Protokoll der Sitzung vom 16.10.2014

(Dr. Till Backhaus, SPD: Das erklär uns jetzt mal, Thomas! – Wolfgang Waldmüller, CDU: Das wissen sie selbst nicht.)

Und nun, meine Damen und Herren, sollten wir in die Textarbeit eintreten. Vielleicht schlagen Sie mal den Antrag auf, ich zitiere gerne mal aus der Begründung Ihres Antrages, Zitat: „Die meisten Umwandlungsverfahren sind durch mangelnde Transparenz gekennzeichnet. Diese mangelnde Transparenz ist eine der Ursachen dafür, das sich viele ehemalige LPG-Mitglieder um ihnen zustehendes Vermögen gebracht sehen.“ Also viele ehemalige LPG-Mitglieder sehen sich um ihnen zustehendes Vermögen gebracht.

Und an anderer Stelle, heißt es, ich zitiere wieder: „Die Frustration der sich betrogen fühlenden ehemaligen LPG-Mitglieder ist enorm und belastet mittlerweile mehrere Generationen“, und dann kommt es, „die sich vom Staat“ betrogen fühlen.

Meine Damen und Herren, der Staat hat die Umwandlung gar nicht gemacht,

(Dr. Till Backhaus, SPD: So ist es.)

das waren die LPGen. Der Staat hat sie nicht gemacht, sie fühlen sich aber vom Staat betrogen. Das müssen Sie vielleicht nachher noch mal klarstellen in der Debatte,

warum der Staat. Aber wir halten mal fest, die fühlen sich enorm belastet, mittlerweile seit mehreren Generationen. Die Frustration ist enorm groß. Das sind die Aussagen.

Frau Dr. Karlowski, von den ehemals …

Ich weiß nicht, wissen Sie, wie viel LPG-Bauern es gegeben hat, wie viel LPG-Mitglieder?

(Burkhard Lenz, CDU: 200.000. – Zuruf von Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

200.000, richtig. Also von der CDU-Fraktion höre ich, 200.000. 200.000, leicht über 200.000, ich habe auch eine Zahl gefunden, leicht unter 200.000, es spielt keine Rolle. 200.000 ehemalige LPG-Mitglieder fühlen sich also um ihnen zustehendes Vermögen gebracht und sind seit mehreren Generationen enorm frustriert. Das ist Ihre Aussage. Wie viele ehemalige LPG-Mitglieder und nachfolgende Generationen – es sind ja inzwischen mehr, die enorm frustriert sind – haben sich denn nach Ihrem doch recht großen Zeitungsaufruf gemeldet?

(Heinz Müller, SPD: Na?)

Waren es 10.000? 20.000? Na, zehn Prozent? Enorm frustriert, muss ja eine riesige Zahl sein.

(Dr. Till Backhaus, SPD: Das müssen ja über 100.000 sein.)

Im August hat die SVZ nachgefragt, da waren es 15.

(Heinz Müller, SPD: Im ganzen Land?)

15 von 200.000! – Enorm frustriert, ja?!

(Dr. Till Backhaus, SPD: 15 Menschen.)

Dann im Agrarausschuss vorletzte Woche waren es 20. Und jetzt habe ich in der Zeitung gelesen, es waren 50. Frau Dr. Karlowski, selbst wenn es 50 gewesen wären, was ich jetzt nicht glaube, ist egal, selbst wenn es 50 gewesen wären, davon zu sprechen, dass die LPGMitglieder enorm belastet und frustriert sind und sich betrogen fühlen, und dann melden sich 50 von 200.000?! Irgendwas, Frau Dr. Karlowski, irgendwas kann da nicht stimmen. Irgendwas stimmt da nicht.

Aber, meine Damen und Herren, wir sind bei der Textarbeit, machen wir doch mal weiter. Ich zitiere, und ich muss mich kurz wiederholen, um auf das Neue zu kommen:

(Tilo Gundlack, SPD: Das machst du schon die ganze Zeit. – Zuruf von Manfred Dachner, SPD)

„Diese mangelnde Transparenz ist eine der Ursachen dafür, das sich viele ehemalige LPG-Mitglieder um ihnen zustehendes Vermögen gebracht sehen.“ Und dann beginnt es, wieder lustig zu werden: „Die angestrebte Selbstständigkeit in der Landwirtschaft konnte so nicht realisiert werden.“

Das unterstellt, meine Damen und Herren, dass viele der 200.000 LPG-Mitglieder vorgehabt hätten, sich auf ihren

Äckern selbstständig zu machen. Frau Dr. Karlowski, wissen Sie, wie groß die damals waren? Wie groß war damals so eine Bodenreformfläche?

(Tilo Gundlack, SPD: Thomas, sie weiß es nicht.)

