Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 5: Erste Lesung des Gesetzentwurfes der Landesregierung – Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung eines Nachtrags zum Haushalt für die Haushaltsjahre 2014 und 2015, Drucksache 6/2815.
Gesetzentwurf der Landesregierung Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung eines Nachtrags zum Haushalt für die Haushaltsjahre 2014 und 2015 (Nachtragshaushaltsgesetz 2014 und 2015) (Erste Lesung) – Drucksache 6/2815 –
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist das vierzehnte Mal in der Geschichte unseres Landes, dass es einen Nachtragshaushalt geben soll. In den meisten Fällen mussten meine Vorgängerinnen allerdings auf die Ausgabenbremse treten. Dass in diesem Falle mehr Geld im laufenden Haushalt eingestellt wird, ist eher die Ausnahme.
Insofern ist es doch wohl eher ein freudiger Anlass, dass ich hier am Rednerpult stehe. Jedoch möchte ich gleich mal alle Erwartungshaltungen dämpfen:
(Rainer Albrecht, SPD: Oh, schade! – Heiterkeit bei Rainer Albrecht, SPD, und Wolfgang Waldmüller, CDU)
Wenn jemand jetzt von mir erwartet, dass ich einen zweiten Aufguss in der Bewertung des Kommunalgipfels vornehme – ich denke, dazu ist von sehr vielen sehr vieles gesagt worden. Hier geht es heute konkret darum, das einfach umzusetzen, denn politische Ansagen sind das eine, Verlässlichkeit in der Umsetzung dieser Versprechungen ist eben die andere Seite der Medaille, und dafür ist meine Rolle, denke ich, an der Stelle auch gerechtfertigt.
Es geht konkret um 80 Millionen Euro mehr für den Doppelhaushalt. Das sind die ersten beiden Zahlungen für 2014 und 2015 im Rahmen der beim Kommunalgipfel zugesagten 160 Millionen, die an die Kommunen gehen sollen. Das Ganze wird uns deshalb möglich, weil wir einen positiven Haushaltsabschluss 2013 hatten – auch dazu haben wir ausführlich geredet – und eben in der Rücklage genügend Geld haben, um handeln zu können. Um das allerdings überhaupt de facto tun zu können, um diese Zahlungen anweisen zu können, brauchen wir eine Ermächtigungsgrundlage des Parlaments. Das ist auch die einzige überschaubare Änderung gegenüber dem laufenden Doppelhaushalt. Da wir den Kommunen natürlich möglichst schnell Planungssicherung geben wollen, soll der Nachtragshaushalt noch in dieser Landtagswoche beschlossen werden.
Ich bedanke mich schon im Voraus für das konstruktive Miteinander, denn dass wir diesen kurzen Weg gehen können, haben wir natürlich Ihrem Beitrag zu verdanken, dass Sie überhaupt einverstanden sind, schon heute die Ausschusssitzung zu machen, damit wir – Ihr Votum vorausgesetzt – wirklich am Freitag, am Ende dieser Landtagswoche handeln können. Die Schlussabstimmung würde dann in dem Fall schon in dieser Woche laufen. Die kommunalen Vertreter sind bereits schriftlich angehört worden und insbesondere der Städte- und Gemeindetag begrüßt dieses Prozedere ausdrücklich. Letzteres wird angesichts des Geldsegens wohl niemanden wirklich überraschen,
aber es ist ja auch nicht die einzige positive Nachricht, die die Kommunen dieser Tage erreicht. Auch bei den eigenen Einnahmen zeichnet sich ein Positivtrend ab.
Schon die Novembersteuerschätzung sagte ein deutliches Plus bei den eigenen Steuereinnahmen voraus, und wie sich jetzt zeigt, tritt diese Entwicklung auch tatsächlich ein. Zwar sollten die Zahlen nach der Erfahrung des Vorjahres mit Vorsicht genossen werden, aber dem vom Statistischen Bundesamt veröffentlichten Kassenergebnis zufolge weisen die Kommunen in Mecklenburg-Vor- pommern 2013 wieder einen positiven Finanzierungssaldo auf. Dies geschieht nicht in Größenordnungen, aber es ist eine Trendumkehr an der Stelle, wenn wir uns den Jahresvergleich zu 2012 anschauen, wo es sich noch um 40 Millionen – nicht, wie anfangs verkündet, 400 – im Negativsaldo handelte. Damit, denke ich, ist bereits ein erster Schritt zur Stabilisierung der kommunalen Finanz
situation erreicht worden. Dazu trugen auch besonders die gegenüber 2012 um rund 84 Millionen Euro verbesserten Gemeindesteuern bei.
