Protokoll der Sitzung vom 07.12.2012

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion der CDU)

Wir begrüßen den Ansatz, den Sie mit dem vorliegenden Antrag verfolgen. Wir begrüßen ihn, weil Sie zum Thema Kultur endlich einmal andere Fragestellungen vornehmen, als wir das leider – und Frau Seemann und Herr Brodkorb haben das eben wieder unterstrichen – von der Regierungsbank gewohnt sind.

(Dr. Margret Seemann, SPD: Nee, der Antrag wirft mehr Fragen auf als Antworten.)

Es ist notwendig und absolut zu unterstützen, wenn wir zuerst schauen, was wir durch die Kultur gewinnen.

(Egbert Liskow, CDU: Grüne Kultur.)

Wie bereichert die Kultur unser Land und unsere Gesellschaft? Denn diese andere Sichtweise, nach der Kultur vornehmlich nicht nur ein negativer Kostenfaktor ist, diese Kulturweise müssen wir endlich überwinden.

(Dr. Margret Seemann, SPD: Wer behauptet das, dass Kultur nur ein negativer Kostenfaktor ist? Das ist doch eine Unterstellung.)

Diese negative Sicht übersieht schließlich völlig, was wir verlieren, wenn der kulturelle Reichtum eben nicht mehr da ist. Das, worauf Sie in Ihrem Antrag hinweisen, ist fast alles richtig und hat einen zutreffenden Kern.

(Marc Reinhardt, CDU: Schönes Wochenende!)

Sie erwähnen die Wertschöpfung durch die kulturelle Aktivität,

(Dr. Margret Seemann, SPD: Das steht doch zweifellos fest.)

Sie erwähnen die enge Verbindung zwischen Kultur und Tourismus,

(Dr. Margret Seemann, SPD: Das ist doch richtig.)

Sie gehen auf die Bedeutung der sogenannten weichen Standortfaktoren ein,

(Dr. Margret Seemann, SPD: Korrekt.)

zu denen auch das kulturelle Angebot gehört.

(David Petereit, NPD: Aber auch Ärzte, Lehrer.)

Ich ergänze gern, dass das kulturelle Leben entscheidend dazu beiträgt,

(Zuruf von Dr. Margret Seemann, SPD)

unsere Zivilgesellschaft zu stärken und vor allem auch weiterzuentwickeln. Wo Sie auf viel Kultur treffen, dort treffen Sie auch auf Menschlichkeit.

(Beifall Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Genau.)

Und beim Stichwort „Arbeitsplätze“ decken Sie auch gut auf, welche Doppelzüngigkeit auch hier im Parlament vorherrscht.

(Dr. Margret Seemann, SPD: Bei Ihnen.)

Wo immer ein auf den ersten Blick nicht einleuchtendes Vorhaben durchgesetzt werden soll, wird ja gerne auf die angebliche Schaffung von Arbeitsplätzen hingewiesen, im Bereich Kultur leider nicht. Und dabei schafft gerade die Kultur Arbeitsplätze in einer Region und vor allen Dingen nicht nur Arbeitsplätze, sondern sinnstiftende Arbeitsplätze, weil es sich hierbei immer um gute Arbeit handelt.

(Dr. Margret Seemann, SPD: Das ist doch auch bekannt. Da brauchen wir doch keine Studie für, Frau Berger.)

Lassen Sie mich gleichwohl noch einige Stichworte nennen, die Sie auch im Zuge dieses Antrages bedenken sollten. So gibt es, wenn wir über Kultur reden, immer Dinge, die nicht messbar sind und leider auch nicht ökonomisch darstellbar sind. Und Ihr Antrag heißt ja auch so: „Kultur ist MehrWert“. Das verstehe ich so, im Gegensatz zu Frau Seemann, dass es eben nicht nur um den messbaren Wert gehen darf, sondern um mehr. Und Sie werden an Grenzen stoßen, wenn Sie den Mehrwert von Kultur volkswirtschaftlich messen wollen.

(Dr. Margret Seemann, SPD: Sie können doch nicht einseitig den Begriff definieren.)

Ich stelle auch die Frage: Muss jede Kultur einen wirtschaftlichen Nutzen haben? Und da denke ich doch, die Antwort sollte „nein“ lauten. Vielmehr gilt doch, ohne ein grundsätzliches Bekenntnis zur Kultur, völlig unabhängig von ihrer ökonomischen Sicht, geht es gar nicht. Nicht jeder Mehrwert von Kultur ist ein volkswirtschaftlicher. Nicht alles, was einen Mehrwert ausmacht, lässt sich auch nach eindeutigen Kriterien messen. Sie werden darauf verweisen, dass Sie auch mittelbare und unmittelbare Auswirkungen auf die Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger untersuchen lassen wollen. Das Ergebnis wird in diesem Punkt aber immer eines sein, das unterschiedliche Sichtweisen und Interpretationen zulässt. Wo nicht die Suche nach Wahrheit und Erkenntnis die Hauptsache ist, sondern der Wunsch nach Lebensfreude und Lebensqualität, da wird es immer Bereiche geben, die sich einer eindeutigen Lösung entziehen.

