Henning Foerster
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Last Statements
Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Bildungsminister Brodkorb! Der heute zur abschließenden Beratung und Abstimmung vorliegende Gesetzentwurf der Landesregierung scheint trotz seines sperrigen Namens unscheinbar daherzukommen. Europäische Vorgaben müssen in Landesrecht überführt werden, sonst nichts, dachte ich mir und dachten sich vermutlich fraktionsübergreifend auch die meisten anderen Kolleginnen und Kollegen. Da ich jedoch einen gleichermaßen erfahrenen wie hartnäckigen Referenten habe, der sich gut an frühere Befassungen mit dem Thema erinnern konnte, haben wir uns gemeinsam die Mühe gemacht, die ganze Sache dann doch etwas näher zu beleuchten. Dabei ist einiges Erstaunliches zutage getreten, auf das ich hier Bezug nehmen möchte.
Zur Erinnerung: Als Sie, Herr Brodkorb, das Gesetz in der 114. Sitzung am 9. März 2016 einbrachten, erklärten Sie sogleich, warum auch diese EU-Vorgabe und dieser Gesetzentwurf – wie viele andere dieser Landesregierung – nicht rechtzeitig den Landtag erreicht haben. Eigentlich hätte die Richtlinie schon zum 18. Januar in nationales Recht umgesetzt sein sollen, stattdessen reden wir heute, sechs Monate später, darüber. Als Grund führten Sie Empfehlungen und Entscheidungen der Kultusministerkonferenz an, denen Sie nicht vorgreifen wollten. Davon ist im Gesetzentwurf jedoch nichts zu lesen. Dort wird lediglich auf den späten Erlass des Durchführungsrechtsaktes verwiesen.
Weder die eine noch die andere Entschuldigung kann wirklich geltend gemacht werden, denn die Antworten aus der Verbandsanhörung zu diesem Gesetzentwurf sind dem Bildungsministerium bis zum 1. September 2015 zugegangen. Rechnet man einen Monat für die Überarbei
tung im Haus, einen Monat für die Abstimmung in der Runde der Staatssekretäre und dann noch einmal einen Monat bis zur Beschlussfassung im Kabinett zusammen, dann hätte der Gesetzentwurf den Landtag im Dezember, spätestens jedoch im Januar erreichen können. Das wäre zwar immer noch zu spät gewesen, hätte aber eine frühere Beschlussfassung ermöglicht und den Beratungsfahrplan des Landes entzerrt.
Nun hatten sich die Fraktionen im Bildungs- und Sozialausschuss mit Blick auf die zahlreichen Gesetzentwürfe im zurückliegenden Halbjahr darauf verständigt, zum heutigen Thema keine öffentliche Anhörung durchzuführen. „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser!“, dieses Sprichwort gilt jedoch auch im vorliegenden Fall. Um sich mit dem Sachverhalt eingehender vertraut zu machen, hat meine Fraktion unter anderem die Bereitstellung der Stellungnahmen aus der üblichen Verbandsanhörung erbeten.
Da wir bei der Prüfung dieser Stellungnahmen feststellen mussten, dass einige aus unserer Sicht ebenfalls relevante Akteure nicht angehört wurden, haben wir selbst eine schriftliche Abfrage mit der Bitte um Stellungnahme zum nunmehr vorliegenden Gesetzentwurf erbeten. Dabei stellten sich folgende Dinge heraus:
Erstens. Ob aus Versehen oder beabsichtigt wurden den Abgeordneten des Landtages gar nicht alle Stellungnahmen aus der Verbandsanhörung übergeben.
Zweitens. Die Tierärztekammer und das eigene Landwirtschaftsministerium wurden erst durch die Anfrage der Linksfraktion auf den Sachverhalt aufmerksam und in das Verfahren einbezogen.
Drittens. Die Hinweise der Industrie- und Handelskammern sowie der Ärztekammern zum Gesetzentwurf wurden ebenso ignoriert wie die in mehreren Punkten schon angesprochene sehr kritische Stellungnahme des Landesdatenschutzbeauftragten.
Damit sind wir dann beim Inhalt des Gesetzes angelangt. Der Minister hatte in seiner Einbringung auf den notwendigen Abstimmungsprozess zwischen den Ländern verwiesen und auch darauf, dass man den Empfehlungen und Entscheidungen der Kultusministerkonferenz nicht vorgreifen wolle. Im Protokoll der Einbringung des Gesetzes durch den Minister findet sich witzigerweise tatsächlich der Satz, dass die Landesregierung „ihrem Anspruch auf Gründlichkeit und Vollständigkeit gerecht werden“ wollte und deshalb die Vorlage so spät erfolgte. Wie gründlich tatsächlich gearbeitet wurde, möchte ich an zwei Beispielen verdeutlichen.
Beispiel eins: Die Kultusminister hatten sich in ihrem abgestimmten Mustergesetzentwurf in Paragraf 18 auf ein Evaluationsverfahren verständigt. Ziel war, die Vergleichbarkeit in Sachen Umsetzung und Wirksamkeit des Gesetzes länderübergreifend sicherzustellen. Besagtes Evaluationsverfahren, auf das man sich verständigt hatte, um eben jene Vergleichbarkeit herzustellen, wurde im Ministerium mit der Begründung abgeändert, dass dieses zu aufwendig wäre. Im Gesetzentwurf wird auf diese Abweichung übrigens gar nicht hingewiesen.
Beispiel zwei: Bei der Beantwortung unserer 15 Fragen an das Bildungsministerium unter Verweis auf diverse kritische Stellungnahmen musste dieses selbst einräumen, dass die Änderung des Heilberufsgesetzes in Arti
kel 2 Nummer 8 missverständlich formuliert sei und entweder ersatzlos gestrichen oder die Formulierung der Ärztekammer übernommen werden sollte. Der Vorschlag der Ärztekammer lag übrigens seit August 2015 vor, wurde aber bis dahin nicht berücksichtigt.
Diesen Missstand heilten die Koalitionsfraktionen, indem sie den im Nachgang zu unseren Fragen eingegangenen Formulierungsvorschlag aus dem Ministerium als ihren Änderungsantrag eingebracht haben, Frau Kaselitz hat darauf Bezug genommen. Da kann man nur sagen: Links wirkt!
Werte Kolleginnen und Kollegen, wir können sicher nicht alle Unstimmigkeiten und auch nicht alle problematischen Formulierungen im Gesetz ausmerzen, weshalb wir auch nur zwei Änderungen vorschlagen. Sie finden die Drucksache auf Ihrem Platz. Die Änderungen greifen Anregungen der Apothekerkammer und des Landesdatenschutzbeauftragten auf.
Der Datenschutzbeauftragte, auch das sprach Frau Kaselitz an, hat das vorliegende Gesetz in insgesamt sechs Punkten kritisiert. Zwei betreffen unseren Änderungsantrag, der Ihnen hier heute vorliegt. Worum geht es dabei? Im Datenschutzrecht gilt der Grundsatz, dass die für die Aufgabenerfüllung erforderlichen Daten beim Betroffenen zu erheben sind. Daher soll der Betroffene zunächst die Möglichkeit bekommen, möglicherweise begründete Zweifel durch die Vorlage entsprechender weiterer Nachweise ausräumen zu können. Erst im zweiten Schritt, wenn also die Zweifel nicht ausgeräumt werden konnten, sollen sich die zuständigen Stellen, also Handwerkskammer, IHK FOSA in Nürnberg, oder bei den Heilberufen beispielsweise das Landesprüfungsamt im LAGuS an die zuständigen Stellen im Herkunfts- beziehungsweise Ausbildungsland wenden. Zudem ist der Betroffene in jedem Fall darüber zu informieren.
Darüber hinaus hat der Datenschutzbeauftragte darauf hingewiesen, dass in Paragraf 13 Buchstabe b des BQFG sogar eine unzulässige Vorratsdatenspeicherung festzustellen ist, und schreibt dazu, ich möchte das zitieren: „Dies wäre eine Datenerhebung auf Vorrat, die mit den datenschutzrechtlichen Bestimmungen nicht vereinbar ist.“ Zitatende. Dabei geht es darum, dass, obwohl gar nicht klar ist, ob der Betroffene überhaupt die Absicht hat, seinen Beruf in einem anderen Mitgliedsstaat auszuüben, alle Mitgliedsstaaten bereits eine Warnmeldung über ihn erhalten sollen.
In der abschließenden Beratung des federführenden Bildungsausschusses konnte niemand der Bitte meiner Kollegin Simone Oldenburg um eine Bewertung nachkommen. Da hat man mir anderes erzählt als das, was Frau Kaselitz hier vorgetragen hat. Stattdessen zog man sich auf Allgemeinplätze zurück und verstieg sich zu Aussagen, nach denen Mecklenburg-Vorpommerns oberster Datenschützer öfter mal über das Ziel hinausschieße. Ich finde, das ist ein merkwürdiger Umgang mit der Stellungnahme eines gewählten Beauftragten, der seine Mahn- und Wächterfunktion ernst nimmt.
Ach ja, eine Frage habe ich noch beziehungsweise soll ich im Auftrag meiner geschätzten Kollegin Simone Oldenburg an Sie richten.
Dabei geht es um die sehr umstrittene sogenannte partielle Berufsanerkennung für Ärzte.
Vielleicht können Sie uns erklären, Herr Renz, wie eine partielle Berufsanerkennung bei einem Zahnarzt oder einem Anästhesisten aussieht?