Ich kann es Ihnen sagen. Es waren im Schnitt 8,1 Hektar. 8,1 Hektar! Und, Frau Dr. Karlowski, soweit ich weiß, soweit ich mit Menschen gesprochen habe, gab es den großen Willen, sich auf der eigenen Scholle selbstständig zu machen, kaum. Der Minister hat hier die Zahl 5.200 gesagt, die es am Ende wirklich gemacht haben. Aber dass es jetzt eine breite Welle von den 200.000 gegeben hätte, so, wie Sie es hier schreiben, die sich daran gehindert fühlten, Frau Dr. Karlowski, nein, beim besten Willen, das ist nicht so.

Das lag unter anderem daran, dass das Know-how fehlte. Überlegen Sie mal, die LPG-Gründung lag 35 Jahre zurück. Die haben 35 Jahre in der LPG gearbeitet. Das lag daran, dass Eigenkapital fehlte beziehungsweise dass man in laufende Restkredite rein musste, denn die LPG, wie Sie wissen, hat nicht nur landwirtschaftliche Maschinen finanziert, sondern hat beispielsweise auch in Wohnungen, in den Konsum, in den Kindergarten und ähnliche Dinge investiert. Diese Kredite waren da, diese Kredite waren zu bedienen.

(Zuruf von Andreas Butzki, SPD)

Flächen mit 8,1 Hektar, beim besten Willen, das geht nicht!

(Andreas Butzki, SPD: MTS.)

Damit kann man sich nicht selbstständig machen, das funktioniert nicht.

(Andreas Butzki, SPD: MTS.)

Und ein letzter Punkt, den ich an der Stelle nennen will. Die Situation seinerzeit war extrem unübersichtlich, extrem unübersichtlich. Man konnte nicht wissen, wohin sich diese Branche entwickeln wird. Hier ist gerade gesagt worden, die osteuropäischen Märkte sind weggebrochen. Das ist ein Fakt, den musste man damals zur Kenntnis nehmen. Die EU-Agrarreform stand davor. Es hat ein Quotensystem gegeben, wo man nicht so viel produzieren konnte, wie man wollte.

(allgemeine Unruhe)

Also vor diesem Hintergrund, meine Damen und Herren, ziehe ich den Hut vor allen, die den Mut hatten, seinerzeit nach vorne zu gehen und die Gründung der neuen Betriebsstrukturen voranzutreiben. Ich ziehe meinen Hut vor all diesen Leuten.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Aber, meine Damen und Herren, in dieser Passage, wo Sie beschreiben, dass der große Wille bestand, sich auf der eigenen Scholle selbstständig zu machen, wird auch klar, wohin das Bestreben der GRÜNEN geht. Ziel ist – anders, als Sie hier gesagt haben, Sie schreiben es nämlich anders auch –, Ziel ist die Zerschlagung der im Bundesvergleich großstrukturierten landwirtschaftlichen Betriebe. Sie träumen nach wie vor vom Bauern auf der

kleinen Scholle. Das ist Ihre Idealvorstellung und dahin geht der eigentliche Antrag, das ist Ihr Ziel.

(Egbert Liskow, CDU: Pfui Deibel!)

Mit der Aufarbeitung hoffen Sie, zu einer Neuverteilung der Äcker an die ehemaligen LPG-Bauern und ihre Nachfahren zu kommen. Ich sage Ihnen, wenn man mal theoretisch, theoretisch, ich glaube ja nicht, dass das kommen kann, aber wenn man theoretisch diesen Ansatz mal nimmt und diesen Ansatz weiterdenkt, was würde dann passieren? Ich sage Ihnen, was passieren würde: Es würde zu einer Verkaufswelle von Grund und Boden kommen. Und ich bin mir sicher, dass unsere Betriebe letztlich mit dem Kauf der Flächen nicht zum Zuge kommen würden, weil die Preise so durch die Decke gehen würden, dass sie da nicht mithalten könnten. Und Profiteure wären industrielle Anleger, die wir hier nicht haben wollen.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Sie würden sich damit zum Wegbereiter von industriellen Kapitalanlegern machen.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD – Dr. Till Backhaus, SPD: Die sind ja auch in der bürgerlichen Gesellschaft angekommen, die GRÜNEN, meine ich.)

Meine Damen und Herren, ich forderte die GRÜNEN auf, hören Sie auf mit der Verunsicherung der Betriebe, und zwar in jeder Landtagssitzung, indem Sie einen agrarpolitischen Antrag stellen!

(Andreas Butzki, SPD: Genau.)

Hören Sie auf damit!

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Sie haben, das ist so, nach dem Wegfall des Atomthemas hier Ihr neues Kampfgebiet gefunden,

(Torsten Renz, CDU: Sollen wir das auch noch beschließen? Ja, ne?! Nee, ne?!)

das ist die Landwirtschaft von Mecklenburg-Vorpom- mern. Aber die Landwirtschaft, meine Damen und Herren, darf nicht betrachtet werden ohne die verarbeitende Industrie. Beide zusammen haben fast 40 Prozent der Bruttowertschöpfung im gewerblichen Bereich Mecklenburg-Vorpommerns.

(Andreas Butzki, SPD: Genau.)