Protokoll der Sitzung vom 07.12.2012

Nein, Frau Präsidentin.

(Marc Reinhardt, CDU: Das ist ja Feigheit vorm Feind, Frau Gajek.)

Sehr geehrte Damen und Herren, mit dem Rückgang der Arbeitslosenzahlen lassen sich die Mittelkürzungen nicht ausreichend begründen, denn gerade langzeitarbeitslose Menschen benötigen intensive Unterstützung beim Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt und die ist nicht zum Dumpingpreis zu haben.

(Zuruf von Wolfgang Waldmüller, CDU)

Die Wahrheit ist doch: Wer jahrelang nicht am Arbeitsmarkt partizipiert hat, wer womöglich gering qualifiziert ist und wessen Qualifikation in den Jahren der Arbeitslosigkeit eine Entwertung erfahren hat, wer dadurch auch zunehmend unter sozialer Isolation leidet, dem oder der wird es nicht innerhalb weniger Monate gelingen, am Arbeitsmarkt wieder Fuß zu fassen. Hier sind keine kurzfristigen Aktivierungsmaßnahmen gefragt, hier geht es um intensive Unterstützung und Förderung, deshalb das Modellprojekt „Sozialer Arbeitsmarkt“,

(Torsten Renz, CDU: Mit welchem Ziel wollen Sie das denn durchführen?)

das Menschen mit sogenannten multiplen Problemlagen Chancen der Partizipation am Arbeitsleben eröffnen soll. Denn auch langzeitarbeitslose Menschen haben Potenziale, an die angeknüpft und die bei entsprechender Unterstützung gestärkt und ausgebaut werden können. Deshalb beinhaltet das Modellprojekt „Sozialer Arbeitsmarkt“ neben dem Passiv-Aktiv-Transfer auch das Element einer langfristigen sozialpädagogischen Begleitung parallel zur Arbeitsaufnahme und Berufstätigkeit.

(Torsten Renz, CDU: Sagen Sie doch mal, mit welchem Ziel Sie dieses Projekt durchführen wollen!)

Mit dem sogenannten Jobcoach findet sich dieses Element ja in Ansätzen schon bei den Maßnahmen, die laut Arbeitsmarktvereinbarung zwischen Land und Bundesagentur für Arbeit in Mecklenburg-Vorpommern er- probt werden. Allerdings ist der Jobcoach auf zwei Standorte im Land begrenzt und das Projekt hat lediglich eine einjährige Laufzeit. Guter Ansatz, aber um nachhaltige Integrationserfolge zu erzielen, braucht es mehr Mut und Innovationsgeist, meine lieben Kolleginnen und Kollegen!

Mit unserem Antrag zum sozialen Arbeitsmarkt unterbreiten wir einen konkreten Vorschlag, der Teilhabe durch Arbeit auch für diejenigen schaffen soll, die bisher dauerhaft ausgegrenzt waren.

(Torsten Renz, CDU: Wo haben Sie den denn abgekupfert?)

Geschaffen werden soll ein verlässliches Angebot, das das bisherige Hin und Her bei der öffentlich geförderten Beschäftigung ablöst.

(Egbert Liskow, CDU: Ist das nachhaltig?)

Durch eine größere Marktnähe soll die Chance auf einen perspektivischen Wechsel in den regulären Arbeitsmarkt erhöht werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das Konzept des sozialen Arbeitsmarktes wird derzeit bundesweit intensiv diskutiert. Die Idee findet immer mehr Zuspruch und Unterstützung. Wie bereits erwähnt, hat der Deutsche Landkreistag sich auch positioniert. Ich freue mich, wenn wir auch in Mecklenburg-Vorpommern in einen konstruktiven Dialog darüber eintreten, und werbe nochmals für die Überweisung in den Sozialausschuss, weil ich denke, hier reicht es nicht, nur vorne am Plenum zu stehen und möglicherweise Dialoge zu führen,

(Torsten Renz, CDU: Sie lassen ja nicht mal Fragen zu!)

sondern wir müssen hier diskutieren und Konzepte für Mecklenburg-Vorpommern entwickeln. Und es ist zum Teil eine Beleidigung, Herr Renz, wenn ich Ihre Zwischenrufe so höre. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der SPD die Abgeordnete Frau Tegtmeier.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen! Also ich finde es langsam unverschämt, wie immer versucht wird, die Koalitionsfraktionen und die Landesregierung in die Ecke zu stellen,

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

dass wir unsere Langzeitarbeitslosen links liegen lassen und vernachlässigen.

(Unruhe vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Egbert Liskow, CDU: Unverschämtheit!)

Doch, also wir müssen uns hier solche Sachen anhören, dann können wir auf eine Retourkutsche ja wohl auch nur warten.

(Zuruf von Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Also zuerst einmal: Der Ansatz im Antrag der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN findet meine volle Unterstützung,

(Henning Foerster, DIE LINKE: Hört, hört!)

weil er ja darauf abzielt, wie das in der Vergangenheit mit Ihren Forderungen nicht immer so war, Menschen, Langzeitarbeitslose aus der Arbeitslosigkeit in den ersten Arbeitsmarkt zu integrieren.

(Regine Lück, DIE LINKE: Das war schon immer unser Ziel. Also, Frau Tegtmeier!)

Da kenne ich aber auch ganz andere Forderungen.

Auch der Ansatz des Passiv-Aktiv-Transfers ist voll zu unterstützen, aber – und ich denke, dieses Aber haben Sie erwartet – bei diesen Positionen hört meine Unterstützung schon auf, Ihrem Antragsinhalt zuzustimmen.