Darf der eine dann nur Füllungen machen und der andere nur bis 5 Milliliter betäuben? Da kann man künftig nur hoffen, dass die OP beendet ist,
bevor die partielle Anerkennung des Arztes ihre Grenzen erreicht.
Werte Kolleginnen und Kollegen, mit Blick auf die Zukunft erwartet meine Fraktion, dass eingehende Stellungnahmen von Expertinnen und Experten seriös und mit der notwendigen Ernsthaftigkeit behandelt werden. Für uns hat dies auch etwas mit einer vernünftigen Kultur des gegenseitigen Umgangs zu tun.
Da dies, zumindest in dieser Legislatur, jedoch meine letzte Rede zu einem Gesetzentwurf ist, möchte ich dennoch versöhnlich enden, will heißen, ich möchte mich bedanken. Ich bedanke mich bei den Kolleginnen und Kollegen in der Landtagsverwaltung,
insbesondere beim Ausschusssekretariat des Sozialausschusses.
Herr Renz, den Gefallen möchte ich Ihnen nun ehrlich gesagt nicht tun.
Sie hätten doch Sehnsucht nach mir, glaube ich, und nach der Auseinandersetzung, gerade im Bereich der Arbeitsmarktpolitik.
Also noch mal ernsthaft: Ich bedanke mich bei den Kolleginnen und Kollegen der Landtagsverwaltung, insbesondere beim Ausschusssekretariat des Sozialausschusses, sowie bei den Kolleginnen und Kollegen in den Ministerien und nachgeordneten Behörden für die zumeist konstruktive Zusammenarbeit, auch wenn die Meinungen naturgemäß öfter mal auseinanderlagen.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! „Mecklenburg-Vorpommern soll ein Land guter Arbeit werden“ – manch einer in den Koalitionsfraktionen mag sich fragen, warum wir von etwas Wünschenswertem, in der Zukunft Liegendem sprechen, wo doch die Landesregierung tagein, tagaus
erklärt, wie gut man in den vergangenen Jahren vorangekommen sei.
Nun gibt es tatsächlich Entwicklungen, die tendenziell erfreulich sind, Herr Kokert.
Dazu gehört sicherlich, dass wir am Ende dieser Legislatur im Landtag nicht mehr darüber streiten müssen, ob es einen gesetzlichen Mindestlohn, für den DIE LINKE mehr als zehn Jahre auf den Straßen und in den Parlamenten gestritten hat, geben soll.
Stattdessen setzen wir uns darüber auseinander, wie hoch dieser sein sollte, um beispielsweise auch vor Altersarmut zu schützen.
Zu den tendenziell erfreulichen Entwicklungen gehört sicher auch, dass Arbeitslosigkeit abgenommen hat, dies jedoch vor allem demografisch bedingt.
Monat für Monat reduziert sich so in unserem Bundesland die Zahl um 1.200 Personen, Herr Glawe,
wie selbst die Bundesagentur für Arbeit einräumt.
Allerdings darf diese Entwicklung nicht den Blick dafür verstellen, dass die Zahl der Betroffenen immer noch viel zu hoch ist. Jeder zehnte Erwerbsfähige saß im Juni in unserem Bundesland offiziell arbeitslos zu Hause, darunter auch 6.400 Jugendliche unter 25 und 28.000 über 50Jährige.
Arbeitslos und im Hartz-IV-Bezug waren 58.000 Frauen und Männer. Gleichzeitig gab es nur 13.000 offene Stellen. Das heißt, trotz abnehmender Arbeitslosigkeit können schon rechnerisch nicht alle Betroffenen am sogenannten ersten Arbeitsmarkt ankommen. Dennoch werden SPD und CDU am Freitag im Bundesrat die Sanktionsmöglichkeiten weiter verschärfen. Das ist absurd und das ist auch das völlige Gegenteil von sozial.
Im bundesweiten Vergleich befindet sich MecklenburgVorpommern zudem weiter im Tabellenkeller.
Auch eine Arbeitslosenquote von 9,2 Prozent bedeutete im Juni 2016 Platz 13 unter 16 Bundesländern.
Dass die Arbeitslosigkeit abgenommen hat, ist auch der Zunahme sozialversicherungspflichtiger Beschäftigungen geschuldet.
Aber auch hier lohnt es sich, genau hinzuschauen.
Die Zunahme basiert nämlich vor allem auf einem Zuwachs an Teilzeitbeschäftigung bei gleichzeitiger Abnahme der Vollzeitstellen, Herr Waldmüller. Wenn man sich das in einem Zehnjahresfenster anguckt, dann sank die Zahl der Vollzeitstellen um 30.000 und gleichzeitig verdoppelte sich die Zahl der Teilzeitstellen um 146.000.
Nun ist Teilzeit nicht per se schlecht, aber wenn Teilzeit und ein niedriges Lohnniveau zusammentreffen, dann stellt das natürlich ein Problem dar. Beim Durchschnittseinkommen lag unser Land im vergangenen Jahr mit 40.000 Euro brutto an 15. Stelle knapp vor SachsenAnhalt, was natürlich auch Folgen hat. Welche zum Beispiel, das konnte man in der SVZ dieser Tage lesen. Was nämlich die Zahl derer, die neben dem Haupterwerb noch einem Minijob nachgehen, anbetrifft, steigt diese trotz Mindestlohn kontinuierlich an. 2015 waren das mehr als 21.000 Beschäftigte. Das heißt, jeder vierte Minijobber tat dies, weil das Einkommen im Haupterwerb nicht reichte, und das nenne ich eine durchaus besorgniserregende Entwicklung. Deswegen habe ich zur Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns um 34 Cent auf künftig 8,84 Euro erklärt, dass das bestenfalls ein erster kleiner Schritt in die richtige Richtung sein kann,
denn mit Blick auf die Vermeidung von Altersarmut nach 45 Jahren Vollzeitbeschäftigung – nach 45 Jahren Vollzeitbeschäftigung, Herr Renz, die müssen Sie erst mal erreichen –
antwortet Ihre Bundesregierung auf die Frage meiner Bundestagsfraktion:
Notwendig wären 11,58 Euro. Also nicht Henning Foerster sagt das, sondern Ihre Bundesregierung.
Nun besteht hoffentlich Einigkeit darüber, dass der Mindestlohn nur die untere Haltelinie im Lohngefüge darstellen kann und soll und dass deshalb Tarifverträgen eine herausragende Bedeutung zukommt. Deshalb war ein Ziel der Landesregierung auch – Ziffer 28 Koalitionsvertrag – die „Stärkung der Tarifpartnerschaft“.
Tatsächlich hat die Tarifbindung in den fünf Jahren RotSchwarz weiter abgenommen. Fielen zu Beginn der Wahlperiode noch 48 Prozent aller Beschäftigten unter den Geltungsbereich von Tarifverträgen, so sind es heute nur noch 42 Prozent. Auch die Zahl der tarifgebundenen Betriebe stagniert bei 22 Prozent.
Tarifauseinandersetzungen gab es in den letzten Jahren viele. Von der Landesregierung hörte und hört man in solchen Auseinandersetzungen dagegen relativ wenig. Stattdessen hat sie hier ein Tarifeinheitsgesetz verteidigt, mit dem das Streikrecht weiter ausgehöhlt wird und dessen Schicksal angesichts anhängiger Klagen beim Bundesverfassungsgericht völlig offen ist. Ob Deutsche Bahn, Deutsche Post, Sky Service Center, Erzieherinnen oder aktuell die Ernährungsindustrie – kein Wort dazu aus der Staatskanzlei. Und da geht es nicht um direkte Einflussnahme auf die Verhandlungen. Selbstverständlich gilt Tarifautonomie, aber wenn Fördergelder in Millionenhöhe durch das Land fließen, und das an Branchenführer wie Dr. Oetker oder Nestlé,
dann darf man auch mal eine Erwartungshaltung mit Blick auf die Prinzipien guter Arbeit in Richtung der Arbeitgeber formulieren. Das ist nicht verboten, sondern das ist im Gegenteil sogar angezeigt.
Im Land geht es zum Beispiel auch darum, das Vergabegesetz zu einem echten Tariftreuegesetz weiterzuentwickeln, denn wer die Tarifbindung effektiv stärken will, der darf die Lohnuntergrenze natürlich nicht dauerhaft an den Mindestlohn binden, sondern muss bei eigenen Auftragsvergaben Tarifverträge zum Maßstab machen. Wie das geht, sieht man in Schleswig-Holstein.
Gute Arbeit umfasst aber mehr als eine faire Entlohnung. Es geht auch um die Sicherheit des eigenen Arbeitsplatzes. Natürlich ist die Anzahl der befristeten Beschäftigungsverhältnisse auf etwa 70.000 zurückgegangen, aber immer noch werden viele Arbeitsverhältnisse befristet geschlossen. Das trifft insbesondere Jüngere und wirkt sich natürlich hemmend auf die Familienplanung und andere Themen aus. Das gilt gleichermaßen für die konstant 10.000 Leiharbeiter und eine mangels Meldepflicht nicht zu beziffernde Zahl von per Werkvertrag Beschäftigten.
