Protokoll der Sitzung vom 11.12.2014

Das Bundeskabinett hat zudem in dem für 2015 vor- gelegten Haushaltsentwurf eine Grundlage für die verbilligte Abgabe von Konversionsgrundstücken durch die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben verankert. Dazu ist ab 2015 für die nächsten vier Jahre ein Maximalumfang von insgesamt 100 Millionen Euro vorgesehen. Darüber hinaus ist im Koalitionsvertrag der Bundesregierung vorgesehen, das Nationale Naturerbe in einer dritten Tranche um mindestens weitere 30.000 Hektar zu erweitern. Hiervon kann zum Beispiel beim Truppenübungsplatz Lübtheen Gebrauch gemacht werden.

Sie sehen, der Bund unterstützt die Länder und somit auch Mecklenburg-Vorpommern bereits bei ihren Konversionsprozessen. Sicher, es kann mehr werden, aber dafür brauchen wir keinen Antrag der Opposition.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Ach so!)

Das Wirtschaftsministerium als zuständiges Ministerium braucht hier keinen Nachhilfeunterricht durch die LINKEN. Eine weitere Initiative, wie Sie sie wünschen, ist nicht notwendig. Ein zusätzlicher Nutzen aus einem neuen Konversionsfonds ist nicht ersichtlich, da Sie in Ihrem Antrag zudem nicht erläutern, wozu er verwendet werden soll.

(Heiterkeit bei Peter Ritter, DIE LINKE: Wozu braucht man einen Konversionsfonds?)

Meine Damen und Herren, dieser Antrag geht an der Lebensrealität in Mecklenburg-Vorpommern vorbei und sollte deshalb abgelehnt werden.

(Michael Andrejewski, NPD: Wie immer bei den LINKEN.)

Herzlichen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der SPD der Abgeordnete Herr Schwarz.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Lieber Peter Ritter, du hast vollkommen recht, da gebe ich dir recht, dass wir hier in diesem Land unseren Konversionsaufgaben, ich sage mal, sehr gerecht werden, und unter Rot-Rot gute Voraussetzungen geschaffen worden

sind. Und das will ich wirklich mal lobend erwähnen: Mit dir gab es immer eine verlässliche Zusammenarbeit.

(Egbert Liskow, CDU: Aber jetzt ist Schluss.)

Und ich muss sagen, die Große Koalition setzt natürlich auf dieses Erfolgsmodell auf. Also Konversion ist in diesem Land Mecklenburg-Vorpommern, hast du gesagt, ein sehr erfolgreiches Modell. Da gebe ich dir recht. Aber der Antrag, den ihr heute stellt, geht weit über die Konversionsaufgaben unseres Landes hinaus.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Sehr richtig.)

Die LINKEN verfolgen mit ihrem Antrag insbesondere das Ziel, und darauf konzentriere ich mich, der Rüstungskonversion.

Als Rüstungskonversion wird die Umstellung industrieller Betriebe, ganzer Rüstungszweige der Rüstungsproduktion auf zivile Fertigung bezeichnet. Der Zweck von Rüstungskonversion ist, bisher für Militär und Rüstung verwendete Innovationen und Produktionsressourcen für zivile Nutzung umzuwidmen. In der Koalitionsvereinbarung zwischen CDU, CSU und SPD steht unter anderem, ich zitiere: „Deutschland hat ein elementares Interesse an einer innovativen, leistungs- und wettbewerbsfähigen nationalen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie.“

Wer über Rüstungsindustrie reden will, in welcher Form und in welchem Zusammenhang auch immer, muss die Außen- und Sicherheitspolitik im Auge haben. Das kommt in Ihrem Antrag mit keinem Wort vor. Mit Genehmigung der Präsidentin würde ich gerne aus der Rede von Bundesminister Gabriel zitieren,

(Marc Reinhardt, CDU: Unbedingt!)

und zwar vom 08.10.2014 vor der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik in Berlin.

(Zuruf von Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich zitiere: „Dabei werde ich mich … auf ein Terrain begeben, das eigentlich nicht in den Aufgabenbereich des Wirtschaftsministers fällt, das aber unverzichtbare Grundlage jeder Debatte über Rüstung und Rüstungsexporte sein muss: das Terrain der Außen- und Sicherheitspolitik. … wer über Rüstungswirtschaft reden will, darf über Außen- und Sicherheitspolitik nicht schweigen. Im Gegenteil: sie, die Außen- und Sicherheitspolitik, muss Ausgangs- und Zielpunkt einer rüstungspolitischen Strategie Deutschlands – und soweit erreichbar – auch Europas werden.“ Zitatende.

