Protokoll der Sitzung vom 05.09.2013

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Habe ich nicht gesagt.)

wiederum nennt er, Sie haben von Herrn Hennig in Wolgast gesprochen, der habe gesagt, es gäbe 600.000 Euro Mehrkosten,

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Nein.)

an anderer Stelle würde irgendetwas wieder billiger werden.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Investitionskosten Wolgast.)

Wolgast ist ja Herr Hennig.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Ja, ja, Grundbuchamt.)

Genau das haben Sie gesagt. Und Sie sagen, ein Direktor eines Amtsgerichts, der Experte in Fragen der Justiz ist, ohne Zweifel, aber kein Experte in Sachen Bau ist, wüsste hier besser Bescheid als die Mitarbeiter des Betriebes für Bau und Liegenschaften, die sehr wohl Experten in diesem Bereich sind. Die würden sich auch niemals anmaßen, diese Herren vom Betrieb für Bau und Liegenschaften, etwas dazu zu sagen, wie Justiz im Detail funktioniert.

Und das ist auch im Finanzausschuss noch mal ganz deutlich dargelegt worden, auch im Hinblick auf das, was Herr Rechtsanwalt Nicolai vorgetragen hat. Ich finde es bedauerlich, dass Sie da Frau Rösler aus Ihrer Fraktion nicht mal gefragt haben, das ist nämlich ganz eindeutig dargelegt.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Wir stehen im ständigen Kontakt.)

Aber man hat ja immer wieder den Eindruck, Sie wollen nur die Argumente hören und zur Kenntnis nehmen, die in Ihre Gedankenwelt passen.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Das ist bei Ihnen anders, ja?)

Gestatten Sie mir noch, ein letztes grundlegendes Missverständnis auszuräumen. Justiz hat weder die Aufgabe noch ist sie geeignet, nachhaltig die ländlichen Räume zu stärken oder sonst Strukturpolitik zu machen. Und verstehen Sie mich bitte nicht falsch, meine Damen und Herren, auch mir sind diese Ziele wichtig, allerdings müssen sie auf anderem Wege erreicht werden.

Lassen Sie mich abschließend noch einmal zu der von Ihnen geforderten Expertenkommission kommen. Durch den federführenden Europa- und Rechtsausschuss sind in drei Terminen eine Vielzahl von Betroffenen und Sachverständigen angehört worden und natürlich gab es da auch kritische Stimmen.

Aber jetzt mal ehrlich, jetzt mal ehrlich: Womit haben Sie denn gerechnet, wenn Sie die Betroffenen fragen? Mich jedenfalls hat das nicht überzeugt und nicht überrascht. Ich erwarte von einem Bürgermeister – auch ich, nicht nur Herr Müller oder Sie –, dass er sich für den Erhalt seines Amtsgerichtes einsetzt. Ich erwarte von einem Amtsgerichtsdirektor, dass er sich für sein Gericht einsetzt. Aber das heißt doch nicht, dass ich diese Position ungeprüft übernehmen und alles andere ausblenden kann. Und keine Expertenkommission dieser Welt wird für eine Reform eine Zustimmung erhalten, wenn nur die unmittelbar betroffenen Bürgermeister oder Gerichtsdirektoren befragt werden. Und genau das ist hier geschehen.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Das stimmt doch nicht. Landräte.)

Zudem, grundlegend neue Erkenntnisse – und da bin ich mir sicher, meine Damen und Herren – würde da auch eine von Ihnen geforderte Expertenkommission nicht mehr liefern können.

Ich wiederhole: An der Gesetzesreform haben in meinem Hause vor allem Richterinnen und Richter gearbeitet, die entweder an das Justizministerium abgeordnet sind oder die mittlerweile hierher versetzt wurden, auch ehemalige Amtsrichter. Die Mitarbeiter des Betriebes für Bau und Liegenschaften sind Profis auf dem Gebiet Bau, Bauunterhaltung und Betrieb.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Jaja.)

