Protokoll der Sitzung vom 15.10.2014

Nicht?! Das finde ich auch. Vielen Dank.

(Heiterkeit vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU – Zuruf von Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Eine begehrte Baugenehmigung wird nicht erteilt, ein Förderantrag zur Projektförderung eines Museums wird nicht genehmigt, eine Justizvollzugsanstalt, die über einen Monat lang an die Insassen kein Tagesgeld auszahlt, ein Landespreis, der soeben versteuert wird, ein Antrag auf Ausbildungshilfe, der nicht bearbeitet wird, in den Regionalplanungsverbänden liegen weitere Anträge zur Erweiterung von Windeignungsgebieten – das sind einige wenige Beispiele, die der Petitionsausschuss zu beraten hatte. Sie können diese und weitere Petitionen in der Drucksache 6/3356 nachlesen, mit der Beschlussempfehlung hat der Petitionsausschuss 122 Petitionen abschließend beraten, die wir im Zeitraum vom 1. April bis zum 31.08.2014 bearbeitet haben.

Im Einzelnen empfiehlt der Petitionsausschuss, 93 Petitionen von den 122 mit einem Sachbeschluss zu beenden und weitere 10 Petitionen zuständigkeitshalber an den Deutschen Bundestag beziehungsweise an die Landtage zu überweisen. Weiterhin empfehlen wir, bei 19 Petitionen von einem Sachbeschluss abzusehen, weil die Einwirkungsmöglichkeit öffentlicher Verwaltungen nicht

gegeben ist oder die Petenten sich gegen Gerichtsurteile wenden, auf die der Landtag selbstverständlich keinen Einfluss nehmen darf.

Im Berichtszeitraum haben wir vier Ausschusssitzungen durchgeführt mit Regierungsvertretern und haben dort zehn Petitionen gemeinsam beraten. Weiterhin wurde eine Ortsbesichtigung durchgeführt, und gerade diese Termine vor Ort zeigen immer wieder erneut, dass in der Diskussion mit den Beteiligten vor Ort verhärtete Positionen aufgebrochen werden können, so im folgenden Fall:

Ein Petent beschwert sich darüber, dass die untere Baubehörde die Nutzung des Verkaufsraumes in der zweiten Reihe einer dörflichen Siedlung untersagt hat. Wir haben dazu mit den Regierungsvertretern, mit dem Bürgermeister und der unteren Baubehörde im Ausschuss eine Beratung durchgeführt. Eigentlich, was heißt eigentlich, der unteren Baubehörde kann man keinen Vorwurf machen, sie haben sich gesetzeskonform verhalten. Aber der Ausschuss war der Auffassung, dass hier sehr wohl ein Kompromiss zu schließen sein könnte, und insofern haben wir uns das vor Ort angesehen. Dieser Petent hat in der zweiten Reihe, also hinter seinem Wohnhaus, ein Gebäude errichtet mit Genehmigung, hat da drin gewohnt, bis sein Wohngebäude rekonstruiert war, zog dann wieder um und wollte im zweiten Gebäude, im sogenannten Außenbereich, eine Verkaufseinrichtung gestalten. Das wurde ihm untersagt mit der Begründung, dass gerade durch die intensive Nutzung dieses Gebäudes die Splittersiedlung verstärkt würde. Das wäre nach dem Bundesbaugesetz nicht zulässig und das ist es auch nicht.

Ja, wir waren der Auffassung, das ist ein so schönes Gebäude, der Verkaufsraum war noch attraktiver und die Gegenstände, die der ausstellte und verkaufen wollte, waren tatsächlich eine Bereicherung, nicht nur für die Kasse des Dorfes eventuell, sondern ich glaube, es hätte viele Touristen auch begeistert und angezogen, in so einer Splittersiedlung mal anzuhalten. Also wir konnten uns davon überzeugen und haben dann in der Diskussion letzten Endes Folgendes erreicht: Wir haben vorgeschlagen, diesen Verkaufsraum natürlich nicht zu nutzen, sondern einen Ausstellungsraum daraus zu machen und den Verkauf dann im Wohngebäude durchzuführen, also in der ersten Reihe. Das ist rechtlich zulässig.

Jetzt könnte man sagen, warum sind nicht andere, die vorher darüber diskutiert haben, auf diese Idee gekommen. Ob das alles zeitgemäß ist, mag man ja infrage stellen, aber das Bundesbaugesetz ist nicht so einfach zu verändern. Das wäre aber wahrscheinlich notwendig, weil sich das dörfliche Gefüge über die Jahrzehnte doch wesentlich verändert hat.

Wie Sie wissen, meine Damen und Herren, kann der Petitionsausschuss natürlich nicht alle Petitionen im Interesse der Petenten im Einvernehmen abschließen, aber wenn wir den Eindruck haben und auch die Überzeugung, dass die Behörde unangemessen gehandelt hat, bleibt uns – im Amtsdeutsch sozusagen – die sogenannte Erwägung, diese Petition an die Regierung zu überweisen.

