Protokoll der Sitzung vom 15.10.2014

Die Ministerin hat aus ihrer Sicht begründet, warum sie das macht, und sagt: Wir wollen sicherstellen, dass die Kommunen auch 2016 ihre Finanzen bekommen. Ja selbstredend! Sie kennen die Zahlen, Sie kennen die Trends, Sie kennen die Handlungsbedarfe und die Mechanismen, die wirken. Sie sind auch über die Haushaltsgesetzgebung mit den Eckdaten Ende 2015 in der Lage, Vorsorge zu treffen. Also wir appellieren an Sie, dass das nicht aus der Hand gegeben wird über eine Rechtsverordnung, so ein schwerwiegendes Gesetz! Das ist doch nicht verantwortbar aus Sicht der Ministerin,

(Heinz Müller, SPD: Aber, Herr Koplin!)

die sagt, wir müssen doch sicherstellen, Herr Müller, dass das Geld ankommt. Das ist doch ein Armutszeugnis für uns als Gesetzgeber, wenn wir nicht in der Lage sind, dafür rechtzeitig Vorsorge zu treffen. Also das kann nicht sein!

Dass das ein schweres Unterfangen ist, dass Frau Hesse ein schweres Erbe übernommen hat und dass die Landkreise auf der Bremse standen,

(Heiterkeit bei Jörg Heydorn, SPD – Heinz Müller, SPD: Schau an!)

ja, das muss man so sagen. Also Frau Hesse macht sich an ein paar liegengebliebene Brocken ran. Davor habe ich schon Respekt, gar keine Frage.

(Heiterkeit bei Udo Pastörs, NPD)

Aber so kann es doch nicht weitergehen, dass wir sagen: Ja, dann über eine Rechtsverordnung – die dann im Übrigen bis 2018 gilt! Diese Rechtsverordnung, dieser Passus, wenn Sie sich den mal durchgelesen haben, ist ein zweifacher Fluchtweg, der davon ausgeht, dass bis 2018...

(Heinz Müller, SPD: Herr Koplin, das ist die Notvariante.)

Ja, aber eine Notvariante muss auch eine Notvariante bleiben! Diese hier ist bis 2018. Zumindest – Weiteres wird sich dann noch klären – geben wir die Verantwortung ab an die Ministerebene.

(Zuruf von Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das halten wir für nicht akzeptabel und bitten, das ganz einfach noch mal zu bedenken.

Wir haben Ihnen Änderungsanträge vorgelegt. Den seitens der GRÜNEN, der noch begründet wird, werden wir unterstützen. Wir selber haben zwei Änderungsbegehren, zum einen Änderungen am Gesetzestext, die sind selbstredend, und dann die Entschließung, wo wir unter anderem wollen, dass es zukünftig einen neuen Leistungstyp gibt, denn es ist wirklich nicht hinnehmbar, dass es für Menschen, die in Werkstätten für Behinderte arbeiten und dann in den Ruhestand treten, keine Hilfeangebote nach Eintritt in das Rentenalter gibt.

Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit, appelliere noch einmal an Sie, das zu überdenken, was Sie an Voten hier signalisiert haben, und bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Vielen Dank, Herr Koplin.

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete und Vizepräsidentin Gajek für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich knüpfe mal da an, wo Herr Koplin aufgehört hat,

(Vincent Kokert, CDU: Hab ich doch gesagt!)

denn seit Jahren wird hier eine Umjustierung, eine neue, grundlegende Reform gefordert: „Ambulant vor stationär“. Ich wundere mich schon, dass Frau Hesse gar nicht darauf eingegangen ist, sondern es letztendlich nur noch als ein fiskales Gesetz gesehen hat. Das finde ich bedauerlich.

Die jetzige Gesetzesfassung hat nichts geändert. Ich erinnere an die Diskussionen im letzten Jahr, im vorletzten Jahr, wo wir darauf verwiesen haben, dass es seit 2008 hier vom geschätzten Haus einen Entschließungsantrag gibt, der sagt, wir müssen hier etwas verändern, nämlich „Ambulant vor stationär“ nicht als eine Worthülse zu nehmen, sondern wirklich die ambulante Versorgungsquote zu erhöhen. Das ist bis heute nicht passiert und das, Frau Ministerin, vermisse ich, denn wir sind nach wie vor im ambulanten Bereich auf der Bundesskala ganz unten, und da scheinen wir zu verharren.

