Protokoll der Sitzung vom 04.09.2013

Meine Damen und Herren, halten wir uns vor Augen, auf einen Bewerber kommen aktuell 1,6 mögliche Lehrstellen. Schauen wir auf die Entwicklung der letzten Jahre: Noch 2006 entfielen rechnerisch 0,65 Lehrstellen auf einen Bewerber. Die Voraussetzungen haben sich also komplett gedreht. Man kann diese Zahlen unterschiedlich bewerten. Insbesondere jungen Langzeitarbeitslosen stehen die Türen für eine zweite Chance auf eine Ausbildung offener denn je.

Aber es stellt sich eben auch die Frage, wie dieser Unterbedarf an Auszubildenden überhaupt entstehen kann. Auch bei den Unternehmen muss ein Umdenken ein- setzen,

(Vincent Kokert, CDU: Richtig.)

etwa im Tourismusbereich. Ausbildungsbetriebe müssen sich heute um Auszubildende bewerben. Und in das Bewerbungsschreiben des Unternehmers gehören unter anderem Lohngerechtigkeit, Ausbildungsverbundinitiativen, Zusatzqualifikationen und vieles mehr. Bei unvollständigen Bewerbungen wird der Bewerber nun immer öfter sagen, Herr Geschäftsführer, melden Sie sich bitte nicht bei mir, ich melde mich bei Ihnen.

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Entscheidend wird werden, ob das Image und die Konditionen stimmen. Eine entsprechende Landtagsinitiative der CDU-Landtagsfraktion für den Tourismusbereich hat bereits Gespräche zwischen IHK, DEHOGA und dem Wirtschaftsministerium zur Folge.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Da ist es! – Vincent Kokert, CDU: Sehen Sie, wir sind schon aktiv! – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Wer hat den Antrag gestellt? – Zuruf von Helmut Holter, DIE LINKE)

Und ganz aktuell ist das mit den Fachkräftekampagnen des Wirtschaftsministeriums „Besser ein Meister“ und „Durchstarten in MV – Dein Land, deine Chance!“. Das Gesicht der Initiative wurde an die Wünsche der Nutzer angepasst und in der vergangenen Woche vorgestellt – ein gelungenes Beispiel für gutes Ausbildungsmarketing.

Wir müssen das Potenzial an Bewerbern ausschöpfen und Perspektiven aufzeigen. Hier werden auch potenzielle Rückkehrer in unser Bundesland angesprochen. Untersuchungen wie etwa in der Studie „Fachkräftesicherung für Mecklenburg-Vorpommern“ zeichnen ein immer positiveres Bild. Wir nähern uns einem konstant ausgeglichenem Saldo von Zu- und Fortzügen. Andere ostdeutsche Bundesländer eifern uns hier bereits nach. Das alles zeigt, bei der Sicherung der Fachkräfte sind wir auf dem richtigen Weg.

Meine Damen und Herren, aber es gibt in unserem Land auch noch deutlich zu viele junge Menschen, die eine Berufsreife gar nicht erreichen. Im Schuljahr 2010/2011 betraf das jeden siebten Schulabgänger.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Deshalb schaffen wir die Kompetenzagenturen ab.)

Im Schuljahr 2011/2012 hat sich diese Quote leicht verbessert, aber es reicht natürlich bei Weitem nicht aus,

(Zuruf von Vincent Kokert, CDU)

denn Mecklenburg-Vorpommern hält hier noch weiter die rote Laterne. Und zum Vergleich: Das Risiko, ohne Abschluss die Schule zu verlassen, ist in MecklenburgVorpommern mehr als doppelt so hoch wie etwa in Bayern oder in Hessen. Und diesen Abstiegsplatz dürfen wir uns in Mecklenburg-Vorpommern nicht leisten. Hier geht es unter anderem um den Übergang vom Kindergarten in die Schule oder auch um den Übergang von der Schule in den Beruf. Und neben den Schulabbrechern muss der Fokus auch auf den Lehrabbrechern liegen. Hier müssen wir genauso erfolgreich werden wie bei den Fachkräftekampagnen der Landesregierung. Wenn andere Länder dann auch hier beginnen, unsere Initiativen nachzuahmen, sind wir auf dem richtigen Weg.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Berufsaussichten, Zukunftsperspektiven, Arbeitsplatzattraktivität und Karrieremöglichkeiten, selten wurde all dies so gut eingeschätzt wie aktuell: „Unser Land zieht an“! Die Anstrengungen der vergangenen Jahre haben sich gelohnt bei jetzt geänderten Herausforderungen.