Das haben wir in einem Fall getan. Der 81-jährige Petent hatte beim Landesamt für Gesundheit und Soziales beantragt, das Merkzeichen „RF“ zu erlangen. Zu diesem Merkzeichen „RF“ ist zu sagen, dass man dieses erreichen kann, wenn man 80 Prozent schwerbehindert ist und nicht regelmäßig an öffentlichen Veranstaltungen teilnehmen kann. Nach der Antragstellung ist dieser Petent inzwischen 100 Prozent schwerbeschädigt geworden und konnte uns als Petitionsausschuss glaubhaft nachweisen, dass er nicht regelmäßig oder überhaupt nicht an öffentlichen Veranstaltungen teilnehmen kann. Die Zuerkennung dieses Kennzeichens hat natürlich den positiven Effekt, dass zwei Drittel des Rundfunkbeitrages erlassen werden können. Diese Petition haben wir also dem Ministerium übergeben mit der Bitte um weitere Prüfung, und da sind wir ganz zuversichtlich.

Abschließend, meine Damen und Herren, darf ich darauf hinweisen, dass die Beschlussempfehlung einvernehmlich im Petitionsausschuss bei Stimmenthaltung der NPD beschlossen wurde. Ich bitte also auch um Ihre Zustimmung. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 90 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat zunächst für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Herr Lindner.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine geehrten Damen und Herren! „Die Abgeordneten sind Vertreter des ganzen Volkes“,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Ach?!)

so steht es im Artikel 22 der Verfassung unseres Landes. Deshalb ist es unbestritten, wer im Vordergrund unserer gesamten Arbeit stehen muss: die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes. Sie wenden sich mit ihren Vorschlägen, Bitten und Beschwerden an ihre gewählten Volksvertreter, also an uns. Petitionen sind daher ein wichtiges Herzstück unserer Demokratie.

Mit dem Ihnen vorliegenden Bericht und der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses trägt der Landtag Mecklenburg-Vorpommern der Bedeutung der Petition und damit dem Anliegen der Bürgerinnen und Bürger Rechnung. In diesem Berichtszeitraum konnte im Vergleich zum vergangenen Jahr ein Anstieg von 25 Eingaben verzeichnet werden. Mit den 122 eingegangenen Anliegen wird deutlich, dass die Inanspruchnahme der Möglichkeit einer Petition in der Bevölkerung auf große Resonanz stößt. Es ist zudem aber auch ein Beweis dafür, dass viele Bürger die in unserer Demokratie geschaffenen Möglichkeiten nutzen, ihre Sorgen, Bitten und Nöte an uns zu richten. Petitionen tragen somit wesentlich zum Vertrauen der Bürger in den Staat und in das gewählte Parlament bei.

In dem vorgestellten Berichtszeitraum konnte von allen als Petitionen eingestuften Schreiben insgesamt elf entsprochen werden. Fünf konnten zur Prüfung an die Landesregierung und zehn zur Prüfung an den Bundestag

beziehungsweise an andere Landtage weitergeleitet werden. Wenn auch dem Ersuchen des Petenten nicht entsprochen werden kann, dann ist es umso wichtiger, dem Petenten die jeweilige Entscheidung verständlich zu machen. Dementsprechend ist es immer unser Ziel, eine sachgerechte Prüfung jedes einzelnen Anliegens durchzuführen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Bandbreite der Themen der Petitionen ist sehr vielfältig. Ich möchte Ihnen daher ein Beispiel nennen, das die Aufgaben und die Handlungsmöglichkeiten des Ausschusses sehr gut widerspiegelt. Das Bauen im ländlichen Bereich ist ein Thema, das auch im Zentrum unserer Arbeit steht. Ein Petent beklagt sich über die Entscheidung eines Bauamtes, die Nutzungsänderung eines Nebengebäudes nicht zu genehmigen. Nach intensiven Gesprächen aller Beteiligten und der Möglichkeit einer Ortsbesichtigung erklärte sich die untere Bauaufsichtsbehörde bereit, das Nebengebäude zur Nutzung zu genehmigen, solange es sich um eine Nebennutzung handelt. Um Splittersiedlung zu vermeiden, erklärte sich der Petent bereit, die ebenfalls begehrte Erweiterung eines auf der anderen Straßenseite liegenden Schafstalls nicht weiterzuverfolgen.

Dieses Beispiel, meine Damen und Herren, zeigt, die besonderen Mittel, die der Petitionsausschuss zur Verfügung hat, tragen dazu bei, eine einvernehmliche Lösung für alle Beteiligten herbeizuführen.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte nun die Gelegenheit nutzen, meinen Dank für die gute Zusammenarbeit auszusprechen. Dies gilt insbesondere den Mitarbeitern im Ausschusssekretariat, den beteiligten Behörden und den Institutionen für die überwiegend kooperative Zusammenarbeit. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion DIE LINKE die Abgeordnete Frau Borchardt.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die heute vorliegende Beschlussempfehlung zeigt einmal mehr, dass sich die Bürgerinnen und Bürger mit Anliegen an uns wenden, die alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens betreffen, Anliegen, über die wir bereits in der Vergangenheit durch unterschiedliche Anträge der demokratischen Fraktionen debattiert haben – so zum Beispiel die Probleme in den Schulen, die Frage der Amtsgerichtsstrukturreform, das KiföG, die Fragen der Resozialisierung in den Strafvollzugsanstalten oder die Festlegung der geräteunabhängigen Rundfunkgebühr im Staatsvertrag.