Bei den Steuereinnahmen waren wir demnach sogar bundesweit Primus der Flächenländer, zumindest was die Steigerungsrate betrifft. Über die Ausgangsposition möchte ich mich an der Stelle lieber nicht so euphorisch äußern. Mit einem Plus von fast zehn Prozent bei den Steuern war der Anstieg in Mecklenburg-Vorpommern so hoch wie in keinem anderen Flächenland. Insofern hoffe ich, dass die zusätzlichen, zusätzlichen Landesmittel auch weiter zur Konsolidierung der Kommunalfinanzen genutzt werden.
Das war jetzt übrigens kein Versprecher, denn wir haben diesen Doppelhaushalt ja bereits mit Sonderhilfen in Höhe von 40 Millionen ausgestattet.
In diesem Jahr wird es in der Summe also ganze 80 Mil- lionen Euro mehr vom Land geben. Im kommenden Jahr sind das insgesamt noch einmal 70 Millionen mehr. Ich denke zwar nicht oder ich hoffe nicht, dass irgendjemand diese Zahlen als Peanuts abtun wird, aber um Ihnen auch noch zu verdeutlichen, welchen Kraftakt das Land hier leistet, ist es vielleicht hilfreich, diese Summe in Personalstellen umzurechnen. Allein die 80 Millionen in 2014 würden reichen, um ein Jahr lang 1.600 Stellen zu finanzieren. Sie wissen, welche Anstrengungen mit unseren Personalkonzepten verbunden waren und sind. Ich hoffe daher sehr, dass die Anstrengungen des Landes nicht unterschätzt werden und uns außerdem weitere Sonderhilfen im wahrsten Sinne des Wortes erspart bleiben. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 120 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben einen Nachtragshaushalt, und diesmal wird Geld verteilt, nicht eingesammelt – das haben wir ja schon gehört von unserer Finanzministerin –, und ich glaube, das ist auch gut so.
Wir haben uns als CDU auch verhältnismäßig stark da- für eingesetzt, dass wir dieses Zusätzliche – zu dem Zusätzlichen, Frau Polzin – noch mal bekommen. Ich glaube, diese 40 Millionen, die auf dem Kommunalgipfel am 19. Februar 2014 vereinbart wurden, sind gut angelegtes Geld, denn die Kommunen brauchen dieses Geld aus meiner Sicht dringend. Auch wenn sich die kommunalen Finanzen etwas besser darstellen, als wir das in der letzten Zeit kannten, durch bessere Steuereinnahmen, glaube ich, dass die Finanzkraft unserer Kommunen noch lange nicht so weit ist, wie sie eigentlich hätte sein müssen, um die Aufgaben, die vor Ort zu erfüllen sind, erfüllen zu können.
Da gibt es Unterschiede im Land, das wissen wir alle, aber es geht ja hauptsächlich um die Kommunen, die ihre Leistungsfähigkeit nicht mehr voll ausschöpfen können und ihren Aufgaben nicht nachkommen können. Jetzt haben wir uns darauf verständigt als Fraktionen, und dafür noch mal meinen Dank, dass wir das in dieser Landtagswoche sozusagen erledigen und den Nachtrag beschließen. Das ist, glaube ich, auch eine wichtige Botschaft an die Kommunen, dass wir das so machen. Da, denke ich mal, haben alle Fraktionen ihren Anteil daran, denn wenn eine Fraktion gesagt hätte, wir machen es nicht, hätten wir den längeren Weg gehen müssen – deswegen noch mal herzlichen Dank.
40 Millionen in vier Jahren, das hat natürlich auch damit zu tun, dass wir noch gar nicht genau sagen können, wie ein neues Finanzausgleichsgesetz aussehen wird. Und weil wir das noch nicht wissen, wurde diese Vereinbarung getroffen, um sozusagen die Kommunen nicht mit ihren finanziellen Nöten alleinzulassen.
Ich wäre heute hier nicht an der richtigen Stelle, wenn ich nicht ein Problem ansprechen würde, was ich persönlich immer noch sehe: Wir haben aus meiner Sicht die Chance ausgelassen, in diesem Nachtragshaushalt vielleicht noch die finanziellen Nöte der Hochschulen mit zu betrachten.
Aus meiner Sicht wäre es eine wichtige Botschaft gewesen, weil die Hochschulen ähnliche Probleme haben wie die Kommunen. Es scheint so zu sein, wir wissen aber, dass der Rechnungshof...
