Protokoll der Sitzung vom 05.09.2013

(Udo Pastörs, NPD: Das hätten Sie mal bei der SED erzählen sollen!)

damit die Agrarpolitik nicht zu einer reinen Marktpolitik verkommt. Opfer einer solchen Entwicklung wären am Ende die Bauern selbst sowie die Umwelt und die Natur.

(Udo Pastörs, NPD: In euren LPGs.)

Und jetzt mache ich mal eine Anleihe bei Johann Heinrich von Thünen, der einmal gesagt hat: „Leicht kann die Natur sich an dem Leichtsinn der Menschen und Regierungen für die Nichtachtung aller früheren Erfahrungen auf eine furchtbare Weise rächen.“

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, ein wichtiges Element sollte die Bestimmung der Richtung, in die sich die Gemeinsame europäische Agrarpolitik entwickeln soll, sein.

(Udo Pastörs, NPD: Es gibt keine Gemeinsame europäische Agrarpolitik.)

Darüber haben wir im Agrarausschuss lange debattiert und sind zu einer Lösung gekommen. Deshalb haben auch die LINKEN bereits 2010 damit begonnen, ihre Vorstellungen für die Entwicklung der Landwirtschaft in der neuen EU-Förderperiode 2014 bis 2020 zu formulieren.

Hier in der GAP liegen, oder ich muss nun fast sagen, lagen die größten Chancen, um die Rahmenbedingungen einer zukunftsfähigen, einer nachhaltigen Landwirtschaft in Europa zu schaffen. An vielen dieser Vorschläge zum sozial-ökologischen Umbau der Gesellschaft und sich daraus ergebender linker Agrarpolitik haben wir Sie in Form von zahlreichen Anträgen im Landtag teilhaben lassen.

Ich will auch gleich der Vollständigkeit halber sagen, dass die bisherigen Ergebnisse der GAP für uns nur ein vorsichtiger und ein zögerlicher Schritt in die richtige Richtung sind. Auch wenn bei Weitem nicht alle politischen Forderungen erfüllt wurden, haben wir uns trotzdem für die gemeinsame Position des Agrarausschusses zur nationalen Ausgestaltung der GAP entschieden beziehungsweise diese konkret mit erarbeitet. Und ich sage mit aller Deutlichkeit: Zu diesen Ergebnissen stehen wir. Da gibt es keine Diskussion aus unserer Sicht.

Neben der Formulierung prinzipieller politischer Positionen brauchen wir im Interesse der Entwicklung der ländlichen Räume und der Landwirtschaft vor allem erst einmal eine schnelle Einigung für die nationale Umsetzung der GAP, damit alle Akteure endlich Planungssicherheit bekommen. Die jetzige politische Debatte in Deutschland und auch dieser Antrag im Vorfeld der Bundestagswahl machen die Agrarreform im wahrsten Sinne des Wortes zu einem parteipolitischen Schlachtfeld, auf dem es meines Erachtens dann keine Sieger geben wird.

Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, Hauptpunkte in der Agrarpolitik sind für uns die Einführung eines Greenings, das nicht auf irgendeine Weise in der Region erfolgen soll, sondern betriebskonkret oder in einem Betriebsverbund erfolgen muss. Jeder Agrarbetrieb muss seinen Beitrag dazu leisten. Eine gerechte Vergütung in Form von Mindestlöhnen ist ebenso eine unserer Kernforderungen, aber auch die klare Ablehnung der Kappung und Degression – ich habe vielfach darüber hier gesprochen – für große Familienbetriebe, wie zum Beispiel die Genossenschaften oder die GmbH.

Ebenso fordern wir eine starke zweite Säule für die ländliche Entwicklung, damit bewährte Agrarumweltmaßnahmen, und dazu gehört aus meiner Sicht in Übereinstimmung mit vielen der hier Anwesenden auch der ökologische Landbau, weitergeführt und entwickelt werden können.

