So ist es und ich bin gespannt darauf, was der Gegenredner der Etablierten nun zu dem Herrn Heß von der SPD sagt: Dass der nur Blödsinn von sich gäbe, dass in Wirklichkeit alles in bester Ordnung wäre in Wolgast,
dass die Universitätsklinik Greifswald der ideale Träger wäre und so weiter, und dass sich alle wieder ruhig und sorglos schlafen legen könnten in Wolgast.
Natürlich betrachtet es die Universitätsmedizin Greifswald nicht als ihr Anliegen, den ländlichen Raum zu versorgen, muss sie auch nicht, sie sitzt in Greifswald. Sie will ökonomisch möglichst gut dastehen, dazu muss sie kostengünstig arbeiten, und am kostengünstigsten ist es nun mal, möglichst viele Leistungen und Abteilungen an einem Ort zentral zusammenzufassen, nämlich aus ihrer Sicht natürlich in Greifswald.
Schon gar nicht wird die Universitätsmedizin nachvollziehbarerweise Verluste hinnehmen wollen. Das sollen beim Wolgaster Kreiskrankenhaus in den letzten zwei Jahren circa 2,2 Millionen Euro gewesen sein, angeblich verursacht durch zu hohe Personalkosten und sinkende Patientenzahlen. Die ebenfalls von der Universitätsmedizin betriebene Kinderstation des Anklamer Krankenhauses ist offenbar auch nicht mehr profitabel, daher war sie
hätten niemals in die Hände von Leuten fallen dürfen, die zuallererst in Kategorien von Ertrag und Gewinn denken. Gesundheitsfürsorge ist eine Kernaufgabe des Staates. Ein Staat, der dieser Anforderung nicht gerecht wird, sollte am besten gleich abdanken, doch leider haben das CDU, SPD, LINKE und die übrigen Vereine seinerzeit im Kreistag Ostvorpommern nicht begriffen.
In der entscheidenden Abstimmung am 12.12.2005 stimmten nur die beiden NPD-Abgeordneten gegen den Verkauf des Wolgaster Krankenhauses, wie man auch aus dem Protokoll, das es ja noch gibt, ersehen kann. Alle anderen Parteien waren, von einigen Enthaltungen abgesehen, dafür und heute wundern sie sich über die absehbaren Folgen. Zehn Jahre zu spät sammeln SPD und CDU Unterschriften in Wolgast für die Erhaltung des Krankenhauses.
Zehn Jahre zu spät stellen CDU und DIE LINKE entsprechende Anträge im Kreistag Vorpommern-Greifwald. Das hätten sie sich alles sparen können, wenn sie im Jahre 2005, wie die NPD, vernünftig und sachgerecht abgestimmt hätten.
Die NPD hat damals gesagt: Was soll denn das, über 95 Prozent der Anteile an der Gesellschaft, die das Krankenhaus betrieb, zu verkaufen für etwas über 6 Millio- nen Euro? Die versacken sowieso in den unendlichen Schulden des alten Kreises Ostvorpommern. Dadurch wird er immer noch bis zur Halskrause verschuldet bleiben, das hilft gar nichts.
Wir sehen ja auch gerade, dass der Innenminister faktisch dabei ist, die Zwangsverwaltung als ersten Schritt einzuleiten. Stattdessen haben wir nun das Geld, das uns nichts nützt, aber wir haben die Kontrolle über dieses Krankenhaus abgegeben an eine raumfremde Macht, könnte man sagen, der der ländliche Raum naturgemäß nicht viel bedeutet.
Ja, als Greifswalder würde ich vielleicht auch so denken. Es sind eben verschiedene Interessen, Greifswald und der ländliche Raum, das muss man sehen.
Interessant ist, dass es damals und auch heute noch eine linke Landrätin war, die das durchgepeitscht hat, und dass es eine rot-rote Landesregierung war, die massiven Druck ausgeübt hat auf den damaligen Landkreis Ostvorpommern, dieses Krankenhaus zu verkaufen.
Herr Holter hat gerade den anderen Etablierten vorgeworfen, die würden in erster Linie in wirtschaftlichen Kategorien denken und Versorgungssicherheit käme erst an zweiter Stelle, bei ihnen wäre das anders. DIE LINKEN haben damals genauso gehandelt! Wenn Sie gesagt hätten, Versorgungssicherheit geht vor, dann hätten Sie niemals den Verkauf des Kreiskrankenhauses an die Unimedizin Greifswald durchsetzen dürfen. Das ist
in der Tat die Schuld der rot-roten Landesregierung gewesen. Herr Holter war damals Minister. Das hätte er eigentlich verhindern müssen, wenn er so ein großer Fan von Versorgungssicherheit ist.
Besonders bösartig war dabei, wie die Etablierten ein Bürgerbegehren über den Krankenhausverkauf verhindert haben.
Das Ganze wurde schlau zum Teil eines Haushaltssicherungskonzeptes gemacht, und wie es der Zufall so will, sind laut Kommunalverfassung Bürgerbegehren über Maßnahmen, die Teil eines Haushaltssicherungskonzeptes sind, unzulässig. So viel zum Thema „direkte Demokratie“. Das passte damals auch der LINKEN nicht in den Kram. Das hindert sie aber heute nicht daran, im Zusammenhang mit der Gerichtsstrukturreform ein Loblied auf Volksabstimmung und direkte Demokratie zu singen. Aber damals hat sie es verhindert, weil es opportun war. Typisch pseudodemokratisch, „democrazy“ könnte man sagen.
