Auch der letzte Halbsatz, finde ich, ist durchaus bedeutungsvoll und sollte nicht aus den Augen verloren werden. Zur Verstetigung von Förderleistungen wollen wir die wirksame Übertragbarkeit von Haushaltsmitteln von einer Haushaltsseite zur nächsten in der Grundsicherung verbessern. Auch die Übertragbarkeit steht drin. Entsprechend der Koalitionsvereinbarung im Bund werden für den Zeitraum 2014 bis 2017 1,4 Milliarden aus den Ausgaberesten der Jobcenter in Deutschland zur Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit zur Verfügung gestellt. Was das auch für Mecklenburg-Vorpommern bedeutet, hat die Ministerin schon referiert. Hier sprechen wir von einem Bedarf für ungefähr 35.000 Langzeitarbeitslose, was immer noch eine viel zu große Anzahl ist.
Ministerin Hesse hat ihr eigenes Bekenntnis zur Priorität der Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit abgelegt. Diese Prioritätensetzung hatte auch ihre Vorgängerin im
Amt und diese Prioritätensetzung ist daher auch lange bekannt und bereits bei der Planung des Operationellen Programmes eingeflossen. So ist es auch folgerichtig, dass die besondere Förderung Langzeitarbeitsloser in dieses Programm ihren Eingang gefunden hat, unabhängig von dem Antrag der LINKEN.
Bezüglich des Anstiegs der Langzeitarbeitslosigkeit – und wir sehen das auch so, Herr Kokert, im Vergleich zum Vorjahr ist es ein Anstieg, auch wenn das für den Vormonat vielleicht nicht gelten mag – ist darüber hinaus bei uns in Mecklenburg-Vorpommern noch die bedauerliche Situation zu beklagen, dass gerade im Osten unseres Landes durchaus auch qualifizierte und motivierte ältere Arbeitsuchende keine passenden Stellen in zumutbarer Entfernung zum Wohnort finden. Außerdem weist der IAB-Kurzbericht 11/2014 darauf hin, dass gerade im Osten die spezifische Arbeitslosenquote für niedrige Qualifikationen mit circa 35 Prozent gut dreimal höher liegt als in Süddeutschland.
Wir haben also im Land auch noch einmal ganz spezifische Bedarfe, mit denen wir intelligent umgehen müssen. Das Arbeitsministerium hat, wie ich finde, richtige Weichenstellungen getroffen und die Regionalbeiräte gestärkt. Die Jobcenter sind stimmberechtigte Mitglieder in diesen Beiräten, das bedeutet natürlich auch mehr Verantwortung in den Regionen. In Bezug auf den öffentlichen Beschäftigungssektor insgesamt haben wir uns hier, ich hatte es vorhin schon erwähnt, schon mehrfach ausgetauscht und auch mehrfach die unterschiedlichen Meinungen innerhalb der Koalition hinlänglich dokumentiert.
Ich persönlich hoffe aber – und das hatten Sie vorhin in einem Halbsatz mit angesprochen, ich hoffe, dass Sie darauf gleich noch mal ein bisschen näher eingehen –, also ich persönlich hatte eigentlich eine ziemliche Hoffnung an diesen Modellversuch in Baden-Württemberg geknüpft, diesen Aktiv-Passiv-Transfer. Darüber hatten wir hier auch schon ausführlich gesprochen. Ich hatte gehofft, dass dieses Projekt dermaßen erfolgreich ist, dass man da wirklich Anknüpfungspunkte finden kann und noch mal Fahrt in die Angelegenheit kommt.
dass noch weitere Modellprojekte in vielen Städten dieses Landes nötig wären. Um das nachher vernünftig evaluieren zu können, oder wie? Das habe ich jetzt leider nicht aus Ihren Worten herausgehört.
Herr Foerster, Sie haben zahlreiche Einzelmaßnahmen in Ihrem Antrag beschrieben. Ob man sie gut findet oder nicht, festzustellen ist, dass Sie hier einen sehr bunten Strauß zusammengefügt haben, der teilweise bereits in der Abarbeitung ist, teilweise bereits in früheren Diskussionen hier im Haus verworfen wurde, ergänzt durch einige, wie mir scheint, noch nicht ganz ausgereifte Aspekte. Da möchte ich zum Beispiel die Forderung nach einem zusätzlichen Budget für die Jobcenter für die Förderung auf – wie ich Ihrem Antrag eigentlich nur entnehmen kann – unbestimmte Zeit erwähnen. Daher ist Ihr Antrag auch nicht wirklich zustimmungsfähig.
