Protokoll der Sitzung vom 30.01.2014

Fakt ist: Die Steigerung der Energieeffizienz und das Einsparen von Energie sind unverzichtbar für das Gelingen der Energiewende. Der Landesenergierat legte im August 2013 einen Vorschlag für ein Landesenergiekonzept vor. Danach entfallen auf den Gebäudebereich 45 Prozent des gesamten Endenergieverbrauchs im Land, bundesweit sind es 40 Prozent.

Als eines der Hemmnisse von Energieeffizienzmaßnahmen wird aufgeführt, dass sich die Kosten der Unterkunft am einfachen Standard – das heißt in der Regel unsanierter Bestand – orientieren und ein Bonus für energetisch sanierte Gebäude nicht gewährt wird. Und genau da setzt unser Antrag an.

Fast 110.000 Bedarfsgemeinschaften, also 110.000 Haus- halte, von insgesamt etwa 850.000 Haushalten sind im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitsuchende auf die Übernahme der Wohnkosten angewiesen. Dazu kommen immer mehr Haushalte, deren Wohnkosten im Rahmen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung getragen werden. Grob gerechnet fallen also rund 15 Prozent aller Haushalte im Land unter die Regelungen zu den Unterkunftskosten.

Wie der Name schon sagt, sollen die Verwaltungsvorschriften zur Angemessenheit der Bedarfe für Unterkunft und Heizung nach den SGB II und XII sicherstellen, dass die Verwaltung einheitlich handelt, gerade wenn es um die Ausnutzung von Ermessensspielräumen geht. Die KdU-Richtlinien orientieren sich an der Angemessenheit, aber Grundlage jeder Entscheidung ist zwingend eine Einzelfallprüfung, gegen die Widerspruch eingelegt und die gerichtlich nachgeprüft werden kann.

Kolleginnen und Kollegen, mittlerweile ist der Prozess der Anpassung der KdU-Richtlinien an die neuen Kreisstrukturen abgeschlossen, das wissen wir ja alle. Am 1. Dezember 2013 trat als letzte die geänderte Richtlinie für den Landkreis Vorpommern-Rügen in Kraft. Alle Verwaltungsvorschriften im Land verweisen bezüglich der Angemessenheit der Heizkosten auf den Bundesweiten Heizspiegel, der jährlich vom Deutschen Mieterbund herausgegeben wird.

Seitdem das Bundessozialgericht im Juli 2009 Heizspiegel zur Beurteilung der Heizkosten von Empfängern des Arbeitslosengeldes II herangezogen hat, nutzen natürlich die ARGEn, die Jobcenter und auch die Sozialämter die

Heizspiegel als Prüfwerkzeug für die Beurteilung der Angemessenheit von Heizkosten. Gibt es keinen „Kommunalen Heizspiegel“, ist der „Bundesweite Heizspiegel“ also maßgebend.

Als Grenzwerte werden im Urteil die Heizspiegelwerte der Kategorie „zu hoch“ benannt. Überschreiten die tatsächlichen Heizkosten diesen Grenzwert, deuten Leistungsträger dies als Hinweis auf Unangemessenheit. Das heißt, bei den Heizkosten orientieren sich alle KdURichtlinien des Landes am ungünstigsten energetischen Zustand. Das ist eine Tatsache und darauf möchte ich Sie hier im Parlament alle aufmerksam machen.

Bei den Regelungen zu den Unterkunftskosten unterscheiden sich die festgestellten Werte. Die Richtlinien unterteilen in verschiedene Teilwohnmärkte. So werden regional unterschiedliche Nettokaltmieten und kalte Betriebskosten berücksichtigt. Während beispielsweise in Rostock für eine Person 45 Quadratmeter als ausreichend angesehen und bis zu 319,50 Euro Bruttokaltmiete als angemessen anerkannt werden, sind es bei ebenfalls 45 Quadratmetern in Ribnitz-Damgarten nur 234,45 Euro beziehungsweise 245,00 Euro im Altkreis Parchim. Während also in Rostock bis 5,60 Euro Nettokaltmiete zu- züglich 1,50 Euro je Quadratmeter Wohnfläche anerkannt werden, liegen die Nettokaltmieten in RibnitzDamgarten oder im Altkreis Parchim bei 4,00 Euro je Quadratmeter.

