Wenn wir uns den dritten Punkt „Beschäftigung“ anschauen, dann ist es so – und da greife ich mal das Jahr 2005 raus, das ist auch so ein bisschen unverdächtig, die CDU war im Land auch nicht in Regierungsverantwortung, sondern wir hatten eine andere Farbenlehre –, da hatten wir 211.600 Arbeitslose im Februar. Sie wissen, dies ist, was die Jahreszeit betrifft, ein sehr schwieriger Monat, 211.000 Arbeitslose. Jetzt sind wir im Februar dieses Jahres bei 101.000 Arbeitslosen gewesen, das heißt, das ist von den absoluten Zahlen eine Halbierung der Arbeitslosigkeit, die wir haben.
Das sind natürlich auch Ergebnisse dieses Programms, dass man nämlich diese Zielstellung untersetzt hat mit konkreten Maßnahmen. Und eine dieser Maßnahmen ist die, die Sie heute aufrufen, nämlich, dass unter Punkt 3 in diesem Programm definiert wurde: „Stärkung von Beschäftigungsanreizen und Neujustierung von Sozialleistungen“. Das sagt ja noch nicht so viel darüber, was sich
dahinter verbirgt. Aber Beschäftigungsanreize sind das, was an Gesetzgebung stattgefunden hat mit den Ergebnissen, die wir hier vorgetragen haben. Da schließe ich mich ausdrücklich der Meinung der Ministerin an, die das hier auch noch mal deutlich gesagt hat. Wir sollten diesen Weg weitergehen und das in den Fokus unserer Politik stellen, nämlich die Beschäftigung auf dem ersten Arbeitsmarkt.
Alles andere sind Dinge, die wir gemeinsam in der Solidargemeinschaft viel positiver entwickeln können. Und wenn in diesem Punkt noch drinsteht „Neujustierung von Sozialleistungen“, dann kann man sagen, das ist ein positiver Begriff. Was heißt das wirklich in der Praxis? In der Praxis heißt es, das war die Gesetzgebung, dass genau diese Pflichtleistungen in Ermessungsleistungen umgewandelt worden sind und dass SGB-II-Empfänger – darauf zielt Ihr Antrag – als Rentenversicherungssatz abgeschafft worden sind.
Die Begründung ist ganz eindeutig: Wir wollten auch ein Anreizsystem schaffen, dass sich der Betroffene in Richtung Arbeit bewegt. Wenn wir uns die heutige Situation am Arbeitsmarkt anschauen, dann hat sich das nicht geändert. Aus meiner Sicht hat sich diese Forderung eher noch verschärft, weil Fakt ist, wir müssen in unserer Politik – davon bin ich voll überzeugt – alles dafür tun, dass die, die arbeiten, bessergestellt werden als die, die nicht arbeiten.
Der zweite wesentliche Punkt ist, dass wir in einer sozialen Marktwirtschaft Solidarität mit denen üben wollen und auch müssen, die sozial schwach sind, die alleine nicht in der Lage sind und die die Unterstützung der Gesellschaft brauchen. Das ist der zweite wesentliche Punkt, für den wir einstehen.
Ein dritter Punkt ist, dass wir insbesondere – Frau Ministerin hat es angesprochen, auch ich sehe das so – im Bereich der Langzeitarbeitslosigkeit ein Problem haben und dass wir dort nicht nur durch Reden, sondern endlich auch durch konkrete Maßnahmen auf Bundes- und auf Landesebene gemeinsam versuchen, den Sockel der Langzeitarbeitslosigkeit abzubauen. Da heißt mein Grundsatz: Die, die auch wollen, müssen eine entsprechende Förderung bekommen.
Der vierte und letzte Punkt, den ich hier klar definieren will, ist die Tatsache, dass wir die, die nicht wollen, aber können, fordern müssen. Deswegen müssen wir unsere Politik so ausrichten, dass wir auch fordern.
(Peter Ritter, DIE LINKE: Gilt das auch für Landtagsabgeordnete? – Zuruf von Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Deswegen stehe ich auch in diesem Sinne hier vorne und sage Ihnen: Die Zielrichtung muss sein, den ersten Arbeitsmarkt zu unterstützen und nicht rückwärtsgewandt – so, wie die Ministerin es hier auch ausgeführt hat – über
diese Maßnahmen zu sprechen, die wirklich ein Mosaiksteinchen im Gesamtensemble darstellen und die nichts verändern – ich glaube, das habe ich zu Beginn inhaltlich deutlich gesagt –, die nichts verändern an der Situation der betroffenen Menschen, die Sie angesprochen haben, für die Sie sich hier einsetzen wollen. Unser gemeinsames Ziel muss es sein, sie in Beschäftigung zu bringen. Deswegen müssen wir auch unsere Programme so ausrichten.
