Protokoll der Sitzung vom 31.01.2013

haben, sollten sich als Erstes an ihren Stromversorger wenden, mit ihm das Gespräch suchen und nicht einfach nur die Rechnung zerreißen und warten, was da kommt.

Grundsätzlich sind wir uns hier aber einig. Wir brauchen erstens einen bezahlbaren Strom und wir müssen die Menschen mit dem nötigen Einkommen ausstatten, um diesen Strom zu bezahlen. Und das korreliert natürlich mit dem Punkt 4. Deswegen komme ich gleich zu dem.

Die Stromsteuer für private Haushalte halte ich nach wie vor für sinnvoll. Wir brauchen uns jetzt gar nicht hier selber anzugucken. Für uns spielt es überhaupt keine Rolle, ob die Stromsteuer gestrichen wird oder nicht. Aber diese Stromsteuer bringt im Jahr 7,25 Milliarden Euro, die zu 90 Prozent in die Rentenkasse fließen. Wir müssen schon beantworten, wie wir diese Mittel anders ersetzen wollen. Und wenn wir der Meinung sind, wir können sie streichen, dann sehe ich genau diese Mittel richtig angewendet, um die einkommensschwachen Haushalte, nämlich von Hartz IV, BAföG, Grundsicherung, Grundrente, mit deutlich mehr Geld auszustatten, damit für sie die Energiewende kein soziales Problem ist. Und ich sehe da eine direkte Korrelation.

Und die Stromsteuer ist, davon mal ganz abgesehen, eines der wichtigsten Projekte von Oskar Lafontaine gewesen, der für eine ökologische Steuerreform innerhalb der SPD und innerhalb der rot-grünen Bundesregierung damals gekämpft hat.

(Jochen Schulte, SPD: Oskar Lafontaine.)

Und ich halte nach wie vor die Stromsteuer für richtig, weil sie die Masse der Bevölkerung nicht über die Maßen belastet und dazu führt, dass sich über Energieeinsparung in unserem Bundesland und in der Bundesrepublik sehr viele Gedanken gemacht wird. Also deswegen würden wir den Punkt 4 nicht mittragen können.

Staatliche Strompreisaufsicht, da ist schon viel gesagt worden. Ich habe mal nachgeguckt. Es gibt inzwischen 900 Stromanbieter in Deutschland. Wenn Sie sich Rostock alleine angucken, da sind über 200 Stromanbieter am Markt. All diese Strompreise durch eine Extrabehörde kontrollieren zu lassen, wäre ein gigantischer Aufwand. Das Thema Netze wird durch die Bundesnetzagentur bearbeitet. Und da wird hart und intensiv diskutiert. Und über die Preissteigerungen durch das EEG reden wir heute. Also von daher sehe ich überhaupt keine Notwendigkeit und auch keine Machbarkeit für eine Strompreisaufsicht in Mecklenburg-Vorpommern, die wieder einzuführen.

Jetzt komme ich zum Papier von Herrn Altmaier. Herr Altmaier, das steht auch in der Landtagszeitung, in der aktuellen, ich habe ja Frau Merkel und Herrn Altmaier attestiert, sie seien ehrliche Kämpfer für die Energiewende. Für Herrn Altmaier habe ich da erhebliche Zweifel. Das Papier, was er jetzt vorgelegt hat, macht ihn unberechenbar, und zwar unberechenbar für den Koalitionspartner FDP. Die FDP hatte sich ja zum Beispiel für die zusätzliche Privilegierung von Unternehmen eingesetzt.

(Dr. Margret Seemann, SPD: Aber das ist nicht so schlimm. Das kann er ja gerne machen.)

Das halte ich ja sogar für richtig, seinen Vorschlag. Ich finde es bloß bedenklich, dass er an seinem Koalitions

partner vorbei, ohne Abstimmung das in die Öffentlich- keit schmeißt, woraus ich eben ersehe, dass es ihm nicht ehrlich darum geht, das Ganze umzusetzen, sonst hätte er die Abstimmung mit seinem Koalitionspartner gesucht. Und deswegen stimme ich der Einschätzung vollkommen zu,

(Rudolf Borchert, SPD: Nur Wahlkampfgetöse, nichts weiter.)

das ist ein Wahlkampfgetöse, ein Aufschlag für die Bundestagswahl 2013 im September.

(Rudolf Borchert, SPD: Ja, das ist schlimm genug.)

Und das große Problem ist, er wird nicht durchkommen im Bundesrat.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Wir müssen uns deswegen keine weiteren Gedanken machen. Aber die Verunsicherung für die Branche hat erhebliche Auswirkungen.