Gute Arbeit hat auch etwas zu tun mit eigenen Einflussmöglichkeiten. Es geht um Mitreden, um Mitgestalten und natürlich um Mitbestimmen. Wir wissen, dass dort, wo Betriebsräte existieren, die Entgelte höher, die Arbeitsbedingungen besser, die Arbeitsplätze sicherer und oft sogar die Unternehmen wirtschaftlich erfolgreicher sind. Der Anteil der Beschäftigten mit gewähltem Betriebsrat beträgt bei uns dennoch nur 33 Prozent. Damit liegen wir sowohl unter dem Bundes- als auch unter dem ostdeutschen Durchschnitt von 43 beziehungsweise 36 Prozent. Wir wissen auch, dass lediglich 8 bis 9 Prozent aller Betriebe hier im Land über eine professionelle Interessenvertretung verfügen. Initiativen, um die Mitbestimmung zu stärken, hat die Landesregierung hier jedoch abgelehnt.
Immer wichtiger für gute Arbeit wird angesichts älter werdender Belegschaften das Thema „Arbeitsschutz und
betriebliche Gesundheitsfürsorge“. Die Herausforderung besteht – insbesondere bei uns – darin, die Klein- und Kleinstbetriebe dafür zu sensibilisieren. Deswegen war es richtig, das Netzwerk Arbeit und Gesundheit ins Leben zu rufen. Statt aber nun die durchaus erfolgreiche Netzwerkarbeit weiter zu fördern und die Strukturen auszubauen, gibt man das jetzt einem neuen Träger, macht aus einem gemeinsamen Service des Landes in Kooperation mit weiteren Netzwerkpartnern ein kostenpflichtiges Angebot und erhöht so die Hürden für die Klein- und Kleinstunternehmen wieder. Das halten wir für den falschen Weg.
Auch beim Arbeitsschutz sieht es schlecht aus. Über Jahre hatte unsere Arbeitsschutzbehörde den höchsten Personalabbau bundesweit zu verkraften. Rechnerisch kommt hier nur alle zehn Jahre mal einer zu einer Betriebskontrolle vorbei und wenn, dann stichprobenartig oder anlassbezogen. Da ist es klar, dass es schwerer statt leichter wird, die Schutzrechte von Beschäftigten durchzusetzen.
Ich sage auch: Wer die Notwendigkeit guter Arbeit glaubhaft verkörpern will, der muss mit gutem Beispiel vorangehen, und zwar nicht nur mit Initiativen in Fachministerkonferenzen oder im Bundesrat – die sind auch überschaubar, was diese Landesregierung angeht –, sondern ebenso mit Entscheidungen im eigenen Einflussbereich.
Schauen wir doch mal: das anonymisierte Bewerbungsverfahren in den eigenen Ministerien zu testen – abgelehnt,
der Erlass der Praktikantenrichtlinie wird zwar noch mal diskutiert, ich gehe davon aus, er wird wieder abgelehnt. Ein anderes Beispiel: private Mitbenutzung von DienstKfz für Beschäftigte der Landesforst – abgelehnt in der letzten Sitzung.
Gute Arbeit heißt auch, Herr Renz, Weiterbildung für Beschäftigte zu fördern.
Und was lesen wir dann heute in der SVZ? Nur „jeder zehnte Bürger ab 25“ nutzt die Chancen, die ihm das Bildungsfreistellungsgesetz bietet. Dürftige Angebote und ein laut DGB Nord „weiterbildungsfeindliches Klima“ in vielen Unternehmen sind ursächlich dafür.
Mecklenburg-Vorpommern muss daher seinen Weg, ein Land guter Arbeit zu werden, in den kommenden Jahren konsequenter in Angriff nehmen. Der Anspruch, niemanden zurücklassen zu wollen, darf nicht aufgegeben werden. Gute Arbeit bedeutet gerechte Entlohnung, ein hohes Niveau an Entwicklungs-, Einfluss- und Lernmöglichkeiten für die Beschäftigten, gesundheitsverträgliches und altersgerechtes Arbeiten sowie die Sicherung der Vereinbarkeit von Privat- und Erwerbsleben.
Gute Arbeit ist aber auch Voraussetzung dafür,
Fachkräfte auszubilden, hier zu halten und weitere für unser Land gewinnen zu können.
Nur mit guter Arbeit können Wohlstand und Wachstum sowie soziale Teilhabe und gesellschaftlicher Zusammenhalt nachhaltig gesichert werden. Wer ein Land guter Arbeit will, der muss sich dafür einsetzen, dass diese Forderung auf Landes-, auf Bundes- und auf europäischer Ebene Gehör findet und in konkrete Maßnahmen mündet.
Um gute Arbeit überall im Land als gelebten Standard zu etablieren, bedarf es insbesondere
des zielgerichteten Einsatzes von EU-Fördermitteln
zur Gewinnung und Qualifizierung von Fachkräften und zur Stärkung der Berufsausbildung,
umfassender Informations- und Beratungsangebote
für in- und ausländische Arbeitskräfte und Unternehmen über bei uns im Land geltende Gesetze sowie Arbeits- und Lebensbedingungen,
abgestimmter Fördermaßnahmen, um Menschen
wieder in Arbeit zu bringen und dabei spezielle Zielgruppen wie Langzeitarbeitslose besonders zu unterstützen,
einer Förderung von Beschäftigung schaffenden
Maßnahmen in enger Abstimmung mit der Bundes- agentur für Arbeit und den Jobcentern,
des Einsatzes für einen dauerhaften sozialen Ar
beitsmarkt, dessen Finanzierung durch die Möglichkeit des Passiv-Aktiv-Tausches abgesichert wird,
einer stärkeren Unterstützung beim Start in die beruf
liche Selbstständigkeit durch entsprechende Fördermöglichkeiten,
der intensiven Zusammenarbeit mit Betriebs- und
Personalräten, Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden zur Stärkung der Sozialpartnerschaft,
der Sicherung eines landesweit guten Weiterbil
dungsangebotes,
des Stopps des Personalabbaus in der Arbeits
schutzverwaltung und der konsequenten Umsetzung und Kontrolle von landes- und bundesrechtlichen Regelungen zum Schutz der Beschäftigten,
der weiteren Förderung und des Ausbaus der betrieb
lichen Gesundheitsfürsorge, insbesondere in Klein- und Kleinstunternehmen, sowie
der Förderung von Maßnahmen zur besseren Verein
barkeit von Privat- und Erwerbsleben.
Als Linksfraktion haben wir all diese Themen in den vergangenen fünf Jahren hier im Landtag aufgerufen und auch konkrete Vorschläge unterbreitet, wie wir dem Ziel, ein Land guter Arbeit werden zu können, näher kommen.
Diese Prinzipien werden auch nach dem 4. September – ganz gleich in welcher Konstellation –
einen Schwerpunkt der Linksfraktion bilden.
Darauf können sich die Menschen in Mecklenburg-Vor- pommern verlassen. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Also, ob der Kollege Renz oder ich hier spreche, das Ergebnis der Abstimmung wird in jedem Fall das gleiche sein.
Um es kurz zu machen, Herr Andrejewski, auch bei dem vorliegenden Antrag handelt es sich lediglich um einen lauwarmen Aufguss eines Antrages der NPD-Fraktion, dieses Mal aus der 5. Legislaturperiode. Wir haben eben nicht vergessen, dass Sie auf Drucksache 5/3794 vom 29.09.2010 bereits beantragt hatten, die Landesregierung solle unverzüglich eine Bundesratsinitiative mit dem Ziel ergreifen, die Frist für die Erhebung einer Untätigkeitsklage von sechs Monaten auf einen Monat zu verkürzen. Neu an dem Antrag ist jetzt lediglich, dass Sie eine Fristverkürzung auf drei Monate fordern. Deshalb können wir diesen Antrag auch heute nur ablehnen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen!
Herr Andrejewski, da Sie meine Fraktion ja nun mehrfach explizit angesprochen haben, sei mir der Hinweis gestattet, dass wir als LINKE
selbstverständlich gute Kontakte zu Tacheles e. V. pflegen.
Also sowohl die Bundestagesfraktion nutzt Harald Thomé als Experten im Rahmen von Anhörungen als auch wir greifen auf dessen Expertise zurück, zuletzt übrigens im Rahmen der Beratung zum Antrag „Hartz-IV-Rechtsver- schärfung im Bundesrat nicht zustimmen“. Dieses Thema haben Sie ja seinerzeit verschlafen und dann in der letzten Sitzung des Landtages einen ähnlich lautenden Antrag zum gleichen Sachverhalt eingereicht.
Und wenn Sie heute früh zugehört hätten, wäre Ihnen auch nicht entgangen, dass ich persönlich die anstehende Abstimmung zur SGB-Rechtsverschärfung bei der Aussprache „Mecklenburg-Vorpommern soll ein Land guter Arbeit werden“ angesprochen habe. Insofern brauchen wir von Ihnen keine Belehrungen, wie wir sozusagen mit Empfehlungen von Tacheles e. V. umgehen sollen, und ich glaube, die Kolleginnen und Kollegen dort sind auch nicht besonders erfreut darüber, dass nun ausgerechnet Sie diese als Kronzeugen hier in Landtagssitzungen benutzen.
