Das Ergebnis ist aber das gleiche. Wenn nämlich die Arbeitnehmer, die Hartz-IV-Aufstockung bekommen, diese 30 Cent für beide Fahrtstrecken berücksichtigt bekämen, dann hätten sie unterm Strich mehr Geld, und zwar diese 30 Cent und nicht 20 Cent.
Und wenn Sie sagen, dass die Nachweispflichten gleichartig wären, weil der Abgeordnete nachweisen muss, dass er da war, das ist in der Tat hart. Da schreiben Sie einmal, ja, ich war da, und fertig. Wissen Sie, was der Arbeitnehmer nachweisen muss, der Hartz-IV-Aufstocker ist? Der muss nachweisen seine tatsächlichen Fahrtkosten, er muss nachweisen seine Reparaturrechnung, der muss nachweisen seine Benzinkosten und er muss den Verbrauch seines Wagens nachweisen – alles Mögliche.
Und was Sie ganz ignoriert haben, ist der Zeitfaktor. Sie kriegen, wenn Sie Ihre Fahrtkosten einreichen am Ende des Monats, kriegen Sie das zurück in Ihrer Januar-Abgeordnetenentschädigungsabrechnung, aber der Hartz-IV-Empfänger, und das sind die Erfahrungen, die ich gemacht habe, der muss sich ewig mit dem Amt herumstreiten. Monatelang, bis zu einem halben Jahr,
kann er darauf warten, bis er mal seinen Widerspruchsbescheid kriegt, und dann darf er noch mal zwei Jahre lang warten, bis das Sozialgericht zur Verhandlung kommt.
Was würden Sie denn sagen, wenn Sie zweieinhalb Jahre warten müssten, bis Sie Ihre Reisekosten zurückkriegen, die Sie jetzt aufgewendet haben,
um von Ihrem Wohnort hierher und wieder zurück zu fahren? Das ist eine massive Ungleichbehandlung und das können Sie auch nicht wegdiskutieren.
Wenn Sie so überzeugt davon sind, dass Sie recht haben, warum vertreten Sie das nicht offensiv? Warum verteilen Sie in Ihrer Heimatstadt nicht Einladungen: Abgeordneter Renz rechtfertigt die Besserstellung der Abgeordneten gegenüber den Arbeitnehmern, die Hartz-IV-Aufstockung kriegen?
Er rechtfertigt, warum da 30 Cent stehen, dort 20 und warum all die anderen Privilegierungen in Ordnung sind. Dann erzählen Sie das den Bürgern selber, wenn möglich, kurz vor der Wahl und nicht hier, wo kaum einer zuhört. – Danke.
Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der NPD auf Drucksache 6/3429. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Damit ist der Antrag der Fraktion der NPD auf Drucksache 6/3429 mit den Stimmen der Fraktionen von SPD, CDU, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei Zustimmung der Fraktion der NPD abgelehnt.
Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 17: Beratung des Antrages der Fraktionen der SPD und CDU – Zukunft des Schienenpersonenfernverkehrs sicherstellen, Drucksache 6/3420.
Antrag der Fraktionen der SPD und CDU Zukunft des Schienenpersonen- fernverkehrs sicherstellen – Drucksache 6/3420 –
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die „Berliner Morgenpost“ titelt in ihrer Ausgabe vom 01.10. dieses Jahres „Viele Regionalzüge sind akut bedroht“, und diese Aussage, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ist ja auch in diesem Land nicht neu. Ich erinnere nur an die Debatten, die in diesem Haus immer wieder gefordert oder geführt worden sind, unter anderem zum Erhalt der sogenannten Südbahn. Die Debatten, die über die Jahre geführt wurden, standen dabei regelmäßig unter der Thematik des Schienenpersonennahverkehrs, was ja
vom Grundsatz her, Kollege Renz, völlig richtig ist, da das Land, da die Länder hierfür seit der Bahnreform Anfang der 90er-Jahre des vorigen Jahrhunderts zuständig sind.
Seitdem herrscht in der Bundesrepublik Deutschland eine klare Aufgabenverteilung. Schienenpersonennahverkehr ist Aufgabe der Länder, und alles, was nicht Schienenpersonennahverkehr ist, so die sogenannte Negativdefinition des Grundgesetzes, ist der Verantwortungsbereich des Bundes. Und das, was die Länder im Rahmen ihrer Aufgabe zur Daseinsvorsorge im Bereich Schienenpersonennahverkehr bestellen, ist durch entsprechende Bundesmittel im Rahmen der Regionalisierungsmittel zu finanzieren. So die gesetzliche Fiktion oder, wenn man es auf den Punkt bringen will, so die Theorie, die von Jahr zu Jahr weniger mit der Realität zu tun hat.