Gleichwohl nehmen wir den Wunsch vieler Menschen, älterer, aber eben auch von Menschen mit einer Behinderung sehr ernst, nämlich trotz Behinderung und/oder Alter und bei gesundheitlichen Einschränkungen so lange wie möglich selbstbestimmt in den eigenen vier Wänden zu leben. Das ist ein Auftrag. Ich erinnere auch an die Ausführungen der Enquetekommission, wo dieses immer wieder deutlich gemacht wird. Ich denke, da sollten wir uns hier auch sehr ernst nehmen.

(Vincent Kokert, CDU: Sie sind heute nicht richtig bei der Sache, Frau Gajek.)

Ich bin schon bei der Sache, aber möglicherweise kannst du da, oder können Sie

(Torsten Renz, CDU: Na, was denn nun? – Heiterkeit vonseiten der Fraktion der CDU)

in diesem Bereich nicht folgen oder haben andere Ansätze.

Aber ich möchte jetzt auch noch mal zu den...

(Heinz Müller, SPD: Wir wollen jetzt mal die Einzelheiten hören.)

Na, na, na, na!

Also ich komme jetzt zu den Zuweisungssummen an die Landkreise und kreisfreien Städte.

(Heinz Müller, SPD: Ja.)

Ich schätze schon Frau Hesses Anliegen, hier nachzubessern. Es ist ja nachgebessert worden, gleichwohl ist eben...

(Vincent Kokert, CDU: Das haben Sie vorhin schon mal gesagt.)

Ich habe das gar nicht so gesagt. Zuhören!

(Jörg Heydorn, SPD: Frau Gajek, kommen Sie zum Ende, es ist alles gesagt! – Heiterkeit bei Jörg Heydorn, SPD, und Vincent Kokert, CDU)

Also es ist nach wie vor auf Naht konzipiert und ich denke, man sollte diese Debatte hier sehr ernst nehmen

(Heinz Müller, SPD: Wir nehmen jede Debatte ernst.)

und nicht in die Lächerlichkeit abdriften lassen, meine sehr geehrten Herren.

Aber ich komme noch mal auf die öffentliche Anhörung zu sprechen. Da ging es natürlich um die Verteilerschlüssel und da sind die Defizite aufgezeigt worden. Es ist eben nicht so, dass alles gut ist im Land, sondern es geht um die Verteilung und es geht um die Förderung „Ambulant vor stationär“. Es kann nicht sein, dass einzelne Landkreise möglicherweise – in Anführungsstrichen – bessergestellt sind, andere schlechter. Ich denke, da sind viele Hausaufgaben zu machen.

Ich möchte auf den zweiten Punkt zu sprechen kommen, das ist die Ermächtigungsklausel. Dazu gibt es ja auch unseren Antrag, der Ihnen vorliegt. Es ist natürlich nicht zu begreifen, dass wir das Zepter aus der Hand geben. Gerade bei...

(Jörg Heydorn, SPD: Das hat Herr Koplin schon ausgeführt, Frau Gajek. Sie können das kürzer machen!)

Ja, aber ich darf doch auch noch selber reden, ne, Herr Heydorn? Ist das noch erlaubt?

Ich denke, wir haben das auch im Sozialausschuss schon vertieft, aber dieses werte Haus ist dafür da, dass auch die geneigten Zuhörerinnen und Zuhörer wissen, wie unsere Positionen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sind.

(Jörg Heydorn, SPD: Zum dritten und vierten Mal!)

Also es geht darum, dass wir nach wie vor die Steuerung behalten wollen, um eben zu sehen, wo ambulant, wo teilstationär und wo stationär gepflegt wird. Das ist, denke ich, ein riesiger, ein großer Komplex.

Es zeichnet sich jetzt schon ab, dass die Neufassung sehr, sehr schwierig wird, sonst würde man sich ja nicht so eine Hintertür mit 2018 ins Gesetz schreiben. Da würde ich gerne der Frau Ministerin eine Wette anbieten, da würde ich jetzt nicht mit den Kosten...

(Vincent Kokert, CDU: Hören Sie doch mit dem Orakeln auf!)

Nun lasst mich doch!

(Zuruf von Vincent Kokert, CDU)

Weil wir seit 2008 diskutieren und festlegen, dass es hier Veränderungen gibt. Und ich schätze Frau Hesse sehr, dass sie in der kurzen Zeit auch nachjustiert hat.

(Vincent Kokert, CDU: Sie sollen hier keine Wetten abschließen, Sie sollen Ihre Meinung begründen, Frau Gajek!)