Protokoll der Sitzung vom 21.03.2013

weil sie schlicht selbst sonst nicht ausreichende finanzielle Möglichkeiten haben, ihr Leben zu gestalten, auch wenn der Mann vollbeschäftigt ist. Das ist die Realität. Also lügen Sie nicht und sagen,

(Dr. Nobert Nieszery, SPD: Was für ein Familienbild da durchschimmert. – Zuruf von Silke Gajek BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

alle Frauen wollen an die Arbeitsstellen, sondern berücksichtigen Sie,

(Dr. Nobert Nieszery, SPD: Wie aus der Steinzeit. – Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Rote Lampe!)

dass ein Zwang zur Arbeit aus sozialen Gründen hier in Mecklenburg-Vorpommern ganz exakt auch ein Grund ist, warum die Frauen nach Ganztagsstellen Ausschau halten. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall Stefan Köster, NPD – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Vielleicht wollen die auch gerne arbeiten, Herr Pastörs. Können Sie sich das auch vorstellen? Nö, ne?)

Das Wort hat jetzt noch einmal für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Abgeordnete Frau Gajek.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Die Diskussion zeigt doch einiges, insbesondere wie hier mit tradierten Rollenbildern umgegangen wird,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Gucken Sie mich jetzt nicht so an hier! – Heiterkeit bei Peter Ritter, DIE LINKE)

wie Frauen in eine bestimmte Rolle gedrängt werden. Und es ist schon schockierend, muss ich sagen, wie hier auch zum Teil das Frauenbild dargestellt wird.

Frau Tegtmeier, ich danke Ihnen nochmals, dass Sie auf die Punkte 2 und 3 eingegangen sind, und habe ja auch Ihr Winden festgestellt. Ich kann mir vorstellen, dass es immer wieder schwierig ist, mit einem CDUKoalitionspartner hier einen Weg zu finden, wo wir ja gerade durch die Debatte um das Betreuungsgeld wissen, dass sich dort die Wege wirklich trennen.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Mehr interessant als schwierig.)

Aber ich akzeptiere das – es bleibt uns ja auch nichts anderes übrig –, dass Sie dann aller Wahrscheinlichkeit nach unserem Antrag nicht zustimmen.

Was ich ein bisschen fragwürdig finde, ist, dass Sie offensichtlich die Ganzheitlichkeit unseres Antrages doch nicht so verstanden haben. Ich habe ja das Beispiel des Projektes AQuA angeführt und ich nenne das jetzt als Projekt, weil es ist ein Teil im großen struk- turellen Defizit. Es soll ja damit alleinerziehenden Frauen und wahrscheinlich auch Männern der Zugang zur Arbeit erleichtert werden. Das ist ein Punkt, das habe ich vorhin auch in meiner Rede gesagt, und ich halte es immer wieder für wirklich problematisch, wenn wir nur die Alleinerziehenden uns beispielsweise raus- nehmen. Das, was wir hier haben, ist ein strukturelles Problem. Wir leben nach wie vor im Patriarchat, wir haben nach wie vor patriarchale Strukturen und wir als Frauen sind nach wie vor benachteiligt. Das ist nicht nur in der Erwerbstätigkeit so, sondern letztendlich – und das habe ich vorhin gesagt – gerade in der Altersarmut.

Der Wahlkampf zum 22.09. wird uns daran messen. Und ich denke schon, dass ein paar Punkte noch dazuge- hören.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Vor allen Dingen die Zeit danach, die Zeit danach.)

Die Zeit danach, aber auch davor.

Es hat mich gewundert, dass ich zwei Punkte heute überhaupt nicht gehört habe, von niemandem. Also mir ist es jedenfalls nicht aufgefallen:

Ehegattensplitting. Ehegattensplitting benachteiligt uns Frauen strukturell. Wir GRÜNE stehen für eine Individualbesteuerung

(Udo Pastörs, NPD: Wird es eh nur geben, wenn Kinder da sind.)

und auch in der Rente sind wir nach wie vor benachteiligt,

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

wenn das Ehegattensplitting so weitergeführt wird. Wir brauchen natürlich eine Anerkennung der Erziehungszeiten und zukünftig auch der Pflegezeiten. Ich denke, das sind Punkte, die haben wir noch gar nicht so auf der Agenda. Und erst dann, wenn dieses geschlechtergerecht verteilt ist, dann wird es auch möglicherweise andere Zugänge zur Arbeit geben.

