Protokoll der Sitzung vom 11.12.2013

Zur Erinnerung: Es handelt sich um Aufgaben, die für das Land wahrgenommen werden, und dennoch tragen die Kommunen die Kostensteigerungen. Da nützt es auch nichts, darauf zu verweisen, dass das Konnexitätsprinzip nicht greife, da die Aufgaben bereits vor der Einführung des Konnexitätsprinzips in der Landesverfassung im Jahr 2000 an die Kommunen übertragen wurden. Das mag zwar formal korrekt sein, entspricht aber weder dem Geist des Konnexitätsgedankens, wie es der Abgeordnete Heinz Müller so schön beim Landkreistag formulierte, noch wird die Landesregierung der Verantwortung für die Kommunen gerecht. Oder soll etwa, wie gesagt, das jüngste 100-Millionen-Soforthilfepaket als Ausgleich für die gestiegenen Kosten der Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises dienen? Dann wäre diese zusätzliche Hilfe aber nach drei Jahren, wie gesagt, aufgebraucht.

So kann man natürlich auch Politik machen: vorn die Geschenke verteilen und durch die Hintertür das Geld von den Beschenkten gleich wieder einsammeln.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Schade, dass Sie keine Geschenke verteilen können.)

Das widerspricht nicht nur dem Geist des Konnexitätsprinzips, sondern auch dem Geist der Weihnachtszeit.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Zweitens fordern wir in unserem Änderungsantrag mit der LINKEN die Landesregierung auf, endlich eine verfassungskonforme Neuregelung der Stadt-UmlandUmlage vorzulegen. Ein entsprechendes Gutachten liegt der Landesregierung vor, nur es passiert nichts. Worauf warten Sie eigentlich? Wahrscheinlich gilt auch hier die Devise: Einfach aussitzen, nicht darüber sprechen, vielleicht wird es dann irgendwann vergessen. So löst man aber keine Probleme, meine Damen und Herren.

Drittens fordern wir einen Ausgleich für die Landkreise für die Mehrkosten der Schülerbeförderung in den ehemals kreisfreien und nun eingekreisten Städten des Landes. Auch hier scheuen die Landesregierung und die Koalition keinen argumentativen Klimmzug, um sich auch ja vor dem Konnexitätsprinzip zu drücken. Da wird dann gesagt, dass die Landkreise auch vorher bereits die Aufgabe des Schülertransportes zu erledigen hatten, das heißt, es handele sich um gar keine neue Aufgabe, sodass das Land auch nicht mehr Geld zur Verfügung stellen müsste.

Nun können Sie doch aber nicht die Augen davor verschließen, dass die Ausgaben für die Schülerbeförderung durch die Einkreisung der vier Städte für die Kreise offensichtlich gestiegen sind, und zwar nicht, weil es die Kreise und die Städte so wollten, sondern weil das Land es so beschlossen hat. Mit einer so albernen Argumentation bekommt die Landesregierung doch niemanden im Land überzeugt.

Für wie blöd, meine Damen und Herren, das muss ich mal wirklich fragen, halten Sie eigentlich unsere kommu

nalen Mandatsträger im Land, dass Sie glauben, dass sie auf einen solchen argumentativen Quatsch hereinfallen?! Ich bin wirklich entsetzt.

(Vincent Kokert, CDU: Ich merke Ihnen das richtig an.)

Ja, das liegt daran, dass meine Stimme heute nicht so viele Sprünge machen kann, sonst würde ich hier natürlich mehr umherhopsen. Tut mir leid.

(Zuruf von Vincent Kokert, CDU)

Viertens sind wir gegen eine Übertragung der Mittel des Vorwegabzugs für die Theater und Orchester an das Bildungsministerium. Die Kriterien der Verteilung sind unklar und solange die nicht klar sind, sollte der Landesgesetzgeber keiner Mittelübertragung zustimmen. Diesem Bildungsminister ist nicht mehr über den Weg zu trauen.

(Zurufe aus dem Plenum: Oh!)

Das werden wir an anderer Stelle noch zu debattieren haben. Auch zum Selbstschutz sollte die Landesregierung alles vor Herrn Brodkorb sichern und retten, was zu sichern und zu retten ist.