(Dr. Margret Seemann, SPD: Richtig.)

Weil wenn sie über neue Projekte mit Banken ver- handeln, sagen die, bisher galt, wenn ich die Anlage zu einem bestimmten Zeitpunkt am Netz habe, kann ich sicher mit den Einnahmen rechnen. Das war ein großer Vorteil. Dafür haben wir eine geringe Rendite in der Regenerativbranche in Kauf genommen. Und das genau will Altmaier jetzt auflösen.

(Dr. Margret Seemann, SPD: Richtig.)

Das ist am Ende für die Stromkunden teurer, weil die Banken anfangen, Risikoaufschläge zu machen.

(Dr. Margret Seemann, SPD: Richtig.)

Das ist völlig logisch. Und diese Risikoaufschläge müssen wir bei den EEG-Vergütungen plötzlich wieder einpreisen. Wir hätten stärker absenken können. Und deswegen geht es komplett in die falsche Richtung.

Zwei Punkte von Ihnen sind richtig gewesen. Das ist, die Ausnahmeregelung für energieintensive Unternehmen zu reduzieren und zu begrenzen. Da will ich bloß nebenbei erwähnen, dass die GRÜNEN in ihrem Papier behaup- tet hatten, es gäbe etwa Einsparungen von 400 Millio- nen Euro pro Jahr, wenn wir diese Einsparung zurückdrehen. Da hat Herr Altmaier sich hingestellt und gesagt, also absolut Populisten die GRÜNEN, 400 Millionen, das kann doch alles gar nicht wahr sein, das geht um wesentlich weniger Geld. Jetzt schreibt er die Forderung rein und schreibt hinten in seinem Papier, er wird 500 Millionen einsparen.

(Heiterkeit bei Rainer Albrecht, SPD)

Das ist schon eine Frage der Glaubwürdigkeit, ob man so vorgehen kann.

Und ganz besonders schwierig ist natürlich die Forderung, den Zahlungsbeginn der Einspeisevergütung für Neuanlagen zu flexibilisieren. Konkret stellt er sich vor, dass es ja den Deckel geben soll bei der EEG-Umlage.

Die Anlagen, die dann 2014 ans Netz gehen, können nicht sagen, wann sie das erste Geld bekommen, weil man muss ja abwarten, ob irgendwann das Geld wieder innerhalb des EEG-Umlagetopfs ausreicht. Mit so einer Aussage kriegen Sie keine einzige Anlage in Deutschland finanziert. Und da ist jetzt das Quotenmodell der FDP noch besser für die Energiewende als dieser Vorschlag von Herrn Altmaier. Herr Altmaier hat sich damit wirklich komplett unglaubwürdig gemacht in der gesamten Regenerativbranche und unter den Menschen, die sich wirklich für die Energiewende engagieren. Ich kann gar nicht verstehen, wie er aus dieser Sache eigentlich wieder raus will. Er muss da zurückrudern. So geht es überhaupt nicht.

(Heiterkeit bei Rudolf Borchert, SPD – Dr. Margret Seemann, SPD: Ja, er mit seinem Koalitionspartner.)

Aber dann kann er das EEG vergessen. Dann soll er auf Quote gehen, was ich für völlig falsch halte und was am Ende auch teurer ist, aber diese Haltung geht überhaupt nicht.

Den einmaligen Betrag von Betreibern von Bestandsanlagen zu erheben, ist natürlich auch ein absoluter Bruch im System des EEG.

(Rudolf Borchert, SPD: Ja, so ist es.)

Zahlen gaukeln oder gehen da durch die Luft von wegen 1 bis 1,5 Prozent. Das wird jetzt keinen der Energieanlagenbetreiber in die Insolvenz treiben. Aber wenn die Tür geöffnet ist, dann ist doch klar, warum nicht 5 Prozent, warum nicht 10 Prozent?

(Rainer Albrecht, SPD: Ja.)

Und wenn Sie sagen, ja, darüber redet ja keiner, dann müssen Sie sich die Diskussionen in Europa angucken, was in Tschechien gerade abgegangen ist. Die haben viel zu viel bezahlt für Solaranlagenbetreiber und haben denen hinterher im Nachgang um 30 Prozent die Vergütung gekürzt. Und eine ähnliche Diskussion ist auch in Spanien gelaufen. Also die gesamte Branche ist da sofort auf der Matte, weil sie sehen, das ist der Türöffner für ein System, was das EEG insgesamt infrage stellt. Damit nimmt die Unsicherheit zu und damit nehmen vor allem die Kosten zu. Das war bisher der Vorteil: Hohe Planungssicherheit, dafür relativ geringe Vergütung.

