Protokoll der Sitzung vom 11.12.2014

Dafür werden wir noch mehr und bessere Lösungen für die Speicherung von Wind- und Sonnenstrom brauchen. Im Land wird an solchen Speicherlösungen auch praktisch gearbeitet, das wissen wir gemeinsam. Der Batteriespeicher der WEMAG hier in Schwerin ist ein Beispiel dafür, die Forschung zu Wasserstoff in Stralsund beschreibt eine andere, durchaus vielversprechende Fährte, der gefolgt wird.

Wir warten aber noch auf den Zeitpunkt, zu dem die Speichertechnologien so weit ausgereift sind, dass im Rahmen der Volatilität, also der Veränderbarkeit der erneuerbaren Energien, eine Versorgungslücke – im Zweifel auch von deutlich mehreren Stunden – ausgeglichen werden kann. Zu diesem Zeitpunkt werden wir dann bundesweit sehr konsequent über sehr konkrete Ausstiegsszenarien zu sprechen haben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, mit dem Landesenergiekonzept beschreiben wir den weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien. Das ist das Hauptziel. Wir folgen dabei aber auch – den Empfehlungen des Landesenergierates und seiner AGs folgend – dem Gedanken eines Energiemixes für die kommenden Jahre, den wir noch eine Zeit lang brauchen werden – da sind wir, glaube ich, auch nicht weit auseinander – mit einem klaren Kurs auf den Aufbau der Erneuerbaren – das ist unstreitig innerhalb des Landesenergiekonzeptes und wird es sein –, auch mit einem Förderprogramm des Bildungs- und des Energieministeriums für die Speicher- und Netzstabilitätsforschung, weil gerade die ein Schlüssel sein wird – je schneller wir dort zu Ergebnissen kommen, desto leichter wird auch ein Ausstieg aus konventionellen Kraftwerken sein –, aber auch mit einem klaren Blick für die Aufga- benteilung zwischen Land und Bund. Der Landesener- gierat hat uns dabei im Übrigen eines nicht empfohlen: Er hat keinen Sonderweg beim Ausstieg aus der Kohleverstromung hier in Mecklenburg-Vorpommern vorgeschlagen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, im kürzlich veröffentlichten Vergleich der Bundesländer der erneu- erbaren Energien 2014 der Agentur für Erneuerbare Energien, die bundesweit agiert, belegt MecklenburgVorpommern den dritten Platz und hat sich noch mal deutlich verbessern können, im Übrigen hinter den Ländern Bayern und Baden-Württemberg. Wir sind damit unter den norddeutschen Bundesländern der Bestplatzierte. Dies zeigt, glaube ich, deutlich, dass wir die vorhandenen Potenziale für erneuerbare Energien intensiv nutzen.

Mecklenburg-Vorpommern hilft mit seinem Export erneuerbarer Energien, die Ziele der Energiewende nicht nur hier im eigenen Bundesland zu erreichen. Im Ergebnis helfen wir damit, die Kohle als Energieträger auch in anderen Bundesländern zurückzudrängen, also nicht nur auf die eigene Landesgrenze zu schauen.

Und, meine sehr geehrten Damen und Herren, nicht nur beim Ausbau der erneuerbaren Energien sind wir vorne mit dabei, auch im Bereich der Raumordnung – von Ihnen in der Ziffer 3 des Antrages mit mehreren Spiegelstrichen angesprochen – schaffen wir mit zahlreichen Festlegungen, die im Anhörungsverfahren nicht immer auf Gegenliebe stoßen, im aktuellen Entwurf des Landesraumentwicklungsprogrammes die planerischen Voraussetzungen für den Klimaschutz und die notwendigen Anpassungen an den Klimawandel.

