Protokoll der Sitzung vom 23.04.2015

(Peter Ritter, DIE LINKE: Das wäre so ein Stück Willkommenskultur für diese Menschen.)

damit wir die Flüchtlinge, über die wir heute früh geredet haben, auch entsprechend

(Udo Pastörs, NPD: Nach Hause schicken!)

in Mecklenburg-Vorpommern und in den anderen Bundesländern unterbringen können, und deswegen ist die Gesetzeslage derzeit so, wie sie ist, und die stelle ich gerade dar.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Aber das muss ja nicht gut sein.)

Insbesondere bei den geduldeten Ausländern wird die Rechtssystematik deutlich. Geduldete Ausländer sind ausreisepflichtig. Daher ist das Ziel auch die Ausreise und eben nicht die Integration.

(Udo Pastörs, NPD: Ganz wichtig.)

Dementsprechend soll auch keine Integrationsleistung gewährt werden. So sieht zumindest die aktuelle Gesetzeslage aus.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Na gut, das kann man ja ändern.)

Das ist natürlich alles sehr technokratisch und rechtstheoretisch.

(Udo Pastörs, NPD: Aber richtig.)

Wir alle wissen, die Realität sieht etwas anders aus. Gerade in den letzten Monaten und Jahren haben wir eine Dynamik bei den Asylanträgen erlebt, die vieles verändert hat, die viel zu lange in der Bearbeitung dauern, in denen nicht entsprechend die Rückführung erfolgt nach abgelehnten Asylanträgen, das werden wir aber jetzt verstärkt verändern.

(Udo Pastörs, NPD: Hoffentlich! Hoffentlich!)

Immer mehr Menschen flüchten nach Deutschland, bei vielen weiß niemand, ob und wann sie in ihre Heimat zurück können, und das unabhängig von ihrem rechtlichen Status. Deswegen ist es notwendig und richtig, dass wir die Asylbewerber nicht nur verwalten, sondern angemessen betreuen. Und genau das wird – zumindest in Mecklenburg-Vorpommern – auch gemacht.

Die Grundlage dafür ist, und Sie haben darauf verwiesen, die Richtlinie für den Betrieb von Gemeinschaftsunterkünften und die soziale Betreuung der Bewohner. In dieser Richtlinie sind Grundstandards für Integrationsleistungen festgehalten.

(Dr. Hikmat Al-Sabty, DIE LINKE: Die ist nicht zeitgemäß, Herr Minister.)

Wer sich ein wenig mit dem Thema beschäftigt, der stellt fest, im Bundesniveau erreichen wir dabei ein ziemlich hohes Niveau als Land. Zu den Betreuungsleistungen gehört auch die Vermittlung elementarer Kenntnisse der deutschen Sprache. Damit soll den Asylbewerbern erleichtert werden, sich im Alltag zurechtzufinden. Sie sollen sich vorstellen, Bedürfnisse ausdrücken und sich beim Einkaufen zurechtfinden können. Wir sind hier bereits heute gut aufgestellt. Und die Landesregierung hat hier erhebliche Mittel dafür auch zur Verfügung gestellt. Sie wissen, wir sind eins der drei Bundesländer, die die Leistungen eins zu eins an die Kommunen erstatten.

Meine Damen und Herren, auf dem Erreichten wird sich die Landesregierung jedoch nicht ausruhen. Wir wollen die Verfahrensaufnahme von Flüchtlingen und die Situation der Asylbewerber weiter verbessern. Hierfür haben wir innerhalb der Landesregierung zahlreiche Maßnahmen erarbeitet. Zu den Maßnahmen gehört zum Beispiel die Aufstockung der Erstaufnahmeeinrichtungen, die Unterstützung der Kommunen beim Ausbau des Unterkunftsbestands und die Einrichtung einer weiteren Asylkammer im Verwaltungsgericht Schwerin. Hinzu kommen zahlreiche Integrationsmaßnahmen, die in die Zuständigkeit des Sozialministeriums als Integrationsministerium fallen. Diese betreffen unter anderem die Versorgung und Begleitung minderjähriger Flüchtlinge, die psychosoziale Versorgung der Flüchtlinge sowie die Zusammenarbeit mit den Jobcentern.

