Protokoll der Sitzung vom 11.12.2014

(Unruhe vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Also, meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben eine kommunale Haushaltskonsolidierungsverordnung. Daraus ist erkennbar, wie viel Geld dem Kreis Vorpommern-Greifswald zusteht aufgrund seiner Verschuldungssituation. Und jetzt sage ich mal, ich bin ja selbst aus diesem Kreis, aber wenn ich mir das so anhöre, was die anderen Kreise sagen, dann sagen die: Mein Gott, da wird aber ein riesiger Batzen ausgerechnet in den Kreis gehen, der sich oft so schwertut, seine eigenen Hausaufgaben zu machen.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Ja.)

Ich glaube, das findet bei der übrigen kommunalen Familie nicht nur Begeisterung, sondern es ist einfach ein zähneknirschender Ausdruck von Solidarität mit diesem Kreis. Aber dazu brauchen wir ein Haushaltssicherungskonzept und zu diesem Haushaltssicherungskonzept gehört nun einmal die aktive Auseinandersetzung mit der Frage der Altfehlbeträge. Dieses ist eine zwingende Conditio sine qua non. Aber ich sage es noch mal: Hier sind wir doch auf einem guten Weg und hier sind wir so weit, dass wir eigentlich eine beschlussreife Vorlage vorliegen haben.

Und was dann die übrigen round about 50 Millionen Fehl- beträge angeht, dazu hat die Ministerin in Vertretung des Innenministers hier einiges gesagt. Ich glaube nicht, dass es sinnvoll ist, dass man sich bereits jetzt aus dem Fenster lehnt und einen Entschuldungsplan bis zum letzten Punkt vorlegt, sondern es ist sinnvoll, dass man sich hier Schritt für Schritt vorwärtsbewegt. Aber bitte schön, beide müssen sich bewegen und bitte schön, auch der Kreis muss sich bewegen, damit man dann am Ende eine Lösung findet, die für die Menschen in diesem Kreis sinnvoll ist.

Wenn wir von einer Lösung sprechen, dann darf ich noch mal an meine Eingangsausführungen erinnern. Vielleicht wäre es gut, wir würden dahin kommen, dass man eine Gesamtvereinbarung trifft zwischen Land und Kreis, die natürlich die Altfehlbeträge im Blick hat, die aber auch die inzwischen seit der Kreisgebietsreform aufgelaufenen Fehlbeträge in den Blick bekommt und die vor allen Dingen eine Lösung anbietet, wie denn in der Zukunft die Entstehung neuer Fehlbeträge verhindert wird, wie dieser Kreis letztlich zu einem ausgeglichenen Haushalt kommt.

Dieses, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist ein Prozess zwischen Kreis und Land. Dieser Prozess findet statt. Dabei einseitig einen der Prozessbeteiligten zu schelten und zu sagen, deine Handlungsweise ist nicht richtig, dieses wird der Sache nicht gerecht.

Und, Herr Ritter, es tut mir ja leid, aber ich lese sogar die Überschriften Ihrer Anträge

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion der SPD – Zurufe von Jeannine Rösler, DIE LINKE, und Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE)

und in der Überschrift heißt es: „Landkreis VorpommernGreifswald bei Altschulden und Altfehlbetragsumlage rechtsaufsichtlich kompetent und politisch verlässlich beraten“. Das ist die Forderung, die zukünftig geschehen soll.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Gute Überschrift.)

Ja, gute Überschrift, die sagt, zukünftig …

(Peter Ritter, DIE LINKE: Die wird wohl nicht beschlossen, oder?)

Doch, die wird mitbeschlossen, aber wir beschließen nicht, wir lehnen nämlich ab.

(Heiterkeit bei Rainer Albrecht, SPD, und Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

Hier wird gesagt, zukünftig muss dieser Kreis rechtsaufsichtlich kompetent und politisch verlässlich beraten werden.

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Wie schön! – Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Da steht nichts von „zukünftig“.)

Dies unterstellt, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass die Beratung, die jetzt durch das Innenministerium stattfindet, weder kompetent noch politisch verlässlich sei. Diese Behauptung ist falsch und wir weisen sie zurück.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Aufs Schärfste.)

Wir weisen die Überschrift zurück und wir lehnen den ganzen Antrag ab. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Vielen Dank, Herr Müller.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Saalfeld für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich glaube, wir haben hier wieder ein sehr schönes Beispiel, wie alle mit dem Finger auf die anderen zeigen. Und ich danke Herrn Müller für seine Worte, die er dann ganz zum Schluss seines Redebeitrages gefunden hat. Es bringt jetzt nichts, nur die Schuld bei einem zu suchen, sondern wir müssen uns zusammentun und eine gemeinsame Lösung für die Bürgerinnen und Bürger vor Ort finden.

Und genau das, meine Damen und Herren, lese ich auch aus dem Antrag der LINKEN, der nichts anderes fordert, als sich auf den Weg zu machen,

(Torsten Renz, CDU: Ja, man zieht immer das raus, was man lesen will.)

geordnet, kompetent, rechtlich verbindlich, gemeinsam eine Lösung zu finden.