Ein NPD-Antrag, wonach ein Verkauf des Krankenhauses nur vorgenommen werden solle, wenn die Belegschaft des Hospitals dem in geheimer Abstimmung zustimmte, wurde selbstverständlich auch von der vereinigten Demokratenfront abgelehnt, denn Demokratie ist nicht, wenn abgestimmt wird, sondern wenn Typen nach Gutsherrenart herrschen, die sich Demokraten nennen.
Zu der heute vorhersehbar eingetretenen kritischen Situation wäre es nicht gekommen, wenn sich die NPD damals durchgesetzt hätte. Ich muss sagen, lieber in der Minderheit mit zwei Mann gegen alle, aber dafür im Recht, als umgekehrt. Aber leider gewannen politische Unfähigkeit und Kurzsichtigkeit.
Angesichts des massiven Bevölkerungsrückgangs im ländlichen Raum wird dort im Gesundheitssektor immer weniger zu verdienen sein. Das ist ja auch angeblich der Grund, warum das Wolgaster Krankenhaus jetzt solche Defizite hat. Profitorientierte Träger werden sich, sobald nichts mehr zu verdienen ist, nach und nach zurückziehen. Das ist verständlich, denn wer privat ist, muss Geld verdienen und kann nicht wie eine Behörde sagen, oh, wir haben ja 10 Millionen vergeudet – da kommen sie einmal in das Buch der Steuerzahler, in das schwarze, und fertig –, sondern Private müssen nach Gewinn sehen, und wo kein Gewinn zu machen ist, ziehen sie sich zurück. Deshalb müssen die Krankenhäuser in kommunale Trägerschaft übergehen, und zwar in die Hände wiederhergestellter, nicht von Zentren wie Greifswald ferngesteuerter Landkreise im ländlichen Raum. Die Landkreise Ostvorpommern und Uecker-Randow müssen wiederhergestellt werden,
sie sind im ländlichen Raum, sie sind mit dem ländlichen Raum verbunden, sie stehen und fallen mit ihm, sie müssen auch keine Profite machen, sie sollen die Versor
gungssicherheit der Menschen sicherstellen. Daher sind sie die idealen öffentlichen Krankenhausträger. Nur so lässt sich verhindern, dass das Krankenhauswesen im ländlichen Raum weiter von Krise zu Krise stolpert, immer weniger wird und schließlich kollabiert. So weit sind wir davon gar nicht weg.
Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 90 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Wer sich an dieser Stelle wieder einmal als Retter versucht aufzuspielen und mit den Sorgen und Ängsten der Menschen spielt,
hat sich hier gerade wieder gezeigt. Wenn die NPD in einem Redebeitrag von vernünftiger und sachgerechter Arbeit spricht, dann passt da garantiert etwas nicht zusammen, und „democrazy“ spricht doch wohl eher für ihren Zustand als für diese politische Lage dazu.
Themen zu finden, bei denen man gepaart mit einem braunen Spritzer Nationalismus den Kummerkümmerer gibt, fällt der NPD zunehmend schwerer. Doch in dieser Landtagssitzung hat Quantität Vorfahrt vor Qualität. Da gab es wohl einen Rüffler von der politikinteressierten Kameradschaft, die treu ihre Kollegen hier im Landtag ganz genau beobachtet und Erfolge abrechenbar sehen will.
Kommen wir also zum Antrag vier von fünf in dieser Landtagssitzung, und dieser Antrag ist dann doch wohl zeitlich etwas überholt.
Ich spüre einen gewissen Unmut darüber, dass sich SPD, LINKE, CDU und GRÜNE mit der Krankenhauslandschaft im letzten Kreistag, in der Kreistagssitzung am 23. Februar bereits beschäftigt haben. Mehr als einhundert Gäste verfolgten die Kreistagsdebatte dazu und stellten ihre Anfragen an die Landrätin, die diese auch weitgehend beantwortete. Sie hatten dazu beigetragen, sich während dieser Kreistagssitzung selber ein Bild zu machen, und die demokratischen Kräfte haben mit ihren Anträgen dazu auch Stellung bezogen. Heute haben wir dieses Thema im Landtag.
Es fanden in den letzten Wochen zahlreiche Gespräche statt. Die Gespräche fanden zwischen der Landesregierung, speziell der Sozial- und Gesundheitsministerin, und den Betriebsräten, Vertretern der Geschäftsführungen und auch verschiedenen Akteuren in der Politik statt.
An dieser Stelle möchte ich mich ganz herzlich bei dem Betriebsrat und bei der Gewerkschaft ver.di bedanken, die mit dem Informationsblatt ein umfangreiches Papier für die Arbeit vor Ort vorgelegt haben und sich in diese Debatte ganz aktiv und engagiert einbringen. Denn diese Debatte zu unserer Krankenhauslandschaft ist wichtig für unser gesamtes Land und darf auf diese braune Stimmenhascherei nicht reinfallen.
Ich begrüße die Bürgerinitiative und die Gründung eines ehrenamtlichen Vereins „Bürgerinitiative für den Erhalt des Kreiskrankenhauses Wolgast“. Dazu liegt uns heute mit Datum vom 11. März ein offener Brief an die Landrätin vor, wo noch mal klare politische Forderungen aufgemacht werden.