Aber jetzt zum vorliegenden Antrag: Auch der bietet tatsächlich nichts Neues unter der Sonne. Ich habe mich mit dem im Antrag beschriebenen Sachverhalt im Dezember des vergangenen Jahres ausführlich auseinandergesetzt. Der Antrag trug seinerzeit die Drucksachennummer 6/4849 und datierte vom 2. Dezember 2015. Ich habe damals ausführlich die unterschiedlichen Positionen der demokratischen Fraktionen zu Hartz IV allgemein, aber auch zur Frage, inwieweit der im deutschen Sozialrecht zugunsten der Betroffenen geltende Grundsatz, einen nicht rechtskonformen Verwaltungsakt durch die zuständige Behörde überprüfen lassen zu können, dargestellt. Und für DIE LINKE habe ich dabei verdeutlicht, dass wir die Absenkung der Höchstgrenze für den Zeitraum, in dem man rückwirkende Leistungen geltend machen kann – für Betroffene, die Leistungen im Rahmen von Hartz IV oder der Sozialhilfe beziehen –, von vier auf ein Jahr für falsch halten. Zudem habe ich Sie, Herr Andrejewski, auf formale Fehler in Ihrem Antragstext hingewiesen.
Sie wissen, wie wir mit Ihren Anträgen umgehen, und Sie wissen auch, warum. Heute kommt jetzt noch der untaugliche Versuch dazu, das Parlament mit einem Wust von aufgewärmten oder leicht modifizierten Anträgen seiner Arbeitsfähigkeit zu berauben, und selbstverständ
lich lehnen wir daher auch diesen Antrag ab. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich könnte jetzt lang und breit die zurzeit vorhandenen Möglichkeiten des Widerspruchs und der Klage gegen Sanktionen nach dem SGB II erläutern,
was ich uns allen um diese Zeit ersparen möchte.
Ich darf allerdings darauf verweisen, dass das Thema „Widersprüche, Klagen, Sanktionen“ in der Vergangenheit auch immer wieder Gegenstand unter anderem von Kleinen Anfragen meiner Person gewesen ist.
Sie kennen die Haltung der LINKEN zur Frage von Hartz IV genauso wie zur Frage der Sanktionen und Sie kennen auch die Haltung der anderen in diesem Parlament vertretenen demokratischen Fraktionen.
Dieses Thema war hier oft genug auf der Tagesordnung, es ist in verschiedener Hinsicht diskutiert worden. Deswegen sehen wir keine Notwendigkeit, heute hier erneut in die Tiefe zu gehen. Wir lehnen den Antrag gemeinsam ab. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Offenkundig möchte sich die
Fensterfront heute hier als Nachtwächter betätigen. Wie anders soll man eine Debatte zu einem durchaus ernsthaften sozialpolitischen Thema um diese Uhrzeit sonst deuten?!
Mit Ihren 59 Anträgen, davon mindestens 51 schon einmal debattiert, haben Sie von der NPD heute hier vergeblich und hoffentlich letztmalig versucht, den Landtag zu kapern.
Ihre Antragsoffensive war jedoch eher ein laues Lüftchen. Fast am Ende dieser Marathonsitzung mit vielen das SGB II betreffenden Anträgen noch ein Hinweis: Wenn Sie es ernst meinen mit Ihrer Kritik an der Systematik von Hartz IV, dann doktern Sie zukünftig doch nicht an den Symptomen herum, sondern erklären Sie, welche Alternative Sie anstreben.
DIE LINKE sagt seit Langem, dass wir kurzfristig die Erhöhung der Regelsätze auf 500 Euro und die Abschaffung der Sanktionen brauchen. Langfristig streiten wir für eine sanktionsfreie Mindestsicherung von 1.050 Euro. Im Moment ist das nicht mehrheitsfähig. CDU, SPD und GRÜNE vertreten bekanntermaßen andere Positionen. Den vermeintlichen Einheitsbrei der Demokraten, von dem Sie jedoch immer faseln, gibt es also nicht.
Einig, einig sind sich alle jedoch, was den Umgang mit Ihnen angeht, Herr Pastörs. Sie wissen, was jetzt kommt: Auch diesen Antrag lehnen wir ab. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Die eine oder der andere von Ihnen mag sich ob der Tatsache, dass ich als Abgeordneter mit Namen Foerster heute einen Antrag begründe, der sich mit den Belangen der gleichnamigen Berufsgruppe befasst,
verwundert die Augen reiben,
mancher mag sich auch amüsieren. Es geht jedoch nicht um ein lustiges Wortspiel oder die Hoffnung, es in die Wochenendkolumne der „Schweriner Volkszeitung“ zu schaffen,
sondern es geht vielmehr um ein ernst zu nehmendes Anliegen, das seit mittlerweile fast drei Jahren, genauer gesagt seit August 2013, diskutiert wird und für das es bislang leider keine zufriedenstellende Lösung gibt. Genauso lange kenne ich persönlich auch das Thema, denn zum einen führt meine Fraktion regelmäßig Gespräche mit dem DGB und den Einzelgewerkschaften,
und zum anderen stehen wir in engem Kontakt mit vielen Betriebs- und Personalräten im Land – so auch mit dem der Landesforstanstalt. Entsprechende Kleine Anfragen zu diesem Themenkreis finden Sie in der Parlamentsdatenbank.
Mit der heutigen Debatte wollen wir den Diskurs noch einmal befördern und auf diesem Wege gegebenenfalls dazu beitragen, den scheinbar gordischen Knoten durchzuschlagen. Einige von Ihnen mögen denken, meine Güte, muss sich der Landtag jetzt auch noch mit der kleinen Gruppe der Förster beschäftigen.
Ja, verehrte Kolleginnen und Kollegen, wir müssen! Denn nach bald drei Jahren Diskussion ohne Lösung braucht die Landesregierung offensichtlich unsere Unterstützung.
In unserem Land gibt es inklusive Nationalparks 558.000 Hektar Wald, die Betriebsfläche der Landesforstanstalt beträgt 193.000 Hektar, es gibt 29 Forstämter und mindestens 259 Personen, die im Außendienst tätig sind und für die eine Dienstwagengestellung sinnvoll erscheint. Dazu zählen zum Beispiel Revierleiter, Forstamtsleiter und Standorterkunder. Försterinnen und Förster tragen auch in unserem Bundesland eine große Verantwortung. Ihre Aufgaben sind extrem vielschichtig und umfassen unter anderem die Durchsetzung der einschlägigen Gesetze durch Kontrolle, Überwachung und Ahndung von Verstößen.
Eine Besonderheit der Branche stellt das Forstwirtschaftsjahr dar, das sich an der Vegetationsperiode ausrichtet und am 1. Oktober beginnt und am 31. September des Folgejahres endet. Daran orientiert sich dann auch die Jahres- und Arbeitsplanung der Forstbeschäftigten. Försterin oder Förster zu sein, erfordert Belastbarkeit, Idealismus, hohe Fachkompetenz, Flexibilität und vor allem eben auch Mobilität.
Auch das, Kollege Jaeger.
Geregelte Arbeitszeiten sind eher die Ausnahme.
Dies gilt erst recht, wenn man bedenkt, dass bundesweit und auch in M-V lange Jahre Personalabbau und damit größere Forstreviere bei gleichzeitig steigendem Altersdurchschnitt sowie wachsendem Arbeitsdruck prägend waren.
Gäbe es einen Durchschnittsförster – gemeint bin nicht ich –,
so sähe sein Arbeitsalltag etwa wie folgt aus: Arbeitsbeginn ist in der Regel am frühen Morgen. Beginnt zum Beispiel die Einschlagsaison, muss die Waldarbeitergruppe, bestehend aus vier Forstwirten,
für die erste Hiebmaßnahme des Forstwirtschaftsjahres eingewiesen werden. Dafür werden die erforderlichen Unterlagen zusammengestellt und der Arbeitsauftrag wird vorbereitet. Dann geht es mit dem Auto in die entsprechende Waldabteilung, wo die Waldarbeiter in den ersten Holzeinschlag des neuen Forstwirtschaftsjahres eingewiesen werden müssen.
Nach der Ankunft wird erklärt, wie viel Holzerntemaßnahmen getätigt und wie viel Holz beziehungsweise welche Sortimente bis zum kommenden Frühjahr geschlagen werden sollen. Es folgen Arbeitsschutzbelehrungen, die Klärung von Verkehrssicherungs- und Absperrungsmaßnahmen, der Arbeitsverfahren sowie der Fällrichtung und die Festlegung der herzustellenden Sortimente. Danach geht es wiederum mit dem Auto auf Kontrollfahrt weiter durch den Wald.
Zurück in der Försterei wird durch das Forstamt mitgeteilt, dass am kommenden Tag eine Firma zur Holzwerbung in einer anderen, weiter entfernten Waldabteilung erwartet wird und eingewiesen werden muss. Als Nächstes müssen Daten zur Herbst- und Frühjahrspflanzung übermittelt werden, um entsprechende Ausschreibungen vorzubereiten. Und dann geht es wieder mit dem Auto durch den Wald, um einem unerlaubten Kahlhieb durch einen privaten Waldbesitzer nachzugehen.
Am Nachmittag sagt sich dann möglicherweise ein Jagdgast an, der zum Beispiel einen Damhirsch schießen will – also wieder ab ins Auto zur entsprechenden Waldabteilung, durch die der Gast zu führen ist. Der Arbeitstag endet am späten Abend mit der Erkenntnis, dass der Privatwaldbesitzer seinen gesetzlichen Spielraum zwar voll ausschöpft, aber nicht überschritten hat. Der Jagdgast wird, weil er noch nicht zum Schuss gekommen ist, morgen früh wieder erwartet. Darüber hinaus gibt es noch viele weitere Aufgaben zu erledigen.
Warum schildere ich Ihnen das?
Ganz einfach, damit Sie sehen, wie vielfältig der Arbeitsalltag von Försterinnen und Förstern ist und dass der Pkw bei der Bewältigung des Arbeitsalltages eine zentrale Rolle spielt.
