Protokoll der Sitzung vom 05.09.2013

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Ja.)

Also diese Variante ist sehr eingeschränkt zu betrachten.

Dann kann man auch auf die Schmerzlinderung kommen, aber wenn ich das richtig verstanden habe, Sie wollen es schmerzfrei haben. Die Schmerzlinderung haben Sie mit der Spritze. Das ist noch nicht vorgeschrieben. Ich weiß aber, dass es eine Reihe von Betrieben gibt, die das schon anwenden.

Wenn man es schmerzfrei haben will, gibt es zwei Methoden. Sie können mit Gas arbeiten. Soweit ich weiß – ich bin auch kein Experte auf dem Gebiet, muss ich der Ehrlichkeit halber zugestehen –, gibt es ein Gas, das ist noch nicht wirklich zugelassen. Und das Zweite ist eine Hormonspritze. Ich sage Ihnen voraus, wenn das flächendeckend angewendet wird, die Hormonspritze, dann gibt es Ärger mit dem Verbraucher, weil der schlicht und einfach sagt, dass er diese Hormone nicht essen möchte. Ja, das vielleicht erst mal zu den Dingen, die Sie hier reingebracht haben.

Meine Damen und Herren, ich habe den Eindruck, wenn man hier so BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hört, dass es in den letzten Jahren keine Entwicklung gegeben hat. Wir müssen mal ganz klar und deutlich sagen, hier hat es eine Reihe von vernünftigen Entwicklungen gegeben, gerade auch in den Schweineställen. Wo kommen wir denn her? Gucken wir uns doch mal an, wie es zu DDRZeiten war! Das sage ich gar nicht kritisch, das sage ich einfach nur als Bestand, dass man einfach mal guckt, wo man herkommt.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Man muss es aber kritisch sehen.)

Ich selbst muss zugestehen, dass ich zu DDR-Zeiten in keinem Schweinestall war, aber ich kenne private Haltungen. Und wenn ich diese privaten Haltungen nehme, die in der DDR auf dem Dorf ja üblich waren, auf dem Dorf hatten ganz viele ihre Schweineställe, das, was ich gesehen habe, das waren dunkle Verschläge, das war da, wo Schweine sich wirklich nicht bewegen konnten. Das sind Dinge, die ich gesehen habe. Da sind wir heute doch sehr viel weiter.

Und die LPG-Haltung, wie gesagt, ich habe es nicht selbst gesehen, habe mich aber mal informiert bei Leuten, die im Schweinestall gearbeitet haben, und die haben mir berichtet, so muss ich es ja sagen, dass heute im Vergleich zu früher der Platzbedarf deutlich besser ist, die Bodenbeschaffenheit eine ganz andere ist, das Stallklima ein ganz anderes ist, Licht, haben wir erst drüber gesprochen.

(Zuruf von Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE)

Sie wissen vielleicht, dass in der DDR beispielsweise auch noch mit einer Anbindehaltung experimentiert worden ist. Bei Schweinen, ja. Anbindehaltung über so einen Gurt, das ist probiert worden. Dagegen sind die Haltungen heute deutlich besser. Das müssen wir doch einfach mal konstatieren. Man kann doch sagen, Haltungen sind besser geworden.

Und wenn wir feststellen, dass die Haltungen besser sind, und Sie dann vor Ende der Debatte eine Pressemitteilung rausgeben – und jetzt zitiere ich aus Ihrer Pressemitteilung, die Sie gerade rausgegeben haben, bevor diese Debatte hier beendet ist, da steht: „Die vielen Erkrankungen der Tiere sind Folgen einer quälerischen Tierhaltung gegen alle ethischen Grundsätze“

(Burkhard Lenz, CDU: Das kann ja wohl nicht wahr sein!)

„und führen zu einem exorbitanten Einsatz von Antibiotika“ –, sehr geehrte Frau Gerkan, vor Ende der Debatte diese Feststellung zu treffen,

(Burkhard Lenz, CDU: Das kann doch wohl nicht wahr sein!)

finde ich schon ziemlich dreist, will ich so offen sagen. Aber wenn Sie wirklich der Meinung sind, dass eine quälerische Tierhaltung dort vorhanden ist, und Sie hier uns eingangs das Tierschutzgesetz zitiert haben, dann sind Sie doch verpflichtet, jetzt Anzeige zu erstatten. Anders gehts doch jetzt gar nicht mehr. Sie müssten doch jetzt Anzeige erstatten.

