Protokoll der Sitzung vom 26.04.2013

germaßen überschaubare Steuergesetzgebung eingeführt wird.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ich denke, Sie wollen das abschaffen?)

Aber das ist sehr, sehr leicht gesagt und sehr, sehr schwer getan.

Wenn hier gefordert wird, dass die Steuerehrlichkeit einziehen müsse und dass Steueroasen oder die Schlupflöcher geschlossen werden müssten, dann stellt sich doch zunächst einmal die Frage: Haben wir denn innerhalb der Europäischen Union unsere Arbeit schon erledigt in dieser Richtung? Da muss ich Ihnen sagen, Luxemburg hat bis heute Sonderabkommen. Luxemburg gibt keine Namen, Identitäten weiter, sondern hat sich entschieden, über eine Quellensteuer von 35 Prozent zu besteuern. Das Gleiche hat Österreich getan. Und dann stelle ich die Frage: Was ist eigentlich mit Großbritannien? Was ist mit den Kanalinseln? Was ist mit Jersey, was ist mit der Isle of Wight, was ist mit Guernsey zum Beispiel?

(Johann-Georg Jaeger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sie wollen doch weniger Europa!)

Die haben nicht nur ganz bestimmte Gesetze, die also sehr attraktiv sind, um dort Millionenvermögen zu parken, sondern die haben sogar eine eigene Währung – innerhalb der EU Sonderbestimmungen. Das ist die Forderung! Bevor Sie sich um irgendwelche Steueroasen in Panama oder sonst wo kümmern, sollten Sie zunächst mal hier gefordert haben, dass wir innerhalb der Europäischen Union zu einer Gesetzesgrundlage kommen, die dann auch praktisch umsetzbar ist für die Steuerbe- hörden.

Ich nehme mal das Beispiel Schweiz. Mit der Schweiz war ein Abkommen geschlossen, das vernünftig war. Das hätte einen unglaublichen Betrag in die Kassen des Finanzministers gespült, aber die SPD wollte nicht,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Nee.)

und jetzt geht jeden Tag Steuergeld in unglaublichem Ausmaß verloren.

Wenn Sie die Vereinigten Staaten von Amerika nehmen, das wurde eben hier von dem grünen jungen Mann angeführt, dann sollte man doch auch mal bei der Wahrheit bleiben. Natürlich haben die Vereinigten Staaten von Nordamerika die Schweiz gezwungen, ihre Staatsbürger zu nennen, die dort größere Vermögen parken. Das hat funktioniert. Aber gleichzeitig, und das ist ja die Doppelmoral, haben wir seit über 100 Jahren in Delaware in den Vereinigten Staaten von Nordamerika eine Steueroase, wo auch Staatsbetriebe, große Anteile an Staatsbetrieben der Bundesrepublik Deutschland Firmen gegründet haben, VW zum Beispiel. Wenn Sie da schauen, dann taucht da auf VW, da taucht Lufthansa auf und so weiter und so weiter. Also Sie sehen, so einfach, wie das eben die GRÜNEN hier versucht haben zu erklären, ist die Lage natürlich nicht.

(Johann-Georg Jaeger, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Wir hatten Lösungsvorschläge. – Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)

Es ist natürlich auch ganz klar, dass die eigenen Steuerbestimmungen in Deutschland so ausgestaltet sein müssen, dass eine Steuergerechtigkeit auf der Grundlage legalen Rechts möglich wird. Wie wollen Sie eine Standardisierung der Bemessungsgrundlage herstellen, was in diesem Antrag der GRÜNEN steht, wenn gerade das auch ein Instrument der Stimulation von volkswirtschaftlichen Impulsen darstellt? Und Sie müssen sich schon daran gewöhnen, dass sich nicht die ganze Welt auf Ihre Steuergesetzgebung festklopfen lässt.

Wir haben es international mit ganz unterschiedlichen Rechtssystemen zu tun.