Welches zusätzliche Wissen sollte eine Expertenkommission da noch haben? Und wer sollte einer solchen Kommission denn überhaupt angehören? Ich denke, eines ist klar, Experte in diesem Sinne kann nur sein, wer die Justiz in unserem Land sehr gut kennt, und zugleich müsste er aber auch neutral sein, darf also nicht unmittelbar selbst zu den Betroffenen gehören. Und der damit verbleibende Personenkreis ist dann doch recht klein.

Einfallen würde mir hier vor allem der Präsident des Oberlandesgerichts Rostock oder aber der ehemalige

Richter am Bundesverfassungsgericht und jetzige Präsident des Bundesfinanzhofes Professor Mellinghoff, der unsere Justiz aus seiner eigenen früheren Arbeit hier im Land gut kennt. Deren Stellungnahmen liegen aber vor. Und beide Sachverständige haben die Notwendigkeit und Richtigkeit dieser Reform bestätigt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich denke, es ist Zeit, eine Entscheidung zu treffen, eine Entscheidung im Sinne einer zukunftsfähigen, effizienten und damit bürgerfreundlichen Justiz in Mecklenburg-Vorpommern. – Herzlichen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Die Justizministerin hat die angemeldete Redezeit um acht Minuten überschritten. Damit steht nach Paragraf 85 unserer Geschäftsordnung den Fraktionen, die nicht an der Regierung beteiligt sind, der über die vereinbarte Redezeit hinausgehende Zeitraum zusätzlich zur Verfügung.

Ich rufe auf für die Fraktion der SPD den Abgeordneten Herrn Müller.

Frau Präsidentin! Meine sehr ver- ehrten Damen und Herren! In den letzten Monaten habe ich häufiger aus den Reihen der Fraktion DIE LINKE – mehrfach war es die Kollegin Rösler, gestern war es der Parlamentarische Geschäftsführer Peter Ritter – eine Argumentation gehört, in der den Koalitionsfraktionen vorgeworfen wird, dass sie, na ja, sich vielleicht nicht so ganz vernünftig verhalten, wenn sie Anträge, Gesetzentwürfe der Opposition nicht in die Ausschüsse überweisen, sondern wenn sie solche Gesetzentwürfe gleich ablehnen. Es ist doch, so erklärten uns die Vertreter der LINKEN, eigentlich vernünftig, dass man einen solchen Gesetzentwurf zunächst einmal in den Ausschüssen berät, vielleicht könne man ja sogar aus einem schlechten Gesetzentwurf noch etwas Gutes machen, und dass man nach einem solchen geordneten Verfahren dann hier zu einer Entscheidung kommt. „Hier“ heißt: im Plenum.

Nun, meine sehr verehrten Damen und Herren, wie Sie an unserem Verhalten bemerkt haben, teilen wir diese Einschätzung der Kollegen aus der Fraktion DIE LINKE nicht, sondern wir haben hier wiederholt – und wir stehen dazu – Gesetzentwürfe der demokratischen Opposition unmittelbar abgelehnt, zum letzten Mal gestern.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Jaja, weil es Arbeit macht.)

Aber schauen wir uns doch einmal an, wie sich diejenigen verhalten, die sozusagen den moralischen Zeigefinger erheben und uns vorwerfen, dass wir hier keine korrekten parlamentarischen Verfahren ausüben.

Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren, haben einen Gesetzentwurf, der von diesem Plenum in die Ausschüsse überwiesen worden ist, bereits bewertet und beurteilt, im Juni nämlich, als Sie einen Antrag eingebracht haben, dass dieser Gesetzentwurf so schlecht ist, dass man ihn zurückziehen möge.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Ja, das ist die Wahrheit.)

Sie haben diese Bewertung vorgenommen zu einem Zeitpunkt,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Als eine Anhörung schon stattgefunden hatte.)

als die Ausschüsse ihre Anhörungen noch nicht einmal beendet hatten.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Als schon die erste Anhörung ein vernichtendes Urteil gesprochen hat. Das ist der Unterschied.)

Herr Kollege!

(Peter Ritter, DIE LINKE: Die Kurve wird Ihnen nicht gelingen. Sie fahren gegen die Wand mit Ihrer Argumentation.)

