Protokoll der Sitzung vom 03.06.2015

(Torsten Renz, CDU: Aha, Angriffe auf die Landesregierung, darum geht es!)

so braucht es nicht nur schöne Worte, sondern auch Taten, und sie könnten bei der Aufwertung der Erzieherinnen und Erzieher beginnen, Herr Renz.

Und zum Zweiten sind wir mit einer Höherstufung von einer S6 beziehungsweise S8 auf eine S10 noch lange nicht bei einem Grundschullehrergehalt. Die Höhergruppierung einer Erzieherin/eines Erziehers auf S10 bedeutet ein Grundgehalt bei einem Berufseinsteiger von 2.500 Euro brutto. Das Grundgehalt eines Berufsanfängers als Grundschullehrer in Mecklenburg-Vorpommern beträgt 500 Euro brutto mehr, so war es auf den Seiten des Bildungsministeriums zu lesen.

Sie tragen mit falschen Zahlen dazu bei, dass die Öffentlichkeit bewusst getäuscht wird, und Sie schüren so noch mehr das Unverständnis gegenüber den Streikenden. Das ist unangemessen.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE – Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Eine Anpassung, meine Damen und Herren, ist dringend notwendig und auch gerechtfertigt. Es wird seitens der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände gesagt, dass es 2009 eine Anpassung gab. Deshalb wurde am 28. Mai 2015 ein Angebot der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände vorgelegt für die Erzieher/-innen mit bestimmten Aufgaben, die für Inklusion, Sprachförderung et cetera zuständig sind.

Aber es geht nicht darum, einzelne Gruppen von Erzieherinnen oder Erziehern herauszunehmen. Alle Erzieherinnen und Erzieher bekamen in den letzten Jahren immer neue Aufgaben. Sie haben mehr Verantwortung durch die Änderung des Bundeskinderschutzgesetzes, sie lernen, häusliche Gewalt und sexuellen Missbrauch frühzeitig zu erkennen, sie haben Migrantenkinder zu betreuen und sie haben den Entwicklungslauf eines jeden Kindes zu dokumentieren.

Frühkindliche Bildung wird immer bedeutender, warum dann nicht auch die Wertigkeit der Erzieherinnen und der Erzieher insgesamt?

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Das muss drin sein, dass zu den bestmöglichen Bedingungen auch anständig bezahlte Arbeitsplätze für engagiertes Personal gezahlt wird.

Natürlich habe ich bei der derzeitigen Finanzausstattung der Kommunen auch Verständnis dafür, dass ein Bürgermeister einer Kommune, die eine kommunale Kita betreibt, sagt, zehn Prozent mehr Lohn für die Erzieherinnen und Erzieher in den kommunalen Kitas sind für mich finanziell nicht tragbar. Ich habe höchste Achtung vor den Kommunen, die überhaupt noch eine kommunale Kita halten,

(Torsten Renz, CDU: Gut so.)

weil sie sagen, meine Kinder und Familien sind mir wichtig, ich biete meinen Familien gute Infrastruktur in meinem Ort.

(Torsten Renz, CDU: Die anderen sind demzufolge schlecht.)

Andere Kommunen waren gerade vor dem Hintergrund der Personalkosten gezwungen, ihre Kitas in private Hand zu geben. Es kommt nicht von ungefähr, dass nur noch 17 Prozent der über 1.000 Kindertagesstätten in Mecklenburg-Vorpommern in kommunaler Trägerschaft sind, mit der Tendenz sinkend. Deshalb ist es notwendig, dass bei einer Höhergruppierung der Erzieherinnen und Erzieher dies nicht nur die Eltern und Kommunen bezahlen. Nein, wir haben im Land eine Schieflage bei der Finanzierung der Kindertagesstätten insgesamt.

Der Betrag des Landes und der der Landkreise sind festgeschrieben. Bei jeder Erhöhung haben dies die Kommunen und Eltern zu zahlen. Das ist ungerecht. Bildung ist eine gesellschaftlich wichtige Aufgabe, wo auch Bund und Land in der Pflicht sind, ihre Beiträge zu leisten.

Deshalb kämpft DIE LINKE für ein gerechtes Steuersystem, für starke Kommunen, für den Einstieg des Bundes

in die Finanzierung der Kitas, aber auch für eine stärkere Beteiligung des Landes. Aber darauf können die Beschäftigten nicht warten. Es werden dafür wahrscheinlich noch viele Jahre ins Land gehen.

