Protokoll der Sitzung vom 26.04.2013

(Zuruf von Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

Die zuständigen Steuerbehörden hätten wegen der Anonymitätsklausel nicht einmal die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben überprüfen können.

Ein ganz aktuelles Beispiel dafür, dass die versprochene Anonymität insbesondere für Prominente gedacht war, geistert ja bekanntlich durch die Medien. Die Selbstanzeige von Uli Hoeneß hat dem Thema ein Gesicht gegeben. Bei aller Sympathie für einen Menschen, seine sportlichen und beruflichen Leistungen darf ein Betrug nicht ungesühnt bleiben,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Sehr richtig. Wird er auch nicht.)

sonst wäre der Rechtsstaat auf den Kopf gestellt, mit den Folgen, dass Beamte der Steuerverwaltung kriminalisiert werden,

(Udo Pastörs, NPD: Der hat den Steinbrück beraten, der Uli.)

während Täter und Helfer ungeschoren davonkommen.

Meine Damen und Herren, Steuerbetrug ist eine Straftat und muss genauso geahndet werden wie ein Bankraub oder ein Autoklau. Steuerbetrug verletzt die Solidarität in der Gesellschaft und untergräbt die Fundamente des Rechtsstaates.

Meine Damen und Herren, glücklicherweise konnten die rot-grünen Länder das Steuerabkommen mit der Schweiz im Bundesrat stoppen.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Gott sei Dank!)

In unserem Antrag fordern wir auch die Schließung von Steuerschlupflöchern. Bereits am Mittwoch haben wir über die Share Deals und RETT-Blocker-Methoden gesprochen, mit denen große Unternehmen die Grunderwerbsteuer noch ganz legal umgehen können. Dem politischen Ziel, Steuerbetrug wirksam zu bekämpfen und Steuergerechtigkeit herzustellen, muss aber sofort eine höhere Priorität eingeräumt werden.

Wir fordern in unserem Antrag den Aufbau einer BundLänder-Task-Force –

(Heiterkeit bei Udo Pastörs, NPD)

ob man das nun so nennen kann, Task-Force oder Arbeitsgruppe, ich glaube, das ist letztendlich egal, die Hauptsache ist, dass etwas dabei herauskommt –, die den globalen Steuermissbrauch aufdecken soll und die Länder beim Vollzug der ermittelten Straftaten unterstützen soll.

Meine Damen und Herren, abschließend möchte ich sagen, wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten wollen den Steuerbetrug eindämmen und Steuerschlupflöcher schließen. Ungerechte Besteuerung zerstört den Zusammenhalt unserer Gesellschaft und gefährdet die Demokratie.

(Heiterkeit bei Udo Pastörs, NPD)

Wir wollen durchsetzen, dass sich diejenigen, die in der Einkommens- und Vermögensverteilung ganz oben ste

hen, genauso an die Steuergesetze halten müssen wie alle anderen und die Möglichkeiten zur Umgehung der Steuerpflicht eingedämmt werden. Von daher bitte ich Sie zunächst um Zustimmung zu unserem Antrag. Die Anträge der GRÜNEN-Fraktion lehnen wir ab. – Danke.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Vielen Dank, Herr Gundlack.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Saalfeld für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Journalistennetzwerk International Consortium of Investigative Journalists hat umfassende Daten zu den Geschäftspraktiken von sogenannten Steueroasen durch einen Informanten erhalten. Ein Jahr lang haben Medien aus mehr als 40 Ländern die Daten ausgewertet und mit der Veröffentlichung erstmals einen umfassenden Einblick in die Praktiken von Steueroasen ermöglicht. Danach lagert die unvorstellbare Summe von mindestens 21 Billionen Dollar in Steueroasen. Die Unterlagen betreffen mehr als 130.000 Personen aus über 170 Ländern. Die Mindereinnahmen durch Steuerhinterziehung und Steuervermeidung schätzt die Europäische Kommission auf 1 Billion Euro jährlich.