(Unruhe vonseiten der Fraktion der SPD)

Fünftens fordern wir die Landesregierung auf, eine grundlegende Novellierung des FAG so rechtzeitig vorzulegen, dass diese bis zum 01.01.2016 auch wirklich in Kraft treten kann. Ich appelliere an alle Beteiligten, eine grundlegende Novellierung des FAG noch in dieser Legislatur zu ermöglichen, da anderenfalls nur eine Fortsetzung der Politik der ständigen Hilfspakete droht.

In diesem Sinne, meine Damen und Herren, bitte ich um Zustimmung zu unseren Änderungsanträgen. Wir werden dem Gesetzentwurf anderenfalls nicht zustimmen können. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der NPD der Abgeordnete Herr Andrejewski.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Dieser Gesetzentwurf kommt daher wie eine routinemäßige Feinjustierung innerhalb einer stabilen, positiven Entwicklung. Im Wesentlichen, so die Grundaussage, sei alles in Ordnung. Ein bisschen neu berechnen, ein wenig umverteilen, fertig ist die Erfolgsgeschichte, die aber nicht so großartig ausfällt, wie es den fantastischen Versprechungen entspräche, die damals die Kreisgebietsreform begleitet haben.

Wo sind die erwarteten Einsparungen? Der Städte- und Gemeindetag erklärte in einer offiziellen Stellungnahme zu diesem Gesetzentwurf, aus den Landkreisen sei zu vernehmen, dass es durch die Landkreisordnung auch dauerhaft nicht zu den angestrebten Einsparungen kommen werde. Das war ja eines der Hauptziele, die damit verfolgt werden sollten.

Und wenn man mal als Kreistagsabgeordneter in seinem Landkreis, in meinem Fall Vorpommern-Greifswald, die Landrätin fragt nach zwei Jahren, können Sie denn

schon mal sagen, wo Einsparungen erzielt wurden, oder wie ist Ihre Prognose, welche Einsparungen werden wohl erzielt werden können, dann ist die Antwort, können wir nicht sagen. Die Wahrheit ist, es gibt keine. Stattdessen gibt es Mehrbelastungen, wie schon öfters gesagt wurde, vor allen Dingen durch Aufgaben im Rahmen des übertragenen Wirkungskreises, die den Landkreisen auferlegt worden sind.

160 Millionen Euro neue Defizite haben die Landkreise und die kreisfreien Städte in den zwei Jahren seit der sogenannten Kreisgebietsreform neu angehäuft. Der Landkreistag beklagt Kostensteigerungen bei gleichzeitigem Rückgang der Finanzausgleichleistungen. Durch den Gesetzentwurf, so der Landkreistag, käme es zu einer massiven Verschlechterung der Finanzausstattung der Landkreise. Trotzdem verlangt die Landesregierung von den Landkreisen, sie sollten gefälligst ihre Haushalte sanieren.

Nach Vorpommern-Greifswald und nach Schwerin wurden sogar als kleine Drohgeste sogenannte beratende Beauftragte geschickt. Deren Rat kann man sich jetzt schon mal vorstellen. Die werden natürlich nicht viel Einsparpotenzial finden, die Landkreise laufen auch schon auf dem Zahnfleisch, Schwerin erst recht als kreisfreie Stadt. Die Ratschläge werden lauten: die Kreisumlage kräftig erhöhen, die Beitragsumlage erheben, möglichst hoch, das heißt, die Gemeinden abzocken und sich auf deren Kosten sanieren.

Wenn die Kreistage nicht parieren, steht die Zwangsverwaltung vor der Tür. Damit wird ja auch schon so ein bisschen gedroht. Leider sind in den Kreistagen mehrheitlich Parteisoldaten der Etablierten, die vielleicht hin und wieder mal vor einer Wahl eine rebellische Lippe riskieren, aber wenn es ernst wird, letztendlich doch nicht die Kraft für einen anständigen Aufstand aufbringen.

Es wäre natürlich schon mal was, wenn sich alle Kreistage wehren würden und sagen würden, kommt doch mit eurer Zwangsverwaltung, da möchte ich die Landesregierung mal sehen. Aber es sind leider überall dieselben Parteien, die ganze Aufteilung in Bund, Länder und Kommunen ist nur fiktiv. Es ist alles im Würgegriff dieser Parteien und die Parteiinteressen gehen vor die Kommunalinteressen. Deswegen werden die Mehrheiten in den Kreistagen leider auch einknicken und das heißt, die Gemeinden werden zusätzlich belastet.

