Protokoll der Sitzung vom 19.09.2014

ein Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Damit ist der Antrag der Fraktionen der SPD und CDU auf Drucksache 6/3246 einstimmig angenommen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 30: Beratung des Antrages der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Bosnien-Herzegowina, Mazedonien und Serbien nicht als sichere Herkunftsstaaten einstufen, Drucksache 6/3241.

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Bosnien-Herzegowina, Mazedonien und Serbien nicht als sichere Herkunftsstaaten einstufen – Drucksache 6/3241 –

Das Wort zur Begründung hat für die Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN die Abgeordnete und Vizepräsidentin Frau Gajek.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Mir fällt es heute hier nicht leicht, diesen Antrag einzubringen, dennoch tue ich es, weil er ein Dilemma in der Asylpolitik Deutschlands, Europas und der Welt zeigt, und das möchte ich begründen.

(Vizepräsidentin Regine Lück übernimmt den Vorsitz.)

Heute Morgen meldete „Spiegel Online“, Baden-Württem- berg wolle dem „umstrittenen“ Asylgesetz zustimmen,

(Vincent Kokert, CDU: Ei, jei, jei!)

nachdem Kanzleramtsminister Peter Altmaier den GRÜNEN ein schriftliches Angebot unterbreitet habe.

(Minister Harry Glawe: Mein lieber Freund! – Vincent Kokert, CDU: Ei, jei, jei!)

Meine liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie sind alle irgendwo in Regierungsverantwortung.

(Minister Harry Glawe: Jetzt wird es spannend. Hört zu!)

Ich würde am Ende noch mal ganz gerne darauf eingehen, wie Sie sich manchmal so verhalten.

(Vincent Kokert, CDU: Ich würde zurückziehen.)

Eben nicht zurückziehen, weil ich das feige finde. Ich stelle mich der Debatte und möchte das auch begründen.

(Beifall vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich möchte zunächst – damit alle wissen, warum und wie das Herr Kretschmann begründet –, wenn ich darf, mit Erlaubnis von Frau Präsidentin, drei Absätze aus dem Brief von Winfried Kretschmann an die GRÜNEN-Partei verlesen: „Stuttgart, 19. September 2014 … das Grundrecht auf Asyl ist unveräußerlich. Menschen, die in ihrer Heimat verfolgt werden und um Leib und Leben fürchten müssen, Schutz und Unterkunft zu gewähren, gehört zu den Kernpunkten grüner Politik. Wir fühlen uns – auch und gerade in diesem Punkt – unserer deutschen Geschichte verpflichtet.“

Er macht dann verschiedene Ausführungen, hat aber noch mal etwas hervorgetan, was es in BadenWürttemberg gibt, und zwar mit der einstimmigen Zustimmung aller Parteien: „Die Regierung von BadenWürttemberg hat mit der anerkannten, nationalen Minderheit der Sinti und Roma in Baden-Württemberg einen Staatsvertrag geschlossen, der – das will ich hier betonen – die einstimmige Zustimmung aller Parteien des Landtags gefunden hat. Die Situation der Roma ist auch Teil der Dialoge des Donauraumes, an denen wir uns aktiv beteiligen. Mit Mitteln der Baden-Württemberg Stiftung unterstützen wir Kinder der Minderheit in Rumänien. In einem weiteren Projekt fördern wir junge Leute, die noch keinen Schul- und Ausbildungsabschluss erworben haben.“

Ich denke, daran sollten wir uns vielleicht mal ein Beispiel nehmen.

(Beifall vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nichtsdestotrotz diskutieren wir heute über den Tagesordnungspunkt auf der Bundesratssitzung. Und Herr Altmaier hat ja Angebote gemacht an Herrn Kretschmann, an andere grün-rot regierte Länder und ich denke auch an Schwarz-Rot.

Was wurde nun in Aussicht gestellt? Denn es ist ja nicht Bestandteil der heutigen Debatte im Bundesrat.

