Auf die gestiegene Anzahl von psychosomatischen Erkrankungen bei Jugendlichen sind sowohl Frau Ministerin Schwesig als auch Frau Gajek eingegangen.
An den besseren Prüfungsleistungen kann es jedoch nicht liegen. Tatsächlich müssen wir in einzelnen Fächern, zum Beispiel im Grundkurs Mathematik, feststellen, dass es hier zum Teil dramatische Verschlechterungen gab. Die Schulzeitverkürzung trägt dabei natürlich nicht den alleinigen, jedoch einen unguten Anteil.
Die Zahl der Klassenwiederholungen in der Sekundar- stufe II ist seit der Verkürzung auf zwei Jahre massiv angestiegen. Die Quoten haben sich zum Teil vervielfacht, das heißt, in Wirklichkeit sind viele Abiturienten und Abiturientinnen bereits jetzt zum dreizehnjährigen Abitur zurückgekehrt. Es gab also praktisch eine Abstimmung mit den Füßen.
Es gibt sicher einzelne Fälle, in denen Klassenwiederholungen, wie sie bis heute praktiziert werden, nützlich sind. Insgesamt halten wir sie aber für ein uneffektives und veraltetes pädagogisches Instrument, das kaum positive Effekte bringt, und wenn, dann nur in der ersten Zeit des wiederholten Jahres. Ich weiß, in der CDU-Fraktion ist man der Auffassung, Sitzenbleiben habe bisher noch niemandem geschadet. Das ist ja mittlerweile das neue Standardargument in Bildungsfragen geworden.
(Dr. Margret Seemann, SPD: Sie bringen ja alles durcheinander hier. Hilfe! – Zuruf von Torsten Renz, CDU)
Zuletzt erklärte unser Innenminister, er sei für Kopfnoten, weil sie ihm seinerzeit auch nicht geschadet hätten.
Wir sind allerdings der Auffassung, dass es bei bildungspolitischen Fragen nicht maßgeblich ist, ob sie einem Minister oder Abgeordneten irgendwann mal geschadet haben oder nicht. Es kommt uns auf die heutigen Schülerinnen und Schüler an und für deren Probleme benötigen wir kluge Lösungen.
(Beifall vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Margret Seemann, SPD: Sie haben wirklich kein Gesamtkonzept, ja?)
Wir sind der Auffassung, eine bewusst konzipierte dreijährige Qualifikationsphase ist allemal besser als die bloße Wiederholung eines einzelnen Schuljahres.
Wir sind zuletzt mehrfach gefragt worden, warum wir nicht gleich das Rad zurückdrehen, also zurück zum dreizehnjährigen Abitur.
Ganz aktuell gibt es dazu die Forderung der GEW heute in einer Pressemitteilung, aber auch der Philologenverband, ein Verband, in dem die Gymnasiallehrer sich vereinen, hat genau dies gefordert. Das hat aus unserer Sicht vor allem zwei Gründe:
Erstens. Es gibt fraglos viele Schülerinnen und Schüler, die das Abitur nach zwölf Jahren gut ablegen und auch mit der Zeit gut klarkommen beziehungsweise die den Stress und vielleicht mal die eine oder andere schlechtere Note in Kauf nehmen, aber wissen, die Schule ist dann nach zwölf Jahren beendet.
Umgekehrt gibt es wiederum auch leistungsstarke Abiturienten, die sich aber wünschen, dreizehn Jahre zur Schule zu gehen, damit sie nämlich die Schulzeit entspannt erleben können
Und das ist genau unser Ansatz. Es gibt unterschiedliche Geschwindigkeiten und unterschiedliche Prioritäten.
Nicht alles kann hundertprozentig berücksichtigt werden, aber zwei Optionen sind sinnvoll und machbar.
Der zweite Grund gegen eine generelle Rückkehr zu dreizehn Jahren ist das Bedürfnis, und das respektieren wir, nach einer gewissen Kontinuität und Ruhe in der Schulpolitik.
Allerdings konkurriert das in gewisser Hinsicht mit dem ebenso berechtigten Wunsch nach Lösungen für die genannten und vor allem auch bestehenden Probleme.
Unser Vorschlag berücksichtigt dabei beide Bedürfnisse. Die dreijährige Qualifikationsphase soll freiwillig sein und an den Schulen parallel zum bisherigen System angeboten werden. Wir drehen das Rad damit nicht zurück, sondern bieten eine zusätzliche Option an. Wer dies nicht will, für den ändert sich nichts.
Sie hören, es gibt nichts zu verlieren, aber viel zu gewinnen: das individuelle Wohlbefinden der Schülerinnen und Schüler, gesellschaftliches Engagement und eventuell auch mehr Abiturient(inn)en.
Im Vergleich zu allen anderen Modellen ist hier der personelle und organisatorische Zusatzbedarf auf ein Minimum begrenzt, Herr Renz, so viel zu den Kosten,
Das Verfahren ist im Grunde einfach. Bestimmte Hauptfächer lernt man drei Jahre im Klassenverband, alle anderen Fächer können gemeinsam mit den Schülerinnen und Schülern der zweijährigen Qualifikationsphase belegt werden.
Dadurch erreichen wir, dass die Schülerinnen und Schüler in den wichtigsten Hauptfächern zusätzliche Stunden erhalten und trotzdem in keinem Schuljahr der Qualifikationsphase mehr als 30 Unterrichtsstunden absolviert werden müssen. Das ist ein einfacher, aber dennoch neuer Ansatz, wirksame Entlastung mit einem pädagogischen Mehrwert zu verbinden.
So, wie wir den Schülerinnen und Schülern mehr Wahlfreiheit lassen wollen, wollen wir auch die Schulen zu nichts zwingen. Deshalb gehen wir den Weg eines freiwilligen Schulversuchs.
Nun könnte der Einwand kommen, wenn Schulen das wollen, können sie so einen Schulversuch ja von sich aus beantragen. Wir wollen aber, dass die Schulen vom Bildungsministerium die notwendige Unterstützung bekommen in Form von Stundenzuweisungen beziehungsweise einer Evaluation,
Das steht im Antrag, Herr Butzki. Es geht um drei Jahrgänge, die dann auslaufen, also insgesamt um fünf Schuljahre zunächst.
Meine Damen und Herren, unsere Fraktion hat den Entwurf dieses Antrages bereits vor mehr als sechs Monaten öffentlich zur Debatte gestellt und anhand der Rückmeldungen, die wir bekamen – das ist die Antwort auf Ihre Frage –, weiterentwickelt.
Wir haben seitdem mehrere Diskussionsveranstaltungen durchgeführt mit Elternvertretern, Lehrervertretern, mit Verbänden, Vereinen und vor allem auch mit Schülerinnen und Schülern. Und genau die – wir hatten mehrere Modelle zur Auswahl gestellt – haben sich dieses Modell gewünscht, die Wahl zwischen beiden Optionen, zwischen zwölf und dreizehn Jahre.