Protokoll der Sitzung vom 09.04.2014

Übersetzt ins Nichtjuristendeutsch heißt das: Alle Abgeordneten sollten gleich sein in ihren Rechten und auch in ihrer Bezahlung. Da sie sich aber irgendwie organisieren müssen, kann es ohne ein Mindestmaß von Hierarchie nicht gehen. Dieses Mindestmaß beschränkt sich auf die einzelnen Funktionen, die ich schon gesagt habe, erstreckt sich aber keinesfalls auf stellvertretende Fraktionsvorsitzende, die keine Zulagen erhalten sollten.

Dieses Mindestmaß haben Sie überschritten, gerade die großen Fraktionen hier haben sich organisiert als autoritäre Apparate mit Hierarchien und Privilegien. Damit stehen sie im Gegensatz zur Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes, die sie laufend ignorieren. Nicht die NPD steht im Gegensatz dazu, sondern Sie.

(Thomas Krüger, SPD: Das werden wir noch feststellen. – Zuruf von Stefan Köster, NPD)

Wir können hier das Verfassungsgericht seitenweise zitieren, um unseren Standpunkt zu untermauern. Ihnen fällt das schon schwerer und das finde ich interessant. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der NPD)

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 90 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat für die Fraktion der SPD der Abgeordnete Herr Müller.

(Stefan Köster, NPD: Jetzt kommt wieder der Klugschnacker, der Allwissende.)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn mit der NPD eine Partei, die erklärtermaßen das demokratisch-parlamentarische System abschaffen will,

(David Petereit, NPD: Das haben Sie erklärt. – Zuruf von Stefan Köster, NPD)

sich eben diese Partei aufschwingt und hier so tut, als sei sie die Gralshüterin dieses demokratisch-parlamenta- rischen Systems,

(Zuruf von David Petereit, NPD)

dann fällt selbst dem Dümmsten auf, dass hier irgendwas nicht stimmen kann.

(Zurufe von Stefan Köster, NPD, und David Petereit, NPD)

Der sprichwörtliche Bock, der hier nicht von irgendwem zum Gärtner gemacht wird, sondern der sich selbst zum Gärtner und sogar zum Gartenbauamtsleiter erklärt, ihm werden wir nicht glauben. Wir werden ihm auch deshalb nicht glauben, weil seine Argumentation, Herr Andrejewski, eigentlich dieses Wort „Argumentation“ nicht verdient. Sie sprechen, und lassen Sie mich daran mal ansetzen, von einer ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Das machen Sie in Ihrem Antrag und das haben Sie hier in Ihren Ausführungen gemacht. Und nicht, weil ich etwa was mit den Ohren hätte, ich höre ziemlich gut, sondern weil Sie dieses Wort hier vorn gebraucht haben, habe ich nachgefragt und gerufen, was haben Sie gesagt, und Sie haben es wiederholt: ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts.

(Zuruf von Stefan Köster, NPD)

Nun, meine sehr verehrten Damen und Herren, schauen wir uns diese angeblich ständige Rechtsprechung einmal an. Ständige Rechtsprechung setzt – schon der Wortsinn macht es deutlich – voraus, dass es hier um eine Mehrzahl von Urteilen geht, in der der gleiche Tenor verfolgt wird. Dann spricht man von ständiger Rechtsprechung.

Zum Thema Diäten und zum Thema Zulagen gibt es – und das nennen Sie dann ständige Rechtsprechung – zwei Urteile des Bundesverfassungsgerichts, das eine aus dem Jahr 1975 und das andere aus dem Jahr 2000, also mit einer Distanz von 25 Jahren, und seither kein weiteres. In dem Urteil von 1975 wird festgestellt, dass grundsätzlich solche Zulagen, wie sie in vielen Parlamenten üblich sind, zulässig sind. Das sagt das Urteil von 1975. Im Urteil von 2000 hat das Bundesverfassungsgericht nicht in seiner Eigenschaft als Bundesverfassungsgericht geurteilt, sondern der Freistaat Thüringen hat zu jener Zeit noch nicht über ein Bundesverfassungs… – ein Landesverfassungsgericht, Entschuldigung –, ein Landesverfassungsgericht verfügt und hat deshalb das Bundesverfassungsgericht hilfsweise um eine Entscheidung gebeten. Diese Entscheidung ist ergangen, und zwar zu thüringischem Recht und mit Bezug auf Thüringen. Und wenn Sie uns hier verkaufen wollen, dass dieses jetzt für ganz Deutschland Wort für Wort das geltende Recht und die ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sei, dann müssen Sie sich jemand Dümmeren nehmen.

