Das ist schon ein bedeutsamer Tag, und ich würde gerne noch einmal verdeutlichen, vor welcher absurden Situati
on wir stehen – man kann es gar nicht oft genug betonen. Europa einigt sich darauf, die Studiengänge neu zu strukturieren. Das, was früher einmal ein Diplom war, wird heute zerlegt in zwei Studienabschlüsse: erst sechs Semester Bachelor, dann vier Semester Master. Aber das Niveau, das dort studiert wird, liegt nicht unter dem eines Diploms. Jedenfalls sagen das auch immer die Ingenieure, dass sie darauf aufpassen, dass das deutsche Diplom da nicht unter die Räder gerät. Das heißt, die Struktur und die Inhalte entsprechen bei unseren Studiengängen dem, was in Europa gefordert ist. Und das Einzige, was der Landesgesetzgeber von Mecklenburg-Vorpommern gemacht hat, ist, zu sagen, die Studierenden dürfen selber entscheiden, ob sie DiplomIngenieur heißen wollen oder Master of Engineering, und die meisten wollen Diplom-Ingenieur heißen. Das kann man ja auch nachvollziehen.
Die Akkreditierungsagentur, die die Gleichwertigkeit der Studienprogramme in Europa gewährleisten soll, lehnt die Akkreditierung ab – nicht, weil das Programm nicht in Ordnung ist, nicht, weil wir nicht alle Strukturvorgaben einhalten, sondern weil wir einen anderen Namen wählen. Und jetzt beginnt die Absurdität.
Die Akkreditierungsagentur ASIIN hat also in der Fachhochschule Stralsund den Studiengang akkreditiert. Und jetzt passiert es, jetzt kommt Folgendes: Die Akkreditierungsagentur ASIIN ist bereit, der Fachhochschule Stral- sund das ASIIN-Akkreditierungssiegel zu geben. Das ASIIN-Akkreditierungssiegel gilt in ganz Europa, das heißt, der Studiengang ist in ganz Europa anerkannt. Das Akkreditierungssiegel des Akkreditierungsrates für Deutschland, das darf die Fachhochschule Stralsund aber nicht bekommen. Also in ganz Europa ist der Studiengang anerkannt, nur wir anerkennen unseren eigenen Studiengang mit dem Argument nicht, dass er dann in Europa nicht anerkannt würde, obwohl der in Europa anerkannt wird.
Wir anerkennen in Deutschland natürlich auch die Studienabschlüsse aus Österreich. Ich erlaube mir jetzt einmal, in das Universitätsgesetz der Republik Österreich zu schauen, Paragraf 51 Absatz 2 – ich muss kurz aufschlagen – Nummer 11. Jetzt hören Sie sich das mal an, was da drinsteht! Also die Studienabschlüsse anerkennen wir alle. Zitat: „Mastergrade sind die akademischen Grade, die nach dem Abschluss der Masterstudien verliehen werden.“ So weit klar. „Sie lauten: ,Master…‘ mit einem im Curriculum festzulegenden Zusatz, wobei auch eine Abkürzung festzulegen ist, oder … Diplom-Ingenieur“. In Österreich steht also im Universitätsgesetz, es gibt einen Mastergrad, und dann dürfen sich die Absolventen entweder Master oder Diplom-Ingenieur nennen. Das ist genau das, was auch bei uns im Gesetz steht. Und wir in Deutschland anerkennen die Abschlüsse aus Österreich, die genauso sind wie unsere, aber wir anerkennen unsere eigenen Abschlüsse nicht.
Meine Damen und Herren, das wäre wirklich ein wunderbarer literarischer Stoff für Till Eulenspiegel und für andere literarische Größen, aber man kann es nicht fassen, dass wir uns auf einen europäischen Hochschulraum zubewegen, wir uns gegenseitig alles anerkennen wollen, alle anderen auch anerkennen, was wir machen, aber wir anerkennen selbst nicht, was wir
Und insofern, meine Damen und Herren, glaube ich, sind wir auf dem richtigen Weg – schon allein aufgrund der Absurdität –, an der Seite unserer Fachhochschulen und Universitäten zu stehen, ihr Recht bis zur letzten Instanz durchzukämpfen. Ich bitte Sie alle um Zustimmung zu diesem Antrag schon aus einem einzigen Grund: Wenn dieses Parlament sich ernst nehmen will, egal ob man als Abgeordneter die Regelung, die in dem Gesetz drinsteht, gut findet oder nicht, wenn dieses Parlament sich ernst nehmen will, dann muss es darauf bestehen, dass es keine Agentur dieser Welt geben kann, die Gesetze, die dieses Parlament hier beschlossen hat und womit auch Rechte der Bürger in diesem Land verbunden sind, die einen solchen Parlamentsbeschluss mit Gesetzeskraft infrage stellen und unseren Hochschulen Rechte nehmen kann, die wir ihnen gegeben haben.
In diesem Sinne, meine Damen und Herren, hoffe ich, dass Sie hier heute ein einhelliges Votum zu diesem Antrag abgeben und die Landesregierung und die Hochschulen weiterhin dabei unterstützen, ihre Rechte durchzusetzen. Wir jedenfalls werden es tun. Die Gelder für die Rechtsstreite stehen bereit. Die Fachhochschule Stralsund wird dafür nicht einen Cent bezahlen und hoffentlich weltberühmt werden.