Den besten Klimaschutz – auch da werden wir uns vermutlich schnell einig – betreibt man zuweilen durch Vermeidung. Einer solchen Vermeidungsstrategie trägt das Zentrale-Orte-System, ein etwas technischer Begriff, Rechnung, denn dieses will zu einer energiesparenden Siedlungs- und Verkehrsentwicklung beitragen. Damit gehen auch die Konzentration der Siedlungsentwicklung sowie eine Reduzierung der Flächeninanspruchnahme einher. Es wird damit auch zu einer Vermeidung von Verkehren beigetragen, die bei völlig freier Siedlungsentwicklung entstehen würden. Diese Bündelung von Verkehren schafft dann auch einen besseren Zugang für den ÖPNV – alles zusammen, nach unserer Einschätzung, ein wesentlicher Beitrag zum Klimaschutz.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die im Rahmen der Fortschreibung des Landesraumentwicklungsprogrammes formulierten Grundsätze und Ziele sind primär auf die Umsetzung der nationalen Nachhaltigkeitsziele ausgerichtet, nämlich auf die Begrenzung des täglichen bundesweiten Flächenverbrauches – ich betone: täglich, ich finde die Zahl immer wieder beachtlich –, des täglichen bundesweiten Flächenverbrauches bis hin zum Jahr 2020 auf 30 Hektar.

(Zuruf aus dem Plenum: Ja.)

Ja.

Davon abgeleitet liegt der Zielwert für MecklenburgVorpommern immer noch bei 1,95 Hektar pro Tag. Unsere Kernziele bei der Siedlungsentwicklung, der Wohnungsbauentwicklung und bei großflächigen Einzelhandelsvorhaben sind erstens die Stärkung der Innenentwicklung, also Innen- vor Außenentwicklung, im Übrigen ist gerade das durchaus von den kleinen Gemeinden nachhaltig kritisiert worden im Rahmen der aktuellen Anhörung, zweitens die Vermeidung einer bandartigen Entwicklung der Siedlungsstruktur, zu gut Deutsch der Zersiedlung, drittens die Konzentration der Wohnbauflächen auf die Zentralen Orte, viertens das Anhalten der Regionalplanung daraufhin, dass diese als Instrument der nachhaltigen Steuerung der Siedlungsentwicklung auf ein regionales Flächenmanagement hinwirkt, und fünftens die Konzentration des großflächigen Einzelhandels auf Zentrale Orte – auch das nicht nur beliebt bei vielen kleineren Gemeinden –, und dort auf die Innenstädte beziehungsweise Ortszentren und zentralen Versorgungsbereiche.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir machen uns Empfehlungen des Landesenergierates im Landesenergiekonzept und die Möglichkeiten der Landesplanung im Landesraumentwicklungskonzept zunutze. Das lässt sich im Übrigen auch schnellstmöglich umsetzen, das ist im aktuellen LEP-Entwurf enthalten. Die Landesregierung hält zweitens auch am Kurs des nachhaltigen Ausbaus der erneuerbaren Energien fest, und das ist nicht immer nur vergnügungssteuerpflichtig, das wissen wir beide gleichermaßen gut. Und drittens, die Dekarbonisierung der Energieerzeugung bleibt ausdrücklich mittelfristiges Ziel dieses Energiewendeprozesses, gerade hier im Bundesland.

Aber als Vater von zwei kleineren Kindern zitiere ich jetzt einfach mal: Für die Frage: „Sind wir schon da?“, scheint es bei dieser letzten Aufgabe leider noch ein wenig zu früh. – Ich danke Ihnen ganz herzlich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU und Johann-Georg Jaeger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke, Herr Minister.

Das Wort hat nun der Abgeordnete Herr Seidel von der Fraktion der CDU.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Eigentlich kann man darauf warten, wenn man sich mal die Daten verschiedener Aktivitäten im Bundestag und dann entsprechend in den Land- tagen anschaut. Am 04.07.2014 stellen BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN im Bundestag den Antrag „Kohleausstieg einleiten“,

(Zuruf von Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

heute im Landtag haben wir nun den Antrag der GRÜNEN

(Heiterkeit bei Johann-Georg Jaeger,

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Alle machen

das Gleiche. Das kann doch nicht sein.

