Das Wort zur Begründung des Antrages der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat die Abgeordnete Frau Gerkan. Bitte schön, Frau Gerkan.
Sehr geehrte Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Unsere Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN war nicht nur verwundert, sondern wir waren regelrecht schockiert, als mit einem Pressebericht am 19. April dieses Jahres bekannt wurde, dass die Richtlinie zur Förderung umwelt- und tiergerechter Haltungsverfahren in Mecklenburg-Vorpom- mern in der neuen Förderperiode nicht mehr weitergeführt werden soll. Diese Richtlinie ist doch gerade erst 2010 erlassen worden!
Schockiert deshalb, weil natürlich von so einer Meldung eine fatale Wirkung ausgeht. In einer Zeit, in der die Agrarbetriebe jede Unterstützung benötigen, um den wachsenden Anforderungen an einen umfassenden Tierschutz in der Nutztierhaltung gerecht werden zu können, baut die Landesregierung die Unterstützung ab. Das ist ein schlechtes Signal und hat die Nutztierhalter des Landes zu Recht erzürnt. Wir haben uns daraufhin
entschlossen, den vorliegenden Antrag einzubringen, der in seiner Substanz noch etwas weiter geht und in seinen Forderungen konkreter formuliert ist als jener Antrag der Kolleginnen und Kollegen der Linksfraktion.
Mit Ihrem Antrag, sehr geehrter Herr Professor Dr. Tack, stimmen wir im Kern aber überein, doch halten wir ein stärkeren Bezug auch zum Agrarinvestitionsförderprogramm und zu der entsprechenden Förderrichtlinie mit konkreteren Vorschlägen für notwendig.
Im Zusammenhang mit der heute zur Debatte stehenden Richtlinie zur Förderung umwelt- und tiergerechter Haltungsverfahren glaubte ich tatsächlich – ähnlich wie Sie, Herr Tack – an einen verspäteten Aprilscherz, als ich die Begründung für ihre Abschaffung in einem Presseartikel der OZ vom 19. April lesen musste, Herr Backhaus. Sie selbst, Herr Backhaus, äußerten darin die Auffassung, dass wir uns von einem Förderinstrument verabschieden müssen – nur, weil wir es in der Umsetzung nicht mehr kontrollieren können. Die Regeln und Vorschriften für umwelt- und tiergerechte Nutztierhaltung seien inzwischen zu komplex und zu kompliziert. Der Personalbestand der Umwelt- und Landwirtschaftsverwaltung des Landes könne die notwendigen Kontrollaufgaben nicht mehr leisten.
Meine Damen und Herren der Regierungskoalition, wenn das tatsächlich der Grund für die Einstellung dieser Förderrichtlinie sein soll, so ist dies der Offenbarungseid einer gescheiterten Verwaltungsreform, die Sie und nur Sie an dieser Stelle zu verantworten haben. Sie haben Personalmittel in der Umwelt- und Landwirtschaftsverwaltung eingespart, aber damit dafür gesorgt, dass der Staat seinen Aufgaben nicht mehr umfänglich nachkommen kann. So kommt es nun offenbar dazu, dass unser Land in der durchaus guten Absicht, tier- und umweltgerechte Nutztierhaltung zu fördern, nicht mehr alle in diesem Zusammenhang möglichen Förderinstrumente anwenden kann. Es ist offenbar kein ausreichendes und qualifiziertes Personal vorhanden, um die Förderbedingungen auch entsprechend zu kontrollieren. Es kommt in der Folge womöglich zu fehlerhaften Fördervorgängen und zu Rückforderungen der EU.
Ich frage Sie ernsthaft: Kann das denn wirklich wahr sein? Und meine Antwort lautet: Das darf nicht wahr sein! Wir sind der festen Überzeugung, dass wir nur dann zu einer tier- und umweltgerechten Nutztierhaltung kommen, wenn es fachlich qualifizierte und ausreichend ausgestattete Kontrollbehörden gibt. Alles andere zu glauben, ist einfach naiv, und diese Naivität, sehr geehrter Herr Minister, nehmen wir Ihnen in dieser Form auch nicht ab. Ihre Aufgabe ist es, für ausreichend Personal zu sorgen. Sie tragen die Verantwortung dafür, dass wir mit dem Tierschutz in der Nutztierhaltung weiterkommen.
den Sie als Gastgeber und Vorsitzender in diesen Tagen auf der Verbraucherschutzministerkonferenz in RostockWarnemünde vertreten wollen. Verbraucher wollen tiergerecht erzeugte Nahrungsmittel.
