behörde, die in einem wesentlichen Punkt, nämlich was die Öffentlichkeit angeht, anders arbeitet als andere Behörden dieses Landes. Es ist schon eine ganz spezielle Form von Aufgabe, die wir dem Verfassungsschutz übertragen haben. Diese Aufgabe und die Aufgabenerfüllung spielen sich häufig eben nicht in der Öffentlichkeit ab. Das ist anders als bei anderen Behörden. Und ich denke, dieses muss Rückwirkungen haben auf die Art und Weise, wie wir ein solches Gremium kontrollieren.

Und deshalb, meine sehr verehrten Damen und Herren von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, sehen wir genau wie im August keine Gründe dafür, hier von der derzeitigen Rechtslage abzuweichen, sondern wir werden auch weiterhin Kontrolle ausüben, ja, Kontrolle ausüben selbstverständlich unter Einbindung der Opposition, ja, aber dieses der Aufgabe entsprechend in der Regel in einer vertraulichen Runde. Dabei, denke ich, muss es bleiben.

Und nach unserem Willen wird es dabei bleiben. Wir werden Ihren Antrag auch heute ablehnen. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)