Protokoll der Sitzung vom 13.12.2013

Insofern können wir zu Punkt 1 Ihres Antrages kommen: „Die … den Theatern und Orchestern zur Verfügung gestellten Mittel sind nicht auskömmlich.“ Das stimmt. In den jetzigen Strukturen sind sie nicht auskömmlich. Das haben wir immer gesagt. Und deshalb haben wir ja auch gesagt, wir wollen gemeinsam im Dialog mit den Kommunen hier zu neuen Strukturen kommen.

Wenn wir das festgestellt haben, erledigt sich eigentlich auch Punkt 2 Ihres Antrages. Es ist natürlich klar, wenn man Strukturen verändern will, kann man nicht die jetzigen Strukturen, die man vorfindet, einfach weiterfinanzieren. Wir tun das da, wo das nicht anders geht – das haben Sie ja auch selbst gesagt –, mit Soforthilfe und unterstützen den Prozess.

Ihr Punkt 3: Die Fördermittelvergabe darf nicht die Freiheit der Kunst und Kultur beeinträchtigen, schreiben Sie da. Das ist ein sehr, sehr schwammiger Begriff. Da kann ja jeder was anderes drunter verstehen. Zumindest könnte man als Jurist sagen, es ist ein unbestimmter Rechtsbegriff. Was heißt das eigentlich? Also das ist schwer zu fassen.

Insofern, würde ich mal sagen, bringen uns die drei Punkte nicht weiter. Und Sie fordern dann ja auch, wir sollen beschließen, dass der Theatererlass unverzüglich vorgelegt wird. Ich denke, der Minister hat sehr gut erklärt, wir haben diese Woche das FAG beschlossen, also die Rechtsgrundlagen, und auch den Haushalt beschlossen. Und ohne schuldhaftes Zögern, denke ich, dass er bis Jahresanfang das hinbekommen wird. Dann ist er vollkommen im Plan und somit hat sich Ihr Punkt 1 hierbei auch erledigt.

Dann schreiben Sie: „Der Theatererlass soll konkrete Kriterien enthalten, auf deren Grundlage standortbezogene Zielvereinbarungen zwischen den Kommunen und dem Minister entstehen. Ich glaube, das hätte ja so etwas wie ein Diktat, Herr Koplin, dass wir jetzt doch ohne den Dialog sofort mit dem Theatererlass innerhalb von drei oder zwei Wochen festlegen, was zu tun und zu lassen ist. Ich glaube, da ist es besser, wir regeln für 2014/2015 die Finanzierung über den Erlass und bleiben dann weiter im Dialog – der Minister hats ja gesagt, ob im Osten oder im Westen des Landes, da laufen die Gespräche – und fangen jetzt nicht an, über den Theatererlass hier schon feste Sachen vorzugeben. Insofern hat sich auch Punkt III erledigt.

Und dann schreiben Sie natürlich noch in Punkt IV, dass die Summen vollumfänglich auszuschütten sind. Hier geht es ja dann um die zehn Prozent, die abhängig von den Fortschritten der Strukturreform eingesetzt werden sollen. Das halte ich für ein sehr vernünftiges Instrument. Wenn man Strukturen verändern will, braucht man auch prozesssteuernde Elemente. Das ist aus meiner Sicht eines, was sehr gut dazu geeignet ist, den Strukturprozess zu begleiten.

Am Ende ist es so, es geht darum: Werden wir uns als Land auch beteiligen an den Theatern und Orchestern im Land, wie weit unterstützen wir das? Und geben wir, wenn die Strukturreform erfolgreich umgesetzt ist – und das war immer ein Anliegen der CDU-Fraktion –, am Ende auch eine Dynamisierung auf die dann vorhandenen Mittel?

Ich glaube, in diesen Gesprächen, die sicherlich nicht in aller Kürze beendet werden sollen, die mit METRUM

zusammen, mit den theatertragenden Kommunen getätigt werden, sind wir auf einem guten Weg. Die Koalition hat da einen festen Fahrplan, den werden wir auch in den nächsten zwei Jahren umsetzen. Und dann, glaube ich, kommen wir zu Strukturen, die sich sowohl das Land als auch die Kommunen leisten können und die natürlich auch die Freiheit der Kunst und Kultur, so, wie es bei uns in der Landesverfassung verankert ist, in unserem Land gewährleisten. Insofern wird es Sie nicht wundern, dass wir auch Ihren Antrag ablehnen. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU – Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Mensch, Deine Stimme ist ja immer besser geworden.)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN der Fraktionsvorsitzende Herr Suhr.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Lassen Sie mich mit zwei Vorbemerkungen beginnen,

(Andreas Butzki, SPD: Dann machen Sie mal!)

die sich darauf beziehen, was der Minister hier vorgetragen hat. Der Minister hat vorgetragen, die Landesregierung würde ohne – so war, glaube ich, das Zitat – „schuldhaftes Verzögern“ jetzt einen Theatererlass auf die Schiene setzen und rechtzeitig vorlegen und man befinde sich in einem – so habe ich es zumindest verstanden – konstruktiven Dialog mit den Theaterträgern oder mit den Theaterintendanten selbst. So war es, glaube ich, gemeint.

