Bei den ernüchternden Fakten werden wir sehr schnell feststellen, dass es einen eklatanten Widerspruch gibt zwischen politischer Zielsetzung, politischem Anspruch, wirtschaftlicher Vernunft und der aktuellen Situation. Wir haben in Deutschland zurzeit einen KWK-Anteil von 16 Prozent, das heißt – 25 Prozent –, da fehlen 9 Prozent an der Zielsetzung bis 2020. Andere Länder sind viel weiter, wir haben es gehört.
Die Summe der Stromerzeugung aus KWK, Kollegin Lück, ist noch niedriger als die, die Sie genannt haben. 2014 wurden nur noch circa 67 Terrawattstunden Strom aus KWK-Anlagen erzeugt. Dieser Anteil würde bei unveränderten Rahmenbedingungen bis 2020 nicht ansteigen, sondern eher absinken, das heißt, die 16 Prozent Anteil sind zurzeit stark gefährdet, Tendenz eher sinkend.
Zum Zweiten: Mal unabhängig von den absoluten Stromerzeugungsmengen aus KWK haben wir folgende Situation, gerade auch in Mecklenburg-Vorpommern – ich gehe im Einzelnen noch darauf ein –, aber grundsätzlich bundesweit: Sehr viele KWK-Anlagen sind zurzeit unwirtschaftlich, sie sind deshalb im Bestand gefährdet. Modernisierungen finden kaum noch statt und der Neubau von KWK-Anlagen fast gar nicht mehr.
Die Rahmenbedingungen haben sich ganz entscheidend verschlechtert, das trifft vor allen Dingen auch die Stadtwerke in Mecklenburg-Vorpommern, die – insbesondere gasbefeuerte KWK-Anlagen gekoppelt mit der Versorgung von Fernwärme in den Städten – erheblich unter Preisdruck gekommen sind und kaum noch Chancen haben, diesen wichtigen Energieerzeugungsbereich
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wie reagiert die Politik darauf? Welchen Handlungsbedarf haben wir? Da ist zum einen natürlich der Evaluierungsbericht der Bundesregierung zum KWKG – auch mit Gutachten belegt – unter der Fragestellung: Was muss am entscheidenden Gesetz verändert werden, damit zumindest die KWKAnlagen im Bestand gesichert werden?
Hauptziel ist wohlgemerkt die Bestandssicherung vorhandener Anlagen. Aufgrund der schlechten Rahmen- bedingungen, umfassend geschildert vom Minister, ist es momentan eher illusorisch zu glauben, man könnte mit irgendeiner Stellschraube den Neubau von KWKAnlagen praktisch forcieren. Momentanes Nahziel ist die Sicherung des Bestands der vorhandenen Anlagen.
Denn das ist jetzt nämlich ein ganz wichtiger Punkt meiner Rede, weil ein bisschen der Vorwurf im Raum steht, der Antrag wäre zu allgemein und wir wüssten nicht, was wir tun. Da muss ich schon deutlich sagen, nicht alles muss man konkret und im Detail in einen Antrag schreiben. Man kann ja auch in den Redebeiträgen deutlich machen, worum es im Einzelnen geht. Das will ich gerne noch mal tun. Es ist gar nicht so schwierig, es sind drei wesentliche Stellschrauben und an denen muss man drehen.
Erstens. Wir brauchen schnellstmöglich die angekündigte Novelle des Kraft-Wärme-Kopplungs-Gesetzes, nicht erst nach dem verabredeten Stromdesign, wie manche da – ich sage jetzt mal im Bundestag in den Koalitionsfraktionen, gegebenenfalls gestern, vorgestern – der Meinung waren. Nein, es gibt eine ganz klare Forderung, die auch logisch ist, dass wir schnellstmöglich, noch in diesem Jahr, diese KWK-Novelle brauchen. Sie ist richtigerweise angekündigt gewesen für 2014. Wir sind jetzt im Frühjahr 2015, also brauchen wir sie schnellstmöglich, das heißt am besten noch im ersten Halbjahr einen Gesetzentwurf, im zweiten Halbjahr die Beschlussfassung, sodass wir spätestens bis Ende des Jahres Klarheit haben, wie es mit den KWKAnlagen weitergeht. Das zum einen.
