sind zwischen sehr schlimm herumknapsen und ein bisschen Luft haben. In vielen anderen Bereichen sind sie sinnvoll.
Worum es hier geht, ist der Missbrauch. Und da wäre es natürlich mal eine ganz großartige, neue, revolutionäre Idee, wenn man Gesetzesvorhaben oder politische Vorhaben gleich im Anfangsstadium daraufhin durchdenken würde, was die Folgen sein könnten und welche Missbrauchsmöglichkeiten sich ergeben könnten. Falls der politischen Klasse selbst nichts einfallen sollte dazu, können Sie ja ein paar Strafverteidiger verpflichten, die sich spezialisiert haben auf die Verteidigung von ausgebufften Wirtschaftskriminellen, und denen mal sagen: Hier ist der Gesetzentwurf, bringt mal euer ganzes Fachwissen und das Fachwissen eurer Mandanten ein, was denen an krummen Touren einfallen würde, das zu umgehen, Löcher zu finden, Schlupflöcher, Tricks, und baut das gleich mit ein. Dann müsste man hinterher nicht überrascht aus der Wäsche gucken, wenn es tatsächlich Missbrauch gibt. Das wäre hier in dem Fall allerdings nicht notwendig gewesen, hätte man nicht Bernie Maddock persönlich fragen müssen. Es war klar, wie der Missbrauch aussehen würde.
Zum Ersten würden natürlich einige aus dem halbseidenen Sektor der Wirtschaft, den es auch gibt, auf den Gedanken kommen, sozialversicherungspflichtige Jobs abzuschaffen, dafür dann diese Jobs in Minijobs umzuwandeln und die Leute wieder als Minijobber neu einzustellen. Das kommt vor. In welchem zahlmäßigen Umfang, lässt sich schwer sagen, weil da in der Tat die Statistiken miteinander streiten, aber jedenfalls kommt es viel zu häufig vor und leider ist die arbeitsrechtliche Lage in Deutschland so beschaffen, dass das zu einfach ist. Da gibt es viele Möglichkeiten.
Man schafft zum Beispiel oder baut keinen großen Betrieb auf, sondern mehrere kleine, in denen das Kündigungsschutzgesetz nicht gilt. Und wo das nicht gilt, da ist der Arbeitnehmer, was Kündigung betrifft, quasi vogelfrei. Wo das Kündigungsschutzgesetz nicht gilt, da kann ich nur mit Erfolg gegen eine Kündigung klagen bei grober Sittenwidrigkeit. Die ist so gut wie nie gegeben, selbst wenn ich mit dem Hund des Arbeitgebers rausgehen muss oder einen Garten umgraben muss oder umsonst Überstunden machen muss. Ich kann dann zwar selbst kündigen, aber gegen die Kündigung kann ich nicht vorgehen. Oder man macht den Laden einfach zu. Irgend so eine dubiose Konstruktion GmbH & Co. KG entlässt die Leute aus betrieblichen Gründen. Dann macht man eine neue Firma auf, stellt aber nur noch Minijobber ein oder man macht Druck auf die Arbeitnehmer, dass sie Änderungskündigungen zustimmen, oder man mobbt die Leute raus. Jedenfalls gibt es viel zu viele Möglichkeiten, gerade in kleineren Betrieben, Leute loszuwerden. Und dann stellt man sie halt wieder als Minijobber ein. Das ist Missbrauchsmöglichkeit Nummer eins.
Nummer zwei wurde schon angesprochen. Minijobber auf der Baustelle sind natürlich ein wunderbares Schutzschild und auch Tarnschild für Schwarzarbeit. Wenn ich auf der Baustelle Schwarzarbeiter habe, die überhaupt keinen Arbeitsvertrag haben, dann hat der Zoll keine Beweisprobleme. Dann sagt er: Wo ist hier der Arbeitsvertrag? Wo sind die Unterlagen? Schwarzarbeit, ganz klar. Wenn ich dagegen Minijobber habe, kann ich sagen: Hier, der arbeitet völlig legal. Und gerade eben sind seine paar Stunden am Tag vorhanden, das ist gerade die Zeit,
die Sie getroffen haben, meine lieben Herren vom Zoll, und dann beweisen Sie mir mal das Gegenteil. Und das ist in der Tat schwierig.