Und lassen Sie mich enden mit einem Zitat, das ich gestern Abend gehört habe. Gestern Abend war die Preisver

leihung des Exportpreises der IHK. Nachdem der Geschäftsführer der Airsense Analytics GmbH dem Land und dem Wirtschaftsministerium gedankt hatte und auch für die individuelle Betreuung in diesem Land gedankt hatte, hat er gesagt, Mecklenburg-Vorpommern ist das beste Land Deutschlands. Und in diesem Sinne ist das geglückt.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU – Vincent Kokert, CDU: Sehr gut. – Peter Ritter, DIE LINKE: Das beste Land der Welt. – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das muss erweitert werden, genau.)

Vielen Dank, Herr Waldmüller.

Das Wort hat jetzt der Fraktionsvorsitzende der Fraktion DIE LINKE Herr Holter. Bitte schön.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Der relativiert das jetzt bestimmt irgendwie. – Vincent Kokert, CDU: Reden Sie das Land nicht schlecht, Herr Holter!)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

Nein, keine Sorge, Herr Kokert, ich werde das Land nicht schlechtreden,

(Vincent Kokert, CDU: Sehr gut.)

aber ich bin der Überzeugung, dass man Probleme benennen muss.

(Vincent Kokert, CDU: Natürlich.)

Und die Rede von Herrn Waldmüller – nun ist er ja nicht in der DDR aufgewachsen, hat hier nicht gelebt – erinnerte mich sehr an Zeiten, als beweihräuchert wurde und erzählt wurde, wie gut alles sei,

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE – Vincent Kokert, CDU: Haben Sie da auch mitgemacht? – Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

und wo dann vor Problemen die Augen verschlossen wurden.

(Zurufe von Andreas Butzki, SPD, Torsten Renz, CDU, und Stefan Köster, NPD)

Ich will Ihnen mal ein Zitat vorlesen, und zwar zu dem Thema „Ausbildung und Fachkräftemangel“. Zitat: „Darf ich bemerken, dass Auszubildende und Fachkräfte in der Gastronomie mies entlohnt werden? Mal dran gedacht, dass das auch eine nicht unwesentliche Rolle spielt? Arbeiten bis in die Nacht, an den Wochenenden, 10 - 12 Stunden am Tag, für Peanuts. Wen wunderts, dass der Zulauf ausbleibt?“ Ende des Zitats.

„Durchstarten in Mecklenburg-Vorpommern“, meine Damen und Herren, „Unser Land zieht an – Ausbildung sichert Fachkräfte“, Herr Waldmüller, vor Ihrer Rede habe ich lange überlegt, was Sie denn eigentlich nun mit dieser Aktuellen Stunde hier wollten, was Sie geritten hat, dieses Thema aufzusetzen.

(Vincent Kokert, CDU: Das haben Sie doch gehört jetzt, erfolgreiche Wirtschaftspolitik. – Zuruf von Dietmar Eifler, CDU)

Sollte die CDU tatsächlich die großen Probleme, die bei der Fachkräftesicherung im Land herrschen, erkannt haben

(Michael Andrejewski, NPD: Das ist Wahlkampf.)

und bereit sein, diese offen anzusprechen?

(Vincent Kokert, CDU: Das ist auch passiert. – Zuruf von Stefan Köster, NPD)

Herr Waldmüller, das habe ich bei Ihnen vermisst.

(Vincent Kokert, CDU: Dann haben Sie nicht zugehört.)

Diesen Gedanken habe ich schnell verworfen.

(Vincent Kokert, CDU: Nein, das stimmt nicht.)

Nein, Herr Waldmüller, wir müssen besser werden.

(Vincent Kokert, CDU: Ja, selbstverständlich.)

Na, mein Gott, solche hohlen Phrasen.

(Vincent Kokert, CDU: Wir arbeiten schon lange, Herr Holter.)

Wer soll denn da was mit anfangen?

(Vincent Kokert, CDU: Wir arbeiten daran.)

Also den Gedanken habe ich schnell wieder verworfen.

(Zuruf von Vincent Kokert, CDU)

Stattdessen stellt sich die Frage: Wie will sich die CDU mit diesem Thema beweihräuchern und profilieren? Das haben wir gerade gehört. Die aktuellen Arbeitslosenzahlen sprechen für sich. Aber ich kann Ihnen sagen, selbst die Agentur für Arbeit …

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Für uns, für uns sprechen die, nicht für sich. – Vincent Kokert, CDU: Sie hatten doppelt so viel.)