Wenn Sie mir gut zugehört haben, dann ist Ihnen aufgefallen, dass in meiner Schilderung Vereinbarkeitsaspekte noch gar keine Rolle gespielt haben. Zusätzlich zu den dienstlichen Erfordernissen sind natürlich wie in anderen Familien auch die Kinder in die Kita oder Schule zu bringen und abzuholen, der Einkauf und der Gang zum Arzt oder zum Amt zu erledigen. Im ländlichen Raum ist das ohne Auto überhaupt nicht machbar. Bislang nutzen zahlreiche Kolleginnen und Kollegen daher ihren eigenen Pkw für die Erledigung dienstlicher Angelegenheiten, auch für die Fahrten in den Wald.
Allerdings kann sich, denke ich, jeder vorstellen, dass die Fahrt über Felder und Wiesen und insbesondere im Wald zu einem höheren Verschleiß führt als bei anderen PkwNutzern auf Landstraßen und Autobahnen. Genau deshalb wünschen sich Försterinnen und Förster sowie weitere im Außendienst tätige Beschäftigte der Landesforst eine neue mitarbeiterfreundliche Lösung und haben in einer Mitarbeiterbefragung selbst den Vorschlag der Anschaffung von Dienstfahrzeugen gemacht, die auch privat genutzt werden können.
Damit hier keine Missverständnisse aufkommen, will ich darauf hinweisen, dass sich die Kolleginnen und Kollegen in nicht unerheblichem Umfang an der Finanzierung eines solchen Vorhabens beteiligen wollen. Entsprechend dem Vorschlag der Landesforstanstalt würden sie sich beispielsweise bei einem Listenpreis in Höhe von 30.000 Euro monatlich mit pauschal 300 Euro an der Finanzierung des Fahrzeuges beteiligen. Im Gegenzug soll dafür die private Nutzung des Pkw zu 50 Prozent gestattet werden. Das erscheint nachvollziehbar und notwendig, denn die Kolleginnen und Kollegen wohnen in der Regel im ländlichen Raum und sind daher, wie der Blick auf den eingangs geschilderten Arbeitsalltag und auf die in den Forstrevieren zu bewältigenden großen Entfernungen zeigt, permanent darauf angewiesen, möglichst viele dienstliche und private Belange miteinander verbinden zu können.
Das sah auch der Arbeitgeber, die Landesforstanstalt, so und hat eine entsprechende Regelung beantragt. Unstrittig war und ist, dass Dienstfahrzeuge angeschafft werden sollen. Strittig ist dagegen, inwieweit die private Mitbenutzung ermöglicht werden kann. Während die Landesforstanstalt als Arbeitgeber der Försterinnen und Förster in ihrer eigenen Wirtschaftlichkeitsberechnung zu dem Schluss kommt, dass die private Mitbenutzung auch wirtschaftlich besser abschneidet als die bislang angewendete Variante, favorisiert das Finanzministerium des Landes die konservative Variante der privaten Nutzung nur für den Weg zur Arbeit und schließt Umwege und die Mitnahme von Familienangehörigen aus. Derartige Einschränkungen sorgen jedoch dafür, dass die so eingeschränkte private Nutzung, vor allem mit Blick auf die von den Kolleginnen und Kollegen zu tragenden Kosten, unattraktiv wird.
Und weil der Streit seit Jahren hin und her wogt und sich die verschiedenen Ministerien die Verantwortung wechselseitig hin- und herschieben, unterbreiten wir heute einen pragmatischen Vorschlag. In Kenntnis, dass es diese Debatten in unseren Nachbarländern Niedersachsen und Schleswig-Holstein genauso gab und man dort letztlich die dortigen Landesrechnungshöfe beauftragt hat, die verschiedenen Wirtschaftlichkeitsberechnungen zu prüfen, möchten wir Gleiches auch für unser Land anregen. Sollte der Landesrechnungshof im Ergebnis seiner Prüfung zu dem Schluss kommen, dass die von der zuständigen Forstgewerkschaft IG BAU, der Mitarbeitervertretung und der Landesforstanstalt vorgeschlagene Lösung nicht nur die familienfreundlichere, sondern tatsächlich auch die wirtschaftlichere ist, sollte künftig die private Mitbenutzung von Dienstfahrzeugen für die Försterinnen und Förster und gegebenenfalls auch für weitere im Außendienst tätige Kolleginnen und Kollegen der Landesforstanstalt ermöglicht werden.
Dazu sind Dienstwagenüberlassungsverträge zu schließen, in denen die Details festgehalten werden. Mit Blick auf die Zahl der potenziell Betroffenen – nach Gewerkschaftsangaben geht man von mindestens 200 Kolleginnen und Kollegen aus, die von einer solchen Regelung Gebrauch machen würden – haben meine Fraktionskollegen angeregt, den Antrag noch zu ergänzen. Dabei geht es um die Frage, inwieweit auch andere Bereiche der Landesverwaltung für die von der Landesforstanstalt favorisierte Lösung der privaten Mitbenutzung von Dienst-Kfz infrage kämen. Das Anliegen habe ich gern aufgenommen, Sie finden es im dritten Anstrich des Ihnen vorliegenden Antrages.
Die Landesregierung möge also prüfen, ob weitere Bereiche der Landesverwaltung infrage kämen und, wenn ja, welche, und sie möge dem Landtag das Ergebnis der Prüfung mitteilen. Dann kann man auf Basis dieses Prüfergebnisses entscheiden. Ich denke, diesem Antrag oder diesem Ansinnen kann man sich normalerweise nicht verweigern,
und bitte um Zustimmung zum Antrag.
Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich denke, es ist in der Debatte deutlich geworden, dass Einigkeit darüber besteht, dass unser Land gute Ideen braucht, und zwar gute Ideen, um seine Finanzen in den Griff zu bekommen, und gute Ideen, um Erwerbs- und Privatleben unter einen Hut zu bekommen, denn – das haben verschiedene Redner auch anklingen lassen – nur wenn Letzteres gelingt, kann man auch darauf hoffen, dass bei jungen Paaren der Kinderwunsch stärker wirkt als mögliche Bedenken, und das insbesondere im ländlichen Raum. Nur dann kann man darauf hoffen, dass unser Land attraktiv für junge Familien wird.
Die Försterinnen und Förster als angesprochene Berufsgruppe haben mit dem Dienstwagen für den forstlichen Außendienst vor Jahren eine gute Idee auf den Tisch gelegt, die beides berücksichtigt: auf der einen Seite die Interessen der Beschäftigten und auf der anderen Seite die Interessen des Landes als Arbeitgeber. Es ist hier auch deutlich geworden, dass es unterschiedliche Ansichten zwischen unterschiedlichen Häusern gibt. Im Grunde kann man das so zusammenfassen: Der Fachminister hat sich für die von den Kolleginnen und Kollegen favorisierte Lösung ausgesprochen und deutlich gemacht, dass der sogenannte Heimat- und Innenminister gemeinsam mit dem Finanzministerium sozusagen ein Stück weit auf der Bremse steht.
Das ist auch seitens der zuständigen Gewerkschaft erkannt worden. Die Reaktion darauf ist ein Brief des Bundesvorstandes, Regionalbüro Nord, an den Ministerpräsidenten dieses Landes, in dem die Bitte geäußert wird – ich sage es jetzt mal mit meinen Worten –, vermittelnd zwischen den Häusern einzugreifen, und zwar nicht nur
mit Bezug auf die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf, sondern gerade auch bei der Frage der Wirtschaftlichkeit. Da heißt es dann beispielweise, der wirtschaftliche Vorteil für die Landesforstanstalt wurde im Antrag mit gut 700 Euro pro Jahr und Fahrzeug angegeben. Nach heutiger Sicht hat sich das Ergebnis aufgrund der angesprochenen, um 5 Cent erhöhten Schlechtwegeentschädigungssätze sogar auf eine Entlastung von 1.330 Euro verändert.
Da muss man sagen, leider kommt der Vorschlag der Beschäftigten und ihrer Interessenvertretungen in der bisherigen Diskussion mit der Landesverwaltung nicht zur Umsetzung, und das – das ist ja auch beschrieben worden – nach einem mittlerweile mehrere Jahre andauernden Prozess, an dessen Ende leider auch gegenüber den Kolleginnen und Kollegen keine nachvollziehbare Antwort über die wirtschaftlichen Ablehnungsgründe dargestellt worden ist. Dass das für Frust und Enttäuschung sorgt, kann man sich, denke ich, vorstellen. Das gilt natürlich erst recht, wenn man bedenkt – und ich war selber Betriebsrat und weiß, wovon ich rede –, dass der eigene Arbeitgeber an und für sich hinter dem Vorschlag steht, der auch seitens der Gewerkschaft und der Mitarbeitervertretung favorisiert wird.
Ich will noch mal sagen, der Lösungsvorschlag der Landesforstanstalt verfolgte konkrete Ziele: erstens die Stellung eines zur Aufgabenerfüllung notwendigen Arbeitsmittels, in diesem Fall eines geeigneten Fahrzeuges, durch den Arbeitgeber beziehungsweise Dienstherrn, zweitens die Vermeidung höherer Kosten als bei der bisher üblichen Nutzung eines dienstlich anerkannten und privat genutzten Fahrzeuges, drittens ein einfaches Abrechnungsverfahren für den Teil der privaten Nutzung, also 1 Prozent und 0,03 Prozent vom Bruttolistenpreis, und viertens die Beschränkung der privaten Mitbenutzung auf den Raum der Bundesrepublik Deutschland. Das mag jetzt komisch klingen, aber es gibt ja auch Forstreviere, die sozusagen an unser Nachbarland grenzen.
