in diesem Fall der Nutztierhaltung selbst. Wir müssen den Gesundheitsstatuts der Nutztiere verbessern und damit den Einsatz von Antibiotika senken. Und das geht aus unserer Sicht, das ist auch hier im Landtag weitgehend Konsens, in erster Linie über die Haltungsbedingungen inklusive einer entsprechenden Betreuung durch entsprechendes Personal.
Bezüglich der Senkung der Antibiotikas und eines Monitorings gab es ja bereits 2011 vonseiten der Regierungskoalition einen entsprechenden Antrag, den ich durchaus begrüße,
(Egbert Liskow, CDU, und Dr. Fritz Tack, DIE LINKE: Oh! – Peter Ritter, DIE LINKE: Da war ich ja wohl zu früh mit meinem Lob.)
Hier sehen wir bezüglich der Antibiotikakontrolle, sehr geehrte Damen und Herren der Regierungskoalition, hier sehen wir Sie maßgeblich in der Pflicht, sowohl im Land als auch bei Ihren Kolleginnen und Kollegen in Berlin für Fortschritte bei der Nutztierhaltungsverordnung zu sorgen,
Um allerdings die Entstehung und die Ausbreitungswege von MRE allumfassend verstehen und unterbinden zu können, müssen wir die Reststoffentsorgung untersuchen, denn auch über die Gülleausbringung gelangen die Erreger in die Umwelt. Dieses Problem gerät sowohl über die Tierhaltungsdebatte als auch mit Bezug zur Biogasproduktion und der Gärresteausbringung immer wieder in den Fokus der Forschung.
Wissenschaftliche Untersuchungen, die wir in unserer Antragsbegründung zitieren, belegen, dass in Gebieten mit intensiver Gülleausbringung die Belastung der Bevölkerung mit MRE höher ist als anderswo. Diese erhöhte Belastung gilt es zu verhindern. Wenn es um den Austrag der MRE aus den Tierhaltungsanlagen geht, reden wir also über Gülle, aber auch über den Luftpfad und zu diesen beiden Themen ist maßgeblich ein weiteres Ressort gefordert, der Immissionsschutz, der ja bekanntermaßen Aufgabe des Wirtschaftsministeriums ist.
Multiresistente Erreger werden in Form von sogenannten Bioaerosolen, diesen Gemischen aus Luft und zahlreich mikroskopisch kleinen organischen und anorganischen
Partikeln, aus den Tierhaltungsanlagen ausgewählt beziehungsweise über Lüftungsanlagen aktiv ausgetragen. Bis zu hundert Meter weit und auch weiter können diese Erreger nach bisherigen Erkenntnissen, die das Landesamt für Gesundheit und Soziales auch hier in Mecklenburg-Vorpommern gewonnen hat, über diesen Weg ausgetragen werden. Dies ist nun eine sehr relevante Frage im Zusammenhang mit Siedlungsflächen und hier insbesondere mit Blick auf Einrichtungen des Gesundheitsdienstes.
Wir brauchen die besten Filteranlagen, die den Austrag von MRE aus den Ställen reduzieren. Sie gelten inzwischen als „beste verfügbare Technik“ auch für Tierhaltungsanlagen, insbesondere im Bereich der Schweinemast. Doch war die Anwendung der „besten verfügbaren Technik“ – kurz BVT – lange Jahre mehr oder weniger freiwillig. So wurde sie mit der Neuauflage der EURichtlinie für Industrieimmissionen endlich rechtsverbindlich.
Deutschland verzögert sich jedoch, weil es innerhalb der Bund-Länder-Arbeitsgemeinschaft Immissionsschutz nicht gelingt, Expertisen für die Erarbeitung von sogenannten BVT-Merkblättern für Filtertechnik im Bereich der Schweine- und Geflügelhaltung zu bündeln. Diese Merkblätter werden aber als Vorgabe für die Genehmigungsverfahren für Tierhaltungsanlagen dringend gebraucht. Mehrfach wurde dieser Missstand bereits der Umweltministerkonferenz vorgetragen. Geändert hat sich aber nichts.
Wir fordern die Landesregierung auf – insbesondere das Wirtschaftsministerium hier –, den Immissionsschutz im Zusammenhang mit Tierhaltungsanlagen endlich ernst zu nehmen, entsprechende Expertisen beizusteuern und die Verwendung von wirksamen Filteranlagen sowohl für die Schweine- als auch für die Geflügelhaltung aktiv voranzutreiben.
Sehr geehrte Damen und Herren, multiresistente Erreger, und das ist uns unter Punkt 1 unseres Antrages noch einmal ganz wichtig, entstehen vorrangig in der nicht artgerechten konventionellen und wahrscheinlich auch in der nicht artgerechten ökologischen Tierhaltung. Die Artgerechtigkeit der Nutztierhaltung scheint also ein ganz wesentliches Kriterium bei der Bekämpfung von MRE zu sein. Es ist somit fraglich, ob unsere Reduktionsstrategien für Antibiotika greifen, wenn wir nicht auch in der Tierhaltung die Systemfrage stellen. Wir brauchen eine Agrarwende. Reicht es aus, wenn wir mehr Personalhygiene fordern, wenn wir das Betriebsmanagement in den Ställen verbessern, wenn die Diagnose durch die Tierärzte präzisiert wird?
Dies alles und noch viel mehr sind Schwachpunkte der Tierhaltung, die für hohe Antibiotikagaben verantwortlich gemacht werden.
