Protokoll der Sitzung vom 12.03.2015

(Michael Andrejewski, NPD: 2 Euro!)

aber es milderte die Armut im Alter ab. Ferner stand den Betroffenen bei gesundheitlicher Beeinträchtigung der Zugang zur Rehabilitation uneingeschränkt offen.

Angesichts der in den nächsten Jahren zu erwartenden dramatischen Ausbreitung von Armut im Alter bitte ich Sie um Zustimmung zu unserem Antrag. Beauftragen wir die Landesregierung, im Bundesrat für die Wiedereinführung von Pflichtbeiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung für die Langzeitarbeitslosen tätig zu werden! – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 60 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat die Ministerin für Arbeit und Gleichstellung sowie Soziales Frau Hesse. Bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Dieser Antrag fordert uns auf zu einer Reise in die Vergangenheit. Von 2005 bis 2010 war es nämlich so, dass der Bezug von Arbeitslosengeld II zu einer Pflichtbeitragszeit in der Rentenversicherung geführt hat. Im Ergebnis brachte das den Betroffenen – das hat Frau Stramm auch ausgeführt – etwas mehr als 2 Euro an zusätzlichen Rentenansprüchen,

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Ja, 2 Euro. – Michael Andrejewski, NPD: Genau, 2 Euro.)

Geld, das aus der Steuerkasse in die Rentenkasse geflossen ist und wohl niemanden vor der Grundsicherung im Alter bewahren konnte. Ich wiederhole: 2 Euro!

2011 war mit dieser Versicherungspflicht Schluss. Und ja, in einem Paket mit anderen Regelungen des entsprechenden Haushaltsbegleitgesetzes hat die SPD damals im Bundestag gegen diesen Wegfall gestimmt. Aus heutiger Sicht aber muss man sagen, früher war nicht alles besser, denn – und das ist entscheidend – die Zeiten von Langzeitarbeitslosigkeit wurden in der Rentenversicherung angerechnet. Damit war also sichergestellt, dass bereits erworbene Ansprüche auf eine Erwerbsminderungsrente oder Leistungen der medizinischen oder beruflichen Rehabilitation erhalten bleiben. Diese Zeiten werden auch weiterhin als Wartezeiten für eine Altersrente für langjährig Versicherte und für Schwerbehinderte anerkannt.

(Torsten Renz, CDU: Aber nicht für die Rente mit 63.)

So viel zu dem, was bisher geschah.

Schauen wir nun darauf, was ist: Im Februar lag die Arbeitslosenquote bei uns im Land bei 12,2 Prozent. Das ist ein erneuter Rückgang der Arbeitslosenzahlen und dieser geht einher mit einem spürbaren Plus an sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung. Das zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind in Mecklenburg-Vorpommern.

(Udo Pastörs, NPD: Seit 20 Jahren auf dem richtigen Weg.)

Ist doch gut.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Ja, sehr schön. Ist doch gut.)

Für die Zukunft heißt die Aufgabe aus meiner Sicht, Langzeitarbeitslosigkeit zu überwinden, wo sie bereits besteht, und sie zu vermeiden, wo sie droht. Ich glaube, da sind wir uns alle einig. Die Aufgabe kann nicht lauten, den Status der Langzeitarbeitslosigkeit zu unterstützen und zu pflegen.

(Karen Stramm, DIE LINKE: Richtig.)

Beim Arbeitsmarktfrühstück vor einigen Wochen hat sich auch unser Ministerpräsident klar dazu bekannt, Vermittlungsbemühungen auf den ersten Arbeitsmarkt zu konzentrieren. Er sagte, es muss Schluss sein mit der Leistungserbringung durch billige Ein-Euro-Jobber in vielen sozialen Bereichen. Dazu wird man klar definieren müssen, welche dieser für die Gemeinschaft wichtigen Leistungen in Zukunft als staatliche Daseinsvorsorge weiter geleistet werden sollen und können und welche tatsächlich zusätzlich und wettbewerbsneutral im Sinne des Gesetzes waren und in Zukunft nicht weiter erbracht werden können. Die Hauptanstrengung der Bundesagentur für Arbeit, der Jobcenter, aber auch der Landesregierung wird in den nächsten Jahren dem ersten Arbeitsmarkt gelten, und zwar unter völlig anderen Vorzeichen als in den Jahren der hohen Arbeitslosigkeit.

(Torsten Renz, CDU: Sehr richtig.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, erklärtes Ziel ist es, Langzeitarbeitslose wieder in Beschäftigung zu bringen. Dabei muss klar sein, dass es nicht reicht, ihnen irgendeinen Job anzubieten, denn den Langzeitarbeitslosen gibt es nicht, weshalb wir stärker nach individuellen Lösungen für individuelle Hürden und Hemmnisse suchen müssen. Hier muss unser Schwerpunkt liegen und hier liegt unser Schwerpunkt. Deshalb setzen wir im Land auch auf integrative Angebote und auf die Ausweitung unseres Familiencoachprojektes.

Und auch der Bund geht in diese Richtung. Zwei neue Programme sollen bundesweit besonders arbeitsmarktferne Langzeitarbeitslose wieder an die Beschäftigung heranführen. Die Jobcenter sind angehalten, vor Ort eine intensive und aktivierende Eingliederungsarbeit zu leisten.

(Michael Andrejewski, NPD: Ha, ha!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, um Rentenansprüche zu sichern, ist es doch der beste Weg, sich darum zu bemühen, den Menschen eine Erwerbsbiografie zu ermöglichen,

(Beifall Torsten Renz, CDU: So ist es. Sehr gut, Frau Ministerin. So ist es.)

die diesen Namen auch verdient. – Herzlichen Dank.

(Beifall Rudolf Borchert, SPD, und Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

Das Wort hat nun der Abgeordnete Herr Renz von der Fraktion der CDU.