Auf der Basis dieser beschriebenen Prämissen hat die Landesforstanstalt nach unserem Kenntnisstand nicht nur eigene Berechnungen vorgelegt, sondern sie hat auch die Berechnungen des Finanzministeriums überprüft und dabei auffällige Fehlannahmen korrigiert. Im Ergebnis kommt man zu der Auffassung, dass die Bestellung eines Dienstfahrzeuges inklusive privater Mitbenutzung die wirtschaftlichste Variante darstellt. Es wird darüber hinaus auf Risiken und Nachteile verwiesen, die sich mit der vom Finanzministerium favorisierten Lösung verbinden. Da will ich nur Stichworte nennen: das Festhalten am Selbstversicherungsprinzip und damit verbundene wirtschaftliche Risiken beim Eintreten von Unfällen oder das aus dem Selbstversicherungsprinzip resultierende Verbot der Mitnahme von Familienangehörigen, insbesondere von Kindern, selbst auf dem erlaubten Arbeitsweg, und das, obwohl die Kolleginnen und Kollegen für diesen Teil des Weges ja zahlen, oder der Ausschluss der privaten Mitbenutzung außerhalb des Arbeitsweges.
Offen gestanden bin ich kein Experte in Sachen Finanzen und Steuerrecht, aber ich nehme zur Kenntnis, dass die Fachleute beim Arbeitgeber der Försterinnen und Förster eine ganz klare Position einnehmen. Genau deshalb, weil es offensichtlich hier unterschiedliche Auffassungen und Bewertungen und auch unterschiedliche
Referenzmodelle gibt, haben wir ganz pragmatisch vorgeschlagen, geben Sie die Berechnungen einer unabhängigen Instanz wie in den Nachbarländern auch. Das ist im Grunde genau die Evaluation, die Sie angesprochen haben, Kollege Schütt. Sie könnten also bedenkenlos zustimmen. Dann hätten wir eine evaluierte Situation und könnten zu einer Entscheidung kommen. Also das war schon ein Stück vorgeschoben, was Sie hier als Ablehnungsgrund formuliert haben.
Sollte die Prüfung des Landesrechnungshofes also ergeben, dass die Berechnungen der Landesforstanstalt tatsächlich die wirtschaftlichste Variante darstellen – ja, was soll man denn anderes machen, als die private Mitbenutzung gerade mit Blick auf den Aspekt der Vereinbarkeit von Erwerbsleben und Privatleben auch künftig zu ermöglichen? Ich habe es schon in der Einbringung gesagt, eigentlich gibt es keinen sachlichen Grund, um sich einem solchen Ansinnen zu verweigern, denn es geht nicht nur darum, dass hier eine Anstalt des öffentlichen Rechts, die im Auftrag des Landes unterwegs ist, mit gutem Beispiel vorangeht, sondern darüber hinaus geht es auch darum, dass real Geld eingespart werden kann. Wenn das hier funktioniert, dann sagen wir, man soll sich durchaus auch andere Bereiche noch mal anschauen, in denen die Nutzung von Dienst-Kfz mit privater Nutzung gegebenenfalls zum Einsatz kommen könnte.
Wenn Sie das so problematisch sehen – ich habe das so beim Kollegen Heydorn verstanden, dass das ein Grund dafür ist, dem heute hier nicht zustimmen zu können, weil es Ängste gibt, was wohl damit ausgelöst wird, wenn man an der einen Stelle so eine Regelung genehmigt und das an einer anderen Stelle möglicherweise bestimmte Begehrlichkeiten weckt –, dann sage ich jetzt hier, wir lassen mal die Punkte einzeln abstimmen. Dann sollten diese Bedenken ausgeräumt sein, und Sie können dem Teil, der die Landesforst originär betrifft, zustimmen.
Deswegen kann ich nur noch mal sagen, geben Sie sich einen Ruck und stimmen Sie unserem Antrag zu, weil es eben nicht, wie eingangs gesagt, darum geht, dem Foerster von den LINKEN einen Gefallen zu tun, sondern es geht um die Försterinnen und Förster in der Landesforstanstalt, die sich Tag für Tag in verantwortungsvoller Weise um eines unserer wichtigsten Güter, nämlich um den Wald, kümmern. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wer früher etwas von einem Werkvertrag hörte, der dachte an den Handwerker, der die heimische Mischbatterie wechselt, oder an den Freiberufler, der im Auftrag der Verwaltung eine Studie erstellt. Reden wir heute über Werkverträge, dann denken wir häufig an andere Dinge, zum Beispiel an die mehr als hundert griechischen Kollegen, die in Stahlcontainern in Lubmin und in verschimmelten Räumen in Groß Stieten im August 2014 ohne Lohn und Verpflegung zurückgelassen wurden,
nachdem sie zuvor zehn bis vierzehn Stunden täglich auf dem Gelände der Nordic-Yards-Werft in Rostock verbracht hatten. Dank des engagierten Eingreifens der Kollegen vom DGB Nord, vom Jobcenter, vom Landratsamt und auch von einzelnen Abgeordneten meiner Fraktion konnte seinerzeit schnelle und effektive Hilfe organisiert werden.
Doch was ist seitdem passiert? Die Antwort hat sechs Buchstaben und heißt „nichts“. Eigene Aktivitäten, wie den von Linksfraktion und IG Metall seinerzeit geforderten Runden Tisch „Werkverträge“, lehnte die Landesregierung ab. Frau Ministerin Hesse verwies stattdessen auf den für 2015 geplanten Gesetzentwurf ihrer Parteifreundin Andrea Nahles und hoffte darauf, dass auch der
Gesetzentwurf des Bundesrates in die Beratungen miteinbezogen wird. Mittlerweile ist es bekanntlich April 2016 und das angesprochene Gesetz ist nach wie vor nicht verabschiedet. Bereits der erste Entwurf scheiterte am Widerstand von CDU und CSU und auch der aktuelle Entwurf hat es schwer, als Gesetz das Licht der Welt zu erblicken.
Selbst wenn es noch klappen sollte, wird das Gesetz den Ansprüchen an eine echte Regulierung wohl kaum gerecht, denn Schritt für Schritt arbeitet insbesondere die CSU gemeinsam mit der Arbeitgeberlobby daran, den Gesetzentwurf immer weiter zu verwässern. Dagegen sind am 9. April mehrere Tausend Gewerkschafter in München unter dem Motto „Wir lassen uns nicht spalten!“ auf die Straße gegangen.
Darüber hinaus gibt es aber noch wesentlich pikantere Entwicklungen. Auf eine solche verwies mein Parteikollege Klaus Ernst in einer Pressemitteilung aus dem Februar 2016. Demnach erhielt die CSU im Dezember 2015 circa 358.000 Euro als Parteispende von der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie. Anfang 2016 forderte sie dann den Verzicht auf Neuregelungen im Bereich Leiharbeit und Werkverträge. Die Arbeitgeber begrüßten diese Haltung, woraufhin die CSU im Februar 2016 auch den überarbeiteten Regierungsentwurf ablehnte, obwohl dieser bereits abgeschwächt daherkam und eine deutliche Annäherung an Arbeitgeberforderungen zeigte. Angesichts solcher Vorgänge muss man sich nicht darüber wundern, dass Politiker in der Bevölkerung regelmäßig am schlechtesten abschneiden, wenn das Vertrauen zu bestimmten Professionen abgefragt wird.
Eine Regulierung in den Bereichen Leiharbeit und Werkverträge wäre allerdings enorm wichtig. In zwei von drei Betrieben werden Arbeiten mittlerweile über Werkverträge fremdvergeben. Ziel ist nichts anderes, als errungene Standards zu unterlaufen, niedrige Löhne zu zahlen und Arbeitszeiten zu erhöhen. Wenn der Missbrauch also nicht endlich gestoppt wird, bedeutet das in Zukunft noch mehr Scheinselbstständigkeit, noch mehr Arbeit ohne Sozialversicherung und ordentliche Tarifverträge.
Im Gesundheitsbereich haben die großen privaten Klinikbetreiber Werkverträge für sich entdeckt und reihenweise konzerneigene Kleinstbetriebe für den Transport von Patienten, für die Essensanlieferung oder auch für die Reinigung geschaffen. Auf den Knochen der Beschäftigten und der Patienten werden hier hemmungslos die Profite gesteigert. Ähnliche Praktiken erleben wir in der Logistik, bei den Postdienstleistern, an den Flughäfen oder auch in der Fleischindustrie, wo Kollegen aus Rumänien oder Bulgarien angeworben werden, dann erst ihre teuren Vermittler bezahlen müssen und zum Schluss zu miserablen Stundenlöhnen schuften.
Es geht also hier nicht um die Werkverträge des Alltagslebens, bei denen Privatpersonen oder Firmen gelegentlich eine fremde Leistung in Anspruch nehmen, zum Beispiel Handwerksarbeiten, sondern um Werkverträge, bei denen Aufgaben des eigenen Geschäftsbereichs dauerhaft mit dem Ziel an Drittfirmen abgegeben werden, die Beschäftigten deutlich unter Tarifniveau zu entlohnen und die Mitbestimmungsrechte der Betriebsräte auszuhebeln, und es geht um Scheinwerkverträge, bei denen es sich eigentlich um Arbeitnehmerüberlassungen handelt und mit denen die Regulierungen für Arbeitnehmerüberlassungen unterlaufen werden sollen.