(Zuruf von Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

In der Koalitionsvereinbarung von CDU, CSU und SPD wird die außen- und sicherheitspolitische Interessenlage Deutschlands wie folgt umschrieben, ich zitiere: „Gemeinsam mit unseren Partnern in Europa wollen wir die globale Ordnung mitgestalten und zur Lösung von Krisen und Konflikten beitragen. Dabei leiten uns die Werte und Interessen unseres Landes.“

Ich glaube, dass das westliche Verteidigungsbündnis die Welt sicher gemacht hat,

(Michael Andrejewski, NPD: Besonders in Afghanistan.)

weil wir in der Lage sind und die Fähigkeit besitzen, uns gegen jegliche mögliche Aggression zu verteidigen. 28 Staaten sind Mitglied des NATO-Nordatlantikpaktes. Deutschland wird auch in Zukunft seinen Verpflichtungen und seiner Verantwortung innerhalb des Bündnisses und darüber hinaus nachkommen. Es geht hier um kollektive Sicherheit und es geht auch um Bündnisfähigkeit. Deutschland spielt auf dem internationalen Parkett der Diplomatie eine bedeutende Rolle, und gerade jetzt ist es wichtig, sich für Stabilität, Ausgleich und Frieden einzubringen. In Ihrem Antrag ignorieren Sie dies völlig.

Das zeigt außerdem, dass dieses Thema auf Bundesebene gehört, denn die außen- und sicherheitspolitischen Interessen vertritt nicht das Land Mecklenburg-Vorpom- mern, sondern die Bundesrepublik Deutschland.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Sehr richtig. – Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Na klar wäre es schön, wenn die Menschheit auf jegliche Waffen verzichten würde, wenn die ABC-Waffenarsenale, die unsere Erde und die Menschheit mehrmals zerstören beziehungsweise vernichten könnten, verschwinden würden, aber leider ist dies aus heutiger Sicht nur ein Traum, ein Traum, für den es sich lohnt zu kämpfen. Da steht aber die gesamte Menschheit in der Verantwortung, und ich hoffe aus tiefstem Herzen, dass die Vernunft siegen wird.

Wir dachten alle, dass nach dem Fall des Eisernen Vorhangs eine Abrüstungs- und Entspannungspolitik folgen würde. Das Gegenteil ist der Fall: Die Welt ist aus den Fugen geraten. Es gibt besorgniserregende Entwicklungen und Veränderungen, die wir momentan auf der Welt erleben, und das alles in einem rasanten Tempo. Eine Vielzahl von bewaffneten Konflikten wird ausgetragen mit der Gefahr eines Flächenbrandes, zum Beispiel der Konflikt zwischen Israel und Palästina – zwei Flugstunden östlich von Berlin tobt ein Krieg –, die Krise um das iranische Atomprogramm, der sunnitisch-schiitische Konflikt – Austragungsort des Konflikts ist Syrien –. Dann gibt es den internationalen Terrorismus mit seinen ganzen Organisationen. Ich erinnere an den 11. September, an Al Kaida, Hamas, Hisbollah, IS und, und, und. Diese Konflikte können sich jederzeit militärisch entladen.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Die rüsten wir alle schon mit Waffen aus.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren der Fraktion DIE LINKE, vor diesem Hintergrund kommen Sie mit einem Antrag, der die schrittweise Entwaffnung unserer Streitkräfte zur Folge hätte. Das können wir nicht verantworten! Wir lehnen Ihren Antrag ab. – Danke schön.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Abgeordnete Frau Gerkan.

Sehr geehrte Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sie merken schon an den Vorrednern, es handelt sich letztendlich um einen Bundesantrag, und das bringt mich auch

dazu, mehr zum Thema Bundespolitik zu reden als zum Thema Landespolitik.

