Protokoll der Sitzung vom 03.07.2014

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Tegtmeier für die Fraktion der SPD.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!

Liebe Frau Gajek, Sie haben hier öfter die Worte „Wir erinnern uns“ bemüht im Zusammenhang der Geschichte der Regenbogenfarbe. Da möchte ich auch mal kurz erinnern: Die Regenbogenfahne wurde in Berlin 1996 eigentlich erstmals gehisst und da brach der sogenannte Flaggenkrieg in Berlin aus.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Genau, mit Schönbohm.)

Ja, der damalige Innensenator Schönbohm hat jahrelang versucht, das zu verhindern. Seit 2001, seitdem Herr Wowereit Bürgermeister von Berlin ist,

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Da hängt sie jedes Jahr.)

wird jedes Jahr die Regenbogenflagge am Roten Rathaus

(Peter Ritter, DIE LINKE: Und das ist gut so.)

in Berlin gehisst.

(Beifall vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das ist vor allen Dingen ein Zeichen nach draußen, ein Zeichen.)

Natürlich hat der Innenminister, was die Erlass- und Verordnungssituation angeht, recht. Rechtsgrundlage für das Hissen von Flaggen gibt es in dem Zusammenhang. Der Staat hat eine Neutralitätspflicht. Und es gab ja auch schon im Zusammenhang mit der Flaggenhissung anlässlich des Todes von Johannes Paul, 2005 war das, wohl eine Untersuchung der Uni Tübingen, die gesagt hat, ganz klarer Rechtsverstoß, hier wird das Neutralitätsgebot verletzt. So werten könnte man in diesem Zusammenhang auch, aber ein Fragezeichen kann man da zumindest setzen. Ich denke, eine Auseinandersetzung mit der rechtlichen Voraussetzung ist durchaus geboten, wie weit die Neutralitätspflicht des Staates im Zusammenhang hiermit steht. Ich weiß zum Beispiel auch, es gibt andere Gelegenheiten, da wird eine Flagge genehmigt und man könnte das Neutralitätsgebot hier sicherlich auch sehen.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wo ein Wille ist, da wäre auch ein Weg.)

Und Ihre Einschätzung, dass sich die CDU hier im Land um die Auseinandersetzung mit dem Thema „Homophobie“, dem Thema „Gleichgeschlechtliche Liebe“ oder anderen Ausprägungen so ein bisschen drückt, den Eindruck kann man haben.

(Zurufe von Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, und Udo Pastörs, NPD)

Frau Friemann-Jennert wird gleich dazu sprechen. Sie hat an anderer Stelle hier schon mal vor gar nicht allzu langer Zeit gesagt, ja, diese Auseinandersetzung gab es bei uns noch nicht so konkret. Aber ich denke, unserer Landesregierung kann man wirklich nicht vorwerfen, sich nicht für eine offene Gesellschaft einzusetzen.

(Zuruf von Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das würde ich auch nicht nur bestreiten, sondern wir wissen ganz genau, dass das nicht so ist. Sie und ich sind zum Beispiel im Netzwerk Homophobie. Da ist unser Sozialministerium, da ist auch das Bildungsministerium, da ist aber auch der Landesrat für Kriminalitätsvorbeugung. Dieser Landesrat für Kriminalitätsvorbeugung, dem gehören 90 Behörden, Verbände, Vereine und so weiter, aber auch Einzelpersonen an. Also das ist schon eine ganz schöne Zahl. Was ist daran besonders bemerkenswert? Vorsitzender ist der Innenminister.

(Torsten Renz, CDU: Was ist denn daran bemerkenswert?)

Also auch der Innenminister ist in dieser Konstellation, in diesem Netzwerk aktiv gegen Homophobie.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Das ist auch gut so.)

Das ist auch gut so, genau. Das finde ich auch. Das hat er hier gar nicht gesagt. Damit hätte er ja ruhig noch mal punkten können.