Wir haben zu Beginn der Legislaturperiode eine Unterkommission des Ältestenrates eingesetzt. Diese Unterkommission hat sich mit Fragen der Diäten und anderen Problemen im Zusammenhang mit dem Parlament, auch Parlamentsgröße und anderem befasst. Wir haben dazu eine Anhörung durchgeführt, wir haben eine Reihe von Experten in dieser Anhörung gehabt und wir haben sie genau zu diesem Urteil des Jahres 2000 befragt. Und die

Staatsrechtler, namhafte Staatsrechtler, die wir dort in dieser Kommission gehabt haben, haben unisono erklärt, dass dieser Spruch des Bundesverfassungsgerichts für uns keine Bindewirkung entfaltet.

(David Petereit, NPD: Gott sei Dank!)

Sie erzählen hier also wider besseres Wissen, Sie erzählen hier die Unwahrheit, und Sie wissen es auch. Und wenn Sie Herrn von Arnim zitieren, wir hatten Herrn von Arnim zu dieser Anhörung eingeladen, allerdings hat er es vorgezogen, kurzfristig – und ich muss sagen, unter Begründungen, die ich nur schwer nachvollziehen konnte oder gar nicht nachvollziehen konnte –

(Stefan Köster, NPD: Nennen Sie die doch mal!)

dieser Tagung fernzubleiben, und hat uns eine schriftliche Stellungnahme geschickt,

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

in der er in keiner Weise auf dieses Thema eingegangen ist, sondern uns im Grunde genommen nur erklärt hat, wir würden ja alle viel zu viel Geld verdienen und das Ganze könne man auch als Halbtagsjob erledigen,

(Udo Pastörs, NPD: Da hat er recht.)

eine Aussage, die jeder selbst bewerten kann.

Und wenn Sie sagen, Herr Pastörs, „Da hat er recht“, wenn Sie das für sich sagen, dass Sie diesen Job hier im Landtag als Halbtagsjob erledigen könnten – Sie vielleicht, so viel tun Sie hier ja auch nicht.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU – Stefan Köster, NPD: Na ja, Ihre Schweißperlen auf der Stirn verraten, ich weiß nicht, was.)

Also, meine sehr verehrten Damen und Herren, das, was hier juristisch, pseudojuristisch von dem Juristen mit 38 Semestern Studiendauer hergeleitet wird,

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

das hat juristisch weder Hand noch Fuß, das ist juristisch gar nichts.

(Zuruf von David Petereit, NPD)

Und wenn Sie sich – bitte, wir haben ein Wortprotokoll – anschauen,

(Stefan Köster, NPD: Mein Gott, sind Sie aufgeplustert!)

was in dieser Unterkommission beraten und diskutiert worden ist, dann werden Sie übrigens feststellen, dass die NPD dazu nicht so sehr viel beigetragen hat.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: So wie immer. – Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Wie auch?! Dann werden Sie feststellen, dass die Experten, die wir dort hatten, die Staatsrechtler, sehr stark die Aspekte der Parlamentsautonomie betont haben. Das

heißt, wir selbst müssten schon entscheiden, was hier passiert. Wir müssten es natürlich auch gegenüber dem Volk verantworten. Und dass die Fraktionen über eine erhebliche Autonomie verfügen und dass die Fraktionen sehr wohl berechtigt sind, ihre internen Dinge zu regeln, und zwar eigenverantwortlich zu regeln, das war der Tenor der juristischen Sachverständigen. Darin besteht auch Einigkeit zwischen den demokratischen Fraktionen. Wenn wir als Fraktionen über eine erhebliche Autonomie verfügen, dann ist ganz klar, dass es nicht in jeder Fraktion die gleiche Regelung gibt, aber wir als Demokraten respektieren die Regelungen,

(Zuruf von Stefan Köster, NPD)

die die jeweils anderen getroffen haben im demokratischen Geist. Das unterscheidet uns ja von Ihnen.

Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, an der Stelle könnte man eigentlich sagen, mach den Deckel zu, reicht, der Antrag ist es nicht wert, dass man ihn weiter erörtert, wir werden ihn, das kann ich schon ankündigen, nicht in irgendeinen Ausschuss überweisen,

(Michael Andrejewski, NPD: Welche Überraschung!)

sondern wir werden ihn jetzt nicht überweisen und das nächste Mal dann ablehnen.

Als ich das Ding gesehen habe, habe ich mir die Frage gestellt: Warum kommt der Antrag eigentlich jetzt? Den Antrag hätten wir auch vorigen Monat haben können, der ist sozusagen zeitlos. Den hätten wir auch nächsten Monat stellen können oder in drei Monaten. Warum kommt der Antrag eigentlich jetzt? Und wenn ich mir mal die Gesamttagesordnung so angucke, dann stelle ich fest, auf der Gesamttagesordnung finden wir dieses Mal nur zwei Anträge der NPD, nämlich diesen hier und einen anderen, der später noch seine gebührende Antwort bekommen wird.

(Michael Andrejewski, NPD: Wollen Sie mehr?)

Aber die NPD ist offenbar in schweren Nöten,

(Michael Andrejewski, NPD: Ja, ja.)

hier überhaupt noch irgendetwas auf die Tagesordnung zu bringen,

(Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)