Bei 4,00 Euro je Quadratmeter sind Investitionen in energetische oder auch in sonstige Modernisierungen aber ausgeschlossen. Darauf möchte ich auch noch mal aufmerksam machen. Die sind ausgeschlossen, denn die Erhebung der Modernisierungsumlage würde zur Anhebung der Nettokaltmiete und die höheren Unterkunftskosten zur Unangemessenheit der Wohnung führen. Das schränkt natürlich die Handlungsfähigkeit, insbesondere kommunaler Wohnungsunternehmen, erheblich ein, denn in vielen kommunalen Wohnungsgesellschaften sind 30 bis 40 Prozent der Mieterinnen und Mieter auf Grundsicherung für Arbeitsuchende oder Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung angewiesen.

Kolleginnen und Kollegen, für die Unterkunftskosten ist derzeit maßgebend sozusagen das Produkt aus der angemessenen Wohnfläche und den Mietkosten bei einfachem Wohnstandard. Experten sagen dazu auch Produkttheorie. Gut, okay, ne?! Herr Heydorn und ich wissen, wovon wir reden. Ist die Wohnung kleiner, darf die Bruttokaltmiete je Quadratmeter natürlich höher sein. Ist die Wohnung größer, muss sie niedriger sein. Entscheidend ist die Bruttokaltmiete in der Summe, die nicht überschritten werden soll.

Bei den Heizkosten wird auch das Produkt aus der angemessenen Wohnfläche und dem im „Bundesweiten Heizspiegel“ in der Spalte als „zu hoch“ ausgewiesenen Verbrauch und den Kosten gebildet. Aber die Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für die Unterkunft hat grundsätzlich losgelöst von der Beurteilung zur Übernahme der Aufwendungen für die Heizung zu er- folgen, besagt ein Urteil des Bundessozialgerichtes von Juli 2009. Und da genau liegt die Krux.

(Torsten Renz, CDU: Welche?)

Deshalb schlägt meine Fraktion vor, dass das Land die Kommunen unterstützt, indem es einen praktikablen

Regelungsvorschlag zur Ergänzung der bestehenden KdU-Richtlinien im Land erarbeitet.

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Andere Länder haben das auch so getan, Herr Minister, glauben Sie mir.

(allgemeine Unruhe)

Beispielsweise in Bielefeld darf die Nettokaltmiete um 35 Cent, 50 Cent oder um 65 Cent je Quadratmeter höher liegen, wenn der Heizenergieverbrauch einen bestimmten Verbrauchswert nicht unterschreitet, ich stelle richtig, nicht überschreitet.

Entschuldigung, aber ich komme hier ein bisschen vom Wege ab, weil mich diese andauernde Unterhaltung total stört.

(Torsten Renz, CDU: Was heißt das?)

Und die Herren merken das noch nicht mal, wenn man darauf aufmerksam macht. Tut mir leid, ich kann mich nicht konzentrieren, wenn Sie sich so laut unterhalten.

Der Nachweis erfolgt praktisch über die Gebäudeenergieausweise. Die novellierte Energieeinsparverordnung, kurz EnEV genannt, tritt am 1. Mai dieses Jahres in Kraft. Darin werden auch Vorgaben zu den Energieausweisen gemacht. So sind bei neuen Ausweisen künftig Energieeffizienzklassen anzugeben, wie man das von elektrischen Geräten her kennt. Die Energieausweise sind Käufern und neuen Mietern auszuhändigen. Auch wenn durchaus Kritik am Ausstellen dieser Ausweise entweder als Verbrauchs- oder Bedarfsausweis berechtigt ist, wird sich die Bedeutung der Ausweise erhöhen.