Die EU hat viele Streitpunkte, die sie nicht klären konnte oder vielleicht auch nicht wollte, in die nationalen Zuständigkeiten verwiesen. Die GRÜNEN-Agrarminister wollen nun die Gunst der Stunde nutzen und eine Umverteilung der Mittel aus der ersten in die zweite Säule zulasten der Ostländer in Richtung Westen vornehmen. Der Minister hat dazu etwas gesagt. Das lehnen wir kategorisch ab.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Wir lehnen generell die möglichen Umverteilungen zwischen erster und zweiter Säule auf nationaler Ebene ab. Das ist aus unserer Sicht ein Ausspielen der ersten Säule gegen die zweite Säule. Es führt nur dazu, dass Finanzengpässe kaschiert werden. Diese Umverteilungen verstärken außerdem die Gefahr des weiteren Auseinanderdriftens der Förderprogramme der Mitgliedsstaaten und einzelner Regionen und damit der Verstärkung der Renationalisierungstendenzen in der Agrarpolitik.

(Udo Pastörs, NPD: Was vernünftig wäre! Dann kommen wir wieder hin zur Planwirtschaft und das funktioniert.)

Die Folge sind weitere Verwerfungen am Markt und eine Beschleunigung der Intensivierung der Produktion. Dieses Rennen gewinnen dann zumeist die großen Betriebe. So wichtig also regionale Entscheidungsräume für zielgenauere soziale und ökologische Effekte der Förderpolitik sind, so wenig löst Uneinigkeit in der Strategie Probleme, sondern schafft eher zusätzliche.

DIE LINKE ist deshalb gegen die von den GRÜNEN favorisierte Umverteilung und spricht sich für die Regelung aus, statt der Degression der Direktzahlungen eine fünfprozentige Förderung der sogenannten ersten Hektare vorzunehmen. Davon war bereits die Rede.

Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, die Anhörung des Agrarausschusses hat in den Stellungnahmen der Wissenschaft ergeben, dass im Falle der Degression der Direktzahlungen bei großen Betrieben und der von den LINKEN geforderten Anrechnung der vorhandenen Arbeitskräfte fast ein Nullsummenspiel stattfinden würde. Übrig bleiben würde jedoch ein ungeheurer Aufwand an Erfassung und Bestimmung zur Berechnung der vorhandenen Arbeitskräfte, also eine Verschärfung der Bürokratie in Dimensionen.

Also, ich fasse zusammen: keine darüber hinausgehende Umverteilung von der ersten in die zweite Säule mit den LINKEN!

Ich weiß natürlich, dass einige der Auffassung sind, dass sich ja die Landwirte das Geld, das sie in der ersten Säule verlieren würden, in der zweiten Säule über Agrarumweltmaßnahmen wieder reinholen könnten. Aber außer den Maßnahmen zur Unterstützung des ökologischen Landbaus, die ich bereits zitiert habe, sind alle anderen Angebote nicht einkommenswirksam für die Landwirte. Auch das muss einmal klar dargestellt werden. Bezahlt wird immer nur der tatsächliche Aufwand, vorausgesetzt, der Landwirt hat sich bei der Befolgung der jährlich überarbeiteten Vorschriften durch die Behörden nicht irgendwo vertan und zahlt dann alles wieder zurück.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, eine Stärkung der zweiten Säule stellen wir uns auch über eine Aufstockung der Bundesmittel für die Gemeinschaftsaufgabe „Agrarstruktur und Küstenschutz“ vor und nicht durch die Wegnahme dringend benötigter Einkommen der Landwirte aus der ersten Säule. Aber die Inanspruchnahme der Programme und ihren Nutzen sollten wir uns auch genau ansehen, wenn wir die zweite Säule in der neuen Förderperiode qualitativ stärken und zielgenauer machen wollen und möglichst mehrfach nutzende Einzelmaßnahmen anstreben.

Ich will noch etwas zur Entwicklung des ökologischen Landbaus sagen, den die GRÜNEN in ihrem Antrag mehrfach ansprechen und der wohl die Grundlage der sogenannten Agrarwende hier sein soll. Dazu möchte ich an unseren Antrag „Ökolandbau in Mecklenburg-Vorpommern erhalten und zukunftsfähig weiterentwickeln“ aus dem März dieses Jahres anknüpfen. Damals haben wir darauf hingewiesen, dass sich die Dynamik der Entwicklung verlangsamt, ja, die Gefahren der Rückumstellungen groß seien.