Ein letzter Punkt, der auch noch mal die Position der jetzigen Bundesregierung unterstreicht, ist, dass im Rentenpaket des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales das genauso bestätigt und verabschiedet wurde und es auch niedergeschrieben wurde, dass die Personengruppen, von denen Sie jetzt sprechen, zum Beispiel nicht in den Bereich des Genusses, sprich Rente mit 63 kommen, weil diese Zeiten dann nicht zählen. Ich glaube, diese Einschätzung des Bundesarbeitsministeriums ist richtig, die teilen wir. Insofern sehen wir auch keine Notwendigkeit, hier Korrekturen vorzunehmen. Aus diesem Grunde werden wir, wie dargestellt, Ihren Antrag ablehnen. – Danke schön.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Es ist viel gesagt worden, und ich würde gerne auf einen Teil kommen, der bislang in der Debatte eine nachgeordnete Rolle zu spielen scheint, das sind die medizinischen und die Reha-Leistungen,
weil die Kürzung gerade hier doch sehr konsequente Auswirkungen in verschiedenster Weise hat, und letztendlich ist immer der Einzelne der Notleidende.
Aber vorher noch ein Wort zu Herrn Renz: Herr Renz, auch wir sagen, es ist nur ein Teil dessen, was in dem Bereich gemacht werden muss. Aber es ist Ihnen wieder gelungen, das Haar in der Suppe zu finden.
Ich denke, es geht darum, im Bereich des Hartz-IVPaketes und gerade des Arbeitslosengeld-II-Paketes noch mal differenzierter ranzugehen. Das mag nicht immer Ihre Stärke sein,
(Torsten Renz, CDU: Sie blasen doch jetzt das Mosaiksteinchen auf! – Zuruf von Wolf-Dieter Ringguth, CDU)
Aber warum sage ich das mit der Reha? Besonders negativ wirkt sich nämlich der Wegfall des Rentenanspruchs für Menschen aus, die vor dem ALG-II-Bezug in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungsfrei oder nicht versichert waren.
Das sind zum Beispiel Selbstständige, Studierende oder Minijobber/-innen, denn für sie entfällt der Anspruch auf Erwerbsminderungsrente. Auch das ist ein Aspekt, den man diskutieren muss, wenn man in die Zukunft geht.
Gravierend sind auch die Auswirkungen auf die Ansprüche auf medizinische Rehabilitationsleistungen. Zum Beispiel setzt eine medizinische Reha grundsätzlich eine mindestens sechsmonatige Pflichtbeitragszahlung innerhalb der vorausgegangenen zwei Jahre voraus. Das Wegfallen der Rentenbeitragszahlung für ALG-II-Bezieherinnen und
-bezieher verlängert diesen Zweijahreszeitraum, führt aber nicht zum Abbau eines Anspruches. Das ist vor allem bei länger andauernder Arbeitslosigkeit fatal, zumal gerade diese Personengruppe besonders von gesundheitlichen Einschränkungen betroffen ist.
Zwar besteht die Möglichkeit, bei nachgewiesener medizinischer Notwendigkeit eine medizinische Reha über die gesetzliche Krankenversicherung zu finanzieren, dies ist aber vom Antragsverfahren her ungleich aufwendiger. Zudem sind gerade Menschen, die von Arbeitslosengeld II leben müssen, nicht nur verstärkt auf medizinische, sondern auch auf berufliche Rehabilitation angewiesen. Entsprechende Maßnahmen haben im Laufe der vergangenen Jahre extrem abgenommen.
Ich möchte jetzt auf unseren Bundestagsantrag der Bündnisgrünen-Fraktion aus der letzten Legislaturperiode hinweisen. Er ist am 07.07.2010 beantragt worden, die Drucksache 17/2436. Der Antrag lautet „Mindestbeiträge zur Rentenversicherung verbessern, statt sie zu streichen“.
Was sind denn die Kernbotschaften? Arbeitslosigkeit, vor allem Langzeitarbeitslosigkeit, ist eine der großen Hauptursachen für spätere Altersarmut. Und wer wird später von Altersarmut betroffen sein?
(Torsten Renz, CDU: Jetzt kommen Sie ja wieder zu Ihrem Spezialthema. – Zurufe von Peter Ritter, DIE LINKE, und Michael Andrejewski, NPD)
Eine bessere Absicherung von Zeiten der Langzeitarbeitslosigkeit ist dafür eben erforderlich. Und dazu kann – kann – die Wiedereinführung der Pflichtbeiträge zur Rentenversicherung beitragen.
Sie ist jedoch nur ein Schritt auf einem langen Weg, bundesgesetzlich zu verbesserten Regelungen zu kommen. Und natürlich stehen wir alle dafür ein, dass der Zugang zum ersten Arbeitsmarkt oberstes Ziel ist. Nichtsdestotrotz ist es so, wir leben in einer Solidargemeinschaft,
und da ist es das Mindeste, hier darüber zu diskutieren, inwiefern diese Beiträge verbessert werden können. In dem Zusammenhang könnte natürlich auch diskutiert werden – und das muss irgendwann diskutiert werden –, was mit denjenigen ist, die nicht mal mehr einen ALG-IIAnspruch bekommen, weil der Partner oder die Partnerin ausreichend gezahlt hat.