Ich freue mich, dass CDU und SPD dieses Thema im Landtag aufgreifen, und wir unterstützen grundsätzlich auch dieses Anliegen. Die bisherigen Forderungen des Antrages bleiben allerdings sehr allgemein und unpräzise. Insgesamt hat der vorliegende Antrag eher den Charakter einer Pressemitteilung. Für einen Antrag zum Steuerrecht darf man aber durchaus konkreter werden als in einer Pressemitteilung.

Um daher den Verdacht auszuräumen, es handele sich hier von CDU und SPD nur um einen reinen Schaufensterantrag, haben wir GRÜNEN den vorliegenden Antrag durch konkrete substantiierte Änderungsanträge untersetzt.

(Manfred Dachner, SPD: Das kennen wir doch.)

Die hier vorgeschlagenen Ergänzungen nennen eine Reihe von konkreten Punkten, die einer effektiven Bekämpfung der Steuerhinterziehung und der Schließung von Steuerschlupflöchern dienen, wie sie auch kürzlich von der grünen Bundestagsfraktion gefordert wurden.

Die Enthüllungen der Medien haben einen tiefen Einblick in die Praktiken der Steueroasen ermöglicht und damit eine neue Dynamik ausgelöst, wie zum Beispiel die gemeinsame Erklärung der Finanzminister der sechs größten EU-Länder vom 9. April 2013 zeigt. In einem bemerkenswerten Schwenk setzten diese sich erstmals geschlossen für eine automatische Datenabfrage ohne Ausnahme ein und erklärten, auch gegen die Steuervermeidungsstrategien großer Unternehmen vorgehen zu wollen. Insbesondere macht sich jetzt Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble für ein europäisches FATCA-Abkommen nach US-amerikanischem Vorbild stark und will dieses zum internationalen Standard erheben. Wir gratulieren und sagen: endlich! Genau diese Forderung, auch von uns GRÜNEN vorgebracht, lehnte Herr Schäuble bekanntlich im Zusammenhang mit

den Beratungen zum deutsch-schweizerischen Steuerabkommen vehement ab.

Das Abkommen der USA mit der Schweiz sieht vor, dass alle Banken und Finanzdienstleister verpflichtet sind, steuerlich relevante Daten automatisch in die Heimatländer der Auslandsanleger zu übermitteln. Entscheidend wird jedoch auch hier die konkrete Umsetzung einer entsprechenden Regelung sein. Insofern ist es wichtig, dass auch die Landesregierung auf eine konsequente Umsetzung ohne Ausnahmen drängt.

Meine Damen und Herren, der Kampf gegen Steuer- hinterziehung ist auch eine Frage der sozialen Gerechtigkeit, und zwar, wenn sich die Starken aus der Finanzierung des Gemeinwesens verabschieden. Daher ist ein entschlossenes Handeln notwendig. Andere Länder zeigen uns, wie es geht.

Einige wesentliche Punkte wurden bisher allerdings immer noch nicht in Deutschland aufgegriffen. Entscheidend wird die Erarbeitung eines europäischen Steuerpaktes sein. Hierzu gehören zum Beispiel Regelungen zur einheitlichen Bemessungsgrundlage für die Unternehmensbesteuerung und Mindeststeuersätze. Damit wären Gewinnverschiebungen unmöglich und der ruinöse Steuersenkungswettlauf könnte unterbunden werden.

Aber auch auf nationaler Ebene bestehen Handlungsmöglichkeiten. So hat Frankreich etwa eine Liste mit Steueroasen erstellt. Geldströme dorthin werden mit einer zusätzlichen Steuer belegt. So einfach kann es gehen.

Wir GRÜNEN fordern aber auch, eine gesetzliche Grundlage zum Lizenzentzug für Banken zu schaffen, wenn diese wiederholt gegen Steuergesetze verstoßen. Wir wollen, dass Steuerpflicht und Staatsbürgerschaft miteinander verknüpft werden wie in den USA. So laufen Wegzugsdrohungen vermögender Bürger und Bürgerinnen ins Leere. In Zukunft wäre es dann nur noch möglich, sich der Steuerpflicht eines Landes durch Ablegung der Staatsbürgerschaft mit all ihren Rechten und Privilegien zu entziehen. Das finden wir gerecht, denn wer nicht Steuern zahlen will, von legitimer Steuerbefreiung ein- mal abgesehen, der sollte auch die Privilegien und Schutzrechte einer Gemeinschaft nicht mehr genießen können.