Der Qualität dieser Ausweise käme es zugute, wenn sie als Nachweis für den Heizenergieverbrauch gegenüber den ARGEn, den Jobcentern und auch den Sozialämtern herangezogen werden würden. Als Nachweis könnten aber auch die letzten Heizkostenabrechnungen dienen. Kurzum: Das Land sollte einen rechtssicheren Textvorschlag machen, der dann in die KdU-Richtlinien der Landkreise und kreisfreien Städte einfließen kann.

Ein weiteres Ziel muss es sein, generell einen guten energetischen Zustand einer Wohnung als ein Kriterium für die Angemessenheit einer Wohnung durchzusetzen. Eine wärmegedämmte Wohnung, eine optimale und effiziente Heizung sowie isolierte Rohre sind kein Luxus, unserer Meinung nach, sondern zeitgemäß und klimagerecht. Das muss sich auch im Sozialrecht durchsetzen. Ich halte das für eine ganz normale Forderung.

Es kann nicht sein, dass ursprünglich zum Abriss vorgesehene Wohnungen wieder voll vermietet sind, nur weil der Mietpreis den KdU-Richtlinien entspricht. Noch widersinniger ist die Vermietung unsanierter Bestände, wenn dadurch in sanierten Beständen der Leerstand wächst. Das können wir doch nicht wollen! Und genau das ist das Anliegen unseres Antrages.

Immer wieder erlebe ich aufgewertete Wohnquartiere, in denen der Großteil der Gebäude saniert und mit Balkonen nachgerüstet ist. Dazwischen gibt es Blöcke, die von jeglichen Maßnahmen ausgespart wurden, extra für Mieterinnen und Mieter, die auf die Übernahme ihrer Wohn

kosten angewiesen sind. Mit einer klimagerechten Stadterneuerung und Stadtentwicklung hat das wirklich nichts mehr zu tun. Noch schlimmer ist es, wenn die Wohn- adresse stigmatisiert und eine Konzentration von Problemfamilien soziale Brennpunkte entstehen lässt. Das stört den Wohnfrieden in ganzen Quartieren und erfordert wieder Gegenmaßnahmen.

Ich hatte noch vor, hier ein paar Zahlen zu nennen. Ich lasse das, bringe das in meinem Diskussionsbeitrag, möchte aber abschließend um etwas bitten – eine Bemerkung noch, Frau Präsidentin –: Es gab einen Schreibfehler in unserem Antrag, auf Hinweis von Frau Gerkan, das heißt natürlich nicht Paragraf 45, sondern 46. Da bitten wir um eine redaktionelle Änderung in unserem Antrag. – Danke.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Danke, Frau Lück.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 60 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat die Ministerin für Arbeit, Gleichstellung und Soziales Frau Hesse.

(Regine Lück, DIE LINKE: Der Energieminister wäre auch nicht schlecht gewesen, oder?)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! „Stark steigende Energiekosten“ sind ein Thema, das uns alle bewegt. Das zeigt natürlich auch die Debatte zur Aktuellen Stunde am gestrigen Tag. Einkommensschwache Haushalte leiden besonders unter steigenden Miet- nebenkosten, deswegen sind energetische Sanierungen von Wohnungen wichtig. Wir müssen den Energieverbrauch senken und die Energieeffizienz steigern.

Ich möchte aber auch betonen in diesem Zusammenhang, dass in den vergangenen Jahren in Mecklenburg-Vor- pommern bereits viel passiert ist. Die rund 150 Wohnungsgesellschaften und Wohnungsgenossenschaften, die in der Arbeitsgemeinschaft mecklenburgisch-vorpom- merscher Wohnungsunternehmen organisiert sind, bewirtschaften 30 Prozent des gesamten Wohnungsbestandes und circa 60 Prozent des Mietwohnungsbestandes in M-V. Mindestens 95 Prozent dieser Wohnungen wurden energiesparend ganz oder teilsaniert.

Das Sozialministerium hat keine Erkenntnisse darüber, dass Leistungsberechtigte nach dem SGB II oder SGB VII überproportional häufig in unsanierten und teilsanierten Wohnungen wohnen. Leistungen für Unterkunft werden in Höhe der tatsächlich angefallenen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind.