Ich möchte Sie außerdem bitten, nicht den Fehler zu machen, bevorzugt und ausschließlich in Institutionen zu denken. Sie schreiben, es sollen Einrichtungen untersucht werden. Nun hoffe ich, wir können den Begriff der „Einrichtung“ da etwas weiter fassen oder von vornherein erweitern, denn Kultur entfaltet ihre Wirkung hauptsächlich durch Aktivität und nicht durch die Gebundenheit an einen Ort. Und kulturelle Aktivität ist nicht notwendigerweise an Institutionen oder Einrichtungen gebunden, ein naheliegendes Beispiel zum Stichwort der „Umwegrentabilität“, also des indirekten wirtschaftlichen Nutzens für eine Region, oder zu den Auswirkungen auf den Tourismus. Hier müssen wir doch in erster Linie an den Teil des kulturellen Angebots denken, der die Ausstrahlung über die Landesgrenzen hinweg verspricht.

Und das Ergebnis könnte noch positiver ausfallen, wenn wir kulturelle Festivals da mit einbeziehen. Die werden zwar auch von Gruppen getragen, unter denen sich unter Umständen auch Einrichtungen befinden, aber nicht ausschließlich, und es wäre besser, diese unabhängig als Veranstaltung zu betrachten. Wir müssen auch nicht lange überlegen, um in Mecklenburg-Vorpommern auf Festivals zu stoßen. Ich denke da an den Nordischen Klang in Greifswald, an den Mecklenburgischen Musiksommer oder auch das Usedomer Musikfestival.

(Dr. Margret Seemann, SPD: Was wollen Sie denn da untersuchen? Dass das gut angenommen wird, das wissen wir doch.)

Und mit den Festivals schließen wir nicht zuletzt auch Veranstaltungen ein, die ein vornehmlich jüngeres Publikum ansprechen. Da denke ich zum Beispiel an die Einzelveranstaltung mit dem größten Publikumszuspruch, das Fusion Festival in Lärz in der Mecklenburgischen Seenplatte. Sie erkennen so nebenbei einen weiteren Wert der Kultur, hier im Besonderen der Jugendkultur. Wir können unser Land durch ein entsprechend kulturelles Leben für junge Menschen attraktiver machen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es wäre sicherlich überhöht, von einer Untersuchung, wie sie im vorliegenden Antrag beschrieben wird, Wunder zu erwarten. Wir betrachten diese Initiative daher auch als eine von vielen, die notwendig ist, um die Kulturpolitik in MecklenburgVorpommern in positive Bahnen zu lenken. Wir wünsche uns eine bessere, eine positive Sicht auf kulturelle Aktivität und wir brauchen diesen positiven Zugang zur Kultur. Deswegen werden wir dem Antrag gern zustimmen.

(Beifall vonseiten der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Reinhardt von der Fraktion der CDU.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein bisschen höherfahren, damit ich auch zu hören bin.

(Der Abgeordnete Marc Reinhardt stellt das Rednerpult ein.)

Die Landesregierung wird also aufgefordert, Teilzielvereinbarungen mit den Hochschulen in unserem Land abzuschließen und dann ein Forschungsprojekt zu initiieren, um den Nutzen unserer Kultureinrichtungen im Land auch in wirtschaftlicher Hinsicht zu beleuchten. Es ist ja nicht ganz klar, ob das nun ein hochschulpolitisches oder kulturpolitisches Thema ist. Es ist wohl irgendwie ein bisschen beides,

(Zuruf von Torsten Koplin, DIE LINKE)

in vorderster Linie aber auch ein hochschulpolitisches. Deshalb möchte ich für meinen geschätzten Kollegen Egbert Liskow hier auch mit erklären, der Minister hat es ja eigentlich gerade ausgeführt: Das Abschließen so einer Teilzielvereinbarung für so ein Forschungsprojekt, das wäre schon ein Novum. Teilzielvereinbarungen sind ja eigentlich dazu da, wenn man sie weiter fortführt, so wie an der Hochschule Wismar mit der Net-Universität, dass sich strategisch die Hochschule irgendwie neu aufstellt. Da ist es für mich relativ fraglich, ob so ein Mittel

dazu dienen könnte, jetzt hier eine Teilzielvereinbarung abzuschließen mit allem, was da auch dranhängt. Das macht man ja nicht einfach so, da hängen ja viele Beratungen und auch Beschlüsse mit dran. Insofern halten wir das schon nicht für das geeignete Mittel.