Aber, sehr geehrte Damen und Herren, wir haben vorhin im Zusammenhang mit „Glyphosateinsatz beschränken“ die Äußerung unseres geschätzten Landwirtschaftsministers gehört. Er hat sich nämlich für einen Schutz der biologischen Vielfalt ausgesprochen und dafür spreche ich mich auch aus, dafür spreche ich mich hier seitens der Fraktion der SPD aus. Als SPD-Fraktion respektieren wir die Vielfältigkeit der Natur und in der Natur gibt es eben auch nicht nur die scharfe Abgrenzung der Geschlechter, wie das in unserer Kultur mit dem anerzogenen sozialen Geschlecht suggeriert wird. Das ist anerzogen, das ist nicht in der Natur, und wissenschaftlich ist das auch schon längst belegt,

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

dass es nicht nur beim Menschen, sondern auch bei vielen Tierarten durchaus Ausprägungen anderer sexueller Ausrichtungen gibt.

(Heinz Müller, SPD: So ist das.)

Und das ist Natur, das ist Natur! Wenn es in der Natur vorkommt, ist es erst einmal Natur.

(Michael Andrejewski, NPD: Krebs ist auch Natur.)

Also man muss sich hier wirklich schon in die Tasche lügen und die Realität vollkommen ausblenden, wenn man homo-, bi-, trans- oder intersexuelle Menschen anders als normal bezeichnet. Das möchte ich ganz ausdrücklich hier noch mal sagen.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Udo Pastörs, NPD: Das ist normal.)

Das ist natürlich, Herr Pastörs.

Und so haben wir als SPD zum Beispiel ja auch im Regierungsprogramm drin gehabt, dass wir die Homo-Ehe gleichstellen wollen.

(David Petereit, NPD: Da schreiben Sie doch alles rein, um Wählerstimmen zu kriegen.)

Das ist im Koalitionsvertrag nicht so scharf benannt worden,

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

aber ich weise in dem Zusammenhang auf Seite 105 der Koalitionsvereinbarung auf Bundesebene hin, weil da ganz klar formuliert ist, „dass bestehende Diskriminierungen“ abgebaut und gesetzliche „Regelungen, die gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften“ benachteiligen, beseitigt werden. Auch der Nationale Aktionsplan zur Bekämpfung von Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus wird um das Thema „Homophobie und Transphobie“ erweitert.

Sehr geehrte Frau Gajek oder vielmehr Fraktionen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE, ich denke, die beiden ersten Punkte Ihres Antrages werden bereits

gelebt, und die SPD-Fraktion steht inhaltlich durch Handeln, also auch durch Taten dahinter.

Beim Punkt 3 sehen wir die Einfachheit, das Setzen der Regenbogenfahne rechtlich umzusetzen hier im Land, nicht so, weil wir auch unseren Koalitionspartner da sicherlich nicht mit im Boot haben.

(Torsten Renz, CDU: Das könnten Sie jetzt aber mal weglassen! – Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Das hat jetzt aber überhaupt keine Bedeutung. Man könnte auch mal eine andere Begründung finden.)

Zurzeit sehe ich ehrlich gesagt auch die rechtlichen Grundlagen dafür nicht,

(Unruhe vonseiten der Fraktion der CDU – Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Wir haben es ja schon geahnt. – Zuruf von Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

ganz konkret, weil der Gleichbehandlungsgrundsatz oder vielmehr der Neutralitätsgrundsatz der Regierung hier an oberster Stelle steht, was den Flaggenerlass und die Verordnung angeht. Ich denke mal, darum kommt man so ohne Weiteres nicht herum. Flagge hissen ist gut, ob man das unbedingt an Dienstgebäuden machen muss, dahinter kann man ein Fragezeichen setzen. Ich denke mal, wir haben vielfältige Möglichkeiten, die Regenbogenflagge gut sichtbar überall zu hissen,

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das ist ein Zeichen.)

davon werden wir verstärkt Gebrauch machen. Wir haben es am Willy-Brandt-Haus getan. Wir werden das sicherlich ausweiten. Das ist eine gute, sichtbare Sache dafür. Das finde ich auch in Ordnung. Den Antrag können wir leider nicht befürworten.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Vielen Dank, Frau Tegtmeier.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Ritter für die Fraktion DIE LINKE.

(Torsten Renz, CDU: Chefsache. – Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Nee, er ist der gleichstellungspolitische Sprecher.)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren!

Allerseits üblich, Kollege Renz. Ich werde jetzt nicht auf Ihren Zwischenruf eingehen, weil die Redebeiträge, die vorher hier gehalten worden sind, schon höchst interessant waren.

Also ich habe gelernt, dass der öffentliche Fahnenmast