Für die Weichenstellung im Land sitzen die Expertinnen und Experten unter anderem im „Bündnis für Arbeit und Wettbewerbsfähigkeit“ zusammen und dieses Bündnis scheint mir besonders wichtig zu sein. Zum einen ist es ein geeignetes Gremium, um für unser Land Positionsbestimmungen zu entwickeln. Besonders wichtig ist es nämlich, dass es ein breites Bündnis gibt, das entwickelte Maßnahmen auch trägt. Und dieses Bündnis, das hat sich ebenfalls darauf verständigt, dass das Thema Langzeitarbeitslosigkeit in den Fokus zu nehmen ist. Also, ich glaube, hier rennen wir auch offene Türen ein.
Aber was mich an den Ausführungen von Ministerin Hesse noch mal besonders bewegt: Frau Ministerin Hesse hat in ihrer Rede auf die besondere Zielgruppe der arbeitslosen Familien hingewiesen. Sie hat das nicht weit ausgeführt, aber ich will das noch ein bisschen weiter tun, weil ich finde, das ist genau der richtige Ansatz. Da, wo Eltern arbeitslos sind, wirkt sich das auf die ganze Familie und insbesondere auf die Kinder aus. Das hat auch Herr Kokert, glaube ich, schon gesagt.
und hier wiederum insbesondere, wie ich finde, Allein- erziehende. Das sind ja in der Regel mal wieder Frauen, weil sie ganz allein die Last der Unterhaltssicherung für sich und ihre Kinder auf ihren Schultern zu tragen haben.
Zurzeit ist es aber leider umgekehrt. Kinder werden ihren Eltern immer noch als Ausfallrisiko angerechnet. Das darf man einer Arbeitsgesellschaft nicht durchgehen lassen! Solange wir es akzeptieren, dass Kinder ein Vermittlungshemmnis darstellen, stimmt mit unserer Gesellschaft irgendetwas nicht.
Frau Ministerin Hesse, liebe Birgit, meine Erwartungen sind hoch, dass mit dem „Bündnis für Arbeit und Wett- bewerbsfähigkeit“ endlich Fortschritte für arbeitslose Eltern erzielt werden. Und bei den arbeitslosen Eltern gilt meine besondere Aufmerksamkeit, wie ich eben schon sagte, den arbeitslosen Frauen, denen der – in Anführungszeichen – Familienanhang bekanntlich besonders auf die Füße fällt. Ihnen muss in Zukunft im weitaus höheren Maße als heute nicht nur die Arbeitsaufnahme, sondern die Aufnahme einer qualifizierten Vollzeitbeschäftigung mit der dazu notwendigen Absicherung von Kinderbetreuung ermöglicht werden. – Sehr geehrte Damen und Herren, ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal darf ich sagen, dass ich mich darüber freue, dass das seit längerer Zeit die differenzierteste und, wie ich finde, fairste Debatte zur Frage der Situation am Arbeitsmarkt war, die ich zumindest in meinen zweieinhalb Jahren in diesem Haus hier erlebt habe.
Nun könnte ich mich natürlich hinstellen und könnte wieder mal sagen, ein Stück weit hat das auch Links bewirkt, denn vor einem Jahr oder vor anderthalb Jahren war sicherlich noch nicht vorstellbar, dass eine Ministerin gerade zur Frage der Langzeitarbeitslosigkeit in die Offensive geht, dass sie mit dem Thema in die Landespressekonferenz geht, dass im Bündnis für Arbeit darüber intensiv diskutiert wird. Und da laufen weitere Dinge hinter den Kulissen. Es wird an einem Format gearbeitet, gemeinsam von Politik, Erwerbslosenbeirat, Gewerkschaften und anderen, das diesen Diskussionsprozess, den wir heute sozusagen hier ein Stück weit mit eingeleitet haben, fortführen will und ausdrücklich auch fortführen soll.
Zur Frage der unterschiedlichen Bewertung von Statistik, Herr Kokert, nur der Hinweis: Meine Ausführungen bezogen sich auf die höchste Arbeitslosenquote in einem Flächenland. Dann ist das sozusagen auch ordentlich verständlich und wir sind uns an der Stelle einig.