Ich glaube, dass man mit Fug und Recht behaupten kann, dass diese Beschreibung durchaus auch anders wahrgenommen werden kann. Zumindest nehme ich diese Beschreibung in den Theatern und Orchestern und in den Kommunen etwas anders wahr. Da nehme ich nämlich wahr, wir befinden uns seit Jahren in einer Situation der Unsicherheit, aus der heraus Sie als Landesregierung die Kommunen, die Theaterträger, die Theater selbst, die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in den Theatern damit konfrontieren, dass Sie die Zuwendungen nicht dynamisieren, sich darauf verlassen, dass in irgendeiner Form die Theaterträger Wirtschaftspläne und Jahresabschlüsse hinbekommen, die das in irgendeiner Form auffangen, Sie in Kauf nehmen, dass die kulturelle Qualität aufs Spiel gesetzt und mitnichten wahrgenommen wird, dass hier ein intensiver Dialog geführt wird, an dessen Ende eine konstruktive und gemeinsam getragene Ebene für eine Perspektive der Theater und Orchester geschaffen wird.

Und ich sage auch an dieser Stelle Folgendes, und da darf ich mich durchaus, es wurde ja hier gerade das Theater Vorpommern genannt, beziehen auf das, wie die Diskussion zum Beispiel in einer Stralsunder Bürgerschaft stattfindet. Dort wird dieser so genannte „Letter of Intent“ nur deshalb unterzeichnet, weil vonseiten der Landesregierung der entsprechende Druck aufgemacht wird im Sinne von: Wenn ihr mit uns kooperiert, dann kürzen wir euch in den nächsten Jahren nicht die Mittel. Wenn ihr das nicht tut und hier nicht unterzeichnet, habt ihr mit weiteren Kürzungen zu rechnen.

Das, sehr geehrte Damen und Herren, ist die Wahrheit und das hat nichts mehr mit konstruktivem, gleichberechtigtem Dialog zu tun, sehr geehrte Damen und Herren.

(Zuruf von Manfred Dachner, SPD)

Die Situation ist, dass vor Ort die Menschen, die Kultur in diesem Land so wesentlich gestalten, von Unsicherheit und von Demotivation geprägt sind. Und das Ergebnis ist, dass vor dem Hintergrund die Landesregierung das kulturell hochwertige Angebot der Theater und Orchester in Mecklenburg-Vorpommern gefährdet. Es ist nicht besonders motivierend, wenn Sie als Grundlage auflegen: Wir kooperieren mit euch weiter, wenn ihr das, was wir seit Jahren schon angekündigt haben, seinerzeit schon im Eckpunktepapier mit den beiden Kulturkooperationsräumen, dass ihr in Fusionen einwilligen müsst, die ihr eigentlich gar nicht wollt. Auch das ist keine Grundlage für Konstruktivität.

Der Antrag der LINKEN, den ich ausdrücklich begrüße, Herr Koplin – ich finde wichtig, dass wir dieses Thema immer wieder hier in die Tagesordnung aufnehmen –, ist die richtige Antwort auf eine Politik der Verunsicherung und der Zerschlagung kultureller Strukturen, die von der Landesregierung inzwischen systematisch betrieben wird. Anders kann ich das nicht bezeichnen.

Mit der Annahme des vorliegenden Antrags, der vor allem auf einen verbindlichen Theatererlass orientiert, schaffen wir in dieser Zeit der Unsicherheit – zumindest in gewissem Rahmen – übergangsweise Sicherheiten, die die Orchester und Theater im Land so dringend benötigen. Und ich bin ganz auf der Seite von Herrn Koplin, die …

Das wundert Sie nicht, Herr Dr. Nieszery, ne?

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ja, alles andere hätte mich auch überrascht. Das muss ich ehrlich sagen.)

Es hat aber auch durchaus seinen sachlich inhaltlichen Grund. Selbstverständlich hätte man mit einer entsprechenden Vorbereitung, wo vorher die entsprechenden gesetzlichen Grundlagen übers FAG geschaffen worden sind, Sicherheiten schaffen können gegenüber den Theatern und Orchestern,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ja, wie denn?)

indem man mit ihnen kooperiert hätte, indem man mit ihnen hätte diskutieren und sagen können: Wie sieht denn ein solcher Erlass aus?