Zweitens. Das ist auch klar, es geht im wesentlichen Rahmen – das haben die Gutachter klargemacht – um die Erhöhung der Zuschlagssätze. Es geht um die Erhöhung der KWK-Umlage, die natürlich als Umlage für jeden Stromkunden bedeutet, dass er zukünftig ein ganz kleines bisschen mehr zahlen muss, damit wir die KWKAnlagen in Deutschland und im Bestand sichern können.
Jeder kann das auf seiner Stromrechnung aktuell nachlesen. Zurzeit beträgt die KWK-Umlage 0,254 Cent pro Kilowattstunde. Die muss erhöht werden,
und zwar mindestens um das Doppelte, das heißt also mindestens um 0,3 Cent pro Kilowattstunde. So konkret ist die Forderung natürlich derjenigen Verbände, die diesen Punkt insbesondere für die Stadtwerke und für alle Produzenten von Kraft-Wärme-Kopplungs-Strom, aber auch von Wärme, vertreten.
Die Erhöhung der KWK-Umlage um mindestens das Doppelte bedeutet natürlich auch – und da kommen wir zum dritten wichtigen Punkt, zur wichtigen Stellschraube, zur Veränderung –, der jetzige Deckel, der bei 750 Millionen Euro liegt, muss aufgehoben werden, der muss erhöht werden auf circa 1,7 Milliarden Euro. Wir sprechen hier also von einer Mehrbelastung von insgesamt circa 1 Milliarde Euro insgesamt, um die KWK-Anlagen in Deutschland mittel- und langfristig bestandssicher zu machen. 450 Millionen Euro als Summe der KWKUmlage im letzten Jahr heißt im Übrigen, der Deckel wurde nicht nur annähernd erreicht. Das macht also schon deutlich, welche dramatische Situation wir momentan in dem Bereich haben.
Auch wir als Land können etwas im Rahmen unserer Möglichkeiten tun. Die Klimaschutzrichtlinie wurde schon
angesprochen. Das sind wichtige Unterstützungsmaßnahmen für Nahwärmenetze, für KWK-Anlagen bei uns im Land, aber, der Minister hat es gesagt, die entscheidenden Stellschrauben müssen jetzt, und zwar kurzfristig, auf Bundesebene gestellt werden, und zwar ganz konzentriert bei der Novelle des Kraft-Wärme-KopplungsGesetzes.
Alles andere von Kollegin Lück Angesprochene, was man noch alles tun und machen könnte, ist ja nicht verkehrt, nur in der jetzigen dramatischen Situation, wo es darauf ankommt, in den nächsten Monaten zu Entscheidungen zu kommen, ist es wenig hilfreich. Daran würde auch eine Behandlung im Ausschuss nichts Wesentliches ändern, denn was jetzt kurzfristig gemacht werden muss, ist, glaube ich, allen, die sich fachlich damit beschäftigt haben, klar und auch bekannt.
Meine Damen und Herren, ich höre ja schon wieder die Gegenargumente, alles viel zu teuer und wir können doch um Gottes willen die Stromkunden nicht weiter belasten und die EEG-Umlage erhöhen und die armen Unternehmen, die können dann nicht mehr produzieren, weil alles so teuer ist.
Meine Damen und Herren, ich möchte Ihnen noch mal die Argumente klar benennen und Sie bitten, die dann natürlich entsprechend auch zu vertreten, wenn solche Diskussionen kommen sollten in den nächsten Wochen.
Zum Ersten gilt grundsätzlich: Die Gesamtkosten für den Endverbraucher werden durch KWK – dafür gibt es jetzt schon Beweise – grundsätzlich sinken, das heißt, Energiekosten werden eingespart. Davon profitieren wir alle.