Diese Untersuchungen werden nicht so kurzfristig laufen können, nach meinen Informationen, wie wir uns das vorgestellt haben. Die werden frühestens Ende des Jahres Ergebnisse liefern, und ich hoffe, dass die Ergebnisse noch so rechtzeitig kommen, dass man das, wenn es notwendig ist, in den nächsten Doppelhaushalt einarbeiten kann. Ich wage zu bezweifeln, dass es so klappen wird. Deswegen, denke ich, wäre es ganz gut gewesen, wenn wir hier ähnlich verfahren wären wie für die Kommunen. Leider gab es dafür keine Mehrheit. Ich appelliere aber wirklich an alle Verantwortlichen, noch mal darüber nachzudenken, ob es da eine Möglichkeit gibt.
Über diesen Gesetzentwurf werden wir heute noch mal in den Ausschüssen beraten. Für die Überweisung, sie ist ja sozusagen jetzt Gegenstand des Verfahrens, wird unsere Fraktion stimmen. Ich hoffe, dass wir dann entsprechend in den Ausschüssen noch mal klären und besprechen werden, wie die 5 Millionen, die über die Soziallastenverteilung sozusagen zu verteilen sind,
nachher genau verteilt werden. Für die 35 Millionen ist ja geklärt, dass die über die entsprechenden Sätze an die Gemeinden verteilt werden sollen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Meine Fraktion wird der Überweisung des vorliegenden Gesetzentwurfes zustimmen. Auch wir wollen eine zügige Beratung, sodass der Gesetzentwurf noch in dieser Landtagswoche verabschiedet werden kann. Ich bin sicher, der Landtag ist sich darin einig, dass die Kommunen das Geld schnell erhalten sollen.
Ich danke auch Herrn Liskow für die doch sehr differenzierte Einschätzung zur kommunalen Finanzlage. Also ich bin schon etwas erstaunt.
Meine Damen und Herren, dann aber dürfte es mit der Einigkeit zwischen Koalition und Opposition auch vorbei sein. Der vorliegende Nachtragshaushalt hat Bezüge zu mehreren Aspekten: erstens die äußerst kontroverse Debatte zur FAG-Novelle 2014, zweitens der Kommunalgipfel vom Februar und die dort geschlossene Vereinbarung, drittens die auf 2018 verschobene umfassende FAG-Novelle, viertens der Umgang mit dem Kommunalfinanzbericht des Landesrechnungshofes und schließlich die kommunalpolitische Halbzeitbilanz dieser Regierung.
Meine Damen und Herren, jeder dieser Aspekte ist gut geeignet, dieser Koalition den Spiegel vor das Gesicht zu halten. Und gar in Kombination dieser Punkte werden die Umrisse eines kommunalpolitischen Fiaskos sichtbar.
Warum nicht um 50, warum nicht um 30? Richtig, diese Summe von 40 Millionen Euro entspricht annähernd der Forderung der kommunalen Landesverbände im Rahmen der erst kürzlich vorgenommenen FAG-Änderung zum 1. Januar 2014. Sie verlangten, dass die anerkannten Kostensteigerungen bei den Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises durch zusätzliche Finanzausgleichsleistungen in Höhe von mindestens 36,67 Millionen Euro jährlich ausgeglichen werden. Eine völlig nachvollziehbare logische Forderung, die deshalb von meiner Fraktion im parlamentarischen Verfahren aufgegriffen und per Änderungsantrag unterstützt wurde. Wäre dem Änderungsantrag stattgegeben worden, hätten die Kommunen das Geld längst sicher. Die Regierung und die Koalitionsfraktionen jedoch lehnten dies zu dem Zeitpunkt rigoros ab. Schon vor diesem Hintergrund verbietet es sich, dass die Koalition hierbei von zusätzlicher Landesunterstützung spricht.
Meine Damen und Herren, der vorliegende Gesetz- entwurf soll den finanziellen Teil der Vereinbarung vom 19. Februar 2014 haushaltsrechtlich umsetzen. Diese Vereinbarung entspreche dem System Sellering, mit dem, wie es die OZ darstellt, die „Demokratie … faktisch auf den Kopf gestellt“ würde. Sellering plündere „den Sparstrumpf des Landes, um sich kurzfristig von Kommunen … Burgfrieden zu erkaufen. … Die Parlamentarier“, so schließlich die OZ vom 8. März, seien „zu Claqueuren der Staatskanzlei geworden.“
(Heinz Müller, SPD: Lesen Sie jetzt die OZ vor oder bringen Sie Ihre Meinung? Das würde mich mal interessieren.)