(Ulrike Berger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Es laufen doch auch jede Menge Anzeigen.)

Also nach dieser Pressemitteilung können Sie gar nicht anders, als all die Schweinehalter anzuzeigen.

(Minister Dr. Till Backhaus: Da sind sie aber zu feige zu. Da sind sie aber zu feige zu.)

Meine Damen und Herren, ich glaube, das ist kein Niveau, auf dem wir hier ernsthaft Dinge diskutieren sollten. Wir haben es hier mit intelligenten und sozialen Tieren zu tun und auch ich sage: Das sind Mitgeschöpfe und wir tragen Verantwortung für diese Mitgeschöpfe.

(Jutta Gerkan, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Aber artgerecht ist was anderes.)

Und deswegen, meine Damen und Herren, war es richtig, dass Minister Backhaus das AFP hat überarbeiten lassen. Es hat zu viel Ärger geführt, auch viel Ärger mit den Schweinehaltern, will ich sagen. Ich habe an einem Treffen selbst mal teilgenommen, wo es Gespräche gegeben hat, wo die Schweinehalter unzufrieden waren, die wollten investieren. Und wir müssen wissen, jede Investition ist eine Investition auch in zunehmenden Tierschutz. Das müssen wir immer dazusagen.

Wir haben das neue AFP nach Gesprächen jetzt in der Wirkung. Und, meine Damen und Herren, für die Schweine lassen Sie mich nur mal zwei Dinge raus- nehmen:

Wir haben heute vorgeschrieben, dass es größere, strukturierte Gruppenbuchten gibt, etwas, was am Ende ein wirklicher Fortschritt ist. Das wissen wir doch. Diese sozialen Tiere brauchen diese strukturierte Bucht schlicht und einfach, um das ausleben zu können, was ihr natürliches Verhalten ist, nämlich zum Beispiel, dass sie eben in eine Ecke koten. Das hat etwas zu tun mit der Bodenbeschaffenheit, dass man nicht einen gleichmäßigen Boden über alle Areale durchzieht. Das hat etwas mit Tierwohl zu tun.

Des Weiteren haben wir vorgeschrieben, dass den Tieren Beschäftigungsmaterial zur Verfügung zu stellen ist. Gucken Sie sich das an, da gibt es einen ganzen Katalog, einen richtigen Katalog, aus dem die Schweinehalter auswählen können! Auch das ist Bestandteil der Forderung der Bundesratsinitiative von Nordrhein-Westfalen, was wir hier ja schon umgesetzt haben. Also das Land, meine Damen und Herren, bilde ich mir ein, hat im Rahmen seiner Möglichkeiten seine Hausaufgaben gemacht. Das heißt nicht, will ich Ihnen auch zugestehen, dass es nicht noch besser geht, aber eben nicht so, wie Sie es hier gerade dargestellt haben – Entschuldigung, ich darf nichts hochhalten –, nicht so, wie Sie es hier dargestellt haben.

(Tilo Gundlack, SPD: Das liegt dann an der Größe.)

So ist es nicht.

Meine Damen und Herren, ich will auch darauf hinweisen, dass die Betriebe in den vergangenen Jahren durchaus investieren mussten, auch weil es neue Vorschriften gegeben hat. Es ist ja nicht so, dass die Betriebe einfach nur vor sich hin gewirtschaftet haben, Stichwort „Spaltenbreite“.

Ich habe da in meinem Wahlkreis selbst an einer Sitzung teilgenommen, wo mir ein Schweinehalter gesagt hat, wie schwierig das für ihn ist, die Kredite aufzubringen. Glauben Sie doch nicht, dass die Kredite schon abbezahlt sind! Und wenn Sie hier davon reden – Moment, jetzt muss ich wieder den anderen Zettel nehmen –, die fetten Jahre waren da, sagen Sie, ich habe sie nicht gesehen,

(Jutta Gerkan, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ich meine nicht die letzten damit.)

wenn Sie das sagen, müssen Sie es ja wissen, dann sage ich Ihnen, auf fette Jahre kommen immer wieder magere Jahre.

(Zuruf von Minister Dr. Till Backhaus)

Wenn Sie Landwirt/-in sind, dann müssen Sie für diese mageren Jahre vorsorgen, und dann ist all das, was wir hier mit Gesetzen machen, zudem zu finanzieren. Aber da komme ich nachher noch drauf.