Weil es hier darum geht, den Stellen, die gerade die Wirksamkeit und Geltung des Gesetzes infrage stellen, vonseiten des Parlamentes zu zeigen, dass dieses Parlament an seiner Rechtsauffassung festhält, an seinem Landeshochschulgesetz festhält und bereit ist, auch im Rechtsstreit mit anderen Ebenen und Institutionen dieses Recht und die Meinungsbildung des Parlamentes zu verteidigen.
Ich glaube schon, dass genau dies ein Punkt ist, der würdig ist und rechtfertigt, dass dieses Parlament sich noch mal klar dazu bekennt, damit zum Beispiel die FAZ auch in der nächsten Woche dieses Parlament loben kann. Ich gehe davon aus, dass das wieder passieren wird. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU – Peter Ritter, DIE LINKE: Dann wäre ich auf die Argumentation gespannt, wenn die Oppositionsfraktionen einen solchen Antrag gestellt hätten. Da müssen Sie selber lachen, Herr Minister – nur fürs Protokoll.)
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr verehrte Damen und Herren! Ich möchte auch gleich auf den Punkt kommen und will nicht um den heißen Brei herumreden.
Es wird festgestellt, dass sowohl SPD als auch CDU offensichtlich auch bei diesem Thema nicht an einer Zusammenarbeit mit den demokratischen Fraktionen interessiert sind.
In der letzten Legislaturperiode, genau gesagt, im Juni 2011, haben alle demokratischen Fraktionen einen gemeinsamen Antrag mit der Drucksachennummer 5/4468 eingebracht.
Drei Jahre später, sprich in diesem Jahr, 2014, halten Sie es nicht einmal für nötig, die demokratische Opposition anzusprechen, geschweige denn einzubeziehen. Das ist ein ganz schlechter parlamentarischer Stil
Dieses Vorgehen ist damit offensichtlich eher ein Beispiel Ihrer verzweifelten Suche nach gemeinsamen Themen, mit denen Sie die Landtagssitzung hier mehr schlecht als recht anreichern können, liebe Kolleginnen und Kollegen. Ihr gemeinsamer Antrag ist weder vom parlamentarischen Stil noch vom Inhalt her ein Glanzstück. Deshalb müssen wir Ihnen einen Änderungsantrag unterbreiten.
Um es noch einmal deutlich zu sagen, damit auch keine Missverständnisse entstehen: Meine Fraktion ist für den Erhalt und sogar für den Ausbau von Diplomstudiengängen an den Hochschulen unseres Landes.
Diese haben sich in der Vergangenheit bewährt, sie genießen nach wie vor internationale Anerkennung, die Studierenden werden nach bestandenen Prüfungen vollwertig in die Arbeitswelt entlassen, und das auch noch ein Jahr früher als in einem Masterstudiengang. Also noch einmal: Meine Fraktion ist ausdrücklich für die Anerkennung und Ausweitung von Diplomstudiengängen.
Ich wende mich jetzt an Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen der SPD, da Sie die Urheber dieses Antrages sind. Hätten wir diesen Antrag heute eingebracht,
(Egbert Liskow, CDU: Was heißt denn „hätten“? Ihr habt doch nicht! – Zuruf von Rainer Albrecht, SPD)
In Punkt I schreiben Sie, dass „die Akkreditierungsagenturen“ die Studiengänge „verweigern wollen“. In Ihrer Begründung führen Sie aber aus, dass die Agenturen dies bereits im April 2013 entschieden und bereits am 25. Februar dieses Jahres einen Grundsatzbeschluss dazu gefasst haben.
Nun, auf Ausdrucksschwächen des Antrages gehe ich jetzt nicht ein, sondern ich komme, ich sage mal, aus Zeitgründen, gleich zum Punkt II. Den Punkt 1 hätten Sie aus dem Grund mit uns abgesprochen, weil die Landesregierung natürlich an den Landtagsbeschluss aus dem Jahr 2011 gebunden ist. Wir müssen davon ausgehen, dass die Landesregierung alles unternimmt, um den Beschluss des Landtages umzusetzen und Diplomstudiengänge zur Anerkennung zu führen.
Der zweite Punkt unter II ist dann doch die Krönung. Sie fordern die uneingeschränkte Unterstützung von Klagen der Hochschulen und wollen die Kosten dafür übernehmen, ohne diese zu kalkulieren. Außerdem benennen Sie für die Kosten keinen Haushaltstitel, aus dem diese gezahlt werden können.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, diese Aufforderung ist juristisch höchst zweifelhaft und haushaltsrechtlich bedenklich. Das verstößt im Übrigen gegen Paragraf 55 Absatz 2 der Geschäftsordnung dieses Landtages.
Ich fasse zusammen: Diesen Antrag würde ich als Schaufensterantrag bezeichnen und er verlässt den Konsens dieses Hohen Hauses. Er ist rechtlich bedenklich und, wie erwähnt, verstößt gegen die Geschäftsordnung dieses Landtages. Ich rate Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen der Koalition, entweder ziehen Sie Ihren Antrag zurück oder stimmen Sie unserem Änderungsantrag zu. Tun Sie das nicht, dann enthält sich meine Fraktion der Stimme.