Sie sind sowieso schon gebeutelt durch die Zusatzbelastungen infolge der absurden Doppik, die nur Ärger bringt und sonst gar nichts. Allerdings haben die Gemeinden das auch den kommunalen Verbänden zu verdanken, die diese Doppik unbedingt einführen wollten. Wenn die Gemeinden jetzt auch noch den Haushaltsausgleich für die Landkreise finanziell zu tragen haben, dann mag die Landesregierung das als Erfolg feiern, doch letztendlich zahlen die Kommunen, die Gemeinden und damit die Bürger die Zeche. Die Gemeinden werden ganz langsam abgewürgt, jedenfalls solange, wie die Bürger als Wähler sich nicht dagegen wehren. Und solange sie sich nicht dagegen wehren, sollen sie sich auch nicht beschweren. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der NPD)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Herr Reinhardt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Die wesentlichen Inhalte des Gesetzes sind durch mich und auch alle meine Vorredner bereits erwähnt worden. FAG-Debatten gehören ja immer für unsere Kommunalvertreter – und auch von Städte- und Gemeindetag und Landkreistag kann ich ja hier Anwesenheit sehen – dazu. Das ist das Existenzielle, was wir hier im Landtag machen, und nach außen vermitteln wir mit Sicherheit immer den Eindruck, als ob es um das Ziehen an einer zu kurzen Tischdecke geht.

Ich möchte aber trotzdem an dieser Stelle auf Frau Rösler und Herrn Saalfeld ein wenig eingehen.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Der Schein trügt nicht. – Zuruf von Vincent Kokert, CDU)

Frau Rösler, Sie haben ja gesagt, und da kann ich Ihnen zustimmen, dieser Entwurf ist nicht dazu angelegt oder ist ja auch nicht dazu geeignet, die großen und alle Probleme der kommunalen Ebene zu lösen. Das ist richtig, das haben auch wir von Anfang an immer gesagt, dass es hier nur um eine routinemäßige Überprüfung des FAG,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Erwartungshaltung.)

wie sie alle zwei Jahre vorgenommen werden soll, geht, Herr Ritter. Dann passt aber auch, Frau Rösler, Ihr zweiter Punkt und auch der Ausbruch von Herrn Saalfeld nicht, wenn Sie sagen, dass dieser Entwurf von einem Tun und einem Unterlassen geprägt ist. Ich glaube, so haben Sie das gesagt. Diese beiden Aussagen passen nicht zusammen. Und Herr Saalfeld hat, glaube ich, gesagt, wir nehmen die Nöte und Sorgen nicht ernst und die Koalition hätte das nicht erkannt.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Da hat er recht.)

Herr Holter?

(Helmut Holter, DIE LINKE: Da hat er recht, hab ich gesagt. – Simone Oldenburg, DIE LINKE: Da hat er recht.)

Ja, ich werde jetzt aber sofort in die Beweisführung gehen und Ihnen darstellen, dass dem natürlich nicht so ist. Ich möchte uns allen dann nämlich noch mal in Erinnerung rufen, was diese Große Koalition alles auf den Weg gebracht hat.

(Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Da sind wir aber gespannt.)

Ich fange mal an beim kommunalen Ausgleichsfonds,

(Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Das hat mit dem Gesetzentwurf auch nichts zu tun.)

für dessen Kredite das Land die Zinsen übernommen hat, wie Sie alle wissen, was in der Phase des konjunkturellen Abschlusses sicherlich eine gute Hilfe war.

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Ich will weitergehen. Ich will den kommunalen Konsoli- dierungsfonds in Höhe von 100 Millionen Euro nennen, Herr Holter, von dem Sie alle hören und der mehr und mehr zur Anwendung kommt.

(Zurufe von Helmut Holter, DIE LINKE, und Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE)

Ich will das Kofinanzierungsprogramm in Höhe von 50 Millionen Euro zur Unterstützung der Investitions- finanzierung nennen, ich will auch noch mal die Son- derhilfen in Höhe von 100 Millionen verteilt auf drei Jahre nennen und nicht zum Schluss die Sonderhilfen für die Vermögensauseinandersetzung. Zusammen kom- men wir auf einen Betrag zwischen 350 bis 400 Millio- nen Euro, die diese Koalition in den letzten Jahren zusätzlich der kommunalen Ebene zur Verfügung zu stellen hat.

(Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)