Wie die Realität inzwischen aussieht, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, kann Ihnen die Mehrzahl der Bahnreisenden auch in unserem Land mitteilen, aber ebenso in vielen Teilen der Bundesrepublik Deutschland. Fahren Sie von Rostock nach Berlin, fahren Sie von Schwerin nach Hamburg, fahren Sie von Neubrandenburg oder Greifswald nach Berlin, Sie werden sehen, dass Sie kaum oder nur sehr wenige oder in manchen Regionen überhaupt keine Fernverkehrsangebote der Bahn oder eines Bahnunternehmens haben.
Das heißt, auch wenn Sie mehr als 50 Kilometer in diesem Land oder in anderen Teilen der Bundesrepublik Deutschland fahren, wenn Sie mehr als eine Stunde Fahrtzeit haben, auch wenn Sie mit dem Zug aus MecklenburgVorpommern in ein anderes Bundesland fahren wollen, Sie werden in vielen, vielleicht sogar in den meisten Fällen und auf einigen Strecken ausschließlich mit Zügen des Schienenpersonennahverkehrs fahren können. Und diesen als Nahverkehr getarnten und teilweise weit über die Landesgrenzen hinausgehenden faktischen Schienenpersonenfernverkehr bestellt das Land beziehungsweise bestellen die Länder aus den hierfür ursprünglich gar nicht vorgesehenen Regionalisierungsmitteln.
Aber, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, wenn die Regionalisierungsmittel hierfür gar nicht vorgesehen waren, wenn die Länder eigentlich gar nicht für diese im wahrsten Sinne des Wortes weitergehenden Schienenverkehre zuständig sind, warum machen sie es dann? Warum bestellen also die Länder diese Verkehre? Diese Frage, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, stellt sich nicht nur in Mecklenburg-Vorpommern, diese Frage stellt sich in allen 16 Bundesländern, selbst, man mag es kaum glauben, in den Stadtstaaten.
Die Antwort darauf ist ganz einfach: weil derjenige, der eigentlich verantwortlich ist, seiner Verantwortung nicht nachkommt. Und, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, der Verantwortliche, der seiner Verantwortung nicht nachkommt, ist nicht etwa, wie in der öffentlichen Diskussion immer wieder angeprangert, die DB AG. Die DB AG ist seit der Bahnreform eines von vielen privatwirtschaftlichen Unternehmen, das zwar den Gesellschafter Bund hat, aber ansonsten auch den Vorgaben seines Gesellschafters im Wettbewerb mit anderen Eisenbahnunternehmen entsprechend am Markt agiert. Auf Deutsch: Die DB AG fährt dort Fernverkehr, wo es sich, vereinfacht ausgedrückt, für sie rechnet. Und genau das, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ist ja auch eines der Ziele der Bahnreform Anfang der 90er des vorigen Jahrhun
derts gewesen. Aber was mit der Bahnreform nicht gewollt war, ist die Tatsache, dass es deswegen in weiten Teilen Deutschlands überhaupt keine Schienenpersonenfernverkehrsanbindungen mehr gibt – und das ist nicht nur ein ostdeutsches Problem.
Es gibt inzwischen, 20 Jahre nach der Bahnreform, in ganz Deutschland eine Vielzahl von mittleren Großstädten, von Ober- und von Mittelzentren, die, was den Schienenpersonenfernverkehr betrifft, im wahrsten Sinne des Wortes auf der Strecke geblieben sind. Das gilt nicht nur für Schwerin und Rostock, Stralsund oder Greifswald, das gilt genauso für Magdeburg oder Potsdam, genau wie für Bremerhaven oder Leverkusen, für Ludwigshafen oder Schweinfurt, für Regensburg oder Konstanz und eine Vielzahl anderer Städte. Und, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, wenn man sich die Frage stellt, wer für diese Situation die Verantwortung trägt, dann kann ich Ihnen – gestatten Sie mir das, ich kann aus meiner Haut nicht heraus – einen unter Juristen beliebten Spruch sagen, der da lautet: Ein Blick ins Gesetz erleichtert die Rechtsfindung.
Und tatsächlich, wenn man sich dann das richtige Gesetz – wohlgemerkt – anschaut, in dem Fall das Grundgesetz, kann man in Artikel 87e Absatz 4 sehen, dass es eine grundgesetzliche Verpflichtung des Bundes zur Erhaltung eines, Zitat, „dem Wohl der Allgemeinheit“ dienenden Schienenpersonenverkehrsangebotes gibt. Um es noch einmal deutlich zu sagen: eine grundgesetzliche Verpflichtung des Bundes und eben nicht der Länder gegenüber den Menschen in Deutschland und gegenüber ihren Verkehrsbedürfnissen. Aber was wir seit Beginn der 1990er-Jahre erleben, ist das genaue Gegenteil: ein schleichender Prozess des sich aus der Verantwortung ziehenden Bundes.
