Protokoll der Sitzung vom 30.01.2013

Wer dem Antrag der Fraktionen der CDU und SPD auf Drucksache 6/1482 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. –

(Peter Ritter, DIE LINKE: Jetzt wieder zustimmen, Herr Renz!)

Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist der Antrag der Fraktionen der CDU und SPD auf Drucksache 6/1482 einstimmig angenommen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 12: Beratung des Antrages der Fraktion DIE LINKE – Zinssätze für Dispositions- und Überziehungskredite gesetzlich begrenzen, Drucksache 6/1493.

Antrag der Fraktion DIE LINKE Zinssätze für Dispositions- und Über- ziehungskredite gesetzlich begrenzen – Drucksache 6/1493 –

(Torsten Renz, CDU: Da stimme ich jetzt dagegen. Das habe ich mir aufgeschrieben.)

Das Wort zur Begründung hat die Abgeordnete Frau Rösler von der Fraktion DIE LINKE.

(Torsten Renz, CDU: Aber wer weiß, die Argumente muss ich mir erst mal anhören. Wichtig ist, ob die Argumente stichhaltig sind.)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zinsen kann man aus religiösen, ethischen oder auch ökonomischen Gründen durchaus kritisieren. Fakt ist aber, seit es Eigentum gibt, werden Zinsen verlangt und werden Zinsen gezahlt.

(Torsten Renz, CDU: Kennen Sie noch das Zinsniveau aus DDR-Zeiten?)

Die Banken leben vom Kreditgeschäft und damit insbesondere von den Zinsen. So weit, so gut – oder auch nicht.

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Und zwar dann nicht, wenn nämlich Grenzen überschritten werden. Eine Grenze haben Gesetzgeber und Gerichte durch den Zinswucher gezogen. Demnach ist ein Kreditgeschäft nichtig, wenn ein Zinssatz verlangt wird, der doppelt so hoch ist wie der vergleichbare Marktzins, oder wenn der Unterschied zwischen dem vereinbarten Zins und dem Marktzins mindestens zwölf Prozentpunkte beträgt. Wir sind also vor maßlosen Zinsen grundsätzlich geschützt, zumindest vor dem schlimmsten Wucher.

Dennoch, seit Jahren schon regen sich Protest und Unverständnis über die horrenden Zinsen, die die Verbraucherinnen und Verbraucher den Banken zahlen müssen, wenn sie ihr Dispo in Anspruch nehmen oder ihr Konto überziehen müssen. Betroffen sind vor allem Menschen mit geringem Einkommen, Erwerbslose und oft Alleinerziehende, die Engpässe zum Monatsende aus den verschiedensten Gründen so überbrücken müssen, denn sie haben oft keine Rücklagen, beispielsweise für Reparaturen oder den Kauf von Schuhen für die Kinder oder eben für die Energieabrechnung.

Um es vorwegzusagen: Dass Kontoinhaber für einen gewährten Dispositionskredit höhere Zinsen zahlen müssen, als sie selbst für ihre Einlagen erhalten, ist zwar ärgerlich, aber grundsätzlich akzeptiert. Und dass die Zinsen bei einem geduldeten Überziehungskredit noch höher ausfallen, mag ebenfalls nachvollziehbar sein. Die Frage ist jedoch, ob Banken frei sein dürfen zu entscheiden, wie viel der Verbraucher konkret zu bezahlen hat, oder ob es nicht doch auch hier klare Grenzen geben muss.

Meine Damen und Herren, schauen wir auf die Fakten: Wenn Sie heute zu einer Bank gehen, zahlen Sie in etwa zwischen 9 und 13 Prozent für einen Dispositionskredit. Bei einem Überziehungskredit sind es gar zwischen 12 und 19 Prozent. Lassen sich derart hohe Zin

sen rechtfertigen? Keineswegs. An einem hohen Risikoaufschlag, der erforderlich wäre, kann es nicht liegen. Dispo- und Überziehungskredite gelten als sicheres Geschäft, Zahlungsausfälle sind eher selten. Bleibt eigentlich nur eine Begründung: Die Banken müssen sich selbst zu hohen Zinssätzen Geld bei der Europäischen Zentralbank leihen. Dies ist aber mitnichten der Fall, denn die Banken bekommen das Geld praktisch zum Nulltarif.

(Michael Andrejewski, NPD: Nur ein Prozent.)

Der entsprechende Leitzins der Europäischen Zentralbank liegt bei nur 0,75 Prozent.

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Seit Jahren sinkt der Leitzins regelmäßig und liegt nun auf einem historisch niedrigen Niveau. Wenn Sie Ihr Konto überziehen müssen, merken Sie davon allerdings nichts.