Ich habe auch Verständnis für die Eltern. Nach mehreren Wochen Streik stehen gerade arbeitende Eltern vor Herausforderungen, die Kindertagesbetreuung ihrer Kleinsten abzusichern. Die Betreuung muss im Freundes- oder Familienkreis aufgeteilt, Urlaub muss genommen werden oder sich krank gemeldet werden. Das alles funktioniert nur kurzfristig.

Aber auf diese Verzweiflung hoffen die Arbeitgeberverbände. Sie werden darauf hinweisen, Angebote unterbreitet zu haben, welche von den Gewerkschaften einfach abgelehnt worden seien. Sie werden versuchen die Eltern zu motivieren, sich direkt an die Beschäftigten der Kitas zu wenden.

Doch, liebe Eltern, äußern Sie Ihren berechtigten Ärger nicht gegenüber den Erziehern! Tun Sie Ihren Ärger gegenüber der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände, der Bundes- und Landesregierung kund! Das sind die richtigen Adressaten. Es sollte alles getan werden, damit der Slogan „Kita – come in and burn out“ nicht gilt. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Das Wort hat nun die Ministerin für Arbeit, Gleichstellung und Soziales Frau Hesse.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Ver.di wird es sicherlich freuen, den Slogan ihrer aktuellen Kampagne hier beinahe eins zu eins übernommen zu sehen.

Bei uns in Mecklenburg-Vorpommern ist es wie in den meisten anderen Ländern auch, der Streik der Erzieherinnen und Erzieher an unseren Kitas, der die Forderungen der Gewerkschaft in unser Blickfeld und heute nicht nur bildlich gesprochen auf die Tagesordnung hebt. Die Kindertagesförderung in unserem Land findet auf einem hohen Niveau statt, was vor allem der verbreitet qualitativ sehr guten Arbeit der Beschäftigten in den Kitas geschuldet ist, und zwar unabhängig davon, ob in kommunaler oder freier Trägerschaft. Wir vertrauen ihnen jeden Tag das Wertvollste an, was wir haben, und wir vertrauen darauf, dass sie dieses Wertvollste, also unsere Kinder, nicht nur betreuen und versorgen, sondern erziehen, fördern, bilden und ganz nebenbei noch liebevolle Bezugspersonen sind, und das jeden Tag mit gleichbleibendem Engagement.

Dieses Vertrauen haben wir zu Recht. Und aktuell geht es um die Frage: Was ist uns, was ist den Kommunen diese tägliche Bestätigung unseres Vertrauens wert? Ich habe überaus großen Respekt vor der Leistung, die in den Kitas täglich vollbracht wird, und deshalb habe ich auch Verständnis für die Forderung nach Aufwertung, sowohl im Sinne einer besseren Bezahlung sowie im Sinne von Anerkennung.

Die Ansprüche daran, was Erzieherinnen und Erzieher leisten müssen, sind tatsächlich gestiegen, und dieses Plus an Anforderungen sollte auch mit einem Plus an

Entlohnung einhergehen. Wie dieses Plus am Ende ausfällt, ist aber Sache der Tarifparteien. Klar ist, es wird ein Entgegenkommen auf beiden Seiten geben müssen, denn eine Entgelterhöhung, wie die Gewerkschaften sie derzeit fordern, wird nicht nur auf die Gemeinden durchschlagen, sondern auch auf die Elternbeiträge. Das hätte nicht nur zur Folge, dass das Verständnis, das die Eltern heute noch äußern, schnell an ein Ende gelangen würde, sondern birgt auch die Gefahr, dass sich noch mehr Kommunen aus der Kita-Landschaft verabschieden. Schon jetzt befinden sich nur noch knapp 20 Prozent, wir hörten es bereits, der Kitas in kommunaler Trägerschaft. Das macht mir auch deshalb Sorgen, weil die allermeisten freien Träger Gehälter unterhalb des TVöD zahlen, unterhalb des TVöD.

Sehr geehrte Damen und Herren, um es an dieser Stelle auch einmal klar zu sagen: Das Land kann nicht Adressat dieser Tarifauseinandersetzung sein.

(Torsten Renz, CDU: Frau Ministerin muss es wissen.)