Und selbst das, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, wäre ja noch nicht einmal so schlimm – man ist inzwischen schon nicht mehr anspruchsvoll –, wenn der Bund dann im Gegenzug den Ländern, die in vielen Bereichen diese Fernverkehrsleistung über den eigentlichen Schienenpersonennahverkehr hinaus bestellen und bezahlen, die dafür erforderlichen Finanzierungsmittel zur Verfügung stellen würde. Aber wer die derzeitige Diskussion zwischen dem Bundesfinanzministerium und allen, ausnahmslos allen Bundesländern verfolgt, egal ob die Verkehrsminister oder die Ministerpräsidenten von der CDU, der CSU, der SPD oder den GRÜNEN kommen, der kann ja nur noch mit dem Kopf schütteln.
Selbst Bundesverkehrsminister Dobrindt hat anlässlich der Verkehrsministerkonferenz Anfang Oktober in Kiel gegenüber den Ländern und seinen Länderkollegen ausdrücklich seine Unterstützung zumindest im Hinblick auf eine verbesserte Finanzausstattung und Ausfinanzierung des Bahnverkehrs durch den Bund zum Ausdruck gebracht.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, gestatten Sie mir vor dem Hintergrund eine Randbemerkung, aus der vielleicht deutlich wird, dass ich für mancher Leute Verhalten nur begrenztes Verständnis habe. Wenn es in diesem Land einen Bundestagsabgeordneten gibt, der hier gewählt wurde, gerade auch gewählt wurde, um die Interessen der Menschen dieses Landes zu vertreten, und der Mitglied im Haushaltsausschuss des Bundestages ist, dann erwarte ich eigentlich zumindest, dass er sich für die Interessen dieses Landes einsetzt und sich mit öffentli
chen Äußerungen zurückhält, die in die Richtung gehen, dass hier Gelder des Bundes nicht ordnungsgemäß verwandt werden würden beziehungsweise versickern.
Vielleicht sollte der Kollege, und er wird selber wissen, wer gemeint ist, deswegen will ich den Namen hier nicht nennen,
mit dem Regionalexpress von Rostock oder Güstrow nach Berlin fahren und sich dabei fragen, warum das Land diese Zugverbindung bezahlt und nicht der Bund.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ich hatte mir zu Beginn meiner Rede erlaubt, auf eine Berliner Zeitung und ihre Schlagzeile „Viele Regionalzüge sind akut bedroht“ zu verweisen. Angesichts des Streites zwischen dem Bundesfinanzministerium und den Ländern über den Umfang der Regionalisierungsmittel gilt diese Warnung für die gesamte Bundesrepublik Deutschland und natürlich auch für Mecklenburg-Vorpommern. Wenn wir die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes nicht der Gefahr aussetzen wollen, der Bund aber gleichzeitig nicht bereit ist, den berechtigten Forderungen der Länder nach Ausfinanzierung des Schienenverkehrs zu entsprechen, dann müssen die Länder zukünftig vom Bund verlangen, dass dieser seiner grundgesetzlichen Verpflichtung zur Absicherung eines angemessenen und den Bedürfnissen der Bevölkerung entsprechenden Schienenpersonenfernverkehrs endlich nachkommt, also diesen auch absichert. Deswegen, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, der vorliegende Antrag von SPD und CDU.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, gestatten Sie mir, dass ich im Rahmen der Einbringung dieses Antrages nicht auf die einzelnen im Antrag unter den Ziffern 1 bis 5 angeführten Punkte eingehe. Diese Punkte sind allesamt Forderungen, die sich in der bundesweiten Diskussion über die Zukunft des Schienenpersonenfernverkehrs in Deutschland immer wieder, egal aus welcher parteipolitischen Funktion heraus sie dargelegt worden sind, als zentral herausgestellt haben und auf die weder die Koalitionsfraktionen noch ich persönlich in irgendeiner Art und Weise, ich will es mal „geistiges Urheberrecht“ nennen, geltend machen können. Darüber hinaus, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, gehe ich eigentlich davon aus, dass keiner dieser Punkte einer gesonderten Erklärung bedarf. Nichtsdestotrotz, und ich denke mal, das ist eine Selbstverständlichkeit auch im Rahmen dieser Plenardebatte, nichtsdestotrotz bin ich natürlich im Rahmen der anstehenden Debatte gerne bereit, noch einmal auf die gesonderten Punkte einzugehen.
Und, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, im Interesse des Schienenverkehrs in unserem Land, egal ob Nah-
oder Fernverkehr, und im Interesse der Bürgerinnen und Bürger unseres Landes, aber auch der vielen Touristen, die nach Mecklenburg-Vorpommern kommen, um dieses wunderschöne Land zu besuchen, und die sich alle zusammen sinnvolle, vernünftige Schienenpersonenverkehrsverbindungen wünschen, bitte ich daher im Namen der Koalitionsfraktionen um Zustimmung zu dem vorliegenden Antrag. – Danke schön.
(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von Wolf-Dieter Ringguth, CDU)
Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 90 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Ums Wort gebeten hat zunächst der Minister für Energie, Infrastruktur und Landesentwicklung Herr Pegel.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vielen Dank für diesen Antrag, …