Wir glauben allerdings, dass es grundsätzliche Änderungen bei der Haltung von Nutztieren geben muss – in ökologisch und auch in konventionell artgerecht gehaltenen Tierbeständen. Zu Letzteren gehört zum Beispiel die
Neulandbetriebshaltung. Hier ist die Belastung mit MRE deutlich geringer oder gar nicht vorhanden. Demzufolge muss eine entscheidende Ursache für die Entstehung von multiresistenten Erregern die Größe des Tierbestandes sein.
Meine Damen und Herren, auf weitere Punkte gehe ich später noch mal kurz ein. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 90 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Das Wort hat die Finanzministerin in Vertretung für den Minister für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz. Bitte schön, Frau Ministerin.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe mir eigentlich vorgenommen, nichts Persönliches zu sagen, aber nach dieser Rede, mit Verlaub, habe ich darüber nachgedacht, ob die beiden Würstchen, die ich heute gegessen habe, schon ein Fehler waren. Ich denke, nein.
(Heiterkeit und Beifall vonseiten der Fraktion der SPD – Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Da sind wir aber zuversichtlich.)
Es ist immer alles eine Frage der Dosis, ob man ein Problem angeht, weil man es erkannt hat, definiert hat und in den richtigen Rahmen gestellt hat, oder ob man jeweils in einer Weltuntergangsstimmung hier das Gefühl verbreitet, der Untergang ist nahe. Ich glaube, das, was Herr Backhaus und ich natürlich in seiner GernVertretung Ihnen vortragen werden, versucht, wieder die Balance hinzukriegen, ohne das Problem zu verniedlichen.
Es dürfte uns allen klar sein, dass jeder Einsatz von Antibiotika zu einer Selektion von resistenten Bakterien führen kann. Was uns aber vermutlich noch gar nicht so klar ist, ist der Umfang, in dem dieses geschieht. Das ist von vielen Faktoren abhängig, die noch nicht bekannt beziehungsweise völlig geklärt sind.
Erstens: „Von der Tendenz her ist erkennbar, dass in Tierarten, bei denen häufig Antibiotika eingesetzt werden, auch häufigere Resistenzen beobachtet werden können.“ So weit, so logisch.
Zweitens: „Bisher ist unklar, wie diese Resistenzgene oder die Keime mit diesen Resistenzgenen in die Tierbestände und deren Umgebung gelangt sind.“
Allein aus diesen beiden Aussagen wird klar, wir müssen uns mit diesem Thema immer wieder intensiv beschäftigen. Schade ist nur, dass der Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wieder ideologische Thesen
Das Thema ist aber zu wichtig, um es auf diesen Blickwinkel einzuengen. Ich darf daran erinnern, dass die Landesregierung in der Agrarausschusssitzung am 14. Juni 2012 nicht nur zu den Vorkommen von MRSA berichtet, sondern auch die vorliegenden Erkenntnisse zu ESBLtragenden Keimen erläutert hat. Ich empfehle, zu diesem Problem das Protokoll noch mal nachzulesen. Es enthält viele Sachinformationen, die noch nichts an Aktualität eingebüßt haben.
Die Landesregierung nimmt dieses Thema sehr ernst. Die Fachressorts tauschen sich nicht nur aus, sondern ergreifen in ihrem Zuständigkeitsbereich bereits die Initiative. Schuldzuweisungen sind da fehl am Platz. Es gilt, alles auszuschöpfen, um die Entstehung und Verbreitung von multiresistenten Erregern zu minimieren. Für den Bereich der Nutztierhaltung ist das Ziel, den Antibiotikaeinsatz deutlich zu reduzieren. Eine optimale Behandlung kranker Tiere ist ein Gebot des Tierschutzes, darüber dürfte wohl Einigkeit bestehen.
Gleichwohl müssen alle Maßnahmen ergriffen werden, um die Tiergesundheit zu stabilisieren. Für das Antibiotikamonitoring in Mecklenburg-Vorpommern ist der von uns gewählte ganzheitliche Ansatz, das heißt, die Optimierung der Haltungsbedingungen und vor allem auch des Haltungsmanagements, zum Beispiel vom Brutei bis zum schlachtreifen Masthuhn, die einzige Möglichkeit, zu einer dauerhaften und nachhaltigen Reduzierung zu kommen, bei Erhalt einer guten Tiergesundheit und niedrigen Mortalitätsraten.
Der ganzheitliche Ansatz beinhaltet aber auch die Einbindung die Tierhaltern, Zuchtunternehmen, Tierärzten und Behörden. Die Verminderung der Behandlung von 3,4 auf 2,4 Behandlungen in einer Mastperiode bei Masthühnern oder der Anstieg der Mastdurchgänge ohne eine antibiotische Behandlung um circa 9 Prozent sind erste Erfolge, die auch aus unserer Sicht weiter gesteigert werden müssen. Ich bin der Überzeugung, dass wir mit dem konsequenten Vorgehen einen wesentlichen Beitrag zur Minimierung der Entstehung von multiresistenten Erregern leisten können und leisten werden.
Lassen Sie mich an dieser Stelle auf eine weitere Maßnahme im Zuständigkeitsbereich des Sozialministeriums verweisen. Hier wird der konsequente Schutz der Patienten vor Infektionen in Krankenhäusern und anderen medizinischen Einrichtungen vorangebracht.
Und hier gestatte ich mir meine zweite persönliche Anmerkung. Wenn es denn so ist, dass das Vorhandensein von vielen Tieren die Ursache ist für das Szenario, das uns gerade eben dargestellt wurde, dann müssten Krankenhäuser in der gleichen Logik auch nicht mehr zugelassen werden mit vielen Patienten. Ich denke, das springt ein bisschen zu kurz.
(Zurufe von Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, und Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Ja, ja, ich kenne den wohl. Ich meine auch, es gibt andere Ursachen. Die Masse an sich sagt überhaupt noch nichts, das ist meine These dazu.