Erstens. Man sanktioniert Firmen, denen man tatsächlich nachweisen kann – oder Unternehmer, Personen –, dass sie sozialversicherungspflichtige Jobs zerstören und durch Minijobs ersetzen, etwa indem man ihnen keine staatlichen Aufträge mehr gibt, sie davon ausschließt, wenn man ihnen das nachweisen kann.
Und man kommt nicht daran vorbei, mehr Personal einzustellen. Ich kann nicht den Missbrauch von Minijobbern als Schutzschild für Schwarzarbeit abstellen. Wenn ich mehr Leute einstelle beim Zoll, das kostet halt Geld. Ohne Personal geht es nicht und ohne mehr Personal geht nicht mehr Schutz und mehr Rechtsstaat.
Herr Renz, ich finde es wenig hilfreich, wenn Sie jedes Mal die gleiche vermeintliche Erfolgssaga von der Agenda 2010 herunterleiern und dann die Probleme, die wir ganz konkret ansprechen und auch mit Zahlen belegen, versuchen kleinzureden oder gar der Lächerlichkeit preiszugeben. Wenn Sie unsere Zahlen anzweifeln, dann können Sie ja, das scheint so die neue Mode zu sein bei Ihnen, vielleicht mal eine Befragung der CDU-Fraktion initiieren und die Minijobberinnen und Minijobber fragen, wie sie denn sozusagen entlohnt werden, wie sie ihre Perspektiven für die Zukunft sehen, was sie für eine Erwartung bezüglich ihrer Rentenansprüche haben.
(Torsten Renz, CDU: Haben Sie gerade die Ausführungen von Frau Tegtmeier gehört, die auch deutlich gesagt hat, wie die Situation ist?)
Ich habe so eine Vermutung, wie diese Befragung ausgehen könnte. Und insofern ist es wohl nicht zu erwarten, dass Sie einen solchen Weg gehen. Ich darf Ihnen aber sagen, auch im 103. Jahr des Internationalen Frauentages gab es repräsentative Umfragen und nur ganze 19 Prozent der befragten Bundesbürgerinnen und -bürger glauben eben, dass Frauen und Männer in allen Bereichen des Lebens voll und ganz gleichgestellt sind. Besonders häufig dagegen werden Benachteiligungen bei der Entlohnung, bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf oder beim Rentenbezug genannt. Und verwundern kann das auch nicht, denn so schrieb das „Neue Deutschland“ am vergangenen Wochenende sinngemäß: Obwohl mit Angela Merkel seit 2005 eine Frau im Kanzleramt regiert, ist in den Jahren unter ihrer Führung in Sachen Gleichstellung, und dazu zählt in gewisser Hinsicht auch unser heutiges Thema, nicht viel passiert.
Und dies lässt sich auch belegen. Als Angela Merkel am 22. November 2005, also vor genau achteinhalb Jahren
ihre Kanzlerinnenschaft antrat, verpflichtete sie schon der Koalitionsvertrag der damaligen Allianz aus CDU, CSU und SPD darauf, das Prinzip „Gleicher Lohn für gleiche und gleichwertige Arbeit“ zu realisieren. Tatsächlich aber, und das sollte auch der SPD zu denken geben, ist die Lohndifferenz annähernd gleich geblieben. Damals betrug sie 23 Prozent, heute sind es bekanntermaßen 22.
