Die Crux: Altschuldenhilfe nach der Härtefallregelung wurde in Mecklenburg-Vorpommern nur 27 von 150 kommunalen und genossenschaftlichen Wohnungsunternehmen bewilligt. Und nur etwa die Hälfte aller im Rahmen des Stadtumbaus rückgebauten Wohnungen wurden von den 27 sogenannten 6a-Unternehmen abgerissen. Das heißt, trotz Abriss oder auch bei Leerstand bleiben die Altschulden.
Laut Gutachten des empirica-Instituts Berlin, das im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung erstellt wurde, betrugen die Altschulden zum Jahresende 2010 geschätzte 7,6 Milliarden Euro. Zu DDR-Zeiten errichtete Wohnbestände waren durchschnittlich mit Altschulden in Höhe von 55 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche belastet. Die Altschulden sind mittlerweile Bestandteil von normalen Krediten für Modernisierung und Unterhaltung der Wohnungsunternehmen bei den unterschiedlichsten Banken geworden und nach dem Auslaufen durch Nachfolgekredite ersetzt worden. Deshalb ist es schwierig, die genaue Höhe der Altschulden herauszufiltern.
Aber Fakt ist, für geschätzte 7,6 Milliarden Euro sind von den kommunalen und genossenschaftlichen Wohnungs
unternehmen der fünf neuen Bundesländer Zins und Tilgung zu leisten, und das nun schon seit 23 Jahren. Was könnte in Barrierefreiheit und energetische Sanierung investiert werden, wenn dieses Geld dafür zur Verfügung stehen würde, anstatt Altlasten zu bedienen?!
und negiert damit ostdeutsche Interessen, und das ist die entscheidende Botschaft, die wir auch Ihnen noch mal gerne zukommen lassen wollen. Und da können Sie protestieren, wie Sie wollen, das ist Fakt, Herr Fraktionsvorsitzender, das ist Fakt.
Jetzt besteht ein kurzes Zeitfenster, endlich die Altschulden zu klären, endlich eine vernünftige Lösung zu finden. Zumindest bei Abriss müssen die Altschulden weg,
und das ohne Bedingungen wie Leerstandsquote oder ausweglose wirtschaftliche Lage. Auch eine Kopplung der Altschuldenentlastung mit einer Investition in Altbaubestände sollte möglich sein, wenn auf Abriss verzichtet wird. Am besten wäre es natürlich, man streicht die Altschulden ganz. So würde eine falsche politische Entscheidung endlich korrigiert werden.
Kolleginnen und Kollegen, gerade werkeln ja die Politiker und Fachleute daran, passende Schrauben für nicht passgerechte Einzelteile zu finden, um die neue Bundesregierung zusammenzuzimmern. Aber wenn schon die Einzelteile nicht passen, dann, sage ich, brauchen wir natürlich vernünftige Unterlegscheiben für die Schrauben, damit alles einigermaßen hält. Deshalb muss Mecklenburg-Vorpommern deutlich artikulieren,
dass der weitere Umgang mit der Altschuldenfrage Maßstab dafür ist, wie gesamtdeutsche Bundespolitik die Interessen auch der neuen Länder vertritt.
Ich erwarte also, dass zwischen Bund und den neuen Ländern vereinbart wird, es soll ein weiteres Gutachten geben, also ich frage noch mal, für die Debatte: Gibt es zwischenzeitlich ein solches Gutachten? Wurde es wegen der Bundestagswahl bewusst zurückgehalten oder was steckt sonst dahinter?
Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 90 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Landtag soll feststellen, dass ostdeutsche Wohnungsunternehmen von den Altschulden „weder deutlich entlastet noch befreit“ worden seien. Die Interessen der ostdeutschen Wohnungsunternehmen seien auf Bundesebene „bislang ungehört“ geblieben. Eine derartige Feststellung kann ich Ihnen, meine Damen und Herren, so nicht empfehlen. Da ist bei den Tatsachen einiges unter den Tisch gefallen.
Da hier ein zutreffendes Bild hinsichtlich der Situation der Altschulden aber von wesentlicher Bedeutung ist, lassen Sie mich daher auf einige Fakten hinweisen.
Die heute als „Altschulden“ bezeichneten Schulden der Wohnungswirtschaft sind vor allem im letzten Jahrzehnt der DDR entstanden. Die Altschulden konnten auch nach der Wende nicht durch die Mieten getilgt werden, deshalb kam es im Jahr 1994 zum Altschuldenhilfe-Gesetz des Bundes. Infolgedessen übernahm der Erblastentilgungsfonds 2,7 Millionen Wohnungen der Wohnungswirtschaft. Dafür kam es zu einer Entschuldung von 14 Milliarden plus Zinsen in Höhe von 3,6 Milliarden. Nach dieser Teilentschuldung blieben 12 Milliarden Euro Altschulden bei den Unternehmen. Frau Lück hat ja vorhin von Altschulden in Höhe von 7 Milliarden gesprochen. Das heißt, mittlerweile werden Altschulden getilgt, im Umkehrschluss, müssen Sie ja sagen.
