Zum Start der Quote gab es in Deutschland circa 369.000 Milchbauern. Heute sind es nur noch knapp 78.000, ein Rückgang, wie es auch der Minister erwähnte, von rund 79 Prozent. Dieser Verlust an Wertschöpfung soll sich weiter fortsetzen. Der Kapitalismus fordert seine Opfer und der einstmals breit aufgestellte Bauernstand verschwindet zunehmend aus unserer Heimat. Die Bauern müssen der Agrarindustrie weichen und die Milcherzeugnisse unterliegen nun gänzlich dem Spiel der freien Kräfte, nur dass in diesem Spiel die kleinen und mittleren Betriebe gegenüber den industriellen das Nachsehen haben.
Dennoch prophezeien selbst ernannte Wirtschaftsweise und die Vertreter der allseits selbstverliebten superdemokratischen Parteien, die Lage auf dem Milchmarkt würde sich verbessern. Fraglich ist nur, für wen. Die Quote ist weg, nun kann produziert werden, bis das Euter platzt. Das steigende Angebot wird selbstverständlich durch den zu erwartenden Anstieg der weltweiten Nach
frage gedeckt. Dem Wachstum der Milchviehwirtschaft wird nun nichts mehr im Wege stehen. Allerdings werden fortan auf Kosten der Allgemeinheit und der bäuerlichen Betriebe die Profite gesteigert. Die bäuerlichen Betriebe werden weiterhin genötigt, sich einem ruinösen Wettbewerb zu stellen, weil die politische Ebene im Land und im Bund schon seit vielen Jahren gar nicht mehr in der Lage ist, wirtschaftspolitische Entscheidungen zum Wohle der Bauern zu treffen und diese vor der Billigkonkurrenz zu schützen.
Ebenso lässt es die politische Ebene zu, dass die Bauern von den Handelskonzernen schlichtweg erpresst werden und ihre Milch häufiger zu einem Spottpreis hergeben müssen, der teilweise noch nicht einmal die Produktionskosten deckt. Von einem echten und gerechten Wettbewerb können wir in Deutschland schon seit Jahrzehnten nicht mehr sprechen. Die riesigen Tierfabriken, für deren Entstehung in Mecklenburg-Vorpommern der Landwirtschaftsminister Backhaus die politische Verantwortung trägt, verdrängen daher zunehmend die bäuerlichen Betriebe.
Mit wenigen Ausnahmen werden künftig nur noch große und industrielle Agrarunternehmen in der Lage sein, so viel Milch zu produzieren, um wirtschaftlich arbeiten zu können. In den Ställen stehen überzüchtete Hochleistungskühe, die nur noch als Produktionsfaktor in Statistiken auftauchen. Ganz anders hingegen könnte es kommen, wenn es endlich ein Umdenken in Politik und Gesellschaft gäbe, weg von massenhaft hergestellten Nahrungsmitteln, hin zu einer ökologischen und nachhaltigen Wirtschaft, die sich im Einklang mit der Umwelt befindet und den Bedarf deckt, die vor allem auch kleineren Betrieben ein Überleben sichert, die zuerst die Versorgung des heimischen Marktes im Auge hat und erst dann an Exporte denkt, Betriebe, die regional verwurzelt und somit nicht bedingungslos austauschbar sind.
Dazu gehört natürlich auch, dass sich das Bewusstsein bei den Verbrauchern ändern muss. Es ist häufig nicht unbedingt eine Geldfrage, die dazu führt, dass Bürger zu anonymen Produkten greifen.
Vielen Bürgern fehlt heutzutage leider das Verständnis, warum es wichtig ist, regionale Produkte zu erwerben. Auch hier hat die Politik gänzlich versagt.
Glücklicherweise kehrt sich der Trend um. Zunehmend wollen die Bürger heimische Produkte verwenden und die regionalen Landwirtschaftsbetriebe unterstützen.
Es ist allerdings Aufgabe der Politik, diese Entwicklung zu fördern. Auch in der Milchwirtschaft ist es jetzt Zeit für einen Neuanfang. Es ist der richtige Moment, die seit Jahrzehnten entgleiste Preisgestaltung endlich zu regeln, die viel gepriesene Nachhaltigkeit zu schaffen und die regionale bäuerliche Landwirtschaft zu stärken.
Die NPD-Fraktion hat Ihnen schon 2008 vorgeschlagen, solche Produkte, die fair gehandelt werden und von heimischen Höfen stammen, entsprechend zu kennzeichnen. Hierdurch kann etwas für eine existenzsichernde
Bezahlung der Erzeuger unternommen werden. Das heimische Fair-Handels-Prinzip ist nach wie vor hoch- aktuell.
Der Antrag der GRÜNEN ist nicht schädlich und aus diesem Grunde wird die NPD-Fraktion dem Antrag zustimmen.
Das Wort hat jetzt noch einmal für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Abgeordnete Frau Dr. Karlowski.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich habe die Chance, jetzt noch einmal auf einige der hier gesagten Dinge eingehen zu können, das ist wunderbar.
Da, genau da sitzt unser Minister Backhaus. Herr Backhaus, wenn Sie diesen Antrag, den wir hier gestellt haben, dermaßen verkennen, dann verkennen Sie auch wirklich die Chance, das Marktsegment zu stärken in Mecklenburg-Vorpommern, wo gerade wirklich eine große Nachfrage ist, wo ein großes Wachstum stattfindet,
(Thomas Krüger, SPD: Halbiert. In den letzten zehn Jahren halbiert. – Zuruf von Andreas Butzki, SPD)
und das könnte der Antrag, wenn Sie dem zustimmen und entsprechend handeln würden, auch weiter befördern.
Sie sind auf die artgerechtere Tierhaltung eingegangen und was da für Fördermöglichkeiten geschaffen worden sind, auch schon in der letzten Förderperiode. Sie wissen doch genauso gut wie alle, die sich damit beschäftigt haben, die UATH war von Mitnahmeeffekten durchdrungen. Es wurden einfach üble Missstände in den Ställen beseitigt. Wir haben sie selbst besichtigt, die Kuhställe, die dann eben luftiger waren. Selbstverständlich, es war etwas frische Luft, aber keinesfalls Tageslicht dort,
Dann gucken wir uns mal das Agrarinvestitionsförderprogramm an, das AFP. Was werden denn da für Dinge subventioniert? Wenn sich nun ein Landwirt mithilfe des AFPs eine neue Stallanlage baut, dann schafft er doch automatisch damit eine architektonische Zwangslage, denn die Dimensionen, die er sich da baut, sind nicht einfach mit einem Federstrich und mit einer kleinen Zusatzinvestition in einen Biobetrieb umwandelbar. Nein, er ist dann darauf festgelegt, so lange in diesem Betrieb weiterzuwirtschaften, bis sich das irgendwie abgeschrieben hat. Das AFP schafft architektonische Zwangslagen.
(Thomas Krüger, SPD: Aber so ist doch jede Investition! Jede Investition ist so! – Zuruf von Dr. Till Backhaus, SPD)
Sie sagen selbst, Herr Backhaus, es gibt ja jetzt keine Quote mehr – selbstverständlich, daher kommt auch unser Antrag auf die Tagesordnung – und jetzt gibt es zusätzliche Bewegungen in der Preissituation, am Milchmarkt. Ja wunderbar, das halte ich aber für extrem euphemistisch und fast schon blauäugig.