Protokoll der Sitzung vom 10.12.2014

Lassen Sie mich auf ein anderes besonderes Problem eingehen. Im Ostseebericht der Landesregierung wird betont, dass es eine Vielzahl von Wegen gibt und dass jeder Mitgliedsstaat seinen Energiemix selbst bestimmen kann. Das bedeutet aber letztlich, dass es, anders, als in der Beschlussempfehlung meines Ausschusses und auch des Energieausschusses behauptet wird, keine gemeinsame europäische Strategie gibt, sondern es gibt nur nationale Strategien. Ich bedauere das natürlich.

Der von mir sehr hochgeschätzte Wissenschaftler Professor Ulrich Beck, der zumindest auch in der SPD anerkannt ist, sprach hinsichtlich der Energiepolitik ausdrücklich von einer Renationalisierung und meinte: „Europa spielt in diesem Zusammenhang nur eine Nebenrolle.“ An anderer Stelle wird er hinsichtlich der Gefahr noch deutlicher, ich zitiere: „So entsteht, wenn es schlimm wird, die Illusion, dass man die Machtcontainer einfach nur wieder abschließen muss, um alle Probleme zu lösen. ‚Wir schaffen das allein – wir Deutschen, wir Franzosen, wir Luxemburger‘:“ – immer noch Professor Beck – „Das ist die Untergangsformel Europas.“

Man muss nicht so weit gehen, ich möchte es auch nicht, aber ein wenig von diesem Problembewusstsein hätte ich mir auch im Ostseebericht der Landesregierung und bei den Regierungsfraktionen im Energieausschuss gewünscht. Ungeachtet dessen sehen wir den Europa- und Ostseebericht der Landesregierung auf praktisch allen anderen Gebieten und die Beschlussempfehlung des Europa- und Rechtsausschusses positiv. – Ich bedanke mich.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Danke.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Texter von der CDU-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Detlef Müller, der geschätzte Kollege Müller, hat den Bericht und die Beschlussempfehlung umfänglich vorgestellt und ich möchte natürlich nicht auf einzelne Passagen eingehen, das ist hinlänglich getan worden. Dennoch gestatten Sie mir einige grundsätzliche Bemerkungen hinsichtlich der Europapolitik und der Auffassung unserer Fraktion.

Die europäische Idee bietet große Chancen für Wachstum und Wohlstand. Das zeigt auch der vorliegende Bericht, den wir ja schon zur Kenntnis genommen haben und der allen schriftlich vorliegt. Gleichzeitig zeigt der Bericht aber auch, dass immer wieder aufs Neue ausgelotet werden muss, welche Entscheidungen in Europa und welche Entscheidungen besser vor Ort in Eigenverantwortung getroffen werden. Europa muss nur das regeln, was wir nicht selber vor Ort besser können. An diesem Motto muss sich jede Entscheidung, jede Regelung auf europäischer Ebene messen lassen. Und es ist nach wie vor unerlässlich, in energisch geführten Debatten an den Grundsatz der Subsidiarität zu erinnern.

Meine Damen und Herren, im weiteren europäischen Zusammenwachsen ist es auch in Zukunft wichtig, gemeinsame Standards zu definieren. Dies gilt in allen Bereichen, sei es in der Wirtschaft oder bei den Themen Sicherheit, Tourismus, Verbraucherschutz oder Umweltschutz. Hier liegen unsere Standards häufig und in der Regel deutlich über denen unserer europäischen Nachbarn. Deshalb sehe ich Bund und Land in der Pflicht, stets darauf zu drängen, dass unsere hohen deutschen Standards auch zu europäischen Standards werden.

Wenn einer unserer europäischen Partner höhere Standards und bessere Maßstäbe haben sollte, dann sollten diese für Europa herangezogen werden. Es ist nicht die bloße Definition von Mindeststandards, die Aufschwung, Innovation und Wohlstand fördern, sondern es sind Standards auf einem ambitionierten Niveau. Auf der anderen Seite müssen Standards mit Augenmaß gesetzt werden und wohlüberlegt sein.

Ich möchte an dieser Stelle nur daran erinnern, dass beispielsweise die EU-Fischereipolitik in der letzten Zeit neue Problemfelder für die Fischer in unserem Land aufgetan hat, ich rede hier nicht nur von Fangquoten und Zertifizierungsfragen, sondern auch beispielsweise vom Anlandungsgebot für Beifang oder untermaßige Fische. Die Frage, wie das in der Praxis genau ablaufen soll, ist noch ungeklärt. Hier ist die EU Antworten schuldig, aber wir denken, die müssen relativ schnell auf den Tisch.