Und es wird immer wieder gesagt, die Männer. Fragen Sie doch mal Männer, auch im öffentlichen Dienst. Wenn die sagen, sie nehmen ihre Elternzeit, dann wird häufig von den Chefs und auch Chefinnen die Nase gerümpft. Es ist schwer für Männer, diese Elternzeit in Anspruch zu nehmen. Noch wesentlich schwieriger ist es, in Teilzeit zu gehen, denn die Familien sind dann gezwungen, mit dem Gehalt, das letztendlich die Familie ernährt, über die Runden zu kommen. Und da ist eben eine strukturelle Benachteiligung, denn – wir haben das heute mehrfach gehört – Männer verdienen immer noch 22 Prozent mehr im Durchschnitt.

Ich finde, es ist ein bisschen, in Anführungsstrichen, auch Korinthenkackerei, immer wieder zu gucken,

(Udo Pastörs, NPD: Wollen Sie uns jetzt erklären, dass das Unfug ist, was Sie sagen?)

ob es nun 6,5 Prozent sind in diesem Land, die diese Unterschiede machen. Wir haben die Unterschiede, wir Frauen werden benachteiligt. Und ich denke auch, es reicht eben nicht, ein rotes Tuch am 21.03. eines jeden Jahres zu tragen, und ich hoffe, dass es dann nächstes Jahr der 28. Februar ist. Aber wir müssen jeden Tag … – und da, Herr Ritter, gebe ich Ihnen recht, das Murmeltier ist manchmal auch langweilig auf Dauer –, aber ich denke, gerade diese Debatten um gleichberechtigte Zugänge zum Arbeitsmarkt, um gleiche Entlohnung werden uns bis zum 22. September noch begleiten. Ich freue mich auf die Debatten und ich freue mich insbesondere auf die Debatten der beiden Regierungsfraktionen,

(Torsten Renz, CDU: Warum freuen Sie sich da?)

wie dann bestimmte Anträge aufgehen.

(Torsten Renz, CDU: Warum freuen Sie sich da so besonders?)

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit und bitte um Zustimmung.

(Beifall vonseiten der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 6/1635. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Damit ist der Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 6/1635 mit den Stimmen der Fraktionen von SPD, CDU und NPD, bei Zustimmung der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN abgelehnt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 21: Beratung des Antrages der Fraktion DIE LINKE – Konzept „Zukunftsperspektiven der maritimen Industrie in Mecklenburg-Vorpommern“ fortschreiben, Drucksache 6/1649. Hierzu liegt Ihnen ein Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 6/1693 vor.

Antrag der Fraktion DIE LINKE Konzept „Zukunftsperspektiven der maritimen Industrie in Mecklenburg- Vorpommern“ fortschreiben – Drucksache 6/1649 –

Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 6/1693 –

Das Wort zur Begründung für die Fraktion DIE LINKE hat der Fraktionsvorsitzende Herr Holter.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte mit einem Zitat beginnen: „Mit den Beschlüssen vom 10. Mai 2007 … hatte der Landtag die Landesregierung beauftragt, in Abstimmung mit der maritimen Industrie und den Hochschulen des Landes sowie Verbänden und Gewerkschaften eine Konzeption zur Zukunftssicherung der maritimen Industrie zu erstellen. Die Zielstellung bestand darin, Handlungsfelder zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft und Wissenschaft im Bereich der maritimen Industrie in Mecklenburg-Vorpommern aufzuzeigen.“ Das sind die einleitenden Worte dieses Konzeptes „Zukunftsperspektiven der maritimen Industrie in MecklenburgVorpommern“ vom 22. Juli 2008.