Frauen erhalten nicht nur weniger Lohn, sie bekommen auch durchschnittlich 44 Prozent weniger Rente als Männer. Und selbst die oft gefeierte Steigerung der Erwerbstätigkeit von Frauen – heute haben immerhin sieben von zehn einen Job –, das ist nicht nur nach Auffassung der IG-Metall ein Bluff, denn viel zu viele von ihnen haben nämlich nur besagten schlecht bezahlten und von uns deshalb heute hier erneut thematisierten Minijob. Deswegen stimmt leider auch die in Anlehnung an ein bekanntes DDR-Kinderlied vom ND formulierte Schlussfolgerung:
„Wenn Mutti früh zur Arbeit geht“. Zumal wenn es sich um das Kanzleramt handelt, geht es eben noch lange nicht schneller voran mit der Gleichstellung.
Aus Landessicht möchte man hinzufügen, nur weil Exlandesministerin Schwesig irgendwann in den letzten zweieinhalb Jahren einmal auf einer Arbeits- und Sozialministerkonferenz mit den Kollegen anderer Länder über Minijobs diskutiert hat, ist noch längst nicht alles gut. Und das zeigen im Übrigen auch die Zahlen für unser Land. Nicht nur die Löhne in regulärer Beschäftigung liegen in Mecklenburg-Vorpommern deutlich unter dem Bundesdurchschnitt, auch die ohnehin nicht üppigen Verdienste der Minijobberinnen und Minijobber liegen hierzulande nach Angaben der Minijobzentrale deutlich unter dem Bundesdurchschnitt. Das können Sie alles nachlesen in der Antwort der Landesregierung auf meine Kleine Anfrage zu dem Thema. Erhielten Minijobber im gewerblichen Bereich im Bundesdurchschnitt 265,01 Euro, waren es bei uns nur 229,43 Euro.
Die gleiche Tendenz ist bei Minijobbern in Privathaus- halten zu verzeichnen. Hier gab es im Bundesschnitt 180,62 Euro, in Mecklenburg-Vorpommern jedoch nur 139,88 Euro. Man kann also ziemlich sicher davon ausgehen, dass auch die aktuell fast 84.000 Minijobberinnen und Minijobber in unserem Land von der Einführung eines flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohnes profitieren würden, immer vorausgesetzt – das klang hier ja schon an –, die Bundes-SPD setzt sich damit durch, auch mit Unterstützung aus Mecklenburg-Vorpommern,
und die Minijobber werden aus den Regelungen zum Mindestlohn eben nicht herausgenommen. Sie hätten ja mit der Zustimmung zu unserem Antrag heute hier dazu ein deutliches Zeichen setzen können.
Mit der Einführung des Mindestlohnes würde de facto wieder eine zeitliche Obergrenze für Minijobs eingeführt werden. Die Ministerin hat es gesagt: Bei 8,50 Euro Stundenlohn wären dies 53 Stunden im Monat. Dies wäre auch eine Kompensation für den Wegfall der Be
Allerdings beim Problem der Bekämpfung der Schwarzarbeit habe ich eine andere Auffassung als Frau Mi- nisterin Hesse. Das allein wird kaum ausreichend Schutz bieten, um diese Kombination aus Minijobs und Schwarzarbeit signifikant einzudämmen. Und darauf hat auch die Vorsitzende der Gewerkschaft NahrungGenuss-Gaststätten, Kollegin Michaela Rosenberger, am 14.02.2014 noch einmal deutlich hingewiesen. Sie hat nämlich gesagt, dass dieses ganze Gerede aus Unternehmerkreisen, die Einführung des gesetzlichen Mindestlohnes würde Schwarzarbeit befördern, nur ein neuer untauglicher Versuch ist, die notwendige Einführung zu diskreditieren. Dringend notwendig ist nach ihrer Auffassung die Reform der geringfügigen Beschäftigung als eigentlichem Motor von Schwarzarbeit.
Kollegin Rosenberger verweist darauf, dass dem Staat gerade im Gastgewerbe seit Jahren Steuern und Sozialabgaben in Größenordnungen entgehen, weil mittlerweile jeder zweite Beschäftigte allein in dieser Branche ein Minijobber ist, Tendenz steigend.
Die NGG-Vorsitzende forderte deshalb mehr und wirksamere Kontrollen sowie härtere Strafen. Und sie erklärte auch nachvollziehbar, wo das Problem liegt. Ich darf das mal zitieren.