Zur Frage der Notwendigkeit von Beschäftigungsprogrammen: Also richtig ist, es wird ein Bundes-ESFfinanziertes Beschäftigungsprogramm geben, das soll „Perspektiven in Betrieben“ heißen. Und natürlich kann man sich jetzt hinstellen und sagen, besser als nichts, und die Sache abhaken. Ich möchte aber auf einige Probleme, die sich damit verbinden, hinweisen, denn es gibt durchaus auch sehr kritische Rückmeldungen von denjenigen, die am Ende mit der Umsetzung solcher Programme befasst sind.
So schrieb beispielsweise die Liga der freien Wohlfahrtsverbände Hessen an Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles zu diesem Thema Folgendes, ich darf aus dem Brief zitieren: „Es ist gut, dass Ihr Haus ein Programm zur Eingliederung langzeitarbeitsloser Menschen plant. Die … genannten Rahmenbedingungen zu ‚Perspektiven in Betrieben‘ sind jedoch … völlig ungeeignet … eine langfristige Arbeitsmarktintegration bzw. Teilhabe von langzeitarbeitslosen Menschen auch nur annährend zu erreichen.“ Zitatende. Die kommen auch nicht von ungefähr zu dieser Einschätzung, denn die haben sich mal angeguckt, wie die Erfahrungen im gleichnamigen Modellprojekt waren. Dort wurden nämlich bundesweit nur 33 Personen mit Lohnkostenzuschüssen vermittelt und der maßgebliche Paragraf 16e im SGB II, die Förderung von Arbeitsverhältnissen, wurde auch kaum umgesetzt. Das Problem lag hier in erster Linie bei den Unter- nehmen.
Also es geht darum, wenn wir nachhaltig in den Arbeitsmarkt integrieren und auch eine echte Erfolgschance damit verbinden wollen, dann müssen Maßnahmen Qualifizierungsbestandteile haben, sie müssen sozialpädagogisch begleitet werden. Es geht darum, dass, um längerfristige Beschäftigung zu erreichen, externe Unterstützung auch für Arbeitgeber notwendig ist. Da kann natürlich ein auf 18 Monate befristeter degressiver Lohn
kostenzuschuss bestenfalls ein Einstieg sein, denn allein wird er kaum zu einer höheren Bereitschaft der Arbeitgeber führen, dieser Arbeitsmarktfernzielgruppe einen Arbeitsplatz anzubieten. Deswegen kann es auch keinen verwundern, dass mittlerweile einen breites Bündnis von den Wohlfahrtsverbänden bis zu den Gewerkschaften allgemein einen ganzheitlichen Neustart der öffentlich geförderten Beschäftigung fordert. Dahinter steht eine ganz simple Erkenntnis und die lässt sich auch für unser Land ablesbar machen, dass nämlich ein größerer Teil der Langzeitarbeitslosen angesichts der Anforderungen am heutigen Arbeitsmarkt auf längere Sicht gar keine Chance auf eine ungeförderte Beschäftigung hat.
Was mir immer zu kurz kommt hier in der Diskussion, ist, dass mal darüber diskutiert wird, was eigentlich die sozialpolitische Funktion von Arbeit als Sinnstifterin ist. Damit verbinden sich ja soziale Kontakte, damit verbindet sich Anerkennung über Entlohnung und andere Aspekte. Und da geht dann die Frage in Richtung der CDU. Sie haben ja auch gesagt, wir müssen an dem Abbau der Langzeitarbeitslosigkeit arbeiten, dann müssen Sie mal beantworten: Mit welchem Konzept und vor allem, was Sie bereit sind, an Geld dafür einzusetzen?
Eine ehrliche Diskussion über öffentlich geförderte Beschäftigung oder sozialen Arbeitsmarkt, wie auch immer man das benennen will, die erfordert zunächst, dass man einen gesellschaftlichen Konsens erreicht. Ich darf dann auch noch mal auf die Position des DGB verweisen.
Er sagt, wir brauchen erst mal eine klare Definition von Zielen und eine flexible, an den Zielen ausgerichtete Gestaltung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente. Das ist Fakt.
