Es gibt die Informationen, ob die Maßnahmen, die wir jetzt ins Auge fassen, die wir ins Gesetz geschrieben haben, ob die wirken. Und wir werden in einer Situation sein, eine Wirksamkeitskontrolle durchzuführen. Wir werden Zahlen kriegen, ob das, was wir machen, richtig ist, ob wir damit auf dem richtigen Weg sind, und es wird uns dann in den Stand versetzen,
(Julian Barlen, SPD: Das zeigt schon die Einschulungsuntersuchung. – Zuruf von Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE)
diese Dinge noch zu verstärken. Und es war mir einfach wichtig, hier noch mal mit ein paar Dingen aufzuräumen und das klarzustellen, meine Damen und Herren. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Der Antrag auf Überweisung in die Ausschüsse wurde zwischenzeitlich vom Antragsteller zurückgezogen. Kann ich also davon ausgehen, dass wir nach der jetzigen Aussprache die Unterrichtung durch die Landesregierung auf Drucksache 6/1737 verfahrensmäßig für erledigt erklären?
Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 16: Beratung des Antrages der Fraktion DIE LINKE – Schülerorientierte Re- form der zweijährigen Qualifikationsphase der gymnasialen Oberstufe – Verbesserung der pädagogischen Rahmenbedingungen, auf Drucksache 6/1744, in Verbindung mit der Beratung des Antrages der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Unterschiedliche Geschwindigkeiten zum Abitur anerkennen – die Möglichkeit für eine dreijährige Qualifikationsphase schaffen, auf Drucksache 6/1755.
Antrag der Fraktion DIE LINKE Schülerorientierte Reform der zweijährigen Qualifikationsphase der gymnasialen Oberstufe – Verbesserung der pädagogischen Rahmenbedingungen – Drucksache 6/1744 –
Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Unterschiedliche Geschwindigkeiten zum Abitur anerkennen – die Möglichkeit für eine dreijährige Qualifikationsphase schaffen – Drucksache 6/1755 –
Das Wort zur Begründung des Antrages der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 6/1755 hat die Abgeordnete Frau Berger. Bitte schön.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die bündnisgrüne Landtagsfraktion legt heute einen Vorschlag vor, um Schülerinnen und Schüler auf dem Weg zum Abitur zukünftig spürbar zu entlasten. Sie sollen künftig die Wahl haben, ob sie das Abitur in zwölf oder in dreizehn Jahren ablegen wollen.
Diesen Weg gehen inzwischen wieder viele Bundesländer. In der Regel kann dabei nach der 4. Klasse zwischen einer G-8- oder einer G-9-Laufbahn gewählt werden.
Wir schlagen hingegen ein anderes, an MecklenburgVorpommern angepasstes Konzept vor. Wir halten es in Mecklenburg-Vorpommern für sinnvoller, dass die Schülerinnen und Schüler die Entscheidung über zwölf oder dreizehn Jahre Abitur in der 10. Klasse treffen, denn in der Sekundarstufe II ist das Arbeitspensum seit der Wiederverkürzung des Abiturs massiv gestiegen. Deswegen muss auch genau an der Stelle die Entlastung erfolgen.
Die Verkürzung des Abiturs auf zwölf Jahre, auch eine Antwort auf Ihre Frage, Herr Renz, hat viele Schülerinnen und Schüler vor große Probleme gestellt. Für den gleichen Schulstoff steht nun ein Schuljahr weniger zur Verfügung. Das heißt, die Schülerinnen und Schüler haben zu Hause einen erhöhten Arbeitsaufwand,
(Peter Ritter, DIE LINKE: Können wir die Fraktionssitzung hier vorne mal ein bisschen leiser machen?)