(Udo Pastörs, NPD: Das stimmt nicht ganz, was Sie da erzählen, aber …)

Niemandem ist zu erklären, warum eine Bank für nicht einmal ein Prozent Geld bekommt und es für das 15Fache an Zinsen weiterverleiht. Schlimm genug, dass Banken,

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

die zum Teil vom Staat auch noch mit Milliardenbeiträgen vor der Pleite gerettet werden mussten, derart hohe Zinsen von ihren Kunden verlangen.

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Aber genauso schlimm ist es, dass die Politik dem Treiben seit Jahren tatenlos zusieht.

Meine Damen und Herren, ich frage mich: Warum setzen wir diesem Gebaren nicht ein Ende und führen endlich eine gesetzliche Deckelung ein?

(Beifall vonseiten der Fraktion der DIE LINKE)

Wie viele fruchtlose Appelle an die Kreditinstitute soll es denn noch geben, die Zinsen endlich anzupassen?

(Udo Pastörs, NPD: Sagen Sie das mal den Bankleuten, die achten drauf.)

Wie oft will die Politik denn noch eine Selbstverpflichtung der Banken einfordern?

(Udo Pastörs, NPD: Und dann gebt ihr noch Milliardenrettungspakete.)

Wir können uns vorstellen, dass künftig Dispositionskredite mit maximal fünf Prozentpunkten und geduldete Überziehungskredite mit maximal acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz verzinst werden. Wohlgemerkt, das ist ein Vorschlag, kein Dogma. Und, liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU, Sie geben mir sicher recht, selbst bei diesen Zinssätzen müssen die Banken nicht am Hungertuch nagen.

(Torsten Renz, CDU: Wieso sprechen Sie uns nur an?)

Meine Damen und Herren, man sollte meinen, dass angesichts der offensichtlichen Ungerechtigkeit auch die Landesregierung eine gesetzliche Deckelung unterstützt, meinetwegen mit etwas anderen Grenzen. Aber weit gefehlt, in der Antwort auf meine Kleine Anfrage heißt es sinngemäß, die Landesregierung wolle zwar auch eine wirksame Begrenzung der Zinsen für Dispositions- und Überziehungskredite, aber die Banken sollten doch bitte schön das erst einmal selbst klären.

(Torsten Renz, CDU: Richtig.)

Die Landesregierung präferiert zuallererst eine Selbstverpflichtung der Kreditinstitute. Und da ist sie wieder: die Selbstverpflichtung. Erst wenn die Banken keine geeigneten Maßnahmen ergreifen, bestünde Handlungsbe- darf.

Meine Damen und Herren, so überraschend ist die Antwort der Landesregierung nicht, denn auf andere schauen und erst einmal gar nichts machen, das ist typisch für diese Regierung.

(Egbert Liskow, CDU: Aha! – Peter Ritter, DIE LINKE: Sehr richtig.)

Ich habe mir gedacht, dass sich möglicherweise Verbraucherschutzminister Till Backhaus innerhalb der Koalition nicht hat durchsetzen können und deshalb entsprechende Initiativen auf der Verbraucherschutzkonferenz und im Bundesrat bisher auch nicht unterstützte. Das ist ja die gängige Argumentation der SPD in dieser Koalition. Und die wird heute sicherlich wieder bemüht, da bin ich mir sicher – bedauerlich angesichts des heroischen Kampfes von Kanzlerkandidat Peer Steinbrück gegen die Dispoabzocke.

(Torsten Renz, CDU: Aha, jetzt wird es konkret hier.)

Da dachte ich mir, dann wird doch wohl Minister Backhaus einen Weg finden, öffentlich diese Forderung ebenso aufzumachen. Aber Pustekuchen, auf der Verbraucherschutzministerkonferenz scheiterte ein entsprechender Vorstoß einiger Länder. Die Aufregung und Verärgerung der Befürworter einer gesetzlichen Deckelung war an diesem Tag zu Recht groß.

Und die von Minister Backhaus? An diesem Tag gab er gleich drei Pressemitteilungen heraus.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Eh!)

Aber nicht eine einzige befasste sich mit der Forderung nach der gesetzlichen Begrenzung der Zinsen.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Ach, ich dachte schon.)

Und wie lief es später im Bundesrat? Auch dort scheiterte der entsprechende Vorstoß einiger Länder. MecklenburgVorpommern machte wieder einmal nicht mit.

Herr Backhaus, setzen Sie sich endlich laut und deutlich für eine gesetzliche Deckelung der Zinsen ein! Nehmen Sie Ihre Verantwortung wahr und schützen Sie die Interessen der Verbraucherinnen und Verbraucher und nicht die der Banken! Den Vorwurf müssen Sie sich gefallen lassen, wenn Sie weiterhin schweigen und

die Schuld möglicherwiese auf Ihren Koalitionspartner schieben.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE – Peter Ritter, DIE LINKE: Sehr gut.)