Protokoll der Sitzung vom 12.03.2014

(Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wir sind daran nicht beteiligt.)

Deswegen …

Ja, ja, ist klar.

Deswegen ist es so wichtig, dass man diesen Koalitionsvertrag so gut wie möglich aushandelt. Und ich bedauere außerordentlich, dass der Koalitionsvertrag auf Bundesebene keine so klare Aussage hat wie der Koalitionsvertrag auf Landesebene. Das muss man ganz klar sagen. Wir haben darin einen ganz klaren Satz stehen, der verpflichtet uns, Gentechnik abzulehnen. So, Punkt, im Bereich der Grünen Gentechnik.

(Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Auch in Berlin haben sich alle dieser Meinung angeschlossen.)

Im Bereich von Berlin nehmen wir zur Kenntnis, dass es große Vorbehalte gibt, aber der Satz dort ist nicht so klar, nicht so eindeutig. Und damit ist das Abstimmungsverhalten der Abgeordneten der SPD auch zu erklären. Pacta sunt servanda – wir haben uns an Verträge zu halten. Das haben wir getan. So, das ist das Erste.

(Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Das haben nicht alle getan. Einige hatten den Mut, es nicht zu tun.)

Ja, natürlich, Frau Dr. Karlowski, wir können darauf eingehen. Natürlich, man kann das mal durchdeklinieren.

Man kann sich mal vorstellen, dass irgendeine Partei X mit den GRÜNEN hier einen Koalitionsvertrag eingeht. Und die GRÜNEN sind dann immer so mutig und enthalten sich. Ich sage Ihnen voraus, dass man mit diesen Reden die Verlässlichkeit der GRÜNEN im Ansehen bei anderen Parteien wahrscheinlich nicht unbedingt steigern wird. Ich sage es mal ganz vorsichtig.

(Zuruf von Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Am Ende muss ja jeder allein entscheiden, wie er sich gibt und was er tut. Wir sind am Ende ein Koalitionspartner und verhalten uns entsprechend eines Vertrages, Punkt.

(Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Schön, dass Sie Ihre Kollegen so verteidigen.)

Das tue ich, in der Tat, das tue ich. Ich kenne die Kollegen, in der Tat.

Meine Damen und Herren, ich will mal mit Zitaten ar- beiten, um klarzumachen, wie was gekommen ist. Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) sagte dazu, zum Genmais: „Die Haltung des Wirtschaftsministeriums ist klar: Wir lehnen die Zulassung der gentechnisch veränderten Maissorte ab.“ Klarer Satz. Die SPD-Umweltministerin Barbara Hendricks sagte gegenüber von „Spiegel online“: „Wir lehnen die Zulassung von Genmais ab.“ Kurzer,

klarer Satz. In einem Radiointerview sagte der damalige Agrarminister Friedrich (CSU): „Wir wollen den Anbau dieser neuen Sorte Pioneer 1507 in Deutschland nicht haben.“ Das heißt, SPD und CSU waren sich da durchaus einig, was passieren soll beziehungsweise was nicht passieren soll.

Die CDU-Spitze, allen voran Bundesforschungsministerin Johanna Wanka, Hermann Gröhe als Gesundheitsminister und die Kanzlerin Angela Merkel, hat das offenbar anders gesehen. Die Presse hat das Ganze aufgegriffen und es führte dann zu interessanten Schlagzeilen, wie „Merkel macht US-Genmais in Europa möglich“ in „Spiegel online“ oder „Merkel lässt Genmais zu“ in der „Frankfurter Rundschau“, oder „Merkels Manipulation“ in der „taz“, oder „Merkel macht den Weg für Gen-Mais frei“ im „Handelsblatt“, und so weiter und so weiter. Damit dürfte klar sein, auf wessen Betreiben hin innerhalb der Koalition diese Abstimmung zustande gekommen ist.

Hier ist vorhin eine Abstimmungszahl genannt worden, 83 Prozent der Bürgerinnen und Bürger würden den Anbau gentechnischer Organismen ablehnen. Ich habe eine andere Zahl, ich habe die Zahl 88 Prozent. Und der Kollege Ritter fragte erst nach, wo die Umfrage herkommt. Die 88 Prozent sind aus einer GreenpeaceUmfrage.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Und nehmen Sie die ernst?)

Ich nehme das durchaus ernst, ja. Bei einer derartigen Größenordnung nehme ich das ernst.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Sehr gut.)

In der Tat, das tue ich.

Und, meine Damen und Herren, die Kanzlerin scheint mir in der Frage der Gentechnik von den Menschen so weit entfernt zu sein wie Uli Hoeneß von einem ehrlichen Steuerzahler, das muss ich so deutlich auch mal sagen.

