Protokoll der Sitzung vom 31.01.2013

dranhängt, sind ja ein gewaltiges Räderwerk, und an einer einzigen Stelle ein Zahnrad zu drehen, bewirkt etwa die Blockade aller Zahnräder oder ein paar springen raus und funktionieren dann nicht mehr. Und da muss ich sagen, das gilt in Teilen auch für den Antrag der Fraktion DIE LINKE.

Meine Damen und Herren, rund 14 Prozent des Strompreises gehen auf die EEG-Umlage zurück und knapp über ein Drittel machen dabei die Erstellungskosten aus. Wenn wir also weniger erneuerbare Energien zubauen, benötigen wir zwangsläufig, das sind fast korrespondierende Säulen, wieder mehr fossile Energieträger. Die Preise dafür steigen, also steigt auch der Strompreis. Und, meine Damen und Herren, auch der Netzausbau wird über die Netzentgelte zu weiteren Preissteigerungen führen, mit anderen Worten noch einmal: Das Drehen an nur einer Stellschraube kann weitere Preissteigerungen nicht verhindern. Aber diese Stellschraube stellt den Zubau infrage.

Der Antrag der Regierungsfraktionen rückt, wie von mir schon gesagt, die Bürgerbeteiligung in den Vordergrund. Bürger, die ihre Energie selbst produzieren, Arbeitsplätze vor Ort schaffen und regionale Wertschöpfung betreiben, werden am besten vor überzogenen Energiekosten geschützt.

Meine Damen und Herren, Strom ist teuer geworden. Die Netzentgelte beispielsweise treiben die Stromkosten nach oben. Die Befreiung stromintensiver Betriebe geht zulasten der privaten Haushalte und vor allem des kleinen Gewerbes und Mittelstandes. Hier zahlen die Einkommensschwachen die Zeche für viele, die Vergünstigungen für hohe Verbräuche einkassieren. Man kann es darüber hinaus auch keinem erklären, weshalb zum Beispiel der Braunkohletagebau oder Golfplätze befreit werden.

Und ich erlaube mir, Frau Schwenke, Sie haben ja den Artikel im „Cicero“ auch gelesen dazu, da gibt es ein Zitat, ich will das auch hier mal so deutlich sagen, das ist da so eine Zwischenüberschrift, die absolut richtig und korrekt ist, nämlich die Tatsache, dass jahrzehntelang von den Energieversorgern nicht in die Netze investiert worden ist, nicht in den Ausbau der Netze investiert worden ist. Jetzt erscheint der zwangsläufig. Und die Zeche dafür bezahlen aber nicht die, die jahrzehntelang sozusagen die Hände in den Schoß gelegt haben und die Zahlen auf dem Kontoauszug gezählt haben, sondern wir alle gemeinsam als Verbraucher, und zwar in der Masse die kleinen Verbraucher.

(Beifall Jochen Schulte, SPD, und Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE)

Meine Damen und Herren...

(Zuruf von Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE)

Nö, das habe ich ja auch nicht behauptet.

(Jochen Schulte, SPD: Nein, das hat er auch nicht behauptet.)

So ist das.

Meine Damen und Herren, natürlich reichen konzeptionelle Ansätze wie direkte private Beteiligung an den

Anlagen, kommunale Beteiligung an den Anlagen, in welcher Rechtsform auch immer, allein nicht aus. Man muss auch etwas kurzfristig auf den Weg bringen. Kurzfristig auf den Weg bringen kann man zum Beispiel an einer zugegebenermaßen kleinen Stellschraube etwas. Wir haben das, glaube ich, hier auch schon diskutiert. Das ist die Frage des Repowering-Bonus. Den braucht kein Mensch mehr. Da bin ich mir sogar mit der Branche einig, die davon profitiert. Wir haben darüber intensiv diskutiert. Da alleine kann man schon deutlich Geld einsparen.