Ein ganz wichtiger Punkt ist dabei auch der Ausbau der Sprachförderung. Die zunehmend dezentrale Unterbringung und das Ziel, den Flüchtlingen möglichst frühzeitig den Zugang zum Arbeitsmarkt zu eröffnen, machen dies unerlässlich. Außerdem wird die Errichtung einer landesweit agierenden Vermittlungsstelle für Sprach- und Kultursprachmittlung in Kooperation mit den Kommunen derzeit diskutiert.

Wer aber an dieser Stelle die Richtlinie für den Betrieb von Gemeinschaftsunterkünften und die soziale Betreuung der Bewohner anfassen will, dem sage ich: Vorsicht! In der Richtlinie geht es um Grundstandards der sozialen Betreuung. Wer hier mehr möchte, verändert den Charakter der Richtlinie. Da sind ich und meine Mitarbeiter zunächst erst mal skeptisch.

(Vizepräsidentin Beate Schlupp übernimmt den Vorsitz.)

Daran anknüpfend zwei Sätze zur Forderung von Sprachkursangeboten für dezentral untergebrachte Flüchtlinge: Erstens, für die dezentral untergebrachten Flüchtlinge besteht natürlich die Möglichkeit, an Sprachkursen in den Gemeinschaftsunterkünften teilzunehmen.

(Zuruf von Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE)

Das erwarte ich auch von den dezentral Untergebrachten. Wir alle wissen, dass Sprachunterricht für dezentral untergebrachte Flüchtlinge nur sehr schwer umzusetzen ist und es auch nicht erwartet werden kann, dass das für die einzeln Untergebrachten vermittelt oder angeboten wird, sondern dass sie sich an zentralen Orten, wo es angeboten wird, auch einfinden beziehungsweise mit der Kommune auch die dementsprechenden Transportleistungen organisieren, denn das dezentral zu organisieren, da stoßen auch wir an die Grenzen des Machbaren, nicht nur fiskalisch, sondern im Gesamten. Das Land hat

schon viel erreicht und wird auch weiter investieren, Anstrengungen hier vorzunehmen.

Meine Damen und Herren, aber auch der Bund leistet seinen Beitrag und sein Engagement. Die Landesregierung ist hier allerdings der Auffassung, dass noch ein bisschen mehr gehen könnte.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Sehr richtig.)

Erst im März 2015,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Da müssen wir noch mal einen Antrag stellen für die nächste Sitzung.)

erst im März 2015 hat die Integrationsministerkonferenz erneut die Forderung an die Bundesregierung bekräftigt, die Teilnahme von Asylsuchenden und Geduldeten an den Integrationskursen gesetzlich zu verankern und die bereits vorhandenen bewährten Förder- und Trägerstrukturen der Integrationskurse hier zu nutzen. Das Land Mecklenburg-Vorpommern war hier Mitantragsteller.

Auch das Thema ESF-BAMF-Programm steht schon längst auf der Tagesordnung. Hinter diesem Programm verbirgt sich die berufsbezogene Deutschförderung. Sie verbindet Deutschunterricht, berufliche Qualifizierung und Praktikum miteinander. Das Problem hier ist, nur für die ersten drei Jahre der Förderperiode 2014 bis 2020 stehen Mittel zur Verfügung. Bereits im November 2014 hatte die Arbeits- und Sozialministerkonferenz daher den Bund aufgefordert, durchgängig die Finanzierung sicherzustellen.