Friedenssicherung und Abrüstung sind seit jeher auch Kernziele grüner Politik. Abrüstung ist ein Grundpfeiler einer Außenpolitik im Dienste des Friedens. Aufrüstung und Rüstungsexporte in Krisenregionen gefährden Frieden und Sicherheit. Die Politik der Bundesregierung steht diesem entgegen. US-Atomwaffen in Deutschland werden modernisiert statt abgezogen. Und der Rüstungsexportbericht: Wir haben es gehört vonseiten der LINKEN, dass die Rüstungsexporte in den letzten Jahren stark ansteigen.

Wir Bündnisgrüne setzen uns auch für ein Ende militärischer Forschung an den Hochschulen ein. Johannes Saalfeld hat dazu bereits einiges gemacht.

(Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Oh ja! – Heiterkeit vonseiten der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dabei muss allerdings die Hochschulautonomie gewahrt bleiben. Wir unterstützen unsere GRÜNEN-Hochschul- gruppen und die Hochschulmitglieder in ihrem Bestreben, sogenannte Zivilklauseln durchzusetzen, in denen sich die Hochschule dazu verpflichtet, keine Forschung für militärische Zwecke durchzuführen.

Den dritten Punkt der Fraktion DIE LINKE unterstützen wir, die Schaffung und die Errichtung eines Konversionsfonds. Im Gegensatz zu den Kolleginnen und Kollegen der Fraktion DIE LINKE sehen wir aber vor allem den Rüstungsexport als Hauptproblem der Militärindustrie. Die Inlandsnachfrage sinkt seit Jahren, und wie Sie in Ihrem Bundestagsantrag – der wurde ja schon zitiert – zu einem Nationalen Konversionsprogramm korrekt feststellen, ist die volkswirtschaftliche Bedeutung der Rüstungsindustrie entsprechend gering. Die Rüstungsproduktion beträgt gerade mal 0,6 Prozent vom Bruttoinlandsprodukt, wovon 70 Prozent auf den Export entfallen. Ich denke daher, Sie konzentrieren sich hier auf den falschen Weg. Abrüstung und Friedenssicherung lassen sich meiner Überzeugung nach eher auf dem Wege einer nachhaltigen Außen- und Sicherheitspolitik und durch eine strengere Rüstungskontrolle erreichen als durch ein milliardenschweres Programm für die Umwandlung der Rüstungsindustrie,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Das haben wir seit Jugoslawien gemerkt, wo die Reise hingeht.)

das Sie aus den Gewinnen der Rüstungsindustrie und den Gewinnen der Bundesbank finanzieren wollen. So lese ich es zumindest aus dem Antrag auf der Bundesebene. Das riecht mir zu sehr nach linker Planwirtschaft.

(Heinz Müller, SPD: Oh! – Regine Lück, DIE LINKE: Das ist ja ein Totschlagargument!)

Konzentrieren wir uns also lieber auf die Außen- und Sicherheitspolitik und auf die fragwürdigen Rüstungsexporte, denn hier macht die Große Koalition auch keine bessere Politik als unter Schwarz-Gelb. Wie meine Kollegin Agnieszka Brugger von der GRÜNEN-Bundestagsfraktion feststellte, ist das Rekordhoch der Ausfuhren von Rüstungsgütern an Drittstaaten besorgniserregend und sicherheitspolitisch hoch riskant dazu.

Die schwarz-rote Rüstungsexportpolitik ist eine große Enttäuschung. Ob unter Merkel mit der FDP oder jetzt mit der SPD, immer mehr Waffen außerhalb von EU und NATO werden geliefert, das macht in der Substanz hier keinen Unterschied. Zwar genehmigte Wirtschaftsminister Gabriel im ersten Halbjahr 2014 etwas weniger Exporte von Kleinwaffen, doch auch bei Schwarz-Rot geht die Exportoffensive in Staaten in sicherheitspolitisch fragilen Regionen ununterbrochen weiter.

In Deutschland mangelt es zudem im Bereich der Rüstungsexportentscheidungen weiterhin an Transparenz und insbesondere in unserem Sinne an parlamentarischen Kontrollmöglichkeiten. Die Rüstungsexportrichtlinien sind gesetzlich nicht verbindlich und werden nach politischem Belieben in Geheimgremien der Bundesregierung ausgelegt. Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden Informationen und Mitwirkungsrechte vorenthalten, die für eine Kontrolle der Politik …

(Peter Ritter, DIE LINKE: Oh, oh!)