Gerade der Aspekt der Tiergerechtigkeit ist 50 Prozent der Deutschen beim Einkauf sehr wichtig. Das ergab zum Beispiel eine Umfrage von Infratest dimap aus dem Jahr 2013. Beim Thema „Umwelt- und tiergerechte Nutztierhaltung“ wird besonders deutlich, wie wenig Ehrgeiz Sie, Herr Minister Backhaus, auf diesem Gebiet entwickeln.
Sichtbar wird das an dem für eine tiergerechte Nutztierhaltung verbliebenen Hauptförderinstrument, dem Agrar- investitionsförderprogramm und der zugehörigen Förderrichtlinie. Erst auf Druck der EU-Kommission hin haben Sie, Herr Backhaus, die Anforderungen für die Nutztierhalter, die das AFP nutzen wollen, erweitert. Weiterhin gehört zur Wahrheit auch dazu, dass das, was Sie über das AFP fördern, nicht viel mehr als die Pflicht ist, die im Tierschutz in den Ställen auf Grundlage der TierschutzNutztierhaltungsverordnung sowieso zu leisten ist.
Zwar gibt es den Premiumstandard der Förderung für besonders tiergerechte Haltung im AFP, doch mit Verlaub, Niedersachsen macht es dann doch wieder etwas konkreter. Im dortigen überarbeiteten AFP wird zur Bedingung gemacht, bei Ferkelkastrationen die Tiere zuvor zu betäuben.
Deshalb können Sie nicht für sich in Anspruch nehmen, besonders viel, ja, überdurchschnittlich viel für den Tierschutz in der Nutztierhaltung zu leisten. Unsere Forderung lautet deshalb, die Richtlinie zum AFP deutlich tierschutzrelevanter zu formulieren und nur das zu fördern, was sich deutlich von dem abhebt, was die TierschutzNutztierhaltungsverordnung ohnehin bereits fordert.
Die gleiche Forderung, also die Einführung weitergehender Tierschutzkriterien, gilt dann selbstverständlich auch für eine weiterzuführende Richtlinie zur Förderung umwelt- und tiergerechter Haltungsverfahren.
Dann noch ein weiterer Aspekt, der uns mit diesem Antrag wichtig ist. Auch wenn das AFP die Forderung bietet, tierschutzrelevante Investitionen und Verfahren zu fördern, so darf nicht vergessen werden, dass die Richtlinie zur Förderung von Investitionen in der landwirtschaftlichen Produktion nach dem Agrarinvestitionsförderungsprogramm Teil A, kurz AFP-Richtlinie, weit mehr beabsichtigt als allein die Verbesserung des Tierschutzes in der Nutztierhaltung. Da geht es ebenso um Verbraucher-, Umwelt- und Klimaschutz in einer multifunktionalen Landwirtschaft. Deshalb halten wir es für erforderlich, die Förderung im Bereich der tiergerechten Nutztierhaltung, die im Zuge des AFP ausgereicht werden soll, nicht unbegrenzt zu bewilligen. Dies soll sicherstellen, dass auch
andere Antragsinitiativen aus den genannten Handlungsfeldern Verbraucher-, Umwelt- und Klimaschutz zum Zuge kommen und nicht mit gewaltigen Fördersummen allein gigantische Rinder-, Schweine-, Gülleställe finanziert werden,
denn multifunktionale Landwirtschaft umfasst weit mehr als Tierhaltung. Da verrate ich Ihnen sicher nichts Neues. Doch wo bildet sich das bisher ab in unserer Förderpolitik?