Ein Beispiel noch, dies betrifft den Bereich der beruflichen Qualifikation: Mit den Zielen der Förderung der europaweiten Fachkräftemobilität, der Schaffung neuer Arbeitsplätze und Wirtschaftswachstum möchte die Kommission die unterschiedlichen nationalen Zugangsbeschränkungen zu den einzelnen Berufsbildern erfassen und evaluieren. Aus deutscher Sicht ist dieses Vorhaben mit einer gewissen Vorsicht zu betrachten.

Zwar hat die Kommission unser duales Ausbildungsmodell als Best-Practice-Beispiel ausdrücklich gelobt und sogar als Mittel gegen die Jugendarbeitslosigkeit empfohlen, doch gleichzeitig betrachtet die Kommission den deutschen Meisterbrief als Hemmnis für den Binnenmarkt. Aber Wettbewerb findet auch über die Qualität statt, und genau dem, meine Damen und Herren, dient der deutsche Meisterbrief, in dem Qualitätsstandards definiert sind. Hier sind alle deutschen Europaabgeordneten aufgerufen, den Meisterbrief zu verteidigen und seinen Bestand zu sichern.

Wie ich schon sagte, hat die Landesregierung in dem Bericht sehr viele Fragen und Handlungsfelder aufgeführt. Der Kollege Müller hat in seinen Ausführungen dargestellt, dass der Energiesektor – das können Sie auch der Stellungnahme entnehmen – ein großes Feld einnimmt. Die Bündnisgrünen haben mit ihren Änderungsanträgen gezeigt, worum es ihnen geht, und daher rührt mit Sicherheit auch die Ablehnung. Darauf wird in der Debatte eingegangen werden. Ich erspare mir jetzt, über die Energiepolitik weiterhin Stellung zu beziehen. Ich gehe davon aus, dass dazu noch einiges gesagt wird.

Ich kann Ihnen aber an dieser Stelle schon sagen, dass wir der Beschlussempfehlung zustimmen werden. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Danke.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Jaeger von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN geht davon aus, dass ihr Änderungsantrag nicht durchkommt, denn er ist auch im Energieausschuss nicht angenommen worden.

(Heiterkeit bei Peter Ritter, DIE LINKE: Ach was?!)

Wir werden deswegen dann auch den Gesamtantrag ablehnen, weil uns unsere Änderungsanträge in diesem Fall so wesentlich erscheinen.

Ich will Ihnen kurz aus dem Ostseebericht, der im Moment erst mal so dasteht, vorlesen, ich zitiere: „Grundsätzlich kann jeder Mitgliedstaat seinen Energiemix selbst bestimmen.“ So weit, so gut. Das haben wir auch nicht versucht, wir haben nicht mit irgendeinem Änderungsantrag versucht, das infrage zu stellen, das ist mir ausdrücklich wichtig. Das haben wir nicht infrage gestellt.

Dann geht es weiter: „Insoweit stellt der Energiefahrplan keine legislative Maßnahme dar und enthält demgemäß keine konkreten Vorgaben für die Mitgliedstaaten.“ Auch dazu haben wir keinen Änderungsantrag gestellt. Der Fahrplan 2050 ist somit kein Ersatz für nationale, regionale und lokale Anstrengungen zur Modernisierung der Energieversorgung. So weit, so gut. Das wollten wir nicht ändern.

Und jetzt der Satz, wo wir sagen, hier ist ein klares Bekenntnis des Landtages Mecklenburg-Vorpommern erforderlich, und der heißt zurzeit im Bericht: „Die Europäische Kommission will den Ausbau der EE“ (erneuerbaren Energien) „voranbringen, sieht fossile Energien als Brückentechnologie an,“ – und jetzt kommt es – „hält aber CO2-Abtrennung und Speicherung (CCS) und Nuklearenergie weiterhin für unentbehrlich, um den Ausstoß von Treibhausgasen wie geplant bis 2050 auf 80 bis 95 Prozent gegenüber 1990 zu senken.“

Jetzt will ich anderen europäischen Staaten nicht erklären, dass CCS und Atomenergie keine Lösungen sind, das meine ich natürlich. Aber das wollten wir mit unserem Änderungsantrag nicht erreichen, sondern nur, dass wir in der Logik unserer eigenen Beschlüsse bleiben. Wenn wir sagen, CCS ist keine Zukunft für Mecklenburg-Vor- pommern – und die CDU hat das mitgesagt –, dann können wir doch nicht zustimmen, wenn da drinsteht „ist zwingende Voraussetzung“. Es muss doch klar sein, wenn sich Frankreich und Großbritannien für Atomenergie entscheiden, dann gilt, dass auf der unteren Ebene entschieden wird, wie die Energiepolitik aussieht.

