Protokoll der Sitzung vom 22.04.2015

Das Nachrichtenportal „agrarheute“ hat gerade vermeldet, ich zitiere: „Der Kieler Rohstoffwert für Milch ist … das dritte Mal in Folge gestiegen und konnte erstmals seit einem halben Jahr … die 30-Cent-Marke überwinden.“ Auch Landwirte haben mir gerade noch in den letzten Tagen bestätigt, dass der Milchpreis wieder leicht gestiegen ist.

Aber, meine Damen und Herren, schauen wir mal auf das Weltmarktgeschehen. Die Experten gehen davon aus, dass die Nachfrage nach Milchprodukten insbesondere in China und in den arabischen Ländern noch steigen dürfte. Nun kann man das so machen wie SaudiArabien. Dort steht ein Milchviehstall mit 50.000 Tieren mitten in der Wüste. Ob das ökologisch ist, ob das ökonomisch vernünftig ist, das darf bezweifelt werden.

Wir haben dazu im Vergleich in der EU – ich glaube, meine Kollegin Frau Schlupp hat das auch ausgeführt – entsprechend gute Bedingungen: einen relativen Wasserreichtum, ein gemäßigtes stabiles Klima, gute Hygienestandards. Das sind Standortvorteile, und diese Standortvorteile kann und sollte man auch nutzen. Momentan gibt es eine enorme Nachfrage nach Milch aus Europa. Das hat zwei Gründe: Zum einen hat das mit einem steigenden Verbrauch – das habe ich schon ausgeführt – in den asiatischen Staaten zu tun, zum Zweiten liegt das an einer lang anhaltenden Trockenheit in Neuseeland, einem der weltweit größten Milchproduzenten.

Also die absolute Aussage in Ihrem Antrag, dass infolge des Quotenwegfalls die Preise zwingend in den Keller gehen, teile ich nicht. Ich gehe vielmehr davon aus, dass wir die Preise in Zukunft so erleben werden, dass sie deutlich mehr schwanken. Die Preise werden auf dem Weltmarkt gemacht, nicht in Deutschland und nur bedingt in Europa, auch wenn Europa zugegebenermaßen ein großer Marktteilnehmer ist. Ein Mehr an Milch auf dem europäischen Markt kann sich, wenn wir uns den Preis ansehen, vor allem auf den Preis für Frischmilch und natürlich für Frischmilchprodukte auswirken.

Zum Punkt II Ihres Antrags: Wir sollen darauf hinwirken, „dass bei der Beratung von Milchviehbetrieben verstärkt Alternativen zur Hochleistungsmilchkuhhaltung aufgezeigt werden“. Ich verstehe das so, dass wir züchterisch 20 Jahre zurückgehen sollen. Was ich nicht verstehe, ist, was Sie meinen, wie die Betriebe dabei überleben sollen. Das verstehe ich nicht. Vielleicht erklären Sie es nachher mal.

Ihre Alternative, die Sie im Punkt II.2 benennen, Direktvermarktung von Milch und Milchprodukten, ist sicherlich interessant. Das Problem, das ich sehe, ist, dass damit vielleicht ein Zusatzgeschäft für das eine oder andere Unternehmen gerade im Umfeld von größeren Städten zu realisieren ist, aber eben nicht das Überleben der Milchviehbetriebe in Mecklenburg-Vorpommern. Landwir

te sind Unternehmer, und wenn es da Erfolgsmodelle im Land gibt, dann werden die sehr, sehr schnell kopiert. Stellen Sie sich vielleicht mal die Frage, warum das nicht kopiert wird! Es gibt ja Milchtankstellen. Warum gibt es nicht flächendeckend Milchtankstellen? Nicht, weil es die Beratung nicht gibt. Das hat andere Ursachen.

Was ich allerdings zugestehen muss, meine Damen und Herren, ist, dass es weder ökonomisch noch dem Tierwohl angemessen ist, die letzten Kilo Milch aus der Kuh zu holen. Es gibt Herdendurchschnitte von mehr als 11.000 Kilogramm je Kuh. Das hat dann sehr viel mit einer maximalen Anzahl der Laktationen zu tun, die man den Tieren zugesteht. Das hat damit zu tun, wie oft gemolken wird und wie intensiv mit dem Kraftfutter gefüttert wird. Das ist nicht in jedem Fall ökonomisch vernünftig und dem Tierwohl angemessen.

Sie schreiben in Ihrem Antrag, dass die Nachfrage nach regionalen Produkten und nach gesunden Lebensmitteln steigt. Sie schreiben weiter, ich zitiere jetzt: „Obwohl für viele Kunden frische Milch unverzichtbar ist, wurde Frischmilch in jüngster Zeit bei einigen Supermarktketten komplett aus dem Sortiment genommen …“.

(Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ja.)

Sie haben recht, das ist richtig. Ich habe recherchiert und die Zahlen sprechen da eine eindeutige Sprache. Wurden 2003 noch mehr als 280.000 Tonnen abgesetzt, waren es zehn Jahre später deutlich weniger als die Hälfte. Dass die Discounter auf eine rückläufige Nachfrage reagieren, ist normales Marktgeschehen, Frau Dr. Karlowski.

(Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Na, jetzt drehen Sie die Sache aber um. Es gibt doch keine Auswahl mehr.)

Dann will ich noch mal auf das eine oder andere eingehen, was Sie hier gesagt haben. Sie haben eingangs gesagt, zu Beginn Ihrer Rede, der Butterberg wächst. Also meines Wissens kauft die EU keine Butter auf, insofern kann der Butterberg nicht wachsen. Vielleicht reagieren Sie da noch mal drauf und stellen es klar.

(Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Das war perspektivisch.)

Dann haben Sie gesagt, es gibt Kühe, die niemals auf die Weide kommen. Fahren Sie durch Mecklenburg-Vor- pommern, da sehen Sie sehr viele Kühe!

(Ulrike Berger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Aber doch keine Milchkühe!)

Milchbauern erzählen mir, dass sie vor allem dann ihr Milchvieh auf die Weide stellen, wenn die Tiere trockengestellt sind. Einmal im Jahr passiert das, das wissen Sie ja.

Klauenprobleme – in der Tat, es gibt verschiedene Probleme, gesundheitliche Probleme –,

(Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Sie versuchen aber jetzt, Schlupflöcher zu finden.)

das hat damit zu tun, dass die Tiere züchterisch immer größer werden. Wenn die Tiere immer größer werden, muss züchterisch darauf reagiert werden, da gibt es eine ganze Reihe von Dingen.

Ja, was haben Sie hier noch gesagt?

(Vincent Kokert, CDU: Das ist nicht so wichtig.)

Doch, doch! Ich will schon noch darauf eingehen.

Ach ja, das mit den kleinen Betrieben. Sie haben hier vorgerechnet, was die kleinen Betriebe kurzfristig an Milchpreisen vertragen können

(Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Zitiert, zitiert!)

und was die großen nicht vertragen können. Das, was dabei natürlich mit einfließen muss, ist die Betrachtung,

(Zuruf von Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

dass es gerade in kleinen Familienbetrieben mitarbeitende Familienmitglieder gibt und diese nicht immer Lohn bekommen,

(Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Das glaube ich nicht, dass das die Erklärung ist. Da können wir uns gerne mal drüber unterhalten.)

dass es da auch keine festen Urlaubszeiten mit bezahltem Lohn gibt,

(Dr. Till Backhaus, SPD: Das sind zum Teil Nebenerwerbsbetriebe. – Zuruf von Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

dass es dort vielleicht auch keine festen Arbeitszeiten gibt,

(Zuruf von Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

dass es vielleicht keinen Überstundenausgleich und ähnliche Dinge gibt.

(Dr. Till Backhaus, SPD: Sie haben die Nebenerwerbsbetriebe auch noch dabei.)

Da kommt man natürlich in diesen Familienbetrieben auf einen anderen Wert, das ist klar. Wenn wir hier aber moderne Landwirtschaft haben wollen, dann glaube ich ganz fest daran, dass die Strukturen,

(Zuruf von Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

die wir hier haben, mit geregeltem Lohn,

(Zuruf von Dr. Till Backhaus, SPD)

mit Urlaub, mit festen Arbeitszeiten, mit Überstundenausgleich, dass das etwas ist, was eher zur Zukunft der Landwirtschaft beiträgt.

Ich will Ihren Antrag noch einmal zusammenfassen: Sie sagen, die Milchpreise gehen in den Keller. Sie sagen, die Landwirte sollen auf Milchvieh setzen, das weniger Milch liefert. Sie sagen, die Landwirte sollen ihren Absatz vor allem in einem Nischenbereich suchen,

(Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: „Vor allem“ steht da nicht.)

dessen Nachfrage durch die Kunden in den letzten Jahren deutlich zurückgegangen ist. Ihr Geheimnis bleibt, wie die Betriebe überleben sollen,

(Dr. Till Backhaus, SPD: Das soll sie einfach mal vormachen, wie das funktionieren soll.)

aber vielleicht lüften Sie das Geheimnis ja und erklären es uns hier. – Besten Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU – Dr. Till Backhaus, SPD: Als Städterin.)

Vielen Dank, Herr Krüger.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Köster für die Fraktion der NPD.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Milchquote ist also jetzt Geschichte. 31 Jahre lang regelte diese Quote mehr schlecht als recht die Produktionsmengen von Milch in Deutschland und der Europäischen Union. Einst war sie gedacht, um ein Überangebot von Milch und Milcherzeugnissen zu verhindern und somit eine gewisse Preisstabilität und Planungssicherheit für die Bauern zu gewährleisten. Die schwankenden Preise belegen allerdings, dass dieser Plan absolut nicht aufging. Seit Einführung der Milchquote betrug die Schwankungsbreite 20 Cent. Im Jahre 2009 lag zum Beispiel der Preis für 1 Liter Milch bei knapp 22 Cent – für jeden Bauern im Land eine erhebliche Kostenunterdeckung und somit eine Existenzbedrohung. Dem Preiskampf, unter anderem der Handelskonzerne, fielen unzählige bäuerliche Betriebe auch hier in Mecklenburg und Pommern zum Opfer.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Vorpommern!)

Zum Start der Quote gab es in Deutschland circa 369.000 Milchbauern. Heute sind es nur noch knapp 78.000, ein Rückgang, wie es auch der Minister erwähnte, von rund 79 Prozent. Dieser Verlust an Wertschöpfung soll sich weiter fortsetzen. Der Kapitalismus fordert seine Opfer und der einstmals breit aufgestellte Bauernstand verschwindet zunehmend aus unserer Heimat. Die Bauern müssen der Agrarindustrie weichen und die Milcherzeugnisse unterliegen nun gänzlich dem Spiel der freien Kräfte, nur dass in diesem Spiel die kleinen und mittleren Betriebe gegenüber den industriellen das Nachsehen haben.