Das Bundessozialgericht hat für die im Einzelfall zu prüfende Angemessenheit eine Reihe von Mindestanforderungen gestellt. Die kreisfreien Städte und Landkreise nehmen die ihnen übertragenen Aufgaben der Grundsicherung in eigener Zuständigkeit als Selbstverwaltungsaufgabe wahr. Sie haben nach der Kreisgebietsreform KdU-Richtlinien erarbeitet, wie von Frau Lück bereits ausgeführt. Sie haben externen Sachverstand hinzuge

zogen und im Prozess der Erarbeitung auch die zuständigen Sozialgerichte mit einbezogen. Die Landesregierung ist jederzeit bereit, die kommunalen Träger in ihren Bemühungen zu unterstützen, soweit es gewollt ist.

Die Angemessenheit von Heizkosten hängt von zahlreichen Faktoren ab. Zu diesen Faktoren zählt auch zum Beispiel der energetische Sanierungsstand der Wohnungen. Auch für die Angemessenheitsprüfung der Heizkosten gilt, eklatant kostspieliges oder unwirtschaftliches Heizverhalten ist vom Grundsicherungsträger nicht zu finanzieren. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft den der Besonderheit des Einzelfalles angemessen Umfang übersteigt, sind sie als Bedarf so lange zu berücksichtigen, wie es dem Leistungsberechtigten nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendung zu senken. Unangemessene Aufwendungen für Unterkunft und Heizung können auch länger als sechs Monate übernommen werden, wenn es dem Leistungsberechtigten nicht möglich oder subjektiv nicht zumutbar ist, seine Wohnkosten zu senken.

Insgesamt betrachtet, bietet der bestehende rechtliche Rahmen ein ausreichendes Instrumentarium, um zu verhindern, dass Transferleistungsbezieher in unsanierten Wohnungen mit unterstem Standard leben müssen. Um die Energieeffizienz weiter zu erhöhen und den Verbrauch zu senken, müssen wir Lösungswege außerhalb der Sozialleistungssysteme finden, von denen im Ergebnis natürlich auch die Leistungsberechtigten profitieren würden.

Sehr geehrte Abgeordnete, die im Antrag bemängelte Reduzierung der Beteiligung des Bundes an den KdU betrifft die zum 1. Januar des Jahres wirksam gewordene Reduzierung der Beteiligungsquote an den KdU als Bestandteil des Bildungs- und Teilhabepaketes im SGB II. Die Kommunen erbringen die Bildungs- und Teilhabeleistungen als gesetzliche kommunale Leistung. Hierfür erhalten sie vom Bund einen Teil der Bundesbeteiligung an den KdU als mittelbare Entlastung. Ein Teil dieser Entlastung ist in die Beteiligungsquote eingerechnet.

Bei dem von Ihnen benannten Anteil von 2,8 Prozentpunkten handelt es sich um den Teil der seinerzeitigen Abstimmungen im Vermittlungsverfahren zwischen Bundestag und Bundesrat, der der Entlastung für Schulsozialarbeit und Mittagessen für Schülerinnen und Schüler in nichtschulischer Verantwortung dienen sollte. Die Regelung war von Anfang an auf drei Jahre bis Ende 2013 befristet. Ich darf Sie auf die Antwort der Landesregierung zur Kleinen Anfrage vom 11. November 2013 verweisen. Dort hat das Sozialministerium bereits erläutert, dass der Bundesrat bei Zustimmung des Landes beschlossen hat, die Reduzierung der Bundesbeteiligung rückgängig zu machen. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Danke, Frau Hesse.

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau FriemannJennert von der CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie gestatten mir,

mich relativ kurzzufassen. Meine Vorrednerin hat die fachlichen Argumente schon weitreichend betrachtet.

Soziale Themen bringen immer sehr viel Emotionales mit sich,

(Torsten Renz, CDU: Das ist wohl wahr.)

berechtigterweise, wie ich gegebenenfalls auch finden kann. Aber wir wollen den wesentlichen Punkt dieses Antrages nicht aus den Augen verlieren.