Darüber hinaus, das ist hier auch schon angesprochen worden, sind das Energiesparen und die Energieeffizienz nicht ausreichend in den Köpfen der Menschen angekommen. Auch ich gestehe zu, ich erkenne da bei mir auch des Öfteren mal Defizite. Aber die Debatte über die Preisbelastung der Privathaushalte muss dringend erweitert werden, wenn man weiß, ein 4-Personen-Haushalt verbraucht etwas weniger als ein Viertel seiner Energie in Form von Strom, etwas mehr als ein Viertel verbraucht ein 4-Personen-Haushalt für Wärme und fast die Hälfte der Energiekosten, die ein 4-Personen-Haushalt hier im Lande aufbringen muss, besteht aus den Mobilitätskosten, also um von A nach B zu kommen.

(Rudolf Borchert, SPD: Ja.)

Geothermie, Nahwärmenetze, Kraft-Wärme-Kopplung

und Gebäudesanierung sind hier einige Stichworte, die noch viel deutlicher zum Tragen kommen müssen.

Zur Mobilität will ich zwei Punkte ansprechen. Ich bin weiter gegen eine Pkw-Maut. Die Menschen in unserem Land, die weite Strecken pendeln, werden unnötig belastet. Auch Politik hat ein Glaubwürdigkeitsproblem. Wir fordern Mobilität von den Menschen und gleichzeitig würden sie dafür bestraft werden. Die Menschen selber aber müssen ihr Mobilitätsverhalten überprüfen. Die finanziellen Mittel, die uns zur Verfügung stehen, schmelzen immer schneller dahin und daher können wir keine Angebotspolitik betreiben. Es muss also umgekehrt laufen. Wenn mehr Menschen den öffentlichen Verkehr zum Beispiel nutzen, kann das bestehende Angebot erhalten und partiell auch ausgebaut werden.

Noch mal: Wir müssen weg von den derzeitigen Subventionierungen stromintensiver Unternehmen. Der Re- powering-Bonus kann abgeschafft werden. Es muss ein deutlich größeres Augenmerk auf Energieeffizienz gelegt werden. Privathaushalte müssen alle Energiekosten und nicht nur die Stromkosten im Auge haben.

Darüber hinaus bietet das EEG viele weitere Stellschrauben. Aber es ist aus meiner Sicht zu früh, jetzt Einzelpositionen zu verkünden. Ich habe das gerade am Beispiel dieses Räderwerkes versucht darzustellen. Ich kann Ihnen sagen, die Debatten in der Plattform erneuerbare Energie auf Bundesebene laufen konstruktiv, und zwar jenseits aller Parteigrenzen. Ich werde im Gegensatz zum Kollegen Altmaier – dessen Aussagen im Übrigen auf den drei Ministerkonferenzen, wo das Thema jeweils von ihm vorgetragen worden ist, stehen auch im krassen Widerspruch zu dem, was er jetzt gerade gemacht hat, zu dem, was Herr Altmaier macht – diese Plattform öffentlich nicht konterkarieren.

Zum Antrag der LINKEN möchte ich Folgendes sagen: Ein Verbot der Stromsperre löst kein Problem und besei

tigt auch nicht die Ursachen. Ziel muss es sein, dass eine derartige Situation, ich denke, grundsätzlich können wir da sogar übereinstimmen, Ziel muss es sein, dass eine derartige Situation überhaupt nicht erst eintritt. Bürgerinnen und Bürger müssen ihren Strompreis bezahlen können. Das heißt, die Bezahlbarkeit gehört an die erste Stelle eines Antrages und nicht ein Verbot.