Wir GRÜNEN wollen die Unternehmen zur Veröffentlichung ihrer Steuerzahlungen in andere Staaten zwingen. Damit würde Transparenz über mögliche Steuerprellerei hergestellt. Und wir GRÜNEN wollen die Einführung eines Unternehmensstrafrechts, damit beispielsweise Banken für die Beihilfe zur Steuerhinterziehung bestraft werden können. Bisher muss Fehlverhalten einzelnen Angestellten nachgewiesen werden. Dies ist bei globalen Geldhäusern immer sehr schwierig und bisher, bis auf wenige spektakuläre Fälle, kaum gelungen.

Mit einem noch kurzfristig eingereichten Änderungsantrag wollen wir GRÜNEN die Landesregierung auffordern, die erst in dieser Woche von der grün-roten Landesregierung von Baden-Württemberg beschlossene Bundesratsinitiative zu unterstützen. Mit der Initiative soll die Verjährungsfrist von Steuerhinterziehung von bisher fünf auf zehn Jahre verlängert werden.

(Heiterkeit bei Udo Pastörs, NPD)

Bislang ist die Strafverfolgung über einen Zeitraum von zehn Jahren nur in besonders schweren Fällen von Steuerhinterziehung möglich.

Lassen Sie mich zuletzt auf einen Aspekt eingehen, der uns GRÜNEN sehr am Herzen liegt, der in der Debatte um die Enthüllung von Offshore-Leaks aber häufig mit Unverständnis bedacht wird – und wenn ich die Forderung von Frau Polzin an die Medien höre, besorgt mich das umso mehr.

Die Forderung des vorliegenden Antrages von CDU und SPD, wonach sich die Landesregierung für ein koordiniertes Vorgehen bei der Erlangung der relevanten Daten von Offshore-Leaks einsetzen soll, ist bei der Wahl der Mittel nicht eindeutig. Diese werden im Antrag offengelassen. Ich vermute einmal, bewusst. Insbesondere vor dem Hintergrund der wiederholten Aufforderungen der Politik an die Medien, die Daten herauszugeben, wie eben gerade von Frau Polzin gehört, aber auch von dem Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble mehrfach

geäußert, erscheint eine solche undifferenzierte Aussage in einem Antrag problematisch, da die betroffenen Medien bereits erklärt haben, die Daten nicht herauszugeben.

(Lorenz Caffier, CDU: Der Datenschutz ist das.)

Das Journalistennetzwerk International Consortium of Investigative Journalists prüft zurzeit selbst, ob Teile der Unterlagen unter Beachtung des Quellenschutzes im Internet veröffentlicht werden können. Insofern schlägt unsere Ergänzung eine Präzisierung und Klarstellung vor, wonach die Rechte der Medien im Sinne des Schutzes der Pressefreiheit, des Redaktionsgeheimnisses und des Quellenschutzes selbstverständlich gewahrt bleiben müssen. Ich glaube, dagegen kann niemand etwas haben, weil das die Rechtslage ist.

(Lorenz Caffier, CDU: Bla, bla, bla!)

Meine Damen und Herren, es liegt in der Verantwortung der Politik, die notwendigen Steuerabkommen zu erlassen, um einen umfassenden und automatischen Datenaustausch zu ermöglichen. Das ist nun wirklich nicht Aufgabe der Medien. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Saalfeld.

Das Wort hat jetzt der Fraktionsvorsitzende der NPDFraktion Herr Pastörs.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Steuerthema ist ja hier schon häufiger. Ich glaube, dass die sicherste oder andersrum gesprochen, ich glaube, dass das Beste und Motivierendste wäre, seine Steuern zu entrichten, wenn wir Steuergesetze hätten, die auch vom normalen Bürger verstanden würden.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Der normale Bürger zahlt ja seine Steuern, Herr Pastörs.)

Und das Zweite ist, dass wir dazu kommen, dass auch innerhalb der Europäischen Union zumindest eine eini

germaßen überschaubare Steuergesetzgebung eingeführt wird.