Herr Kollege Ritter, vielleicht lassen Sie mich einfach mal aussprechen und dann werden wir doch mal sehen, ob ich gegen die Wand fahre.

Sie haben eine Bewertung dieses Gesetzentwurfes vorgenommen und haben dieses Plenum über einen Dringlichkeitsantrag versucht dazu zu bringen, dass wir die Regierung auffordern, einen Gesetzentwurf zurückzuziehen, als Sie selber im federführenden Ausschuss noch daran beteiligt waren zu sagen, diese Anhörung reicht uns nicht, wir brauchen eine weitere Anhörung. Das ist ja nicht etwa gegen Ihr Votum geschehen, dass hier noch eine weitere Anhörung stattgefunden hat, sondern gerade auf Ihre Initiative hin.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Nein, auf Initiative Ihrer Kollegin.)

Und diese Initiative war ja gar nicht schlecht, die SPD- und CDU-Mitglieder des Europa- und Rechtsausschusses haben dem zugestimmt.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Die Initiative kam von Ihrer Kollegin.)

Also zu einem Zeitpunkt, wo Sie selber sagen, wir brauchen eine zusätzliche Anhörung, sagen Sie zugleich, wir wissen aber schon, dass dieses Gesetz völlig unmöglich ist.

Und Sie geben dem federführenden und zum damaligen Zeitpunkt, zum Zeitpunkt Juni dieses Jahres, auch den mitberatenden Ausschüssen nicht einmal die Gelegenheit, diese Anhörungen auszuwerten. Dass Sie aus diesen Anhörungen bestimmte Meinungen aufnehmen und sich eine Position herausarbeiten, ist Ihr gutes Recht, aber lassen Sie doch bitte dem Ausschuss – in diesem Fall, im Juni, waren es die Ausschüsse, nämlich auch die mitberatenden Ausschüsse – wenigstens die Möglichkeit, diese Anhörungen auszuwerten und sich darüber zu verständigen. Nein, diese Möglichkeit wollten Sie den Ausschüssen nicht geben, sondern Sie sagen gleich, wir haben schon gehört, was wir hören wollten, nämlich, dass dieser Gesetzentwurf überhaupt nichts taugt, und deswegen ist er zurückzuziehen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wer so mit der Beratung eines Gesetzentwurfes in Ausschüssen umgeht und gleichzeitig uns vorwirft, dass wir uns unkorrekt verhalten, zu dem kann ich nur sagen, Sie predigen öffent

lich Wasser, aber Sie trinken heimlich Wein. Denn das, was Sie tun, ist wesentlich schlimmer: Sie täuschen vor, es würde eine vernünftige Beratung im Ausschuss stattfinden, aber Sie halten einen Abschluss dieser Beratungen überhaupt nicht für notwendig. Wir beraten hier heute oder wir sollen hier heute über einen Gesetzentwurf beraten, der im Europa- und Rechtsausschuss liegt und wo die Empfehlung des Europa- und Rechtsausschusses überhaupt noch nicht vorliegt, weil sich der Europa- und Rechtsausschuss abschließend mit diesem Gesetzentwurf überhaupt noch nicht befasst hat.

Und deswegen, lieber Kollege Saalfeld, natürlich werden wir zum Inhalt reden, da machen Sie sich mal keine Sorgen, da werden wir auch unsere Argumente darbringen, aber zunächst einmal möchte ich hier zum Verfahren reden, denn es ist auch ein Antrag zum Verfahren, dass dieser Gesetzentwurf zurückzuziehen sei. Und deswegen rede ich zum Verfahren. Dieser Gesetzentwurf ist noch nicht mal in dem Ausschuss, in den wir ihn federführend überwiesen haben, zu Ende beraten worden. Und bevor ich zu inhaltlichen Beratungen komme, würde ich ein Votum des federführenden Ausschusses gerne abwarten.

(Zuruf von Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Müller, gestatten Sie eine Frage des Abgeordneten Herrn Ritter?

Selbstverständlich.