(Torsten Renz, CDU: Ich hör zu. Ich bin der Einzige, der hier zuhört. – Heiterkeit vonseiten der Fraktion der SPD)
„Derzeitig könnten Schwarzarbeit und Schwarzgeld bei Prüfungen der Finanzkontrolle Schwarzarbeit … leicht verschleiert werden: Ein Minijob werde angemeldet, gearbeitet werde wesentlich mehr: Jeder Betrag höher als 450 Euro gehe cash auf die Hand, also schwarz.“
Und wenn ich mir jetzt die Antwort der Landesregierung auf meine Kleine Anfrage anschaue, dann komme ich zu dem Schluss, dass Sie sich hier wieder mal einen schlanken Fuß machen.
Natürlich liegt die Verantwortung für die Finanzkontrolle der Schwarzarbeit bei der Zollverwaltung und damit beim Bund. Aber offensichtlich haben Sie auch gar kein Interesse daran, in Erfahrung zu bringen, wie die konkreten Zahlen für Mecklenburg-Vorpommern aussehen. Warum sonst haben Sie die konkreten Zahlen für unser Land denn nicht wenigstens mal abgefragt? Haben Sie etwa Angst, dass die Ergebnisse Ihr Bild vom allumfassenden Aufschwung trüben könnten? Oder fürchten Sie sich
Die Bedingungen zur Bekämpfung von Schwarzarbeit zu verbessern, indem rechtliche Rahmenbedingungen im Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz angepasst werden und Personal bei der Finanzkontrolle Schwarzarbeit aufgestockt wird, wäre ein erster Schritt. Viel wichtiger aber wäre es auch, den zweiten zu machen, und den beschreibt Kollegin Rosenberger von der NGG wie folgt. Sie sagt: „Deshalb müssen vor allem die Minijobs dringend reformiert … werden. Notwendig ist die Sozialversicherungspflicht von der ersten Stunde an. Derzeit werden Minijobber geködert mit der Aussicht, keine Steuern und Abgaben zu zahlen, und verharren in der Niedriglohnfalle ohne Aussicht auf reguläre Beschäftigung.“
Und ich hatte es in der Einbringung bereits gesagt: Selbst wenn die Frauen kein Vollzeitarbeitsverhältnis anstreben,
die meisten möchten deutlich länger arbeiten als momentan in ihrem Minijob. Um dies zu erreichen, schlagen die Gewerkschaften, der Deutsche Frauenrat und der Sozialverband Deutschland in einem gemeinsamen Positionspapier zum bevorstehenden Equal Pay Day vor, das Modell der erweiterten Gleitzone zu nutzen.
(Torsten Renz, CDU: Fünf Mann hören noch zu, aber von den LINKEN ist keiner dabei. – Regine Lück, DIE LINKE: Das würde Ihnen aber auch sehr gut tun, wenn Sie zuhören. – Zuruf von Helmut Holter, DIE LINKE)
Da unterliegen alle Arbeitsverhältnisse ab dem ersten Euro der vollen Sozialversicherungspflicht. Im Modell der erweiterten Gleitzone ließe sich diese umsetzen, eben ohne die kleinen Einkommen mit hohen Sozialabgaben zu belasten.
Die Gleitzone umfasst ja derzeit schon die Einkommen zwischen 450 und 850 Euro. Und was man hier will, ist einfach nur, sie von null auf 850 Euro auszuweiten. Praktisch geht es also darum, dass die Arbeitgeber im unteren Einkommensbereich die Sozialversicherungsbeiträge allein tragen und mit zunehmendem Einkommen würde dann der Betrag der Arbeitnehmer in Stufen ansteigen, bis sie bei 850 Euro die volle Parität erreicht haben. Das wäre insofern auch ein Anreiz für die Unternehmen, diesen Übergang, von dem wir immer reden, aus gering- fügiger Beschäftigung in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung tatsächlich vorzunehmen. Gleichzeitig müsste man die steuerlichen Regelungen ändern.