Eine zweite Sache ist, ob wir an den Hochschulen dann diese wissenschaftliche Kompetenz haben, um das alles speziell auf die kulturwissenschaftlichen Themenstellungen bezogen so auch abzuarbeiten – das ist die zweite Frage –, oder ob es da nachher nicht sogar notwendig wird, dies auswärts einzukaufen, dort sehr viel Geld auszugeben, um dann so eine Analyse zu erstellen.

Und auch darauf wurde ja bereits hingewiesen: Wir haben die Kulturanalyse für Mecklenburg-Vorpommern. Von 2004 und 2008 wurden ja diese Befragungen aufgelöst und wir haben auch diese Dokumentation aus der Landeskulturkonferenz 2012, die das alles noch mal untermauert. Insofern, glaube ich, wissen wir sehr gut, was für Kultureinrichtungen wir im Land haben, was wir davon haben – darauf ist ja auch meine Kollegin Seemann schon eingegangen. Insofern kann ich beim besten Willen auch für meine Fraktion nicht erkennen, wie uns dieser Antrag weiterbringen soll, und wir lehnen ihn deshalb ab. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU – Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Petereit von der Fraktion der NPD.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Warum die Teilzielvereinbarung formal nicht zustande kommen kann, haben wir vom Bildungsminister bereits gehört. Die im Ergebnis oder besser gesagt den Folgen des Ergebnisses kann man ohne Zweifel bereits jetzt vorgreifen. So heißt es schon in der Antragsbegründung, anhand konkreter Zahlen könne dann argumentiert werden, ob die Notwendigkeit bestehe, das Thema Kultur im Sinne der Wirtschaftsförderung politisch stärker zu begleiten. Ergebnisoffen ist so eine Ausrichtung nicht.

So ist auch schon klar, worauf das hinausläuft: Sollte die Analyse aufzeigen, dass die wirtschaftliche Wertschöpfung von Kultur und Kunst gut ist, so wird es heißen, sie sei noch nicht gut genug und darum müsse sie stärker gefördert werden. Und sollte die Analyse ergeben, dass die wirtschaftliche Wertschöpfung nur marginal ist, ja dann wird natürlich eine mangelnde Förderung dafür verantwortlich gemacht und die muss unverzüglich erhöht werden. Die Ergebnisse werden also so oder so in die gleiche Richtung ausgelegt. Eigentlich müsste in der Antragsüberschrift stehen „MehrGeld“ statt „MehrWert“.

Ich will auch noch kurz auf die Studie in Österreich eingehen, die Sie in Ihrer Begründung anführen. Im Gegensatz zur Definition von Kultur als das gesamte geistige Schaffen eines Volkes heißt es dort, dies sei – Achtung, aufpassen! – das gesamte kreative Potenzial einer Gesellschaft, kreatives Potenzial, das sich also nur dann durch Schaffen verwirklichen kann, wenn die Rahmenbedingungen für das Individuum auf Kosten der Gemeinschaft geschaffen wurden, Politik für Minderheiten zulasten des Volkes, denen das dann noch als Wohltat für die Gesamtheit verkauft wird.

Und so wundert es auch nicht, wenn die Studie dann zu dem Ergebnis kommt, dass im Grunde 91 Prozent der Förderungen ja zurück an den Staat gehen würden, denn allein durch die Ausgaben der Kultureinrichtungen würden die Steuereinnahmen in Höhe von 41 Prozent der getätigten Subventionen ausgelöst. Berücksichtige man dann auch noch die Sozialversicherungen, erhalte die öffentliche Hand etwa 91 Prozent der gegebenen Förderungen über die Wertschöpfungskette und Konsumeffekte zurück. Das klingt gut, nein, wirklich, setzt aber vom Denken her so an, dass alle in der Wertschöpfungskette und all diejenigen, die Konsumeffekte auslösen, ohne Kultureinrichtungen nichts anderes mit ihrer Arbeitskraft und ihrem Geld anfangen würden. Das ist natürlich Unsinn,

(Dr. Margret Seemann, SPD: Na, dann halten Sie doch den Mund!)

und zwar ganz großer. Und sollten Sie es noch nicht herausgehört haben, wir werden den Antrag ablehnen. – Vielen Dank.