Darüber hinaus ist die finanzielle Ausstattung der Kurse für die gestiegenen Aufgaben der beruflichen Integration von Asylsuchenden und Geduldeten derzeit nicht ausreichend. Die Landesregierung hat deshalb ein Schreiben der Arbeits- und Sozialministerkonferenz an die für Flüchtlinge zuständigen Bundesminister Nahles, Schäuble und de Maizière initiiert. Darin wird die Bundesregierung aufgefordert, bedarfsdeckend Mittel für ESF-BAMF-Kurse für die gesamte ESF-Förderperiode zur Verfügung zu stellen. Mit anderen Worten, wir als Landesregierung liegen der Bundesregierung zu dem Thema längst im Ohr. Mit dem Antrag ist damit maximal eine Unterstützung dessen, was wir als Landesregierung schon gemeinsam betreiben, erreicht.

Meine Damen und Herren, die Landesregierung ist die angemessene Integration der Flüchtlinge eine wichtiges Anliegen. Wir unternehmen gemeinsam, ressortübergreifend große Anstrengungen, Erörterungen weiterer Verbesserungen und sind mit dem Bund sowieso ständig im Kontakt. Wir machen also unsere Hausaufgaben. Doch nicht nur, wie Sie schon zu Recht ausführten, der Staat ist gefordert, sondern die Gesellschaft insgesamt. Jeder kann dazu beitragen, dass Asylbewerber und Flüchtlinge bei uns besser integriert werden. Umso wertvoller ist das Engagement der Menschen, die schon heute auf freiwilliger Basis anpacken und nicht nur reden.

(Udo Pastörs, NPD: Familienpatenschaften.)

Und auch da kommt das Ehrenamt zum Tragen

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

und das sollte es auch bleiben, als Ehrenamt und Freiwillige im Paket mit den gesetzlichen Leistungen oder mit

den Leistungen, die wir gemeinsam erbringen. Aus zivilgesellschaftlicher Verantwortung heraus helfen diese engagierten Bürger den Asylsuchenden und Flüchtlingen und geben ihnen teilweise sogar Sprachunterricht, Sie haben schon darauf verwiesen. Das ist gelebte Solidarität, dafür möchte ich mich auch im Namen der Landesregierung bei all denen, die sich dafür einbringen, an der Stelle ganz herzlich bedanken. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der SPD die Abgeordnete Frau Kaselitz.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete des Landtages! Integrationsförderung muss frühzeitig, systematisch und nachhaltig erfolgen. Ein wesentlicher Schritt zur gesellschaftlichen Integration von auf Dauer im Land lebenden Migrantinnen und Migranten ist vor allem der Erwerb der deutschen Sprache. Dieses Anliegen steht im Kontext von staatlicher, gesamtgesellschaftlicher und individueller Verantwortung. Es gibt unter den demokratischen Fraktionen in diesem Haus dazu keine abweichende Meinung. Jeder der an diesem Prozess Beteiligten muss an seiner Position konkret die Verantwortung übernehmen.

In vielen Bereichen ist das bereits heute gegeben, wenn es um die Bemühungen geht, Flüchtlingen, Asylbewerbern und auf Dauer bei uns lebenden Migrantinnen und Migranten Zugang zum Spracherwerb zu gewähren. Dass dabei an vielen Stellen Verbesserungs- beziehungsweise Nachbesserungsbedarf vorhanden und noch mehr Engagement nötig ist, ist unumstritten.

Bei uns im Land wird in interministeriellen und ministeriellen Arbeitsgruppen die Aufnahme, Begleitung und Betreuung der Flüchtlinge regelmäßig beraten und nach Lösungen für alle anstehenden Probleme gesucht. Die zahlreichen Hinweise und Anregungen der mit dieser Aufgabe betrauten Menschen vor Ort in den Landkreisen und den Gemeinden werden dabei aufgenommen und in Entscheidungsprozesse eingebunden. Dabei sind alle Ministerien betroffen und eine Abstimmung unumgänglich. Dem Erwerb der Sprachkompetenz kommt in diesem Prozess eine Schlüsselrolle zu. Diese Bedeutung ist bekannt und zahlreiche Maßnahmen sind darauf ausgerichtet.