Zum zweiten Punkt: Mit der Bundesnetzagentur und dem Kartellrecht steht bereits ein ordnungspolitischer Rahmen zur Verfügung

(Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Der ja nicht wirksam wird.)

und dieser wird auch angewandt. Und wer mit Anbietern spricht, hört, wie kritisch die Bundesnetzagentur erhobene Entgelte der Betreiber tatsächlich prüft und nicht selten auch Forderungen streicht. Es sind gesetzliche Faktoren, meine Damen und Herren, wie Steuern, wie Entgelte und Umlagen, die den Preis beeinflussen, und zwar massiv. Eine staatliche Strompreisaufsicht wäre auch an diese gesetzlichen Vorgaben gebunden. Und deshalb würde eine staatliche Stromaufsicht zu keinem anderen Ergebnis kommen als derzeit die Bundesnetzagentur. Die Grundlagen zur Aufsicht sind gleich, egal welche Organisation einen Auftrag zur Überprüfung erhält.

Bei Ihrem dritten Punkt besteht im Kern Einigkeit. Der Kreis von befreiten Unternehmen muss eingeschränkt werden. Aber ich halte es für falsch, das Kriterium der Handelsintensität wieder einzuführen. Damals hieß es im Gesetz, es müsste, Zitat, „maßgeblich zu einer erheblichen Beeinträchtigung“ der „Wettbewerbsfähigkeit“ des Unternehmens kommen. Man hat im Jahr 2004 10 Gigawatt Verbrauch und 15 Prozent Anteile der Stromkosten an der Bruttowertschöpfung als neue Kriterien eingeführt. Ihr Vorschlag ist im hohen Maße anfällig für Rechtsstreitigkeiten, da es bislang an belastbaren Indikatoren fehlt, um eine tatsächliche Beeinträchtigung zu belegen beziehungsweise sie dann auch nachprüfen zu können.

Mit dem letzten Punkt fordern Sie die Abschaffung der Stromsteuer. Über 6 Milliarden Euro nimmt der Staat mit der Stromsteuer ein. Etwa acht Prozent des Strompreises macht sie in etwa aus. Die Forderung, die Stromsteuer zu kappen, wird auch von Politikern meiner Partei erhoben. Das ist gar nicht so, dass dabei absoluter Konsens besteht. Selbst Herr Rösler, den ich ja nun nicht unbedingt im Verdacht habe, der LINKEN sonderlich zugeneigt zu sein, hat die Reduzierung dieser Steuer auch schon mal gefordert.

Ich sage Ihnen, diskutieren Sie mit uns andere Fragen, andere Fragen, die sich eigentlich zwangsläufig anbieten, zum Beispiel: Warum keinen reduzierten Mehrwertsteuersatz auf Strom? Eine andere Frage: Wieso keine Steuergrundfreimenge an Strom für private Haushalte?

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Oder wie wäre es mit einem verpflichtenden Bonusstromtarif, der zum Sparen letztendlich ja auch anregt?

Worauf ich hinaus will? Ich kann Ihrem Antrag nicht entnehmen, weshalb das Abschaffen der Stromsteuer besser wäre als andere Möglichkeiten. Die Frage der Abschaffung der Stromsteuer, ist die Abschaffung richtig oder ist sie falsch?

Ich fasse für mich zusammen: Die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes müssen an der Energiewende beteiligt werden, und zwar mittel- und unmittelbar. Der Strompreis kann durch eine vernünftige Ausgestaltung in der Kostenverteilung sowie durch die Streichung von Privilegien korrigiert werden. Und nicht zuletzt, meine Damen und Herren, muss Energie eingespart und effizient genutzt werden. – Herzlichen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke, Herr Minister.

Der Minister hat die angemeldete Redezeit um fünf Minuten überschritten. Von daher steht nach Paragraf 85 der Geschäftsordnung den Fraktionen, die nicht an der Regierung beteiligt sind, die über die vereinbarte Redezeit hinausgehende Zeit zusätzlich zur Verfügung.

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Herr Waldmüller.