Insgesamt – und damit möchte ich meine Antragseinbringung schließen – nutzt die Landesregierung deutlich zu wenig Förderinstrumente, um zu einer umwelt- und tierschutzgerechten Nutztierhaltung zu kommen, die ihren Namen auch wirklich verdient. Es gibt zwar noch die Förderrichtlinien für die Schaf- und Ziegenweide und für die naturschutzgerechte Grünlandnutzung, die auch dem Tierwohl dienen, doch es könnte weit mehr getan werden.
Unser Antrag gibt Anlass, die Förderbedingungen für eine umweltgerechte und tiergerechte Nutztierhaltung in Mecklenburg-Vorpommern zu hinterfragen und zu überarbeiten.
Deshalb bitten wir Sie, ihm zuzustimmen und den Agrarbetrieben weitere Unterstützung bei der Umstrukturierung in Richtung von mehr Tiergerechtigkeit angedeihen zu lassen. – Vielen Dank.
Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine verbundene Aussprache mit einer Dauer von bis zu 120 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ja, mir fällt es schon schwer – Frau Gerkan, Sie sind meistens leider nicht, ich habe Sie nicht allzu oft in den Agrarausschusssitzungen gesehen –,
es fällt mir schon schwer, jetzt darauf einzugehen, aber ich werde Ihnen in den nächsten Minuten darstellen, dass Mecklenburg-Vorpommern gerade in den letzten Jahren,
was die artgerechtere Tierhaltung anbetrifft, was die ökologische Ausrichtung anbetrifft und was insbesondere auch die Förderung von artgerechteren Tierhaltungsmaßnahmen anbetrifft, die Vorreiterrolle gespielt hat.
Und wenn man sich die Anträge anschaut, dann will ich auch das, was von Herrn Dr. Tack hier angedeutet worden ist, natürlich deutlich machen. Es ist immer schön, zu Beginn einer neuen Förderperiode auf das zurückzublicken, was in der Vergangenheit war. Sie haben schon einen groben Fehler – um das gleich aufzudecken – hier der Öffentlichkeit vorgetragen: Die Förderung zur artgerechteren Tierhaltung ist insgesamt über zehn Jahre gelaufen. Wenn man sich das auf der Zunge zergehen lässt, dann sind da knapp 90 Millionen Euro über die beiden Verpflichtungszeiträume – über jeweils fünf Jahre zwischen 9 und 11 Millionen Euro je Jahr – bereitgestellt worden. Das müssen wir einfach zur Kenntnis nehmen. Diese Förderrichtlinie ist nicht 2010 neu gemacht worden, sondern sie ist insgesamt zehn Jahre alt.
Und wenn man eine Förderperiode abschließt, dann ist vollkommen klar, dass man bilanziert darüber nachdenkt, was können wir besser machen und wie können wir auch die strategische Ausrichtung zum Wohle der Unternehmen verbessern.
Das ist nicht zum Lachen, sondern todernst, und Ihr Feindbild, nämlich die Landwirtschaft, das wird doch hier deutlich in dem, was Sie zum Ausdruck bringen. Ob klein oder groß, gegen Tierhaltung sind Sie generell.
Deswegen ist in diesem Land auch dieses Klima entstanden. Gehen Sie in die Dörfer, fahren Sie mit dem Agrarausschuss mit! Sie vergiften das Klima für Investitionen in Mecklenburg-Vorpommern, in der Landwirtschaft.
Im Übrigen haben wir in den letzten drei Förderperioden, Frau Gerkan, 3 Milliarden Euro an europäischen Mitteln bekommen. Der Ministerpräsident hat heute Morgen auch zu dem Thema gesprochen. Jawohl, Europa tut gut! 3 Milliarden Euro an reinen Fördermitteln der Europäischen Union sind in die Landwirtschaft, die ländlichen Räume, die Ernährungswirtschaft und in die Umwelt hineingeflossen.
Ich bin stolz darauf, dass ich – im Übrigen, die Verbraucherschutzministerkonferenz hat begonnen, auch Ihre Kolleginnen und Kollegen sind da – heute Nacht in Absprache mit Ihren Kollegen bei dem Direktzahlungsgesetz die letzten Hürden ausgeräumt habe. Was Sie hier zum Teil loslassen, ist wider jede Vernunft.