Es gibt übrigens kein Land auf der Erde, was so niedrige Einspeisevergütungen zum Beispiel für Fotovoltaikanlagen zahlt wie Deutschland.

Und jetzt noch die GRÜNEN-Position: Wir sind der Meinung, wir müssen tatsächlich beim EEG was tun. Der Minister hat einen Punkt ja genannt, das ist der sogenannte Repowering-Bonus. Da bloß der Hinweis: Der hat bisher noch keine große Rolle gespielt. Der wird aber zur Lawine. Und deswegen ist es richtig, ihn möglichst schnell zu streichen, um diese Lawine innerhalb des EEG zu vermeiden.

Aber was viel wichtiger ist, ist die sogenannte Managementprämie, die auch auf Betreiben der FDP mit eingeführt wurde, um die Anlagen endlich an den Markt zu bringen. Das Problem: Diese Managementprämie hat keinerlei Auswirkungen und hat 500 Millionen extra ge

kostet. Die ist jetzt auch zurückgegangen. Aber wir können sie ganz streichen. Das sollte der gemeinsame politische Wille sein.

Das Ganze insgesamt stellt ja auch eine große Bedrohung dar für das Thema Offshore. Da sind wir gerade den Offshorebetreibern ja entgegengekommen mit einer Art Versicherung für den Fall, dass der Netzanschluss nicht klappt. Die Regelungen von Herrn Altmaier machen das natürlich alles komplett zunichte, weil da jede Planungssicherheit verloren gegangen ist. Aber – und da sollten wir uns gemeinsam für einsetzen – die Offshorevergütung startet mit 19 Cent und geht dann runter auf 3,5 Cent. Dieses Modell ist extrem schädlich für das EEG. Und wir sollten uns darauf einigen zu sagen, wir zahlen durchgehend 12 Cent pro Kilowattstunde über 20 Jahre. Damit könnten wir die EEG-Umlage entlasten, könnten Offshore auch preiswerter darstellen und das sollte der richtige Weg sein. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Dr. Margret Seemann, SPD)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der NPD der Abgeordnete Herr Müller.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! 3,8 Millionen Menschen haben 2011 den Stromversorger gewechselt. Das waren 1 Million mehr als noch 2010. Mehr als 1.000 Stromversorgungsunternehmen mit nahezu täglich wechselnden Tarifen versprechen ein breit gefächertes Angebot speziell auf die Kundenwünsche zugeschnitten. Im Weltnetz

(Peter Ritter, DIE LINKE: Einkaufsnetz, Herr Müller.)

werben Vergleichsportale mit einem unkomplizierten Wechsel zwischen den Anbietern. Ein Hoch auf den freien Markt, könnte man meinen, Herr Ritter,

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

ein unverzichtbarer Pfeiler Ihrer Energiewende. Doch profitieren unsere Landsleute wirklich von der Privatisierung des Strommarktes? Kam es wirklich zu den von der Politik versprochenen Preissenkungen durch einen freien Wettbewerb? Die Verbraucher müssen sich heute durch einen undurchsichtigen Tarifdschungel wühlen mit der Gefahr, am Ende auf ein unseriöses Angebot hereinzufallen. Der Strompreis ist trotz des angefachten Wettbewerbs unter 1.000 Unternehmen in den letzten Jahren maßlos gestiegen,

(Dr. Margret Seemann, SPD: Das geht offensichtlich nur Ihnen so, weil Sie nicht lesen können.)

zuletzt im Januar um durchschnittlich 12 Prozent. Der Staat kassiert die Hälfte davon, um angeblich die Energiewende voranzutreiben. Das führte zu den höchsten Energiepreisen in Europa. Die vier größten Energiekonzerne, die sich nach wie vor 80 Prozent des Marktes teilen, vervielfachen ihre Gewinne ohne Rücksicht auf die Bedürfnisse unseres Volkes.

(Beifall Udo Pastörs, NPD)

Das hat Folgen. Jedes Jahr wird mehreren Hunderttausend Deutschen der Strom abgestellt, weil sie ihre Rechnung nicht mehr begleichen können. Die Medien sprechen von einer Energiearmut. Während die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen für 2010 von bundesweit 600.000 Stromsperrungen ausgeht, spricht die Bundesnetzagentur für 2011 von 312.000 Sperrungen und über 6 Millionen Mahnverfahren.