Sehr geehrte Frau Vizepräsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin in großen Teilen meiner Ausführungen – insofern gibt es vielleicht auch die eine oder andere Wiederholung – inhaltlich im Prinzip deckungsgleich mit dem, was die Ministerin ausgeführt hat.

(Jörg Heydorn, SPD: Nur keine Wiederholungen!)

Aber Sie wissen ja, Herr Heydorn, Wiederholung ist ein pädagogisches Instrument, dann prägt sich das auch bei dem Letzten ein.

(Zuruf von Jörg Heydorn, SPD)

Und da bin ich im Prinzip schon bei dem Punkt,

(Heiterkeit und Zuruf von Rainer Albrecht, SPD)

wir müssen versuchen, auch die Opposition mit ins Boot zu bekommen, Herr Heydorn. Insofern werde ich mir die eine oder andere Wiederholung nicht ersparen können.

(Heiterkeit bei Wolfgang Waldmüller, CDU)

Wir sind sehr deckungsgleich in unserem Ansatz. Ich interpretiere das so, dass wir auch bei diesem Antrag der Opposition nicht sagen sollten, wir akzeptieren das jetzt, dass ihr euch mal ein Mosaiksteinchen herausgreift,

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ach, das Haar in der Suppe!)

ein Mosaiksteinchen der Wirtschafts- und Sozialpolitik, und dann versucht, das isoliert und losgelöst darzustellen. Das geht nur sehr selten in der Politik, insbesondere in diesem Bereich. Auch wenn wir immer von Wirtschafts- und Sozialpolitik sprechen, von sozialer Marktwirtschaft, da geht das schon mal gar nicht. Insofern habe ich den gleichen Ansatz wie die Ministerin, das etwas globaler zu betrachten.

Was überhaupt nicht geht, ist die Tatsache, dass die Antragsteller versuchen zu suggerieren – ich habe mir das bei zwei, drei Punkten mitgeschrieben –, dass durch diesen Antrag Armut verhindert wird. Das ist nicht nur politisch schon mal sehr grenzwertig, was Sie hier tun, sondern auch inhaltlich völlig falsch. Es ändert nämlich nichts an der Gesamtsituation, an der Höhe der Grundsicherung, die sie dann im Alter bekommen, und ob sie jetzt, ich sage mal, auf dem Weg zum Eintritt in den Ruhestand tatsächlich, wenn so eine Regelung greifen würde, diese 2 Euro und …,

(Michael Andrejewski, NPD: 2 Euro!)

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: 9 Cent! 2,09 Euro! – Karen Stramm, DIE LINKE: Bei 78 Euro waren es aber noch 8 Euro.)

… 2,09 Euro zusätzlich als Rentenanspruch erreichen. Das ändert, wie gesagt, an der Höhe der Grundsicherung, wenn sie über einen sehr langen Zeitraum arbeitslos waren, gar nichts. Insofern, glaube ich, ist hier auch noch mal deutlich hervorzuheben, dass dieser Antrag mit diesen Ausführungen untersetzt so nicht im Raum stehen bleiben kann, sondern inhaltlich falsch ist.

Deswegen will ich auch, wie gesagt, das eine oder andere etwas globaler ansprechen, vielleicht auch noch mal auf die Zeit 2010/2011 hinweisen, da ist das Ganze ja auf den Weg gebracht worden, damals im Bund noch unter anderer Regierungsbeteiligung des kleineren Koalitionspartners. Frau Ministerin hat das Stimmverhalten der SPD ausgeführt. Fakt ist aber, dass die Bundesregierung damals als Leitlinie ihres Handelns ein Programm auf den Weg gebracht hat. Ich kann nicht erkennen, dass sich die jetzige Bundesregierung von den Zielen und von dieser Programmatik verabschiedet hat. Insofern will ich die Gelegenheit ganz gern nutzen und diese Programmatik in Kurzform vorstellen.

Die Zielstellung ist nämlich auch heute noch: solide Finanzen, neues Wachstum, Beschäftigung und Vorfahrt für Bildung. Dazu hat die Bundesregierung acht Unterpunkte definiert. Und wenn wir uns die vier einzelnen Punkte anschauen – wie gesagt, das ist das Programm aus 2010/2011, an dem wir heute noch arbeiten –, dann sagen wir zum Thema „solide Finanzen“: Wenn wir Ergebnisfeststellungen machen, haben wir erstmalig die schwarze Null im Haushalt durch Finanzminister

Schäuble vorgestellt.

Wenn wir den zweiten Punkt „neues Wachstum“ nehmen – ich habe vor einer Stunde noch mal kurz gegoogelt –, da haben wir jetzt neue Prognosen, und zwar gerade veröffentlicht von der Bundesbank. Dieses Wachstum, die Wirtschaftsprognose für Wachstum, wird von 1,0 aus dem Dezember letzten Jahres angehoben auf 1,5 – also positive Aussichten.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Es wird signalisiert, dass sich diese positive Wachstumsprognose auch für 2016 fortsetzen wird.

Wenn wir uns den dritten Punkt „Beschäftigung“ anschauen, dann ist es so – und da greife ich mal das Jahr 2005 raus, das ist auch so ein bisschen unverdächtig, die CDU war im Land auch nicht in Regierungsverantwortung, sondern wir hatten eine andere Farbenlehre –, da hatten wir 211.600 Arbeitslose im Februar. Sie wissen, dies ist, was die Jahreszeit betrifft, ein sehr schwieriger Monat, 211.000 Arbeitslose. Jetzt sind wir im Februar dieses Jahres bei 101.000 Arbeitslosen gewesen, das heißt, das ist von den absoluten Zahlen eine Halbierung der Arbeitslosigkeit, die wir haben.