Die Arbeit an diesem und die Diskussion über dieses Konzept wurden angesichts der Finanz- und Wirtschaftskrise ausgesetzt. Herr Seidel als damaliger Wirtschaftsminister hat ausdrücklich auch die Zustimmung der Opposition dazu eingefordert.

In der 5. Legislaturperiode waren die Werften und ihre Zulieferer in aller Munde. Gemeinsam gingen die demokratischen Kräfte dieses Landtages und des Landes mit den Beschäftigten auf die Straße, um für die Zukunft der maritimen Industrie zu demonstrieren. Sogar der Minis

terpräsident sprach damals von den Schiffen, die unsere Autos seien.

Seit der Landtagswahl 2011 sieht das aber anders aus. Die Regierung fährt auf Sicht und dem Kapitän ist der Kompass abhandengekommen. Dabei warten die Branche, die Unternehmer und die Belegschaften auf positive Signale für ihre Zukunft.

(Tilo Gundlack, SPD: Das müssen gerade Sie sagen.)

Meine Damen und Herren, es war der Schweizer Schriftsteller Emil Oesch, der sagte: „Ein Mensch ohne Plan ist wie ein Schiff ohne Steuer.“ Für unsere Forderung, das Konzept „Zukunftsperspektiven der maritimen Industrie in Mecklenburg-Vorpommern“ fortzuschreiben, passt dieser Vergleich nur allzu gut. Und, meine Damen und Herren, wir schlagen Ihnen vor, genau dort wieder anzuknüpfen, wo wir 2008 aufgehört haben.

Die materiellen und personellen Grundlagen dafür sind in den vergangenen zwei Jahrzehnten gelegt worden. Zwar haben die Eigner immer wieder mal gewechselt, aber die modernen Kompaktwerften und ihre gut aufgestellten Zulieferer und Dienstleister sind geblieben. Den jeweiligen neuen Eignern gilt unser Dank, aber ohne das Wissen, die Fähigkeiten und Fertigkeiten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vor Ort hätten diese keine Voraussetzungen für ihren Kapitaleinsatz gefunden.

Wir, die Linksfraktion, wollen das Engagement der Unternehmer, der Beschäftigten und der Politik zusammenführen, besser gesagt wieder zusammenführen, um die Herausforderungen für die Zukunft gemeinsam anpacken und meistern zu können. Das wäre eine wichtige industrie- und strukturpolitische Botschaft für MecklenburgVorpommern.

Nicht nur aus diesem Grund unterstreicht der erste Teil unseres Antrages die Bedeutung der maritimen Industrie für Mecklenburg-Vorpommern, denn die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Werften und ihrer Zulieferer, die Kommunen und auch die Gewerbetreibenden haben ein Recht zu erfahren, ob und wie die Politik heute und morgen zu diesem strukturbestimmenden und regional bedeutsamen Industriezweig steht.

Aus diesem Grunde möchte ich heute nicht über die Vergangenheit und insbesondere nicht über Rückschläge reden. Das haben wir in anderen vorangegangenen Landtagssitzungen zur Genüge getan. Und außerdem – wie bekannt – hat der Parlamentarische Untersuchungsausschuss einen klaren Untersuchungsauftrag. Ich möchte ausdrücklich eine vorwärtsgerichtete Debatte führen, eine Debatte über die Zukunft und die Perspektiven der maritimen Industrie.

Viele, so auch in der Öffentlichkeit, verbinden damit sofort die Forderung nach mehr Geld. Für mich ist aber die finanzielle Unterstützung eine abgeleitete Größe, die sich aus einer Zukunftsstrategie ergibt. Wir brauchen also zuerst den Kompass und die Marschrichtung. Warum wir eine Strategie brauchen, werde ich Ihnen jetzt darlegen.

Für die maritimen Unternehmen geht es schon lange nicht mehr um die Frage, ob der Weg von der Massenproduktion, der Serienproduktion hin zu innovativen Produkten wie Spezialschiffbau oder Offshoremeerestechnik