Das ist im Übrigen ein Unterschied zum zwölfjährigen Abitur in Mecklenburg-Vorpommern in den 90er-Jahren. Damals war das Stundensoll nämlich noch nicht so hoch, wie es heute ist. Heute gehen die angehenden Abiturientinnen und Abiturienten in den letzten beiden Schuljahren durchschnittlich sieben Stunden allein nur zur Schule. Dazu kommen der Schulweg, Vokabeln lernen, Referate vorbereiten, Hausaufgaben machen, eventuell zur Nachhilfe gehen und vor allem auch der Schulweg. Das heißt, die Schülerinnen und Schüler kommen auf durchschnittlich 45 bis 50 Stunden Arbeit pro Woche. Und dann sollen sie in ihrer Freizeit, in der übrig gebliebenen Freizeit auch noch aktiv werden.
Sie wollen oder sollen Sport treiben, sie sollen Bücher lesen, sie wollen oder sollen ins Theater gehen und sich für Politik und die Gesellschaft interessieren, damit sie – und so formuliert es das Schulgesetz MecklenburgVorpommern – zu vielseitig entwickelten Persönlichkei- ten werden. Allerdings müssen die Schülerinnen und Schüler in dieser Phase auch noch ihre Zukunft planen, sich über Ausbildung und Studienmöglichkeiten infor- mieren. Wer sich zum Beispiel für ein freiwilliges Jahr entscheidet, wird sich in diesem Zeitraum bewerben, ebenso wie jemand, der sich für eine Berufsausbildung entscheidet.
Andere wollen vielleicht studieren und werden sich um ein Stipendium bemühen. Wer aber ein Stipendium erhalten will, braucht nicht nur gute Noten, sondern muss zusätzlich auch gesellschaftliches Engagement vor- weisen.
In den letzten Jahren mussten jedoch immer mehr Schülerinnen und Schüler ihre Freizeitaktivitäten mit der 11. Klasse aufgeben. Viele Vereine, Kirchen, Jugend- orchester, unlängst auch das Technische Hilfswerk und die Feuerwehren beklagten einen massiven Rückgang der Jugendlichen in genau dieser Altersklasse.
Die Schülerinnen und Schüler verlieren damit nicht nur wertvolle Erfahrungen und einen wichtigen Ausgleich zur Schule,
sondern sie mindern damit auch die Chancen auf eine Berufsausbildung beziehungsweise auf eine finanzielle und ideelle Unterstützung ihres Studiums. Denn jeder Personalchef in jedem Betrieb wird irgendwann mal vor die Situation gestellt, dass er Bewerber mit gleich guten Noten hat, und dann schaut er sich sehr wohl die Biografien der Schülerinnen und Schüler an und wird feststellen, dass der eine gesellschaftlich engagiert war. Und selbst wenn es nur ein Sportverein war, wo er vielleicht Jugendgruppen angeleitet hat,
bedeutet das, dass er zuverlässig ist, dass er teamfähig ist. Das sind genau die Soft Skills, auf die Arbeitergeber heutzutage sehr viel Wert legen.
Wir halten das nicht für den richtigen Weg. Wir freuen uns darum ausdrücklich, dass die Fraktion DIE LINKE die Ergebnisse unserer Kleinen Anfragen zu diesem Thema ebenfalls für besorgniserregend hält und ihrerseits Vorschläge unterbreitet. Dazu komme ich aber in meinem zweiten Redebeitrag noch einmal.
Fest steht, selbst die hartnäckigsten Befürworter der Verkürzung auf zwölf Jahre können die damit verbunde
„Der Spiegel“ widmet den Folgen der Abiturverkürzung in dieser Woche sogar eine ganze Titelgeschichte, Herr Butzki. Vielleicht haben Sie es gelesen. Die Überschrift lautet: „Generation Stress: Wenn Schule krank macht“. Mich würde schon interessieren, warum wir das den Schülerinnen und Schülern eigentlich überhaupt zumuten,
gerade auch im Hinblick auf den vorherigen Tagesordnungspunkt „Kinder- und Jugendgesundheitsbericht“.