(Zurufe von Dr. Norbert Nieszery, SPD, und Johann-Georg Jaeger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben es international Gott sei Dank noch mit souveränen Staaten zu tun und die werden alles andere wollen, als eine Weltregierung zu installieren auf dem Sektor der Finanzen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist eine traurige Wahrheit, dass Sie mit Ihrer Gesetzgebung in der Bundesrepublik Deutschland zum Beispiel dafür gesorgt haben, dass wir zwar in Europa bei den ganz normalen Bürgern eine Steuerpflicht dadurch hergestellt haben, dass automatisch Meldungen erfolgen. Aber was ist denn mit den Trusts innerhalb der Europäischen Union? Die sind überhaupt gar nicht in diesen Abkommen, die geschlossen worden sind, inbegriffen. Was ist mit den Stiftungen innerhalb der Europäischen Union? Nichts dergleichen ist formalrechtlich sauber gelöst. Sie machen hier eine Forderung auf und haben die Hausarbeiten noch längst nicht erledigt.

Schauen Sie nach Gibraltar! Da sitzt der Sohn eines ehemaligen Stasigenerals auf einem Felsen und verwaltet dort – ich spreche von Herrn Wolf, Markus, der Sohn –, und verwaltet einen Fonds in Gibraltar in Milliardenhöhe. Und hier und da wird spekuliert, wie viel Hunderte von Millionen ehemaligen SED-Vermögens wohl dort verwaltet werden von diesem jungen Mann. Das sind Fakten, die Sie nicht vom Tisch wischen können.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Oh, diese Verschwörungstheorien!)

Wir werden selbstverständlich dem Antrag zustimmen, weil wir wollen, dass hier in Deutschland die Großen ihre Steuern entrichten.

Wir sollten uns wirklich dann zunächst einmal auf die großen Vermögen konzentrieren, weil da auch am meisten betrogen wird. Das ist doch ganz klar, aber alles, was ich dazu bisher gehört habe, ist …

Ihre Redezeit ist abgelaufen, Herr Pastörs.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Gott sei Dank!)

… graue Theorie. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der NPD)

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Liskow für die Fraktion der CDU.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben jetzt von allen Seiten schon sehr viel zu diesem Thema gehört, zum Thema „Steuerhinterziehung und Schließen von Steuerschlupflöchern“. Ich glaube, wir müssen aufpassen, dass wir zwar das Thema ganz hart benennen, aber nicht alle Steuerzahler über einen Kamm scheren.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Es gibt, glaube ich, gerade auch bei den Leuten, die sehr viel Steuern zahlen, auch viele ehrliche Leute,

(Udo Pastörs, NPD: Das hat keiner bestritten.)

denn 10 Prozent der Steuerzahlenden bezahlen auch 55 Prozent der Steuern. Trotzdem müssen wir für das Thema heute sensibilisieren.

Ich möchte aus meiner Sicht noch einmal ein paar andere Fragen ansprechen. Ich glaube, wir haben noch nicht genau gesehen und wissen auch nicht, mit welchem Umfang wir es eigentlich bei den Steuerhinterziehern zu tun haben, mit welchen Summen wir da rechnen müssen und wie hoch die Summen genau sind.

(Udo Pastörs, NPD: Milliarden! Milliarden!)

Es gibt viele Spekulationen, aber keiner kann es, glaube ich, genau sagen.

Und, meine sehr geehrten Damen und Herren, durch den harten Verfolgungsdruck, der jetzt schon durch den staatlichen Ankauf illegaler Dateien stattfindet, liegt der Verdacht nahe, dass niemand, der Steuern in großem Umfang hinterzieht, noch gut schläft. Jeder, der seine Kapitaleinkünfte nicht ordentlich versteuert, weiß, dass er auf der nächsten CD den eigenen Namen lesen könnte.