Zweites Problem – nein, das ist das eigentliche Problem, meine Damen und Herren –: die Betriebe müssen konkurrenzfähig sein. Das haben Sie mit so einem Halbsatz abgewürgt. Da haben Sie gesagt, das kann ja nun nicht immer vorangestellt werden. Ja, Herrgott, was soll ich dazu sagen? Wenn Sie so einen Betrieb haben, ist für Sie das sehr wichtig, glauben Sie es mir! Sie investieren viel Geld und Sie müssen am Ende auch diesen Betrieb wirtschaftlich halten. Sie haben gar keine andere Wahl. Sie haben gar keine andere Wahl.

Meine Damen und Herren, ich bin auch für mehr Tierschutz. Das hört sich jetzt vielleicht so an, als wenn ich alles negieren würde. Aber wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass das am Ende wirtschaftlich gemacht werden will. Wir haben ein Beispiel dafür, was passiert, wenn man das fernab der Wirtschaftlichkeit macht. Wir haben in der Legehennenhaltung – Sie schütteln den Kopf – den Geflügelwirtschaftsverband. Ich rate Ihnen, da Gespräche zu führen. Es gab einen Geflügelwirtschaftstag. Ich bin hingegangen, habe mich da einfach mal reingesetzt, habe mit den Leuten gesprochen. Hochinteressant, kann ich Ihnen sagen.

Wir haben durchgesetzt, dass die Legebatterien nicht mehr bei uns sind. Das finde ich gut, das finde ich richtig. Wir haben die Bodenhaltung und wenn Sie in den Laden gehen, kaufen Sie Eier aus Bodenhaltung. Das ist vernünftig so. Nur, wenn Sie eine Backmischung kaufen, sind da ja auch Eier drin. Wo kommen die denn wohl her? Die kommen aus dem nahen Ausland. Und wissen Sie, in welchen Haltungsbedingungen die Tiere dort gehalten werden? – In den Legebatterien! Das heißt, sie sind bei uns abgebaut worden, da aufgebaut worden. Mit

Tierschutz hat das nicht viel zu tun, weil wir die Probleme einfach verlagern. Wir verlagern die Probleme. Und das, meine Damen und Herren, wollen wir nicht. Daher gilt es, vorsichtig zu steuern.

Wenn wir mehr Tierschutz haben wollen – und wir wollen mehr Tierschutz haben –, dann, sage ich, geht das nicht darüber, dass wir allein als Mecklenburg-Vorpom- mern die Dinge machen. Es geht nicht allein, dass wir als Bundesrepublik Deutschland die Dinge machen. Wir werden es europäisch regeln müssen, europäisch deshalb, weil wir einen Binnenmarkt haben und innerhalb dieses Binnenmarktes die Dinge dann auch sich refinanzieren müssen.

Meine Damen und Herren, ich will Ihnen noch mal eine Zahl nennen, weil das ist vielleicht mal hochinteressant zu erfahren. Wir haben eine NDR-Diskussion gehabt. In dieser NDR-Diskussion ist berichtet worden, dass 90 Prozent des Schweinefleisches dann verkauft werden, wenn es Aktionsware gibt. Mich hat die Zahl schockiert. 90 Prozent sollen verkauft werden, angeblich, wenn es Aktionsangebote gibt.

Ja, meine Damen und Herren, ich habe hier mehrfach gehört, dass die Rede von Tierlabels war. Ich begrüße ausdrücklich, dass es diese Initiativen gibt. Ich weiß aber, dass der Marktanteil dieser Labels in der Regel um ein Prozent oder drunter liegt – leider, sage ich ausdrücklich. Bei den freiwilligen Tierwohllabels, da geht es um wirklichen erweiterten Tierschutz, das finde ich gut. Ich weiß, dass momentan Verhandlungen zwischen dem Lebensmitteleinzelhandel und den Erzeugern laufen und demnächst etwas vorgelegt werden muss, um dann im größeren Maßstab mal einzusteigen. Und über die Tierschutzlabel refinanzieren sich dann die Mehraufwendungen, die die Betriebe haben, was wiederum gut ist, was die Voraussetzung ist dafür, dass wir da reinkommen. Deswegen begrüße ich ausdrücklich, dass jetzt im größeren Maßstab zwischen Erzeugern und der Branche verhandelt wird.