Sie alle wissen, wie viel Geld wir alljährlich in die Kindertagesförderung stecken, wie viel Geld wir auch zur Entlastung der Eltern beitragen. Diese Gelder erhöhen wir in jedem Jahr um zwei Prozent, auch um tarifliche Anpassungen aufzufangen. Dass eine solche Dynamisierung im Gesetz festgeschrieben ist, hat in Deutschland übrigens Seltenheitswert. Insofern, liebe Frau Bernhardt, waren Ihre Ausführungen an dieser Stelle dazu fehlerhaft.

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Lesen Sie mal den Bericht des Landesrechnungshofes!)

Zuletzt noch dies: Die Forderung nach einer Aufwertung und finanziellen Besserstellung bezieht sich nicht allein auf den Erzieherberuf, das dürfen wir an dieser Stelle auch nicht vergessen, sondern, der Titel der Aussprache greift es ja auch auf, die sozialen Berufe insgesamt. Die Streiks in den Kitas machen die Forderung aus diesem Bereich so prominent, und deshalb wird auch der Abschluss der Verhandlungen hier eine Signal- und Sogwirkung haben.

Deshalb sollten alle Beteiligten immer zwei Dinge im Auge behalten: Die Arbeit, die die Bediensteten in all diesen Jobs leisten, ist ein Gewinn für unsere Gesellschaft, für die Menschen aller Generationen. Derartige Leistungen müssen und dürfen ihren Preis haben. Für diesen Preis muss man werben, wenn die Mehrkosten sich bei den Elternbeiträgen und den Wohnsitzgemeinden niederschlagen. Ein höherer Preis ist nur dann eine Aufwertung, wenn er mit Akzeptanz einhergeht. Abschließend hoffe ich deshalb, dass die Tarifverhandlungen zeitnah zum Abschluss kommen.

Um ehrlich zu sein, als ich die Rede vorbereitet hatte, war ich etwas optimistischer. Ich habe eben gelesen, dass leider die Verhandlungen etwas ins Stocken geraten sind, aber man trotzdem davon ausgeht, weil der Einigungswille dokumentiert worden ist, dass in der nächsten Woche Lösungen gefunden werden. Das hoffe ich sehr und appelliere auch an die Tarifparteien.

Und noch einen ganz letzten Satz, Frau Bernhardt: Überlegen Sie sich irgendwann mal eine andere Lösung, als dass das Land immer für alles einstehen muss. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU – Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Auf welcher Ebene sind wir denn, Frau Hesse?)

Das Wort hat nun der Abgeordnete Herr Renz von der Fraktion der CDU.

Sehr geehrte Frau Vizepräsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Also, Frau Bernhardt,

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Herr Renz.)

ich kann allen nur wünschen, dass Sie nicht mal irgendwo Mitglied der Tarifkommission sind und dann irgendeine Interessenvertretung – in diesem Fall ja für die Arbeitnehmerseite – einnehmen wollen,

(Zuruf von Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE)

weil so undifferenziert kann die andere Seite gar nicht darauf eingehen, was Sie alles in einen Topf schmeißen. Ich meine jetzt nicht unbedingt immer Ihre Ausführungen, was brutto und netto betrifft. Da weiß ja nun schon inzwischen der Letzte, dass das unseriös ist, einfach mal ein Nettogehalt anzugeben und möglicherweise die Steuerklassen 3 und 5 oder die Anzahl der Kinder unter den Tisch zu wischen. Also wenigstens in dem Punkt sollte man dann mal solide argumentieren und Bruttoverdienste ansetzen.

(Zurufe von Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE, und Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Und dass Sie dann hier noch die Bundesregierung, die Landesregierung und Arbeitgeberverbände, alle dafür verantwortlich machen! Frau Hesse hat es ja schon gesagt, sie bittet darum, dass es endlich mal aufhört, dass Sie die Landesregierung für alles verantwortlich machen.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Wir machen Herrn Renz zukünftig für alles verantwortlich.)

Ich sage Ihnen nur: Hören Sie auch endlich auf, das Land schlechtzureden, wenn Sie wieder herbeten die Thematik Betreuungsschlüssel, Kinder-Erzieher-Relation, wie schlecht wir sind!

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Aber das ist doch so! – Zuruf von Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE)

Schauen Sie einfach noch mal rein!

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Aber das war doch bei der Anhörung.)