Sehr geehrte Damen und Herren, es war mir klar, dass es eine lebhafte Debatte geben wird, aber die Grenzen zwischen lebhafter Debatte und kein Verständnis, das man hier gegenseitig noch haben kann, die sind relativ eng, und ich würde mal sagen, wir waren eben auf der Seite, wo man nicht mehr das eigene Wort verstehen kann. Von daher bitte ich doch wirklich, die Zwischenrufe so zu gestalten, dass es nicht zu einer Dauerbeschallung wird und der Redner hier vorne noch zu hören bleibt.
Zurück zu den Zweigstellen und den Problemen, die ich dabei sehe. Die lassen sich kompliziert verwalten und entwickeln, das liegt in der Natur der Sache, dann irgendwann mal ein Eigenleben. Fragen Sie doch mal die Direktoren der Amtsgerichte, denen nach der letzten Reform eine Zweigstelle zugewiesen wurde!
Die werden Ihnen sagen, dass derartige Zweigstellen nur in absoluten Ausnahmefällen Sinn machen und man ansonsten tunlichst auf Sie verzichten sollte, womit wir dann wieder bei der Berücksichtigung der vielen Stellungnahmen wären.
(Peter Ritter, DIE LINKE: Wir wollen keine Zweigstellen einrichten. – Zuruf von Vincent Kokert, CDU)
Wir wollen keine Zweigstellen einrichten, wir wollen Amtsgerichtsstruktur und Amtsgerichte in MecklenburgVorpommern erhalten.
Selbstverständlich, darum geht es. Es geht nicht um Schließung, es geht nicht um diese Reform, es geht um eine andere Reform.
(Unruhe vonseiten der Fraktion der SPD – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Sie sind wirklich zukunftsfähig.)
und zwar die nach der Verfassungsmäßigkeit. Da haben wir bereits einerseits das Problem, dass Richter gemäß dem Geschäftsverteilungsplan, also möglicherweise auch auf politischen Druck, zwischen Hauptstandort und Zweigstelle hin und her verschoben werden können.
Bei 6 Zweigstellen und ebenso vielen Hauptstandorten bedeutet das, dass ein Verschieben bei insgesamt 12 von 16 Standorten prinzipiell möglich ist.
(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Was ist daran bedenklich? – Vincent Kokert, CDU: Na das erklären Sie uns doch mal!)
(Unruhe vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Erzählen Sie mal, was daran bedenklich ist! Das möchte ich wirklich gern mal wissen. – Glocke der Vizepräsidentin)
Damit macht das Justizministerium den Gerichtspräsidenten Vorgaben hinsichtlich ihrer Geschäftsverteilungspläne. Das ist ebenfalls ein Verstoß gegen die Unabhängigkeit der Justiz.
Meine Damen und Herren, ich kann nur davor warnen, sich mit der Zweigstellenlösung in Sicherheit zu wähnen. Sie ist lediglich eine Beruhigungspille. Auch eine im Gesetz verankerte Zweigstelle kann im Handumdrehen abgeschafft werden. So weit zu Ihren Argumenten, das wird ja gesetzlich verankert.
Ich will aber, meine Damen und Herren, zu einem zweiten Punkt kommen, hier geht es um die Kosten. In der Begründung des Gesetzes steht geschrieben, dass irgendwelche Einsparungen nicht das vordringliche Ziel der Reform und Einsparungen erst mittel- bis langfristig zu erwarten seien. Tatsächlich dürfte der Wunsch nach derartigen Einsparungen die treibende Kraft für diese Reform sein. Ich verweise auf das Eingangsbild. In der Gesetzesbegründung ist nunmehr von einer Einsparung von knapp 34 Millionen auf 25 Jahre die Rede. Das sind dann 1,36 Millionen Euro pro Jahr. Schaut man etwas genauer hin, kommen doch arge Zweifel an dieser Einschätzung auf.
Da wären zunächst die Liegenschaftskosten. Die Regierung konnte noch immer kein Konzept vorlegen, wo denn die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an den zukünftig größeren Gerichtsstandorten untergebracht werden sollen. Da werden erhebliche Mietkosten auf das Land zukommen.
Wenn man sich dann noch die Geschäftsentwicklung bei den Gerichten anschaut und feststellt, dass diese kaum oder gar nicht rückläufig ist, wird klar, dass ein Personalabbau auch künftig nicht zu erwarten sein wird. Die Unterbringungsproblematik wird bestehen bleiben und auch mittel- bis langfristig zu Mehrausgaben führen.
Dann sind noch die Mehrausgaben für Verfahrenskosten, die bei der neuen Gerichtsstruktur entstehen, also alles, was Prozesskostenhilfe, Verfahrenskostenhilfe und Ähnliches betrifft, zu berücksichtigen. Die werden wegen der längeren Fahrwege sicherlich steigen. Die Gesetzbegründung hält sich hier zurück und geht von geschätzten 250.000 Euro pro Jahr aus. Da fragt man sich doch, welche Zahlen dieser Schätzung zugrunde gelegt wurden. Mitgeteilt wird das zumindest nirgends.