Zweitens. Eine geringfügige moderate Erhöhung der KWK-Umlage – ich habe es gesagt – von 0,3 Cent pro Kilowattstunde ist gering und moderat, würde aber eine große Wirkung entfalten.
Drittens. Befreiungstatbestände für große Konzerne gibt es auch bei der KWK-Umlage. Die kommen und müssen auf den Prüfstand, weil deren Reduzierung beziehungsweise Abschaffung dazu führen würden, dass wir die KWK-Umlage nicht um 0,3 Cent erhöhen müssten, sondern lediglich um die Hälfte, um etwa 0,2 Cent pro Kilowattstunde.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir debattieren dieses Thema zurzeit nicht nur im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern. Kollegin Lück hat es gesagt, das war diese Woche Thema im Bundestag, und in fast allen anderen Landesparlamenten wird das Thema ebenso diskutiert, und nicht nur diskutiert, sondern es gibt dazu auch bereits Beschlüsse.
Besonders beispielhaft finde ich zum Beispiel den Beschluss in Nordrhein-Westfalen von der Januarlandtagssitzung, wo bemerkenswerterweise die Fraktionen von SPD, CDU und GRÜNEN – bekanntlich ist die CDU momentan in Nordrhein-Westfalen bis auf Weiteres ja nicht in der Landesregierung beteiligt – sich an diesem Antrag und an diesem Beschluss, der nach meinem Kenntnisstand mit einer sehr, sehr großen Mehrheit beschlossen wurde, beteiligt haben – ich weiß das nicht im Einzelnen, möglicherweise auch einstimmig, ich weiß nicht, ob es da Gegenstimmen gab –, aber es war ein sehr, sehr breiter Konsens
in Nordrhein-Westfalen, im immerhin größten, bevölkerungsreichsten Land mit entsprechendem bundespolitischem Einfluss. Das waren ein klares Bekenntnis zum KWK und auch eine klare Festlegung, was getan werden muss. Das ist in etwa deckungsgleich mit dem, was der Minister und ich eben ausgeführt haben bezüglich der aktuellen Handlungserfordernisse auf Bundesebene.
Insofern braucht man eigentlich gar nicht lange – ich sage jetzt mal – herumzuphilosophieren, was man jetzt noch alles tun könnte, sollte und müsste, um KWK nach vorne zu bringen. Wir brauchen jetzt in diesen Wochen, in den nächsten Monaten, ein bundesweites Bündnis für alle, die KWK sichern wollen, und zwar länderübergreifend und parteiübergreifend.
Ich würde mir natürlich auch wünschen, dass heute hier im Landtag ein Beschluss als klarer Handlungsauftrag für die Landesregierung und auch als klare Botschaft über dieses Land hinaus deutlich macht, dass die effizienteste Energieerzeugungsform, nämlich die Kraft-Wärme-Kopplung, für die Zukunft für die Energiewende unverzichtbar ist, dass wir sie für die Wirtschaftlichkeit unserer Unternehmen hier im Land brauchen, insbesondere für die Stadtwerke. Insofern bitte ich um Zustimmung zum Antrag der Koalitionsfraktionen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wird dem Hauptantrag zustimmen, aber auch dem Änderungsantrag.
Ich halte es für sinnvoll, dass wir die fachliche Diskussion auch noch mal im Ausschuss führen. Wenn der Änderungsantrag heute durchfällt, was ich vermute, dann sollten wir uns tatsächlich im Sinne des Selbstbefassungsrechtes des Ausschusses auch noch mal mit einer Kraft-Wärme-Kopplungs-Strategie des Landes beschäftigen, weil das aus meiner Sicht notwendig ist.
der Antrag ist natürlich nur dann sinnvoll, wenn man feststellt, dass es ein Marktversagen gibt, wo die Politik gegensteuern muss, indem sie in diesen Markt eingreift. Das ist die Erkenntnis, die wir zurzeit auf dem Energiemarkt haben. Es gibt ganz unterschiedliche Gründe, warum das Ganze so ist, aber es ist trotzdem interessant, dass wir uns jetzt damit beschäftigen.