Das haben wir, wie gesagt, auch nicht angegriffen. Aber dann muss für uns klar sein, diese Ausschließlichkeit gehört aus Sicht unseres Landes nicht in diesen Text hinein, sondern wir bestehen darauf, dass jedes Land selbst entscheidet, wie es Energiepolitik gestaltet. Jetzt können Sie sagen, okay, das steht doch aber vorne drin, dass jedes Land Energiepolitik selber macht, was wollen die jetzt eigentlich.

Ich weiß nicht, ob Sie heute mal auf „tagesschau.de“ geguckt haben, da geht es um den Plan von Juncker, in der Europäischen Union 300 Milliarden Euro zu investieren. Klammer auf: Wir haben zum Glück in Brüssel erfahren, dass dieses Geld eher eine Luftnummer ist, weil es nirgendwo dieses Geld gibt, das will er irgendwie aus Haushaltsresten zusammensammeln. Wie er da 300 Milliarden zusammenbekommen will, ist schwer umstritten.

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Aber – und das ist der entscheidende Punkt – unter den angemeldeten Projekten sind ausdrücklich nicht die Projekte, die sowieso mal gemacht werden mussten, die schon angemeldet sind, sondern unter diesen Projekten befinden sich allein zehn Atomkraftwerke in der Europäischen Union, die über 100 Milliarden von diesen 300 Milliarden verbrauchen würden. Das heißt, mit diesen und anderen Texten wird natürlich zurzeit versucht, auf europäischer Ebene die Renaissance der Atomenergien in Europa herbeizureden.

Da erwarte ich einfach von der CDU eine klare Aussage. Wollen Sie das sozusagen eigentlich unterstützen? Fallen Sie da eigentlich Ihrer eigenen Bundeskanzlerin in den Rücken, wo Sie das Gefühl haben, na ja, die hat es noch nicht begriffen, aber eigentlich geht der Trend schon wieder in eine andere Richtung,

(Torsten Renz, CDU: In drei Sätzen dreimal „eigentlich“!)

und wir wollen nicht ständig hin und her? Wir machen schon mal deutlich, wir bereiten den Ausstieg aus dem Ausstieg, aus dem Ausstieg, aus dem Ausstieg vor und sind demnächst wieder bei der Atomenergie dabei. Deswegen kann ich Sie einfach nur bitten, das hier wirklich darzustellen und wenn Sie Ihrer Bundeskanzlerin folgen, auch sehr deutlich zu unseren Beschlüssen hier im Landtag zu stehen.

(Vincent Kokert, CDU: Sortieren Sie doch erst mal Ihren Laden hier, Herr Jaeger! Da haben Sie, glaube ich, genug zu tun.)

Haben Sie da konkrete Anmerkungen?

(Vincent Kokert, CDU: Ihren Laden zu sortieren?)

Da fällt Ihnen gerade nichts ein zum Thema Energie- politik?!

(Vincent Kokert, CDU: Permanent sollten Sie Ihren Laden sortieren. – Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Ja, habe ich immer unter Kontrolle oder versuche, das zu sehen.

(Vincent Kokert, CDU: Gucken Sie sich mal Ihren Ministerpräsidenten in Baden-Württemberg an! – Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Und was haben Sie dem jetzt konkret bei der Energiepolitik vorzuwerfen?

(Vincent Kokert, CDU: Rückkehr in die Kohle! Mit Frau Kraft Seit an Seit marschiert er da.)

Ach! Zur Kohle kommen wir morgen.

(Vincent Kokert, CDU: Kohle kommt dann morgen?!)

Das wird ein interessantes Thema. Und es ist absoluter Unfug, Herr Kokert, was Sie da gerade erzählen, aber dazu werde ich Ihnen morgen etwas sagen.

(Zuruf von Vincent Kokert, CDU)

Denn gerade NRW und auch Baden-Württemberg machen zur Kohlepolitik im Moment eine sehr realistische und vernünftige

(Vincent Kokert, CDU: Ja?!)

in Richtung Ausstieg

(Vincent Kokert, CDU: Ach so!)

gehende Kohlepolitik,

(Vincent Kokert, CDU: Ach so! Jaja!)