Die CDU macht das genau umgekehrt. –

Heiterkeit vonseiten der Fraktion

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN –

Zuruf von Johannes Saalfeld,

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

hier in Mecklenburg-Vorpommern „Keine Energiewende ohne Kohleausstieg“. Es gibt allerdings – Herr Jaeger, auch wenn Sie das belustigt – einen Unterschied

(Johann-Georg Jaeger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ja?)

und den will ich deutlich machen. Die Bündnisgrünen im Bund haben in ihrem Antrag die zentrale Forderung formuliert, man will einen CO2-Grenzwert nach dem Beispiel Großbritannien, der sich auf die Jahresemission eines modernen Gaskraftwerkes bezieht.

(Johann-Georg Jaeger, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Da haben wir einen konkreten Vorschlag gemacht.)

Die Bündnisgrünen im Land Mecklenburg-Vorpommern fordern einen – wie Sie gesagt haben und es steht auch im Antrag – mittelfristigen Ausstieg aus der Kohlenutzung, unter anderem auch hier in Mecklenburg-Vorpommern.

Und, Herr Minister, jetzt will ich natürlich nicht einem Minister helfen oder so was, aber ich will mich noch mal zur anderen Seite wenden und Frau Finanzministerin – sie ist gerade nicht da – fragen, das Wort „mittelfristig“ ist schon erklärt. Also ich kenne immer noch eine Mittelfristige Finanzplanung. Sie kennen die, glaube ich, auch. Die geht über einen Zeitraum von fünf bis zehn Jahren. Insofern ist das ein relativ definierter Zeitraum. Man muss also – das war in Ihrer Rede ein bisschen anders, aber wenn ich mir den Text des Antrages vornehme – davon ausgehen, dass Sie mittelfristig (fünf bis zehn Jahre) einen Ausstieg aus der Kohlenutzung fordern.

Und, Herr Jaeger, da zeigt sich für mich dann doch ein bisschen der Unterschied zwischen den Leuten im Bund, die auch mal Regierungsverantwortung getragen haben,

und den Leuten im Land, die dieses Vergnügen noch nicht hatten – ich hoffe, auch nicht so schnell haben sollten –, denn das ist in meinen Augen eine Vorstellung, wie sie schlichtweg,

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

na ja, ich glaube, unrealistisch ist.

Und, meine Damen und Herren, jetzt will ich mich mal an all diejenigen richten, die trotz unterschiedlicher fachlicher Orientierung auch noch den Blick fürs Leben und ein bisschen technische Vorbildung haben – das soll ja heute nicht mehr modern sein –: Ich glaube, es ist inzwischen eine allgemeine Erkenntnis, dass die Energiewende richtig und notwendig war und ist – der Atomausstieg ist im Übrigen beschlossene Sache bis 2022 – und auch die schrittweise Zurückführung der Energiegewinnung aus Kohle, eben wegen der CO2-Problematik, aber natürlich auch wegen der Endlichkeit der Ressourcen. Ich meine, es macht doch keinen Sinn, darüber zu streiten, ob man nun 200 Jahre Kohle hat oder 220 oder 180. Das ist in meinen Augen nicht so wichtig, sondern es ist endlich.

Deswegen glaube ich, dass alle vernünftigen Menschen sagen, da müssen wir uns was anderes einfallen lassen. Allerdings, da wiederhole ich mich jetzt, ist die Forderung nach einem Ausstieg aus der Atomenergie bis 2022 und gleichzeitig nach einem Kohleausstieg mittelfristig nach meiner Auffassung, wie gesagt, unrealistisch, wenn man bedenkt, dass man gegenwärtig einen Anteil der Kohle bei der Bruttostromerzeugung deutschlandweit von 45 Prozent Steinkohle und Braunkohle – das ist die 2013er-Zahl – zur Kenntnis nehmen muss und es im Übrigen – da kann man sich jetzt auch um 1.000 streiten – am Ende 50.000 Menschen betrifft, über die man da mal so eben redet. Ich glaube in der Tat, diese Forderung ist politisch, aber auch fachlich, na ja, wenn man es etwas schärfer formuliert, aberwitzig.