(Torsten Renz, CDU: Selektive Wahrheit.)

Und deswegen werden wir diesem Antrag auch zustimmen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich habe von der Ministerin im Auftrag des Innenministers gehört, der Landkreis müsse seine Hausaufgaben machen. Da, meine Damen und Herren, widerspricht ja niemand, auch dort in Vorpommern-Greifswald nicht. Das ist allen bewusst und bekannt. Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn man mit dem Finger auf die anderen

zeigt, muss man aufpassen, dass nicht mehrere Finger zurückzeigen,

(Rainer Albrecht, SPD: Ja. – Heinz Müller, SPD: Das stimmt. – Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Oh ja!)

denn auch das Land hat seine Hausaufgaben zu machen.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Im nächsten Jahr wird alles besser. – Zuruf von Rainer Albrecht, SPD)

Wir haben hier ein Riesenproblem. Ich erinnere Sie an das Finanzausgleichsgesetz. Das haben Sie, weil Sie sich in der Koalition nicht einigen können, auf die nächste Legislatur vertagt.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Zeigen Sie bloß nicht mit dem Finger auf die anderen!)

Und das, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist eigentlich das Grundproblem. Die Kreise in unserem Land wissen nicht, wohin die Reise gehen soll. Und warum soll ein Kreis einer Entschuldung zustimmen, wenn er überhaupt nicht weiß, wo die Reise hingehen soll, wenn er überhaupt nicht weiß, wo denn das Geld herkommen soll, und wenn er eigentlich auch weiß, dass das Geld jetzt schon nicht reicht? Also wie soll ich denn Schulden abbauen, wenn ich eigentlich momentan Schulden aufbaue? Das alles passt nicht zusammen und gehört in einen koordinierten Prozess, denn anderenfalls werden die Kreise nicht folgen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, 50 Millionen Euro zusätzlich, das ist die Forderung aus Vorpommern-Greifs- wald. Damit sollen die Schulden des Altkreises getilgt werden und eben nicht über eine Umlage abgezahlt werden, nämlich die, die nicht über eine Umlage abgezahlt werden können. Diese Forderung ist ein Hilferuf, meine sehr geehrten Damen und Herren, den wir ernst nehmen.

(Vizepräsidentin Regine Lück übernimmt den Vorsitz.)

Und ich glaube auch, dass wir den alle ernst nehmen, sonst würden wir uns hier nicht so gesittet darüber unterhalten. Über die Bewertung dieses Hilferufs gibt es allerdings unterschiedliche Einschätzungen zwischen dem Landkreis einerseits und der Landesregierung andererseits.

Herr Müller hat gerade versöhnliche Töne am Ende seiner Rede gefunden. Der Kreis fordert zunächst Zusagen zu weiteren Finanzhilfen ein, bevor eine Umlage für die Altschulden erhoben wird.

(Jeannine Rösler, DIE LINKE: Die CDU fordert das ein.)

Denn, ja – natürlich, Sie haben recht, die CDU sagt das –, denn ansonsten sei der Schuldenabbau nicht zu schaffen. Das Land sagt hingegen, fangt erst einmal an und dann sehen wir weiter, Zusagen können wir aber nicht machen.

Als GRÜNE sagen wir, die Kommunen brauchen aber eine verlässliche finanzielle Perspektive und eine finanzielle Auswertung, die ihnen die Luft zum Atmen lässt.

Aber wer, meine sehr geehrten Damen und Herren, soll denn nun den ersten Schritt machen? Ich glaube, die Situationen verharren hier. Wir und die Bürgerinnen und Bürger haben das Recht darauf, dass wir uns hier irgend- wie zusammenraufen und uns darüber klar werden, was jetzt eigentlich passieren sollte.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, um diese Frage zu beantworten, könnten wir uns das Bild eines Marathonläufers vor Augen führen. Das Innenministerium, in Vertretung durch die Justizministerin, die ja heute sehr kompetent für viele Minister auftritt, sagt jetzt also: Lieber Landkreis, lauf mal los und dann schauen wir, ob wir dich nicht irgendwann ablösen können, wenn du nicht mehr kannst, wenn die Luft ausgeht.

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Der Landkreis läuft also los und hofft die ganze Zeit, dass er nur nach einem Halbmarathon den Staffelstab abgeben kann, aber hat die ganze Zeit die Befürchtung, dass die Landesregierung, dass das Land nicht an dem vereinbarten Punkt wartet. Und deswegen, meine sehr geehrten Damen und Herren...

(Vincent Kokert, CDU: Was mäandern Sie denn da rum?! Nennen Sie doch mal ein paar Fakten! Sagen Sie doch mal, wo wir hier im Haushalt stehen! Haben Sie sich das gar nicht angeguckt?!)

Also ich weiß gar nicht, was Sie wollen, Herr Kokert. Es ist doch niemand...

(Vincent Kokert, CDU: Bisher waren null Inhalte, nur Quatsch.)