Dass die Fraktionen im Ausschuss unterschiedliche Anträge zum Abschluss der Petition stellen, liegt, denke ich, in der Natur der Sache. Positiv ist aber zu bemerken, dass wir im Petitionsausschuss gemeinsam im Einzelfall für den Petenten nach einer Lösung suchen. Herr Dachner hat, glaube ich, ganz anschaulich ein gutes Beispiel dafür genannt. Dafür möchte ich mich im Namen meiner Fraktion recht herzlichen bedanken und ich hoffe, dass wir diesbezüglich auch weiterhin an dieser Stelle so arbeiten.

Gestatten Sie mir an dieser Stelle, auf eine Petition besonders aufmerksam zu machen. In der Beschlussemp

fehlung des Petitionsausschusses finden Sie unter dem Punkt 2 2011/00449 die abschließende Beratung zu einer Petition, zu der wir eine Beratung mit Regierungsvertretern und mit den kommunalen Vertretern durchgeführt haben. Und wir haben uns gemeinsam im Ausschuss dazu verständigt, den Petenten mit einzuladen. Im Ansatz ging es darum, dass der Petent beklagt, dass bei einem Jugendfreizeitzentrum in der Nähe von Neubrandenburg aus seiner Sicht, ja, seiner Meinung nach in Bezug auf den Verkauf des Jugendfreizeitzentrums rechtliche Bedenken da sind. Feststellen sollten wir, dass die Nutzung nicht entsprechend den gesetzlichen Rahmenbedingungen erfolgt beziehungsweise die Verkaufsbedingungen nicht vorhanden sind. Zweitens sollten wir feststellen, dass die Schließung des Jugendfreizeitzentrums durch den entsprechenden Eigentümer erfolgen muss, weil die Nutzungsvoraussetzungen nicht mehr vorliegen.

In unserer Beschlussempfehlung finden Sie nun, dass wir das Petitionsverfahren abschließen werden und feststellen mit der Begründung:

(Unruhe vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

„Im Ergebnis der mit dem Petenten und Vertretern der Stadt, des Landkreises, des Innenministeriums sowie des Ministeriums für Wirtschaft, Bau und Tourismus durchgeführten Beratung stellte sich heraus, dass – wie vom Petenten vorgetragen – eine unzulässige Nutzung des Jugendfreizeitzentrums durch den Erwerber stattfindet“...

(Glocke der Vizepräsidentin)

Ich gehe mal davon aus, dass Sie jetzt über die Petition diskutieren, Herr Kokert.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Ja, nur.)

(Unruhe vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

… „da im Vorhabens- und Erschließungsplan lediglich eine Nutzung für soziale Zwecke festgelegt wurde. Der vom Erwerber im Jahr 2012 gestellte Antrag auf Nutzungsänderung ist aufgrund der planerischen Vorgaben nicht genehmigungsfähig, sodass dieser nach Auskunft des Ministeriums für Wirtschaft, Bau und Tourismus nunmehr abgelehnt und eine Nutzungsuntersagung ausgesprochen wird. Zu kritisieren ist jedoch der nachlässige Umgang …“ – und ich bitte, vielleicht jetzt an der Stelle mal zuzuhören, Herr Müller und Herr Kokert –,

(Vincent Kokert, CDU: Jetzt reicht es aber mit den Ermahnungen hier! Also wirklich!)

„Zu kritisieren ist jedoch,“

(Heinz Müller, SPD: Ja, Frau Oberlehrerin! – Vincent Kokert, CDU: Frau Oberstudienrätin!)

„der nachlässige Umgang der Stadt, des Landkreises und des Innenministeriums mit den Beschwerden des Petenten bezüglich des nicht erreichten Nutzungszwecks und der unzulässigen Nutzung. Diese Kritik ist den betroffenen Stellen schriftlich zu übermitteln.“

(Unruhe bei Minister Lorenz Caffier)

Die Reaktion des Innenministeriums hier hinter meinem Rücken habe ich sehr wohl vernommen. Herr Caffier versteht aber,

(Vincent Kokert, CDU: Sie sind heute aber sehr dünnhäutig, Frau Borchardt. So kenne ich Sie ja gar nicht.)

versteht aber, dass vom Prinzip her...

Wissen Sie, Herr Kokert, es ist manchmal so, dass an bestimmten Stellen die Dünnhäutigkeit durchkommt, und der Umgang mit Petitionen hier im Landtag, …

(Vincent Kokert, CDU: Da sind wir dran schuld demnach?!)

Nein, das habe ich nicht gesagt,

(Vincent Kokert, CDU: Ja, das wollten Sie aber.)