(Marc Reinhardt, CDU: Jetzt gehts los.)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Energiewende, das wissen Sie, ist beschlossen. Wir haben sozusagen ein neues Energiezeitalter eingeleitet, und dieses Energiezeitalter erfordert grundlegend den Umbau der Energieversorgungssysteme. Sie stellt auch Mecklenburg-Vorpommern vor große Herausforderungen, bietet aber zugleich auch die Chancen einer grundlegenden wirtschaftlichen Modernisierung der Energieversorgung. Im Ergebnis wird unser Land für die Zukunft gut gerüstet sein.

Auch wenn der Weg dahin derzeit noch etwas holprig erscheint, der grobe Fahrplan steht jedoch fest. Der Zug „Energiewende“ bewegt sich, hat jedoch bis zur Zieleinfahrt noch einen ziemlich langen Weg vor sich. Auf keinen Fall darf er zum Stillstand kommen oder gar einen Rückwärtsgang einlegen.

(Udo Pastörs, NPD: Was für ein Geschwätz! Was für ein Geschwätz!)

Das hätte erhebliche Folgen für Wohlstand, Wachstum, Beschäftigung auch in Mecklenburg-Vorpommern. Wenn wir das Ziel erreicht haben, werden wir ein Energiewendeprodukt haben, das nachhaltig ist. Das betone ich an dieser Stelle vor dem Hintergrund meiner folgenden Ausführungen noch einmal ganz ausdrücklich.

(Zuruf von Stefan Köster, NPD)

„Nachhaltig“ heißt, Frau Dr. Mignon, ich komme jetzt zum energiepolitischen Dreieck …

(Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Frau Dr. Schwenke, Frau Dr. Schwenke.)

Schon wieder, Entschuldigung, ich habe das beim letzten Mal schon gemacht. Ich entschuldige mich, Frau Dr. Schwenke.

(Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Solange Sie nicht Herr Dr. Schwenke zu mir sagen. – Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Gut, also wir machen weiter.

„Nachhaltig“ heißt ökonomisch, das heißt wirtschaftlich und tragfähig, das heißt ökologisch, und da meine ich umweltgerecht, klimaschonend, mit Blick auf die Verantwortung für die nachfolgenden Generationen. Und „sozial“ heißt sozial ausgeglichen und vor allen Dingen bezahlbar. Die Umgestaltung der Energiewende muss im Kontext mit der Schaffung von sozialen Rahmenbedingungen erfolgen.

Aufgabe der Politik ist, dass diese Rahmenbedingungen für die Beschäftigungspotenziale im Bereich der zukunftsorientierten regenerativen Energien ausgeschöpft werden, den Bürgern des Landes eine finanzielle Teilhabe gewährleistet wird und eine Beteiligung von Bürgern, Kommunen und dem Land an erneuerbaren Energieanlagen ermöglicht wird.

Perspektivisch betrachtet werden die erneuerbaren Energien etwa im Vergleich zu den fossilen letztlich günstiger. Die Kosten für fossile Energieträger wie Gas, Kohle und Öl werden in den kommenden Jahren im Vergleich steigen. Denken Sie nur daran, dass sich der Ölpreis allein in den vergangenen Jahren von 40 auf derzeit etwa 80 Cent nahezu verdoppelt hat. Der Strompreis stieg aber vergleichbar geringer.

Ein zentraler Baustein der Energiewende ist aus meiner Sicht neben dem Ausbau der Alternativenergien, dem daran gekoppelten notwendigen Ausbau der Netze, der Speicherung und der Novellierung des EEG-Gesetzes vor allen Dingen aber die Reduzierung des Stromverbrauchs in allen Lebens- und Arbeitsbereichen. Hier gibt es zum Teil noch sehr große Einsparpotenziale. Das betrifft sowohl die Wirtschaft als auch die öffent- lichen und privaten Verbraucher und erfordert intelli- gente, energieeffiziente Lösungen und zukunftsfähige Konzepte. Durch den Einsatz energieeffizienter Technologien sind in der Industrie bis zu 40 Prozent Energiereserven aktivierbar.