(Beifall Egbert Liskow, CDU)

Meine Damen und Herren, wie ist denn die Situation zu dem Problemkreis der Energiewende? Zu Recht ist durch den Minister darauf hingewiesen worden, dass das eine gewaltige Aufgabe ist, die man nicht in den nächsten zehn Jahren schultern wird. Ich persönlich würde sagen, da werden 50 Jahre nicht reichen, um das wirklich in der gesamten Breite hinzukriegen.

Wie ist die Lage? Wir haben auf der einen Seite einen rasanten Fortschritt beim Aufbau von Erzeugungsanlagen für erneuerbare Energien, darauf ist hingewiesen worden. Mecklenburg-Vorpommern hat bereits, wenn Strom und Wind wehen, Entschuldigung, wenn Sonne scheint und Wind weht, eine hundertprozentige Versorgung. In Deutschland sind das gegenwärtig 24 Prozent der Bruttostromerzeugung. Stromnetzausbau und Speicherung hinken hinterher. Das ist für mich kein gesunder Zustand. Ich habe immer gedacht, dass man zunächst mal Infrastruktur braucht, wenn man etwas Anständiges leisten will. Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit – da gibt es zumindest ernstzunehmende Fachleute, die warnen, dass diese Bereiche nicht in dem Lot sind, wo sie hingehören.

Ja, meine Damen und Herren, wenn man den Pressespiegel aufschlägt, muss man feststellen, die Akzeptanz der Bürger schwindet trotz gut gemeinter Aktivitäten.

Insofern würde ich, wenn man das auf die Fragen, die die Wirtschaft betreffen, kapriziert, gerne noch mal deutlich sagen wollen: Die deutsche Volkswirtschaft ist kein Experimentierfeld,

(Udo Pastörs, NPD: So ist es.)

sie ist kein Privathaushalt, wo man Licht an- und ausschalten kann. Sie kann auch nicht so bedient werden wie in einem Privathaushalt, dass man mal einen Kühlschrank neu ersetzt oder ähnliche Dinge macht, sondern hier geht es wirklich um die Frage, wie kriegen wir es hin als ein Land, das sich – das muss man ja konstatieren – selbst zum weltweiten Beispiel erkoren hat, was ein hoher Anspruch ist, und sich damit, wenn man so will, unter den Erfolgsdruck gesetzt hat, dieses Problem, diese Riesenaufgabe zum Erfolg zu führen. Da würde ich immer sagen, da ist es gut, zweimal zu überlegen, bevor man einmal handelt.

Lassen Sie mich ein paar Bemerkungen zu dem Antrag selbst machen. Übrigens, Herr Minister, Sie sprachen vorhin von einer Begründung – ich habe jetzt den Antrag noch mal hin- und hergewendet, im Antrag finde ich zumindest keine Begründung, aber Sie meinten, glaube ich, die mündlich vorgetragene. Aber ich muss mich ja auf das konzentrieren, was der Antrag selbst aussagt. Dort wird formuliert – und das ist ja auch der Mut, der DIE GRÜNEN bei uns im Lande auszeichnet – im Punkt 1: Ein mittelfristig schrittweiser Kohleausstieg ist problemlos wirtschaftlich verkraftbar.

(Zuruf von Johann-Georg Jaeger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Na gut, dann gehen wir mal in die Unternehmen des Landes, und dann sagen Sie das denen mal, wenn man unter „mittelfristig“ fünf bis zehn Jahre versteht.

(Johann-Georg Jaeger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das hat auch niemand behauptet.)

Das ist das, was ich deutlich gemacht habe.