Der zweite Punkt, auf den ich hinweisen möchte, ist die Tatsache, dass es durch die zunehmende Digitalisierung für den Staat eher einfacher wird, Steuersünder zu entdecken. Durch den Zugriff des Staates auf die Konto- stammdaten ist es praktisch unmöglich geworden, Geld ohne Spuren zu transferieren. Und jeder Bankangestellte, der sich an illegalen Steuerhinterziehungen durch das Erteilen vermeintlich gut gemeinter Ratschläge beteiligt, weiß, dass er dem staatlichen Verfolgungsdruck ausgesetzt ist.

Ferner hinweisen möchte ich auf die Dynamik, die sich entwickelt, wenn Steuerhinterziehung öffentlich wird. Ich befürworte den Pranger nicht, den die heutige Mediengesellschaft hervorgebracht hat. Wir sollten aber auch nicht so tun, als gäbe es ihn nicht.

Sehr geehrte Damen und Herren, ich bin weit davon entfernt, Steuerhinterziehung kleinzureden. Steuerhinterziehung ist eine Straftat und wer auf das Mittel der Selbstanzeige verzichtet, muss bestraft werden.

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

So steht es im Gesetz, und das aus gutem Grund.

Das viel größere Problem besteht aber in dem, was Fachleute „flächendeckende Ausweichbewegung“ nennen. Unsere Welt ist zusammengerückt und das ist gut. Internationaler Freihandel hat deutlich mehr positive

Aspekte als negative. Eine der Schattenseiten der weltumspannenden Finanz- und Wirtschaftsstrukturen ist aber, dass Staaten mit niedrigen Steuersätzen eine große Anziehungskraft ausüben, wenn es um Versteuern von Gewinnen geht. Mit diesen Staaten kann und wird Deutschland bei Steuersätzen nicht konkurrieren können.

Wenn wir in Deutschland unsere Steuersätze drastisch senken würden, könnten wir uns unsere Diskussionen, wie etwa diejenigen von Haushaltskonsolidierung, sparen. Sie wären finanziell nicht leistbar. Richtig ist aber auch, dass höhere Steuersätze keinen Ausweg bieten. Höhere Steuern treffen nur diejenigen, die nicht mobil genug sind, diesen Steuern auszuweichen. Höhere Steuern in Deutschland treffen Mittelständler, Kleinunternehmen und Familien. Deswegen weise ich noch einmal besonders auf folgenden Ansatz in unserem Antrag hin: „Zur Bekämpfung illegaler, aber auch unerwünschter legaler Steuergestaltungsmöglichkeiten ist ein internationales, insbesondere europaweit einheitliches Vorgehen, erforderlich.“

Die Diskussionen auf internationaler Ebene sind zäh und sie gehen sehr langsam voran, zugleich sind sie ohne echte Alternativen. Steuergestaltungsmöglichkeiten, die international operierenden Unternehmen möglich sind, lässt sich nur auf internationaler Ebene begegnen.

Ich freue mich daher über die heutige Debatte und stimme meinem Kollegen Dietmar Eifler zu: Wenn die heutige Debatte einen kleinen Beitrag dazu leistet, die Diskussion voranzubringen, wäre schon viel gewonnen. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Vielen Dank, Herr Liskow.

Ich schließe die Aussprache und wir kommen zur Abstimmung.

Ich lasse zunächst über den Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 6/1814 abstimmen. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist der Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 6/1814 bei Zustimmung der Fraktionen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE, Gegenstimmen der Fraktion der SPD, der CDU und der NPD abgelehnt.

Ich lasse nun über den Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 6/1815 abstimmen. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist auch dieser Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN auf Drucksache 6/1815 mit gleichem Stimmverhalten abgelehnt.

Wer dem Antrag der Fraktionen der CDU und SPD auf Drucksache 6/1740 zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um ein Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist der Antrag der Fraktionen der CDU und SPD auf Drucksache 6/1740 einstimmig angenommen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 29: Beratung des Antrages der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Energiewende braucht Beteiligungsmöglichkeiten, auf Drucksache 6/1756.