Erstens soll die Residenzpflicht gelockert werden. Warum jetzt, warum nicht vorher?

Zweitens soll die Vorrangprüfung abgeschwächt werden. Warum jetzt, warum nicht vorher?

Drittens soll das Sachleistungsprinzip eingeschränkt werden.

Das sind alles gute Dinge, aber hier möchte ich eindeutig die Position von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Mecklenburg-Vorpommern und auch unserer Landtagsfraktion zum Ausdruck bringen, …

(Vincent Kokert, CDU: Nur der einflussreiche Landesverband Mecklenburg-Vorpommern.)

Ich spreche ja jetzt für uns.

(Vincent Kokert, CDU: Ja.)

Wir reden jetzt auch für Mecklenburg-Vorpommern

(Vincent Kokert, CDU: Ja.)

und die Aufforderung geht ja hierher.

(Ulrike Berger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Und auch die anderen sechs Länder, in denen es grüne Regierungsbeteiligung gibt.)

… die GRÜNEN hätten durch ihren Widerstand eine Reihe konkreter Verbesserungen erreicht. Ja, das haben wir. Für uns überwiegen dennoch die Nachteile, die dieses Gesetz für Asylsuchende aus Bosnien-Herzegowina, Mazedonien und Serbien bringen wird. Wir bleiben daher bei unserer Position, und deswegen bringen wir heute diesen Antrag ein.

(Zuruf von Vincent Kokert, CDU)

Der Entwurf eines Gesetzes zur Einstufung weiterer Staaten als sichere Herkunftsstaaten und zur Erleichterung des Arbeitsmarktzuganges für Asylbewerber und geduldete Ausländer darf den Bundesrat heute nicht passieren. Ich werbe nach wie vor dafür.

(Heiterkeit bei Minister Harry Glawe)

Warum sagen wir das? Bosnien-Herzegowina, Mazedonien und Serbien sind keine sicheren Herkunftsstaaten im Sinne des Artikels 16a Absatz 3 des Grundgesetzes. Meine Fraktion fordert deshalb, hier heute eine offene Diskussion zu führen, Kolleginnen und Kollegen nicht zu überreden – das wird nicht funktionieren, das haben wir ja selber in der eigenen Partei gesehen –, aber die Diskussion offen zu führen.

(Minister Harry Glawe: Ja, genau.)

Denn für uns ist es so, dass fünf rot-grüne Bundesländer dagegenstimmen, ein grün-rotes dafür und auch das schwarz-grün regierte Hessen nach meiner Meinung und meines Wissens dagegenstimmt.

(Vincent Kokert, CDU: Sie drehen sich die Wahrheit auch immer so, wie Sie sie haben wollen.)

Nein, das ist doch korrekt,

(Vincent Kokert, CDU: Doch, doch!)

das sind doch die Zahlen. Vielleicht werden Sie das nachher sagen, Herr Kokert, wie Sie sich da verhalten, weil ich denke,...

(Vincent Kokert, CDU: Unsere Haltung steht ja fest. Ich muss mich da überhaupt nicht verhalten. Sie müssen sich verhalten!)

Na, ich verhalte mich dazu. Ich werbe dafür, hier dem Gesetzentwurf nicht zuzustimmen.

Ich möchte noch mal einige Ausführungen machen.

(Heiterkeit bei Minister Harry Glawe – Zuruf von Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich finde, Herr Glawe, da gibt es nichts zu lachen, das ist ernst genug. Und ich finde es beschämend, dass über diese Sache so gelacht wird. Dort werden die Menschen verfolgt wegen ihrer sexuellen Ausrichtung, wegen ihrer Ethnie und ich finde es, mit Verlaub, eine Schande,

(Minister Harry Glawe: Ja, ja, ja.)

sich hier vorne hinzusetzen und zu lachen bei diesem ernsten Thema. Also ehrlich.