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Die Ministerin für Arbeit, Gleichstellung und Soziales hat einiges schon berichtet von dem, was in diesem Land für Langzeitarbeitslose getan wird, aber ich möchte trotzdem noch mal an einige jüngere Entwicklungen erinnern. Ich glaube, es ist absolut notwendig, weil Sie ja vieles hier einfach ausblenden und verdrängen. Also die Ministerin für Arbeit, Gleichstellung und Soziales hat mit der Regionaldirektion Nord der Bundesanstalt für Arbeit im Juli eine Vereinbarung zur Weiterentwicklung der Arbeitsmarktpolitik in Mecklenburg-Vorpommern abgeschlossen, deren Fokus ganz klar auf einem Zuwachs an Beschäftigung und den Rückgang der Arbeitslosigkeit liegt.

Ein besonderer Schwerpunkt ist die Weiterentwicklung Beschäftigung schaffender Maßnahmen für Menschen, deren Integration in den ersten Arbeitsmarkt auch langfristig schwierig ist,...

(Der Abgeordnete Henning Foerster bittet um das Wort für eine Anfrage.)

Sie können sich gerne wieder hinsetzen, Herr Foerster. Heute ist wohl nicht die Stunde der Anfragen.

(Heiterkeit und Unruhe vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU und DIE LINKE – Peter Ritter, DIE LINKE: Henning, du hast kein Glück bei den SPD-Frauen!)

… denn für die Landesregierung gilt die Koalitionsvereinbarung zwischen SPD und CDU und Frau Ministerin hat einen Passus, eine Ziffer hier zitiert.

Ich möchte Ihren Blick noch mal auf eine andere Stelle richten, auf eine andere Passage, und Ihre profunden Kenntnisse unserer Koalitionsvereinbarung haben Sie häufig genug bewiesen. Sie kennen das vielleicht schon auswendig. Ich zitiere: „Bei der Arbeitsmarktpolitik genießen alle Maßnahmen in Richtung auf den ersten Arbeitsmarkt Priorität. Die wirtschaftsnahe Ausrichtung der Arbeitsmarktpolitik, insbesondere die Konzentration auf den ersten Arbeitsmarkt, hat sich bewährt und zur Stabilisierung des Arbeitsmarktes beigetragen. Die Chancen Langzeitarbeitsloser, insbesondere älterer Menschen, zur Wiedereingliederung in den ersten Arbeitsmarkt sind durch konkrete und im Land zu koordinierende Maßnahmen zur beruflichen Qualifizierung und zur besseren Wiedereingliederung zu erhöhen.“ Also ganz klar, die Ausrichtung ist von der Intention her genau das, was dieses Modellprojekt will, worauf Ihr Antrag basiert.

Unser Handeln fußt dabei auf dem Fachkräftebündnis für Mecklenburg-Vorpommern, das neben der Sicherung des Fachkräfteangebots für die Unternehmen des Landes natürlich auch die Integration von Langzeitarbeitslosen, Benachteiligten und Geringqualifizierten am Arbeitsmarkt im Blick hat. Eine Hauptaufgabe von Arbeitsmarktpolitik

angesichts des demografischen Wandels ist es, zusätzliche Beschäftigungspotenziale zu erschließen,

(allgemeine Unruhe – Peter Ritter, DIE LINKE: Das ist so was von unhöflich, was Sie mit Ihrem Koalitionspartner machen!)

um mehr Chancen für Frauen im Arbeitsleben zu schaffen, insbesondere mehr alleinerziehende Frauen in gut bezahlte Beschäftigung zu bringen,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Hört ihr mal bitte zu?! – Dietmar Eifler, CDU: Ich höre zu.)

einen höheren Anteil von Frauen in Führungspositionen zu erreichen – das gehört alles dazu, Herr Ritter –, den Beschäftigungsstand Älterer mindestens zu erhalten, möglichst aber auszubauen,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Ich sorge dafür, dass man Ihnen zuhört, Frau Tegtmeier.)

ältere Arbeitslose nachhaltig in den Arbeitsmarkt zu integrieren, die Beschäftigungsquote schwerbehinderter Menschen zu erhöhen und langzeitarbeitslose Frauen und Männer mit besonderen Vermittlungshemmnissen in den Arbeitsmarkt zu integrieren.

In Mecklenburg-Vorpommern standen für dieses Jahr insgesamt ungefähr 290 Millionen Euro für arbeitsmarkt- politische Maßnahmen zur Verfügung und circa 109 Millionen wurden dabei für integrationswirksame Maßnahmen eingesetzt. Dabei liegt deutlich der Schwerpunkt im Bereich der beruflichen Qualifikation zur Aktivierung von Arbeitslosen sowie bei der Förderung konkreter Arbeitsverhältnisse im ersten Arbeitsmarkt.

Zusätzlich zu den flächendeckend vorhandenen sehr vielseitigen Weiterbildungsmaßnahmen sind in Mecklenburg-Vorpommern insgesamt 14,2 Millionen Euro für die Sonderprogramme „Weiterbildung Geringqualifizierter

und beschäftigter älterer Arbeitnehmer in Unternehmen“ und die „Initiative zur Flankierung des Strukturwandels“ eingeplant. Das Sonderprogramm, das abgekürzt WeGebAU heißt, ist darauf ausgerichtet, die Qualifizierung von sozialversicherungspflichtig Beschäftigten zu fördern, und leistet dabei unter anderem natürlich einen Beitrag zur Fachkräftesicherung.