Meine Damen und Herren, man muss allerdings aufpassen, dass das Ganze am Ende auch noch im Rahmen bleibt. Ich will auf eine andere NDR-Sendung, nämlich des NDR-Fernsehens, verweisen. Ich weiß nicht, wer von Ihnen die Sendung „Mein Schweinchen namens Dinner“ gesehen hat – hochinteressant, kann ich echt empfehlen. Ich glaube, es ist in der Mediathek noch zu finden, „Mein Schweinchen namens Dinner“, ein wahrhaft glückliches Schwein, mit all dem, was man sich so idealtypisch vorstellt. Dieses Schwein hat aber am Ende seines Lebens 3.000 Euro gekostet. Das ist ungefähr zehnmal so viel wie in der konventionellen Haltung.

Meine Damen und Herren, die Frage ist dann doch zu stellen: Wer kann sich das noch leisten, oder gibt es vielleicht am Ende Menschen, die sich gar kein Fleisch mehr leisten können? Deswegen glaube ich, Tierschutz ja, erweiterter Tierschutz ja, selbstverständlich, natürlich, brauchen wir. Es muss sich finanzieren lassen und der Verbraucher muss es auch bezahlen können. Der Schlüssel zu mehr Tierschutz geht über den Verbraucher, der bereit sein muss, mehr Geld dafür zu bezahlen. Darin liegt der Schlüssel.

Meine Damen und Herren, die Bundesratsinitiative von Nordrhein-Westfalen ist sehr umfangreich. Wir haben hier die einen oder anderen Punkte miteinander beraten. Ich hätte gerne Ihren Antrag überwiesen in den Agrar

ausschuss, schlicht und einfach, damit wir dort beispielsweise mit den Schweinehaltern, vielleicht mit dem Schweinezuchtverband uns mal hinsetzen, es einzeln miteinander beraten, hätte vielleicht einen Erkenntnisgewinn gebracht. Mein Koalitionspartner war der Meinung, dass wir ablehnen sollen. Okay, dem schließen wir uns dann auch an, weil wir einen Koalitionsvertrag haben, daher die Ablehnung Ihres Antrages. – Besten Dank.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Schade.)

Das Wort hat nun der Abgeordnete Herr Köster von der NPD-Fraktion.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

Glücklicherweise, Frau Gerkan, haben die GRÜNEN nicht unsere Erde erschaffen. Die natürliche Ordnung, Frau Gerkan, besteht nun einmal auch daraus, dass Lebewesen als Nahrung für andere Lebewesen dienen. Ginge es nach den GRÜNEN, die im Volksmund auch die Verbotspartei genannt wird, würden sich alle Menschen wohl nur noch von künstlich erzeugten Nahrungsmitteln ernähren müssen.

Aber befassen wir uns einmal mit Ihrem Antrag:

„Das Grauen in den Ställen“, so überschrieb der „Spiegel“ einen Artikel über die bittere Realität der Billigfleischproduktion. Es ist aber auch ein Hamsterrad, in dem sich viele Bauern und Landwirte befinden. Und viele Bauern sind nun einmal Opfer dieses Systems. Viele Bauern und Landwirte wollen ihr Nutzvieh möglichst artgerecht halten. Sie wollen auch ihren Tieren gutes Futter geben, doch die Rahmenbedingungen sind katastrophal. Die Bauern und Landwirte sind meist schutzlos den ganzen Verwerfungen des angeblich so freien Marktes ausgesetzt.

Wir sind der Überschwemmung des Marktes mit Billigfleisch – meist von der Agrarindustrie oder aus dem Ausland produziert – und der zunehmenden Verteuerung der Futter- und Rohstoffpreise ausgesetzt, ohne dass die Verantwortlichen in der Politik Aktivitäten für die Gewährleistung einer artgerechten Tierhaltung und für die Herstellung von weitgehend unbelasteten Lebensmitteln entfalten.

Um die eigene Existenz aufrechtzuerhalten, sehen viele Bauern nur noch die Möglichkeit und sehen sich gezwungen, moralische beziehungsweise ethische Grund- sätze außer Acht zu lassen und stattdessen den Kampf um die billigsten landwirtschaftlichen Produkte aufzunehmen. Die Qualität bleibt hierbei meist auf der Strecke.