Meine Damen und Herren, die Diskussion um den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen kommt mir vor wie ein Déjà-vu, ein Déjà-vu im Bereich der Atomkraft, um die Sicherheit der Atomkraft. Erst ein sauberer, sicherer, beherrschbarer Heilsbringer, dann die Einsicht, dass ein so komplexes Problem doch nicht zu überschauen sei und dass die Auswirkungen, wenn einmal außer Kontrolle geraten, kaum noch beherrschbar sind.

Jürgen Trittin hat – fast böswilligerweise, könnte man sagen – die Kanzlerin einmal als „Kaltmamsell der Atomwirtschaft“ bezeichnet. Nein, meine Damen und Herren, das ist sie nicht mehr, hier gab es einen Erkenntnisprozess. Und ich hoffe, dass der gleiche Erkenntnisprozess bei der Gentechnik auch einsetzt.

Meine Damen und Herren, wir haben uns nun der Situation zu stellen. Und ich bin froh, das habe ich eingangs schon gesagt, dass die Koalition in MecklenburgVorpommern im Voraus im Koalitionsvertrag eine klare Stellung bezogen hat. Die Koalitionspartner lehnen den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen ab, ein klarer Satz, ein eindeutiger Satz.

Meine Damen und Herren, wir erkennen den Großteil der Vorbehalte der Bevölkerung zur Gentechnik an, deswe

gen ist das so. Meine Partei hat im Übrigen auch eine Reihe von Parteitagsbeschlüssen dazu gefasst, das ist entsprechend nachzuvollziehen. Lassen Sie mich auf die eine oder andere Äußerung hier noch mal eingehen.

Der Kollege Schütt hat gesagt, wir wollen die Gentechnik nicht verteufeln. Kollege Schütt, das sehe ich genauso. Es geht nicht um Verteufelung, es geht um Gefahrenabschätzung. Wir müssen eine Gefahrenabschätzung machen und nach der Gefahrenabschätzung entsprechend handeln. Die Ernährung der Weltbevölkerung sehe ich nicht durch die Gentechnik realisiert, ich halte es eher für eine Gefahr, will ich auch deutlich sagen.

(Heinz Müller, SPD: Sehr richtig. – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Genau.)

Und, Kollege Schütt, dann habe ich eine völlig neue Position von der CDU gehört. Finde ich interessant, sollten wir vielleicht mal miteinander diskutieren.

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Sie haben hier die Position vertreten, dass Milch von Kühen, die gentechnisch verändertes Futter gefressen haben, gekennzeichnet werden sollte. Das ist ja bisher nicht so. Die Position haben Sie hier vertreten. Ich gehe davon aus, dass wir darüber miteinander noch mal reden werden.

Meine Damen und Herren, hier sind noch eine Reihe von Dingen von den Kollegen in den Anträgen gekommen. Das Erste, was ich deutlich sagen möchte, ich finde es außerordentlich bedauerlich, dass wir hier keinen interfraktionellen Antrag hinbekommen haben. Die SPD wollte einen interfraktionellen Antrag, auch das will ich klar sagen, unser Koalitionspartner hat das anders gesehen.

(Egbert Liskow, CDU: Das war auch richtig so.)

Das haben wir zur Kenntnis zu nehmen. Der Kollege Schütt hat das entsprechend hier auch vorgetragen.

Um auf die Anträge noch mal kurz einzeln einzugehen: Ja, die Ausweitung auf Europa, das hatten die LINKEN mit gefordert, hätten wir uns vorstellen können, das in so einen Antrag mit aufzunehmen, das ist das Erste.

Das Zweite ist, aktiv im Bundesrat zu werden. Ich glaube, das hat sich fast erledigt. Die Finanzministerin hat deutlich gemacht, was im Kabinett entschieden worden ist.

Und Frau Dr. Karlowski hat hier ausgeführt, das Netzwerk gentechnikfreier Zonen, also die Charta von Florenz …

(Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Regionen.)

Regionen, ja klar.

Es ist ein symbolischer Akt, das wissen wir alle. Das wissen wir, das ist etwas Symbolisches.

(Zuruf von Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Auch das hätten wir uns vorstellen können. Insofern, glaube ich, hätten wir da etwas miteinander hingekriegt.

Es gab dann noch den Antrag vom Kollegen Tack, die Anträge zu überweisen.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Das ist aber ein guter Vorschlag.)

Sehr geehrter Herr Kollege Tack, Kollege Holter, ich verstehe das ja und wir haben an anderer Stelle auch etwas durch Überweisung hingekriegt.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Aus drei mach eins.)

Ich will den Arbeitsantrag durchaus lobend erwähnen, wo wir uns parteiübergreifend verständigt haben. Ich glaube aber, hier gilt es, jetzt schnell deutlich zu machen, wo wir stehen und was wir wollen. Deswegen werden wir an dieser Stelle der Überweisung nicht zustimmen. – Okay, besten Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Danke, Herr Krüger.

Ich schließe die Aussprache.