Um den Missbrauch in diesem Bereich effektiv zurückzudrängen, bräuchte es nach unserer Auffassung vor allem eine Stärkung der Rechte von Betriebsräten, klare Abgrenzungskriterien zwischen Werkverträgen und illegaler Arbeitnehmerüberlassung, die Umkehr der Beweislast vom Arbeitnehmer zum Arbeitgeber und ein Verbandsklagerecht für die Gewerkschaften.
Mit den im Regierungsentwurf geplanten Änderungen werden zwar die Informationsrechte der Betriebsräte konkretisiert, von wirklicher Mitbestimmung kann jedoch keine Rede sein, denn in Paragraf 80 wird lediglich festgeschrieben, dass der Arbeitgeber des Entleihbetriebes den dortigen Betriebsrat über die Dauer des Einsatzes, den Einsatzort und die Arbeitsaufgaben der eingesetzten Personen informieren muss.
Unzureichend ist auch die Möglichkeit, das Unterlassen dieser Informationspflichten zu sanktionieren. Aus unserer Sicht wäre es effektiv, wenn Verstöße gegen die Unterrichtungspflichten zur Unzulässigkeit des Fremd- personaleinsatzes führen würden. Dann bräuchte man natürlich auch einen Unterlassungsanspruch für den Betriebsrat, damit dieser mittels einstweiliger Verfügung entsprechend agieren kann.
Problematisch ist auch die fehlende Einbeziehung von Werkvertragsarbeitnehmern in die Regelungen zu personellen Einzelmaßnahmen. Der Regierungsentwurf ignoriert, wie Werkverträge als personal- und beschäftigungspolitisches Instrument verwendet werden, um im Betrieb dauerhaft bestehende Aufgaben zu erledigen. Obwohl die Schutzbedürfnisse hier denen der Stammbelegschaft oder denen von Leiharbeitern vergleichbar sind, wird es auch in Zukunft kein Zustimmungsverweigerungsrecht für die Betriebsräte geben.
Auch die Umkehr der Beweislast sucht man im Regierungsentwurf vergeblich. Nach gegenwärtiger Rechtslage müssen Werkvertragsarbeitnehmer nämlich selbst nachweisen, dass es sich bei ihrer Beschäftigung eigentlich um Leiharbeit handelt. Dies ist aufgrund des strukturellen Informationsdefizits nicht zuzumuten. Daher müsste eine effektive Regelung darauf zielen, konkrete Abgrenzungskriterien zu definieren. Vier könnten es sein: Wird eine Tätigkeit auf Weisung von Beschäftigten des Auftraggebers ausgeführt, werden Werkvertragsbeschäftigte in organisatorische Abläufe des Auftraggebers einbezogen, machen sie die gleiche Arbeit wie Stammbeschäftigte und nutzen sie dafür Materialien und Werkzeuge des Auftraggebers, dann haben sie keine volle Autonomie über die Erstellung ihres Werkes. Wenn ein Beschäftigter das in einem Gerichtsverfahren in mindestens zwei der genannten Punkte nachweisen kann, dann sollte die Beweislast auf den Arbeitgeber übergehen.
Neben dem Missbrauch von Werkverträgen sollte der Gesetzentwurf auch eine Weiterentwicklung im Bereich der Leiharbeit mit sich bringen, die bundesweit weiter auf dem Vormarsch ist. 910.000 Menschen waren im Juni 2015 bei einem der bundesweit 17.400 Verleihbetriebe beschäftigt. Das sind 13 Prozent mehr als im Vorjahr.
Zwar stellt Leiharbeit nach Auffassung der Bundesagentur mitunter eine Beschäftigungsperspektive für Arbeitslose, von Arbeitslosigkeit bedrohte Arbeitnehmer, Berufseinsteiger oder Berufsrückkehrer dar, jedoch bietet sie keine langfristige Perspektive. Die häufig sehr kurze
Dauer von Leiharbeitsverhältnissen deutet eher darauf hin, dass Verleiher ihren Personalbestand möglichst elastisch ihrer Auftragslage anpassen. Deshalb braucht gute Arbeit tatsächlich auch eine stärkere Regulierung von Leiharbeit.
Für meine Fraktion bedeutet das unter anderem, dass diese wieder auf ihre Kernfunktion zurückgeführt wird, und das war mal die Bearbeitung von Auftragsspitzen. Das könnte man zum Beispiel tun durch die Festlegung einer dreimonatigen Höchstüberlassungsdauer und mit der Umsetzung des Prinzips „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ ab dem ersten Tag. Zudem sollte ausgeschlossen werden, dass Leiharbeiter im Rahmen von Streiks, wie zuletzt 2015 bei der Post geschehen, als Streikbrecher zum Einsatz kommen.
Wenn ich mir nun den Gesetzentwurf der Regierung unter diesen Aspekten anschaue, dann muss ich ihn mit Ernüchterung zur Kenntnis nehmen, denn die vorgeschlagenen Änderungen enthalten an keiner Stelle eine Regelung, die dazu dient, den Einsatz von Leiharbeitnehmern in den Einsatzbetrieben als bedarfsorientiertes, zeitlich begrenztes Instrument zur Flexibilisierung festzuschreiben. Vor allem die Länge der Höchstüberlassungsdauer von 18 Monaten ist völlig willkürlich gesetzt und arbeitsmarkt- sowie beschäftigungspolitisch kontraproduktiv,
da nach Ermittlungen des IAB lediglich 13,8 Prozent der Leiharbeitsverhältnisse länger als 18 Monate dauern.
Habe ich Ihnen gesagt:
Höchstüberlassungsdauer drei Monate.
Hinzu kommt, dass die Tarifvertragsparteien der Entleiherbranche auch noch eine höhere, maximal 24 Monate dauernde Höchstüberlassungsdauer festlegen können.
Nicht viel besser ist es im Bereich Equal Pay. Die 11.000 Leiharbeiter hierzulande verdienten zuletzt rund 30 Prozent weniger als ihre fest angestellten Kollegen. Lag der Monatsverdienst eines Vollzeitbeschäftigten Ende 2013 im Mittel bei 2.138 Euro, so erhielt ein ebenfalls vollzeitbeschäftigter Leiharbeiter nur 1.474 Euro. Der DGB geht wohl nicht zu Unrecht davon aus, dass der größte Teil der Differenz auf Lohndrückerei zurückzuführen ist.
Dem Regierungsentwurf folgend soll Leiharbeitern künftig nach 9 Monaten das gleiche Entgelt zustehen wie den Stammbeschäftigten. Durch Tarifvertrag kann auf bis zu 15 Monate abgewichen werden. Auch hier: Ein Viertel der Leiharbeitsverhältnisse dauert jedoch überhaupt nur 9 Monate. Zudem kann der Verleiher den Leiharbeitnehmer jederzeit auswechseln und mit der Beendigung des Leiharbeitsverhältnisses vor Ablauf der 9 Monate die Regelung aushebeln.
Auch die Regelung, mit der ausgeschlossen werden sollte, dass Leiharbeitnehmer als Streikbrecher zum
Einsatz kommen können, bleibt hinter den Erwartungen zurück. Zum einen lässt sie weiterhin den Einsatz von Streikbrechern auf werk- oder dienstvertraglicher Grundlage zu, zum anderen kommt sie nur dann zum Tragen, wenn der Entleihbetrieb unmittelbar von Arbeitskampfmaßnahmen betroffen ist. Bei nur mittelbarer Betroffenheit, zum Beispiel bei Streiks in der Zulieferindustrie, ist der Einsatz von Leiharbeitern weiter möglich.
Unterm Strich bleibt also wenig Substanzielles übrig. Die Arbeitgeberlobby kann sich auf CDU und CSU verlassen und die Arbeitsministerin der SPD hat in vielen Punkten bereits nachgegeben. Somit wird uns das Thema erhalten bleiben und neuerliche Skandale, wie die einleitend beschriebenen, sind leider zu erwarten. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! In Ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage „Notwendigkeit einer Landespräventionsstrategie“, die ich gemeinsam mit meinem Kollegen Torsten Koplin an die Landesregierung gerichtet hatte, wurden im Wesentlichen drei Schwerpunkte für eine künftig abzuschließende Landesrahmenvereinbarung genannt. Demnach soll es nach Auffassung der Landesregierung um Fragen der Kindergesundheit, der Beratung von Unternehmen im Setting „Betrieb und Arbeitswelt“ sowie der Gesundheitsförderung für Arbeitslose gehen. Ich will mich in meinem kurzen Redebeitrag auf die von der Landesregierung geplanten Schwerpunkte „Betrieb und Arbeitswelt“ sowie „Gesundheitsförderung für Arbeitslose“ konzentrieren.
Wir alle wissen, dass Gesundheit eine wesentliche Voraussetzung dafür ist, dass ein Mensch sein Potenzial entfalten kann. Gesunde, motivierte und leistungsfähige Mitarbeiter sind eine Voraussetzung für den unternehmerischen Erfolg und somit ein wichtiger Faktor der Volkswirtschaft. Obwohl im vergangenen Jahrzehnt immer mehr Menschen ihren Gesundheitsstand als gut oder sehr gut einschätzten, steigen die Kosten der Gesundheitsausgaben kontinuierlich. Dabei hat sich vor allem die Zahl der diagnostizierten psychischen Erkrankungen in den letzten Jahren stark erhöht.