Die Rückkehr zum flexiblen Beschäftigungszuschuss habe ich in der Einbringung erläutert. Es wäre eine Möglichkeit, sich in diese Richtung zu bewegen. Die Frage, die immer im Raum steht, ist, wie man eine Förderung von Langzeitarbeitslosen längerfristig finanzieren kann. Und da darf ich dann noch mal daran erinnern, dass es leider bis heute nicht gelungen ist, zum entsprechenden Haushaltsvermerk im Bundeshaushalt zu kommen, der eine Möglichkeit einräumt, dauerhaft öffentlich geförderte Beschäftigung zu schaffen. Folgerichtig fordern auch die unterschiedlichen Expertinnen und Experten, auch unsere Bundestagsfraktion, den Passiv-Aktiv-Tausch, also den Einsatz von Mitteln, die ich sowieso ausgeben muss – für den Regelsatz, für die Kosten der Unterkunft und Heizung –, endlich auch zur Finanzierung von arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen zu ermöglichen.
An dieser Stelle müssen wir dann auch gemeinsam weiter Druck machen und damit, Frau Ministerin Hesse, Ihre Parteifreundin im Amt der Bundesarbeitsministerin einfach mal beim Wort nehmen. Auf einer Veranstaltung jüngst in Bad Kreuznach betonte Andrea Nahles, dass der Passiv-Aktiv-Tausch, der ja verschiedentlich erprobt wurde, sozusagen noch weiter erprobt werden soll. In Gelsenkirchen hat sie im Mai angekündigt, den PassivAktiv-Transfer in mindestens 20 weiteren Städten oder
an 20 weiteren Standorten erproben zu wollen. Ich habe es ja schon einmal gesagt, vielleicht fragen Sie mal nach, ob einer dieser Standorte nicht möglicherweise auch in Mecklenburg-Vorpommern liegen könnte.
Geprüft wird die Möglichkeit zur Einrichtung eines dauerhaften sozialen Arbeitsmarktes und der damit verbundenen Finanzierung ja auch laut einem Abgeordnetenbrief von Frau Anette Kramme, das ist die Staatssekretärin im zuständigen Bundesministerium.
Auf die Notwendigkeit, die Mittel wieder aufzustocken, bin ich im Detail eingegangen. Das will ich hier an der Stelle dann nicht noch einmal wiederholen. Ich will nur sagen, dass den 5,5 Milliarden, die unsere Bundestagsfraktion für notwendig erachtet, eine seriöse Prognose zugrunde liegt. Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit selbst geht in der Prognose für 2014 davon aus, dass wir bis zu 1.965.000 Arbeitslose im SGB II haben werden. Wenn man den Betrag ansetzt, den man vor der Instrumentenreform durchschnittlich pro Betroffenen investiert hat, dann kommt man exakt auf die 5,5 Milliarden.
Und dass wir insbesondere die SPD und die SPDArbeitsministerin dazu auffordern, immer wieder auffordern, sich dieses Themas anzunehmen, das hat auch etwas mit dem schon angesprochenen Bundestagswahlprogramm zu tun, Frau Tegtmeier. Denn da steht – für diejenigen, die es vergessen haben –
eine unterstützenswerte Forderung: „Ein hohes Niveau der … Arbeitsförderung ist unerlässlich, um verfestigte Langzeitarbeitslosigkeit aufzubrechen“. Ich glaube, was diese Zielstellung angeht, da sind wir uns einig. Allerdings bin ich der Auffassung, da gibt es noch reichlich Luft nach oben, und zwar nicht nur, weil ich mir das wünsche, sondern weil das im Interesse der Betroffenen ist, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen.
Noch mal zur Frage Mindestlohn. Da sagte der Kollege Kokert, das sei heute sozusagen nicht das Thema. Es ist aber leider ein Thema, weil eine der Ausnahmeregelungen genau den Bereich der Langzeitarbeitslosigkeit betrifft. Ich gehe immer noch davon aus, dass das intern ein gemeinsames Anliegen von SPD, LINKEN und Gewerkschaften ist, auch GRÜNEN.
Mal die Frage an Sie, Herr Kokert: Wissen Sie eigentlich, was Langzeitarbeitslose im ersten halben Jahr nach einer ohnehin schwer zu erreichenden Vermittlung am ersten Arbeitsmarkt durchschnittlich verdienen?