Zunächst möchte ich einen Satz voranschicken: Herr Minister, ich bin froh, dass Sie doch ein paar andere Nuancen in die Diskussion gebracht haben, als das vorher durch den Kollegen Seidel hier zum Ausdruck gebracht wurde.
(Vincent Kokert, CDU: Das wundert mich jetzt. Die war ja fast deckungsgleich, die Rede. – allgemeine Heiterkeit)
Hans-Josef Fell, einer der Architekten des ErneuerbarenEnergien-Gesetzes, hat in diesen Tagen geäußert, er habe nicht noch größere Angriffe auf die Energiewende erwartet als zu Zeiten von Schwarz-Gelb. Wörtlich sagte er: „Selbst in meinen schlimmsten Albträumen hätte ich mir nie vorstellen können, dass ein SPD-Minister das EEG zum Kohlestromschutzgesetz umfunktionieren
Als ich das Thema für die Aktuelle Stunde las, hat sich bei mir der Gedanke eingeschlichen, dass die Veröffentlichung von Minister Gabriels Eckpunkten für die Novellierung des EEG für Sie wie ein Feiertag gewesen sein muss. Kollege Seidel, Ihr energiepolitisches Dreieck soll nun Gesetz werden.
(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Ja, sehen Sie. – Vincent Kokert, CDU: Ja, sehen Sie, wir haben schon vorgedacht.)
Sie haben bereits so geredet, als Sie noch als Wirtschaftsminister Dong Energy das öffentliche Interesse an einem Kohlekraftwerk in Lubmin in die Feder diktiert haben.
(Vincent Kokert, CDU: Auch da haben Sie sich in die Büsche geschlagen. Da waren Sie auch nicht dabei. Nö.)
Jede Rede zur Energiewende beginnen Sie so. Deshalb kann ich gut verstehen, dass Sie sich nun in gewisser Weise auch als Sieger fühlen. Aber wer sind dann die Verlierer? Gibt es die?
Im EEG steht als Ziel, „im Interesse des Klima- und Umweltschutzes eine nachhaltige Entwicklung der Energieversorgung zu ermöglichen, die volkswirtschaftlichen Kosten der Energieversorgung … zu verringern, fossile Energieressourcen zu schonen und die Weiterentwicklung von Technologien zur Erzeugung von Strom aus Erneuerbaren Energien zu fördern.“ Mit anderen Worten wurde die Notwendigkeit erkannt, die schwindenden fossilen Ressourcen zu schonen, die Risiken und Hinterlassenschaften der Atomwirtschaft nicht länger hinzunehmen und die CO2-Emissionen dringend zu redu- zieren.
Hat sich an diesen Zielen etwas geändert? Gibt es einen Grund, diesen eingeschlagenen Weg zu verlassen? Nein, den gibt es nicht.
(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Ja, es muss bezahlbar bleiben. – Vincent Kokert, CDU: Die Strompreise zum Beispiel.)
Mit dem Schwung des EEG sind wir bis heute zu einem Anteil der erneuerbaren Energien von 25 Prozent am Strom gekommen. Das ist eine großartige Leistung, aber es sind eben erst 25 Prozent und nicht 100, erst recht nicht im Wärme- und im Verkehrssektor.
(Egbert Liskow, CDU: Das sind 50 Prozent mehr. – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das ist alles so schlecht, ne?)
Die Aufgaben sind geblieben: Wir müssen die erneuerbaren Energien ausbauen, wir müssen Strom sparen und die Effizienz steigern.
Das sieht Herr Gabriel auch so, zumindest verbal. In der Einführung zu seinen Eckpunkten ist das zu lesen.
Was übrigens überhaupt nicht vorkommt in den Eckpunkten und was uns hier im Land immer ganz besonders interessiert hat, war, die Chancen der Energiewende zu nutzen, um die Beteiligung und Teilhabe der Kommunen, Genossenschaften und Bürgerinnen und Bürger zu ermöglichen.
Ich will das nur mal erwähnt haben, weil ja die SPD hier im Land ganz besondere Anstrengungen unternimmt, dafür Regelungen zu treffen.
(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ja, Sie dürfen dem Gesetz gern zustimmen im zweiten Quartal. Das dürfen Sie gern machen. – Zuruf von Vincent Kokert, CDU)
Das EEG ist eine Erfolgsgeschichte. Ihm ist zu verdanken, dass innerhalb von weniger als 15 Jahren 25 Prozent Stromanteil aus erneuerbaren Ressourcen erreicht wurde. Das ist schon eine relevante Größe.
Und diese Kapazitäten befinden sich zu mehr als 50 Pro- zent in der Hand der kleinen Leute: Einzelpersonen, Genossenschaften, Bürgergesellschaften. Nur 7 Prozent gehören den vier großen Energiekonzernen. Dass denen das Angst macht, Angst, ihre Marktmacht zu verlieren, das kann ich gut verstehen. Es ist tatsächlich eine ernsthafte Konkurrenz entstanden. Aber dann kam die Diskussion um die EEG-Umlage und über die ausufernden Kosten der Förderung der erneuerbaren Energien. Die Lobbyarbeit hat funktioniert.
(Vincent Kokert, CDU: Wie kriegen Sie denn die steigenden Strompreise in den Griff? Wie kriegen Sie die in den Griff?)
Ausgerechnet diejenigen, die über Jahrzehnte Milliarden an Subventionen kassiert haben, ausgerechnet diejenigen beklagen jetzt, dass die Stromkosten nicht mehr zumutbar seien.
(Vincent Kokert, CDU: Wer sind diejenigen? Können Sie die auch näher beziffern, damit wir uns mal was vorstellen können?)
Die vier Energiekonzerne zum Beispiel, die großen. Darüber haben wir hier schon oft geredet, Herr Kokert.
Und auch Sie, Kollege Seidel, nicht heute, aber sehr oft stellen Sie sich hin und bezeichnen es als Skandal, dass es Einspeisevergütungen gibt, die für 20 Jahre garantiert würden. Das sei mit Marktwirtschaft nicht vereinbar.
Wissen Sie, ich kann dazu nur sagen, alles, was politisch gewollt ist, das wird mit der Marktwirtschaft vereinbar gemacht, und sei es dadurch, dass Millionen Subventionen auf keiner Stromrechnung auftauchen,