Kürzlich hatten Mitglieder meiner Fraktion Gelegenheit, die realen Sorgen eines Ökolandwirtes kennenzulernen. Diese sind hauptsächlich darin begründet, dass der Landwirt in der Nähe von Ramelow das produzierte Biogetreide und die Bioschlachtrinder einfach nicht verkauft bekam. Gleichzeitig wies er auf einen benachbarten Landwirt hin, der seine 200 Bioschweine nicht verkaufen kann, weil auch hier die Nachfrage nicht in dem Maße da ist, und das, obwohl der Markt mit Biolebensmitteln wächst und schon oder nur 3,9 Prozent des gesamten Marktes ausmacht. Die Biolebensmittelimporte steigen jedoch und führen zu dem undifferenzierten Ruf nach mehr Bioanbauflächen, den auch der Minister hier vorgetragen hat. Das Mitleid der GRÜNEN mit diesem Landwirt wird sich in diesem Falle bestimmt in Grenzen halten, da der Landwirt immerhin circa 1.000 Hektar bewirtschaftet. Dem gehörte also auch, nach Ihrer Auffassung, die Direktzahlung ganz besonders gekürzt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, bereits im April habe ich hier darauf hingewiesen, dass die Entwicklung der ökologischen Landwirtschaft vor allem in Richtung der Sortimentstiefe und der Sortimentsbreite sowie der höheren Veredlung erfolgen muss, um den Markt besser zu bedienen. Ich meine damit beispielsweise den Feldgemüseanbau und andere arbeitsintensive Kulturen. Auf den meisten Flächen jedoch, die im Lande ökologisch bewirtschaftet werden – wir können vom Flächenumfang sehr damit zufrieden sein –, sind wegen der natürlichen Bedingungen nur die Mutterkuhhaltung und der Rog

genanbau die vorrangigen Produktionsrichtungen. Diese sind jedoch bekanntlich wenig arbeitsintensiv.

Das ist übrigens auch die Ursache für die in der Statistik zur Landwirtschaftszählung 2010 aufgezeigte Entwicklung der Arbeitskräftezahl in der ökologischen Land- wirtschaft in unserem Lande. Diese sagt zum Beispiel, dass, offensichtlich bedingt durch die häufig extensive Produktion im ökologischen Landbau und dem damit einhergehenden geringen Arbeitskräftebedarf, die ökologisch ausgerichteten Betriebe nur vergleichsweise wenige Arbeitskräfte binden.

Während in allen Landwirtschaftsbetrieben – sowohl in den konventionell als auch in den ökologisch wirtschaftenden – durchschnittlich 5,4 Arbeitskräfte beschäftigt werden, sind es in den 712 Betrieben mit ökologischem Landbau nur durchschnittlich 3,0 Arbeitskräfte. Zum Beispiel ist der Ökofutteranbau extensiver als sein konventionelles Gegenstück. Daher werden dort im Durchschnitt 1,1 Arbeitskräfte je 100 Hektar weniger beschäftigt als im konventionellen Bereich.

Insgesamt, meine Damen und Herren, liegt der Arbeitskräftebedarf der ökologisch arbeitenden Betriebe bei uns im Lande nur im Durchschnitt der konventionell arbeitenden Betriebe. Das sollten Sie, liebe Kollegin Frau Dr. Karlowski, wissen und nicht immer die Behauptung aufstellen, dass ökologische Betriebe 30 Prozent mehr Arbeitskräfte haben als konventionell wirtschaftende. Unter unseren Bedingungen im Lande Mecklenburg-Vor- pommern ist das mit Sicherheit nicht der Fall.

Die Chancen, deutlich mehr Arbeitskräfte zu beschäftigen, zeigen sich in der Veredlung im ökologischen Bereich. Diese ist aber leider unzureichend entwickelt. Ebenso wie im konventionellen Bereich der Landwirtschaft liegen hier die Chancen für mehr Arbeitsplätze und eine stärkere Regionalität der Versorgung. Das sollte uns bei der Ausgestaltung der zweiten Säule im Lande stärker beschäftigen.

Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, nun liegt hier ein Antrag der GRÜNEN vor, der eher in die Zeit der Vorbereitung auf die GAP-Diskussion hineinpasst, aber zu besten Wahlkampfzeiten aus der Kiste geholt wurde. Die handwerkliche Qualität des Antrages ist außerdem nicht dazu geeignet, konkrete Fragen der Landespolitik zu beraten. Vielfach finden sich in der Begründung andere Forderungen als im Antragstext. Um diese zu begründen, werden zum Teil Behauptungen aufgestellt, die vielleicht auf mangelndes Wissen oder mangelnde Lernbereitschaft hinweisen.