Angesichts solcher Zahlen und massiven Unterstützungsleistungen des Bundes davon zu sprechen, dass die ostdeutschen Wohnungsunternehmen nicht deutlich entlastet worden seien, stellt die Wahrheit auf den Kopf.
(Dr. Norbert Nieszery, SPD: So ist es. – Vincent Kokert, CDU: Sehr gut, Herr Minister! Wird das endlich mal klargestellt. Dieses Rumgejammere!)
Infolge des veränderten Wohnungsmarktes stiegen Ende der 90er-Jahre die Leerstandszahlen erheblich und die Politik griff im Jahre 2000 mit der Novelle des Paragrafen 6a des Altschuldenhilfe-Gesetzes erneut helfend ein. Diese Novelle brachte den Unternehmen bis zum heutigen Tage allein in Mecklenburg-Vorpommern noch einmal eine Entlastung in Höhe von 50 Millionen.
Es ist richtig, dass an diesem Antrag noch einmal deutlich wird, wer für das Thema Altschulden und Altschuldenentlastung zuständig ist. Bei den Altschulden handelt
es sich eindeutig um vereinigungsbedingte Folgekosten, bei denen der Bund zuständig ist. Das hat in der Vergangenheit auch niemand infrage gestellt.
Gemeinsam mit den anderen ostdeutschen Ländern hat sich die Landesregierung kontinuierlich für die Erweiterung und Verstetigung der Altschuldenentlastung eingesetzt. So konnte in jüngster Zeit in Teilbereichen eine Änderung erreicht werden. So hat man die Altschuldenhilfe flexibilisiert. Im Rahmen des „Stadtumbaus Ost“ hat die Altschuldenhilfe maßgeblich dazu beigetragen, dass durch die demografische Entwicklung entstandener Rückbau von Wohnungen in den neuen Ländern durchgeführt und Wohnquartiere deutlich aufgewertet werden konnten. Viele ostdeutsche Wohnungsunternehmen sind durch die Altschuldenentlastung in die finanzielle Lage versetzt worden, in erforderliche Modernisierungsmaßnahmen zu investieren. Das können Sie im Land auch sehen, letztes Beispiel Friedland.
Um auch in Zukunft die Lebensqualität und die Attrakti- vität in den Umstrukturierungsgebieten des „Stadtumbaus Ost“ zu festigen, werden wir uns auch weiterhin bei der Bundesregierung dafür verwenden, denn es geht am Ende darum, die Wohnungsunternehmen aktiv am „Stadtumbau Ost“ teilhaben zu sehen.
Schließlich dürfen wir aber auch nicht die Augen davor verschließen, dass sich der demografische Wandel weiter fortsetzen wird. Das wird nicht ohne Folgen auf den Wohnungsmarkt bleiben. Umso wichtiger ist es, dass die Wohnungsunternehmen gesund sind und finanziell in der Lage, diese zukünftigen Herausforderungen zu bewältigen. Die Situation bei den Altschulden ist nicht mehr die Situation von 1991, als die Altschulden in allen Wohnungsunternehmen gleichermaßen ein Problem darstellten. In den vergangenen Jahren sind die erwirtschafteten Gewinne der Wohnungsunternehmen auch dafür verwandt worden, Altschulden zu tilgen, Frau Kollegin. Dass der Stadtumbau gut vorankommt, sieht man auch am Rückgang der Leerstandszahlen. Auch die Anträge auf eine Förderung des Rückbaus sind drastisch gesunken.
Wir sind im Übrigen im ständigen Dialog mit der Wohnungswirtschaft und deshalb, kann ich hier sagen, ist mir auch kein Fall bekannt geworden, bei dem es konkret und allein um Altschulden geht, der ein Unternehmen an der Mitarbeit am „Stadtumbau Ost“ hindert.
Wenn Sie mir das noch gestatten: 80 Prozent aller Wohnungsunternehmen sind gesund in Mecklenburg-Vor- pommern. Sie machen Gewinne.
Und von diesen Gewinnen werden auch Altschulden getilgt. Von diesen Gewinnen werden auch Modernisierungen in Wohnungsbeständen getätigt. Von daher kann ich das düstere Bild, das die LINKEN jetzt zeichnen, nicht mittragen.
Meine Damen und Herren, eine gedeihliche Debatte ist wichtiger als Schwarzmalerei. Ich fordere Sie daher auf, dieses zukünftig zu unterlassen,
dass wir mit dem Bund gemeinsam Lösungen auch für die Zukunft erarbeiten und zum Wohle der Wohnungswirtschaft in Mecklenburg-Vorpommern Entscheidungen vorbereiten. Das ist der richtige Weg. Alles andere, Frau Lück, führt in die Irre