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ah, ah! Na, das ist ja wirklich eine Antwort.)

Das, was jetzt passiert ist, das, was jetzt passiert ist, dass Sie erneut,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das ist aber ein Rumgeeier jetzt hier.)

dass Sie erneut nur reagieren in einer Situation, in der die Theater nicht mehr können – denn wie sonst sind denn diese Insolvenzverhinderungsmaßnahmen zu interpretieren

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Weil die Strukturen nicht passen.)

und dass sich Frau Gramkow da kooperativer verhält, als Sie das beschreiben –, das ist das Ergebnis, dass die Theater und die Kommunen nicht mehr weiter- können,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ja, ja.)

weil permanent nachgeschossen werden muss.

(Beifall vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sehr geehrte Damen und Herren, doch nicht nur den Theatern und Orchestern fehlen diese Sicherheiten, auch die Sicherheit, die Situation – das will ich hier ausdrücklich ansprechen – der Künstlerinnen und Künstler ist derzeit massiv von Verunsicherung geprägt. Selbstverständlich ist es richtig, dass in einer solchen Situation sich Künstlerinnen und Künstler daran orientieren, wo sie denn ihre Perspektive sehen, und natürlich sehen sie sich um, ob sie das in einem anderen Bundesland tun können, weil die Diskussion ist geprägt von einer ganz persönlichen und unmittelbaren Unsicherheit. Betroffen sind die Familien, das Umfeld, die Kommunen, in denen sie leben.

Wir reden da über nichts anderes, sehr geehrte Damen und Herren, als Arbeitsplatzsicherheit und ich kann Ihnen sagen, dass Sie mit Ihrer Politik nur noch auf wenig Verständnis in den Theatern und Orchestern dieses Landes stoßen. Es hat dort niemand mehr Verständnis dafür, dass der Erhalt von Arbeitsplätzen in anderen Zusammenhängen immer als besonders bedeutend hervorgehoben wird, während es in regierungstragenden Fraktionen bei den Theatern offensichtlich nicht so wichtig erscheint, …

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das ist doch falsch.)

Nein.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Natürlich ist das falsch.)

… nicht so wichtig erscheint, weil die Konsequenz, das einzufrieren, über Jahre hinweg keine Sicherheit zu schaffen, orientiert genau darauf.

(Zuruf von Manfred Dachner, SPD)

Dabei missachten Sie, dass das Engagement der Theater und Orchester

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das wissen Sie doch besser. Das wissen Sie wirklich besser, Herr Suhr.)

und ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter noch weit über die Angebote in den Häusern selbst hinausgeht.

Die Theater und Orchester und besonders die Schauspielerinnen und Schauspieler,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Tänzerinnen und Tänzer.)

und besonders die Schauspielerinnen und Schauspieler selbst, wirken neben ihrer Bühnentätigkeit in Schulen, in Musikschulen und in freien Projekten mit. Es gibt eine große Vielfalt an Kooperationen in Kunst und Kultur. Auch diese Kooperationen sind von der Perspektive der Theater und der Orchester abhängig, denn auch Schulen, Musikschulen und freie Projekte wünschen sich Planungssicherheit, und ich meine, sie wünschen sich diese zu Recht.

Auch hierfür ist ein Theatererlass, hierfür ist Verlässlichkeit hinsichtlich des finanziellen Rahmens dringend erforderlich. Das, was in diesem Land unter dem Begriff „Umstrukturierung der Theater“ firmiert, das enthält ja bekanntlich eine Reihe von Forderungen des Landes gegenüber den Theatergesellschaften und gegenüber den Kommunen. Mit diesen Forderungen formuliert die Landesregierung zahlreiche Ansprüche. Das tun Sie übrigens schon seit Jahren, ohne dass dabei was rauskommt.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ist das unsere Schuld?)

Wir finden, dass es genau diese Ansprüche sind, an denen wir die Landesregierung selbst auch messen müssen. Und da stelle ich fest, Sie fordern von den Theatern und von den Orchestern Vorleistungen und langfristige Konzepte, aber Sie legen umgekehrt nichts vor. Was hier gefordert wird, ist daher zumindest eine verlässliche Grundlage für die künstlerische Arbeit, also bedeutend mehr, als die Landesregierung bisher hat vorlegen können. Die Theater-, die Kulturpolitik dieses Landes ist seit Jahren eine Geschichte des Scheiterns.