Mit Maßnahmen zur Gesundheitsprävention sollen Menschen vor Gesundheitsgefahren geschützt und zu einer gesundheitsfördernden Lebensweise angeregt werden. Dies entlastet gleichzeitig die sozialen Sicherungssysteme, senkt die Gesundheitsausgaben und erhält die Arbeitsfähigkeit der Menschen in einer durch den demografischen Wandel alternden Gesellschaft.
Wenn wir über Gesundheitsprävention reden, unterscheiden wir mit Blick auf den Betrieb grundsätzlich zwei Ansätze, zum einen den verhaltensorientierten Ansatz, der darauf gerichtet ist, den einzelnen Beschäftigten zu motivieren, einen gesunden und vorbeugenden Lebensstil zu führen – bislang setzte betriebliche Prävention sehr stark auf diesen Aspekt und vor allem Arbeitgeber
widmen sich diesem Anliegen unter Beteiligung der Krankenkassen zum Beispiel im Rahmen von Gesundheitstagen im Betrieb –, zum anderen gibt es den verhältnisorientierten Ansatz, bei dem man sich darauf konzentriert, präventive Maßnahmen aufzulegen, zum Beispiel durch Verabredungen mit den Interessenvertretungen, die darauf zielen, Anpassungen des Arbeitsumfeldes, der Arbeitsbedingungen und so weiter im Sinne der Gesunderhaltung der Beschäftigten zu verabreden. Das beginnt mit dem richtigen Stuhl für ergonomisches Sitzen, setzt sich fort in der Beleuchtung des Büros oder der Einstellung der Klimaanlage und endet bei Fragen der Dienst- beziehungsweise Einsatzplanung.
Präventiv tätig zu werden und Maßnahmen der betrieblichen Gesundheitsfürsorge zu fördern, lohnt sich für die Unternehmen. Jährlich gehen der deutschen Volkswirtschaft nach Studien der Burda Stiftung rund 225 Milliarden Euro allein durch kranke Arbeitnehmer verloren. Demnach kosten die Fehlzeiten circa 1.199 Euro pro Mitarbeiter im Jahr, weitere 2.399 Euro kosten gesundheitlich eingeschränkte Mitarbeiter aufgrund verringerter Arbeitsqualität, höherer Fehleranfälligkeit oder mangelnder Motivation. Hinzu kommt, dass sich das Risiko von krankheitsbedingten Ausfällen aufgrund der demografischen Entwicklung weiter erhöhen wird, denn 40 Prozent der deutschen Erwerbsbevölkerung werden im Jahr 2024 zwischen 50 und 65 Jahre alt sein.
Maßnahmen zur Verringerung des Krankenstandes durch eine betriebliche Gesundheitsförderung und durch präventive Maßnahmen bedeuten für die Unternehmen somit sowohl Kostenersparnisse als auch eine höhere Produktivität. Gesundheitsförderung, das habe ich in anderen Zusammenhängen hier schon einmal betont, ist eine wichtige Investition in die Zukunft. Schätzungsweise 30 bis 40 Prozent der Arbeitsunfähigkeitszeiten könnten durch eigene Maßnahmen in den Unternehmen eingespart werden.
Gesundheitsfaktoren spielen natürlich zunehmend auch eine größere Rolle bei der Arbeitssuche, bei der Sicherung des Fachkräftebedarfs, denn neben einem ordentlichen Gehalt sind zunehmend auch stressreduzierende Arbeitsorganisation, Maßnahmen zur Vereinbarkeit, AntiMobbing-Projekte oder Sportangebote entscheidende Faktoren dafür, ob sich ein Arbeitnehmer für oder gegen ein Unternehmen entscheidet. Trotzdem beteiligen sich bislang nur 20 Prozent der Unternehmen an einer systematischen betrieblichen Gesundheitsförderung.
Aus gewerkschaftlicher Sicht wäre noch anzumerken, dass auch Personalabbau und Arbeitsverdichtung natürlich dazu beigetragen haben, dass krankheitsbedingte Fehlzeiten gestiegen sind. Insofern ist der von der Landesregierung gewählte Schwerpunkt hier an der Stelle richtig. Die Gewerkschaften fordern jedoch, aus meiner Sicht zu Recht, dass sich präventions- und gesundheitsfördernde Maßnahmen im Betrieb künftig noch stärker an der Gefährdungsbeurteilung ausrichten müssen, denn diese hat eine herausragende Bedeutung für die Gesundheit und die Sicherheit der Beschäftigten. Nach EU- und nationalem Recht ist zwar jeder Arbeitgeber verpflichtet, für jeden Arbeitsplatz eine ganzheitliche Gefährdungsbeurteilung durchzuführen und daraus Maßnahmen abzuleiten. Allerdings wird das heute noch nicht durchgängig praktiziert. Darauf weist auch der DGB in seiner Stellungnahme zu den Bundesrahmenempfehlungen der Nationalen Präventionskonferenz hin. Er regt
folgerichtig an, dass Krankenkassen, die sich im Betrieb engagieren, auch vermitteln müssen, dass die Erstellung einer Gefährdungsbeurteilung als Basis für präventive und gesundheitsfördernde Maßnahmen unverzichtbar ist.
Dass diesbezüglich in Mecklenburg-Vorpommern Handlungsbedarf besteht, zeigen die in den vergangenen zwei Jahren durchgeführten Erhebungen zum Arbeitsschutz in 314 Betrieben unseres Landes. In 215 Fällen gaben die Unternehmen an, Gefährdungsbeurteilungen zumindest zu kennen, sie auch anzuwenden, in 99 Fällen hingegen wurde sogar beides verneint. Dabei ist natürlich zu beachten, dass die Betriebsauswahl nicht repräsentativ war und grundsätzlich anzunehmen ist, dass die Werte in Klein- und Kleinstbetrieben noch deutlich schlechter ausfallen. Daher ist es auch bedauerlich, dass die Koalitionsfraktionen Ende des vergangenen Jahres unseren Haushaltsantrag zur Weiterförderung und zum Ausbau des Netzwerks Arbeit und Gesundheit abgelehnt haben.
Vielleicht hilft es ja, dass nunmehr im Konsenspapier, das die Expertinnen und Experten der Enquetekommission zum Thema „Arbeit im Alter“ erarbeitet haben, der Ausbau eben jener Strukturen empfohlen wird. Während der Haushaltsberatungen verwiesen ja sowohl das Sozialministerium als auch die Regierungsfraktionen darauf, dass man die betriebliche Gesundheitsförderung und Prävention mithilfe von Mitteln, die über das Präventionsgesetz des Bundes bereitgestellt werden, fördern möchte, und auch die erfolgreiche Netzwerkarbeit soll davon profitieren. Ob das am Ende tatsächlich passiert oder nicht, werden wir selbstverständlich im Auge behalten. Unabhängig vom konkreten Fördertopf sind die Förderung und der Ausbau des Netzwerkes jedoch in jedem Fall sinnvoll, denn so engagiert die zwei Kolleginnen aus der Schweriner Geschäftsstelle auch arbeiten, für ein Flächenland wie das unsrige ist dieser Personalbesatz viel zu wenig.
Prävention und gesundheitsfördernde Maßnahmen sind in der Mitte und im Osten des Landes nicht weniger nötig als hier bei uns im Westen. Die Orientierung von Präventions- und gesundheitsfördernden Maßnahmen auf die Gefährdungsbeurteilung und der Ausbau der Netzwerkarbeit, insbesondere für Klein- und Kleinstunternehmen, sollten daher eine wesentliche Rolle in einer künftigen Landesrahmenvereinbarung spielen.
Zu beantworten ist weiterhin die Frage, wie künftig sichergestellt wird, dass in ausreichendem Umfang Betriebsärzte zur Verfügung stehen. Das war zusammengefasst der Inhalt der Antwort auf meine diesbezügliche Kleine Anfrage. Der Betreuungsbedarf im Land kann derzeit nicht gedeckt werden. Betriebsärzte sind aber notwendig für die Einschätzung der gesundheitlichen Situation der Beschäftigten und sollten den Arbeitgeber bei der Erstellung von Gefährdungsbeurteilungen auch beraten. Verpflichtend wird dies freilich nur in Betrieben mit Betriebsrat, denn der kann das im Rahmen seiner Mitbestimmungsrechte einfordern. Aus einer Erhebung der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin geht hervor, dass Ende 2013 bundesweit 57,8 Prozent der qualifizierten Betriebsmediziner 60 Jahre und älter waren, nur 279 von 12.430 Betriebsärzten waren zu diesem Stichtag unter 40 Jahre alt. Es besteht also akuter Handlungsbedarf.
Zum zweiten Thema: Wir unterstützen den Ansatz, die Gesundheitsförderung für Arbeitslose in einer künftigen
Landesrahmenvereinbarung festzuschreiben, denn die Wechselwirkungen von Arbeitslosigkeit und gesundheitlichen Einschränkungen sind mittlerweile sehr gut dokumentiert. Mehr als ein Drittel der erwerbsfähigen Hartz-IVEmpfänger – das sind etwa 1,5 Millionen Menschen bundesweit – haben im Laufe eines Jahres eine diagnostizierte psychische Störung. Das ist das Ergebnis eines Forschungsberichtes des IAB mit dem Titel „Menschen mit psychischen Störungen im SGB II“ vom Dezember 2013.