Bei Ankunft der Flüchtlinge in den Gemeinschaftsunterkünften greift die Richtlinie für den Betrieb dieser Einrichtungen und die soziale Betreuung der Bewohner. Zu den Betreuungsschwerpunkten zählt der hier bereits genannte Punkt 3.4, der die Vermittlung elementarer Grundkenntnisse der deutschen Sprache beinhaltet. Die Umsetzung die- ser Aufgabe wird im Land sehr unterschiedlich bewältigt. In Abhängigkeit der Fremdsprachenkenntnisse der beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die entsprechend der Richtlinie zu den fachlichen Voraussetzungen des Personals gehören sollen, werden Elementarkenntnisse zum Beispiel von diesen Personen vermittelt. So ist es der Fall im Landkreis Nordwestmecklenburg. Hier ist gleichzeitig eine Kooperationsvereinbarung zwischen dem Landkreis und der Hochschule Wismar abgeschlossen worden. Die Hochschule bietet kostenfrei Sprachangebote an.

Nicht überall haben wir ein solches Potenzial im Umfeld von Gemeinschaftsunterkünften. Zahlreiche Beispiele, so

in Neubrandenburg oder Güstrow, zeugen davon, dass besonders in Bezug auf die Sprachförderung das Ehrenamt diese Aufgabe sinnvoll ergänzt.

Mit Blick auf diese sehr unterschiedlichen Voraussetzungen sehen wir die Forderung in Ziffer 1 des vorliegenden Antrages, für den Sprachunterricht in Gemeinschaftsunterkünften Standards festzulegen, die den zu erreichenden Sprachstand und das Unterrichtsangebot definieren, grundsätzlich als sinnvoll an. Es soll dies in Anlehnung an den Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen erfolgen, wobei aber nicht klar ist, anhand welcher Niveaustufe des Referenzrahmens dieses erfolgen soll. Für die Beurteilung der Frage, welcher Aufwand damit verbunden wäre, ist dies nicht unwichtig. Immerhin sind dabei schon bei dem Level der elementaren Sprachverwendung die Stufen A1 (Anfänger) und A2 (grundlegende Kenntnisse) zu unterscheiden. Eine Konkretisierung der dazu ergangenen Festlegungen aus der Betreuungsrichtlinie ist zu beraten. Zu überprüfen ist in diesem Zusammenhang auch der notwendige Betreuungsaufwand in Bezug auf die Sprachvermittlung. Diesbezüglich werden wir mit unserem Koalitionspartner im Gespräch bleiben und uns um neue Wege bemühen.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Sehr richtig.)

Die steigende Zahl der dezentral untergebrachten Flüchtlinge und Asylbewerber macht es notwendig, auch diesem Personenkreis den Zugang zu entsprechenden Sprachkursangeboten zu ermöglichen. Der Ausbau der Sprachförderung ist hier besser zu organisieren. Die Realisierung ist entsprechend der Bedingungen vor Ort abzustimmen. Insgesamt wäre dabei eine bundeseinheitliche Festlegung von Standards für den Spracherwerb und gleichzeitige Regelung zur Finanzierung hilfreich und wir sollten uns gemeinsam dafür starkmachen.

(Zuruf von Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das in der Begründung des Antrages genannte Niveau A2 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen bezieht sich konkret auf das in dem Antrag unter Punkt 4 geforderte landesfinanzierte freiwillige Deutschangebot. Besonders in diesem Punkt sind bei einer ehrlichen Diskussion und in Wahrnehmung unserer gemeinsamen Verantwortung für den Landeshaushalt intensive Gespräche notwendig. Immerhin handelt es sich hier um ein freiwilliges Kursangebot. Man würde also Mittel in die Hand nehmen müssen, um ein flächendeckendes Angebot vorhalten zu können, dessen Inanspruchnahme jedoch völlig in den Sternen steht. Wenn man finanzielle Mittel aufwendet, sollten diese auch zielgerichtet und effektiv eingesetzt werden.