Es gab, wie sich viele von Ihnen noch erinnern können, eine wirklich einschneidende Agrarwende – Minister Backhaus hat das hier schon angesprochen – mit katastrophalen Folgen, als nach 1990 die DDR-Landwirtschaft in die Marktwirtschaft von heute auf morgen gestoßen wurde. Absatzmärkte brachen weg, Quoten für Zuckerrüben und für Milch wurden nicht ausreichend für den Osten bereitgestellt. Auch das ist eine Tatsache. Der Acker musste und muss noch heute mit viel Geld, das besser in die Ausgestaltung der Betriebe gehört hätte, gekauft werden. Das ist ein Thema, was uns auch sehr oft bereits hier berührt hat.

Regionale Bestände bei allen Tierarten brachen ein. Statt ehemals, das haben wir heute nun schon gehört,

2,1 Millionen Schweine im Jahre 1989 haben wir heute nur 864.000. Regionale Verarbeitungen, wie kleine Schlachthöfe in der Region, konnten nicht mehr überleben. Betriebe der Landwirtschaft kämpften um das nackte Überleben und konnten sich nur durch Spezialisierung, strikte Intensivierung und Konzentration auf wenige Produkte am Leben erhalten. Mit der Tierhaltung brach auch eine Vielzahl von Arbeitsplätzen in den Dörfern weg. Ich habe heute in der „Ostsee-Zeitung“ gelesen, dass immerhin im Altkreis Bad Doberan von den Betrieben noch zwei Drittel sich auch mit der Tierhaltung beschäftigen, eine für mich positive Zahl.

Die heutigen Strukturen und Mängel der Landwirtschaft sind Folge dieses Prozesses und außerdem auch der letzten 150 Jahre, aber sie sind nicht die Schuld der Bauern. Das will ich mit aller Klarheit hier so zum Ausdruck bringen. Es sind die Rahmenbedingungen, die diese Gesellschaft setzt. Insofern halte ich auch die Landesregierung für völlig überfordert, diese Gesellschaft grundsätzlich zu ändern.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Wir werden aber jeden noch so kleinen Schritt einfordern und unterstützen, der uns in die richtige Richtung der nachhaltigen Entwicklung bringen würde.

Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, dieser kleine historische Exkurs war mir wichtig, um das Wissen bei denen, die das nicht erlebt haben, etwas zu erweitern.

(Minister Dr. Till Backhaus: Du musst mal ein richtiges Seminar mit denen machen.)

Ich ziehe ein Fazit: Dieser Antrag ist weder geeignet, konkrete landespolitische Fragen zu beraten, und soll nur dem Wahlkampf der GRÜNEN dienen.

(Unruhe vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Egbert Liskow, CDU: Genau.)

Deshalb lehnen wir ihn ab. – Danke sehr.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU und DIE LINKE – Egbert Liskow, CDU: Das war ja noch mal was zum Schluss.)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der SPD der Abgeordnete Herr Krüger.

(Tilo Gundlack, SPD: Jetzt klär uns mal auf, Thomas! – Egbert Liskow, CDU: Wir wollen das jetzt konkret haben.)

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich kann mich eigentlich nahtlos an das anschließen, was Kollege Tack gesagt hat. Ich hatte den Eindruck, dass wir eben ein modernes Märchen von Grünkäppchen und dem bösen konventionellen Wolf gehört haben. Frau Dr. Karlowski, das, was Sie hier geboten haben, hat mit der Realität in diesem Land nichts, aber auch gar nichts zu tun. Und ich weiß nicht, ob Sie das Wort „Verantwortung“ schon mal gehört haben.

(Egbert Liskow, CDU: Woher denn?)

Die Land- und Ernährungswirtschaft ist die wichtigste Branche in diesem Land. Das ist so, Frau Dr. Karlowski.

(Zuruf von Andreas Butzki, SPD)

Und wenn man so über die wichtigste Branche in einem Bundesland redet, wie Sie das getan haben,